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Die Totalitarismusfalle.

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Die heutige Aussage einer Forza-Italia-Politikerin in ihrem Blog, wonach sie der Landesadler, offizielles Wappen des Landes Südtirol »mehr stört« als die Liktorenbündel auf dem Bozner Siegesdenkmal, ist nur auf den ersten Blick unerklärlich. Bei näherem Hinsehen handelt es sich um die logische Folge einer verzerrten und demokratiegefährdenden Betrachtungsart, die in unserem Lande längst den Durchbruch geschafft hat.

Während der letzten Jahrzehnte wurde eine Kultur der Ambiguität und des Revisionismus toleriert, ob des angeblich friedlichen Zusammenlebens ignoriert und letztlich noch aktiv gefördert. Dabei wurde wohl latent die Hoffnung gepflegt, Gras über alle Wunden wachsen zu lassen, ohne sich einer ernst- und schmerzhaften Aufarbeitung der faschistischen und Nazi-Vergangenheit widmen zu müssen.

Es gibt keinen inhaltlichen Schlussstrich unter der totalitären Geschichte unseres Landes, und dies zeigt sich deutlich auch in der sporadisch einkehrenden Unfähigkeit, der Demokratie einen völlig anderen Stellenwert zuzuordnen, als der Diktatur.

Selbst nach dem Ende des Weltkrieges wurden Aufmärsche vor faschistischen Denkmälern geduldet, als seien sie Teil einer pluralen Gesellschaft und nicht Ausdruck von Verfassungsfeindlichkeit, wie in jedem demokratischen Land. Gerade Partisanen, Linkspolitiker, Intellektuelle beider großen Sprachgemeinschaften haben sich (anders als ihnen zustünde) stets davor gehütet, dies hörbar zu thematisieren und allzu heftig zu kritisieren.*

Das geht sogar so weit, dass Intellektuelle jeder Couleur immer wieder direkte und indirekte Vergleiche zwischen Demokratie und totalitären Regimes zulassen oder gar selbst herstellen.

Prominentestes, aber beileibe nicht einziges Beispiel: Die Lösung der Toponomastikfrage. Wie selbstverständlich wird hier von meist linken Gegnern einer Änderung des Status Quo seit Jahren das Argument ins Feld geführt, eine Abschaffung der erfundenen italienischen Ortsnamen käme einer Wiederholung faschistischen Unrechts mit veränderten Vorzeichen gleich. Ohne dabei zu bemerken, dass sie einer demokratischen Institution das Recht absprechen, eine in ihren Zuständigkeitsbereich fallende Entscheidung zu treffen. Niemals könnte die Entscheidung einer vom Souverän gewollten Regierung dem Diktat eines Regimes auch nur ähneln!

Gegner der Volkspartei, die unser Land seit Jahrzehnten (gut? schlecht?) regiert und in regelmäßigen Abständen von einer zwar sinkenden, aber immer noch überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung bestätigt wird, glauben ihrem Unmut auch dadurch Luft machen zu müssen, dass sie einen angeblichen Demokratiemangel anprangern und der Partei im Übrigen die Möglichkeit vorenthalten möchten, in bestimmten Feldern tätig zu werden. Dies kann zum einen die bereits genannte Ortsnamensgebung sein, es kann sich aber auch um das öffentliche Schulmodell handeln.

In letzterem Fall ist nicht selten von einem angeblichen »Verbot« die Rede, plurilinguale Schulen einzurichten, was freilich nicht der Wahrheit entspricht. Wie in fast jedem Rechtsstaat dieser Welt wurde auch in Südtirol ein (gutes? schlechtes?) öffentliches Schulsystem etabliert, das für alle Schüler gilt. Neben diesem Modell ist es möglich, im privaten Bereich Alternativen anzubieten. Und es ist möglich, im wissenschaftlichen und politischen Diskurs Änderungen am öffentlichen Schulsystem vorzuschlagen. Solange die Mehrheit der SüdtirolerInnen jedoch hinter PolitikerInnen steht, die das aktuelle Schulmodell beibehalten möchten, kann von einem undemokratischen Zwang nicht die Rede sein.

Diese Logik führt denn nicht nur schnurstraks zu bestürzenden, eines Demokraten unwürdigen Aussagen wie der eingangs erwähnten, sondern möglicherweise auch zur Einsicht, dass eine mit Gewalt durchgesetzte »Lösung« einer demokratisch getroffenen um nichts nachsteht — und sie in Effizienz (fast schon naturgemäß) übertrifft. Faschistische Relikte kann man also nur entfernen, wenn man sie materiell zerstört, wie den reitenden Duce in Waidbruck.

Dabei müssen die Fragen in einer Demokratie völlig andere sein. Etwa: Wie kann man Mehrheitsentscheidungen inklusiver gestalten? Wie kann eine Maßnahme besser abgestimmt und für alle verständlich kommuniziert werden? Wäre es sinnvoll, die Bevölkerung selbst an gewissen Entscheidungen teilhaben zu lassen? Fragen, die in Südtirol noch zu selten gestellt werden.

Von dieser Einsicht jedoch eine Ähnlichkeit zu einem totalitären Regime abzuleiten, ist nicht nur ein grober Fehltritt, sondern auch noch hochgefährlich. Wir sind eine Demokratie!

* Antifaschismus und Antinazismus sind nie zum gemeinsamen Gut geworden, sondern gehören nach wie vor in die Schublade der trennenden Vorwürfe, die sich die Rechten beider Sprachgruppen mit großem Pathos und gleich großer Hinterfotzigkeit gegenseitig an den Kopf werfen.



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Comentârs

4 responses to “Die Totalitarismusfalle.”

  1. enrico avatar

    Sono rimasto anch’io molto male impressionato dopo aver letto l’intervento sul Blog di Concetta Failla, che dichiarava di preferire i fasci littori all’aquila provinciale.

    Spero si tratti di una affermazione non definitiva da parte di Concetta Failla.

    Per qunto riguarda i nomi, i monumenti, in generale il “simbolico”, ho espresso la mia posizione su Segnavia, facendo riferimento a un mio vecchio articolo del 2001 che ripropongo qui:

    http://www.gebi.bz.it/gebi/info2000/sindacoalice.htm

    Si tratta di una mia presa di posizione nel dibattito sulla proposta di Salghetti, di ridenominare Piazza Vittoria.

    Rispetto ad allora rimango convinto di questo: il simbolico non è un modo di produzione segnica, piuttosto è un un modo del tutto particolare di utilizzare il segno (testuale o non testuale). Per questo motivo, indipendentemente dal significato che in origine un nome o un oggetto ha (sul piano semantico), la sua lettura in modo “simbolico” è in realtà  perfettamente arbitraria, dipendendo essa dal gruppo che ha deciso di usare in quel modo il testo (sul piano pragmatico).

    Quando si legge un testo in modo “simbolico” dunque non c’e ragionamento o verità  a cui appellarsi (neanche le verità  storiche). La ragione non ha presa sul simbolico.

    In definitiva io ho sempre sostenuto che toccare anche un solo nome, anche una sola statua, quando questi siano letti da altri in modo simbolico, è una operazione decisamente pericolosa. Nel mio articolo del 2001 avevo chiamato questo come “pericolo di scatenare una guerra tra i nomi”.

    Non avere capito che le guerre tra i nomi sono pericolossissime è responsabilità  intellettuale di Salghetti al tempo di Piazza della Pace; non capirlo ora, per esempio per la revisione della toponomastica, è responsabilità  intellettuale nostra.
    Vogliamo scatenare delle guerre solo perchè abbiamo ragione sul piano storico o filologico?
    Io dico che non è il caso.

    Incidentalmente annoto che Concetta Failla nel suo intervento sul suo blog di fatto ha “letto” i fasci littori e lo stemma sudtirolese in modo “simbolico”, nel senso che ho cercato di descrivere sopra.

  2. tiroler avatar
    tiroler

    kannst du bitte einen Link zu diesem Eintrag in dem zitierten Blog stellen? danke! es ist eine schweinerei was sich diese person erlaubt.

  3. Lorenz avatar
    Lorenz

    Wide Angle Documentario prodotto da “Wnet di New York” la maggiore emittente pubblica degli Usa (CENSURATO IN ITALIA)

    http://de.youtube.com/watch?v=_oEYaXOXm7E

  4. Lorenz avatar
    Lorenz

    Hier der Link:
    http://www.failla.it/?p=510
    Wenn man sich im Blog ein wenig “rumliest” dann müsste man die Frau anzeigen!

Scrì na resposta

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