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Verwirrung und Diskussionsverweigerung.

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Einfach traumhaft — nachdem er für die gestrige TAZ den Politologen Anton Pelinka interviewt hatte, befragte Simon Pötschko für die heutige Ausgabe den TAZ-Habitué Karl Zeller zum Thema Selbstbestimmung. Und der zaubert wieder einmal etwas Neues aus dem Hut: Zeitgemäß sei das Selbstbestimmungsrecht der Völker immer, so der SVP-Senator, denn es sei ja auch in den UN-Menschenrechtspakten verankert. Eine sehr erstaunliche Aussage, denn genau dieses grundsätzliche, von der UNO garantierte Selbstbestimmungsrecht hatte der Südtiroler Landtag im Mai 2012 in Bausch und Bogen abgelehnt — nicht etwa konkret für Südtirol, sondern ganz allgemein. Federführend und maßgeblich beteiligt war an diesem schwazen Tag für Südtirol die SVP.

Natürlich bezweifelt Herr Zeller desweiteren sehr, dass der italienische Staat den Südtirolerinnen — nach britischem Vorbild — das Recht auf eine Abstimmung einräumen würde. Allerdings ist es ebenfalls auf seine Partei zurückzuführen, dass sich der Zentralstaat dazu erst gar nie äußern musste. Das liegt wohl auch daran, dass Zeller weiterhin an seiner Gewissheit festhält, dass eine unabhängig werdende Region aus der EU fliegen und erneut um Mitgliedschaft ansuchen müsste. Doch ob das, selbst wenn es zuträfe, nicht doch eine bessere Option wäre, als der ewige Verbleib beim Nationalstaat, sollten eigentlich die Südtirolerinnen entscheiden.

Immerhin — so Zeller — halte die SVP, die es ja im Landtag abgelehnt hat, nach wie vor am Selbstbestimmungsrecht fest. Nur die Kriterien für dessen Ausübung definiert der Senator zum wiederholten Male neu:

Die Autonomie und Minderheitenrechte müssten in einer Weise beschnitten werden, dass eine Eigenverwaltung, wie sie vom Pariser Vertrag zugesichert ist nicht mehr möglich ist.

Im Jahr 2009 hatte der damalige Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP) noch gesagt, dass ein Vertragsbruch ausreichen würde, um die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts zu rechtfertigen. Als er drei Jahre später jedoch feststellte, dass durch die Maßnahmen von Premier Monti

der Volksgruppen-/Minderheitenschutz und in besonderer Weise auch die in der Verfassung des Staates verankerte Südtirol-Autonomie verletzt werden

dachte die Volkspartei nicht im entferntesten daran, die Unabhängigkeit anzustreben. Vor weniger als einem Jahr dann wurde SVP-Obmann Theiner von der Süddeutschen Zeitung wie folgt zitiert:

“Wir wollen so viel Selbständigkeit wie möglich – aber im Rahmen Italiens.” Der Parteichef macht davon nur eine Ausnahme: “Wenn Italien zerfällt, etwa in einen Norden und einen Süden, dann wird die SVP die erste sein, die die Selbstbestimmung ausruft.”

Bei all dieser Verwirrung steht wohl nur eines fest: Der SVP ist jedes noch so schlechte Argument recht, um keine seriöse Diskussion über dieses Thema zuzulassen.

Siehe auch: 01 02 03



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