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Resümee »SK«

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Dieses Blog ist unter anderem der Punkt, wo alle Fäden meines Engagements zusammenlaufen. Aus diesem Grund veröffentliche ich hier die Diskussion, die ich gerade mit dem EU-Abgeordneten Kusstatscher auf dessen Seite führe. Mit einem vorläufigen Fazit: Mensch lässt mit sich reden. Man muss nur wollen. Vielleicht kann das auch anderen ein Vorbild sein, denn je mehr Menschen ihre Stimme für unser Ziel erheben, desto realisierbarer wird es:

Sehr geehrter Herr Kusstatscher, Sie haben mir eine Mail zukommen lassen, in der Sie mich auffordern, meine Identität offenzulegen. Natürlich könnte ich dies tun, doch ich finde es nun wirklich nicht zielführend. Ich glaube nicht, Sie persönlich beleidigt oder angegriffen zu haben, ich habe nur meine Meinung dargelegt und Ihnen (vielleicht manchmal pedantische oder unangenehme) Fragen gestellt. Ich denke, die Diskussion sollte, wie im Internet üblich, über Inhalte und Argumente geführt werden, und nicht im Namen einer bestimmten Identität. Finden Sie die Themen, die ich aufwerfe interessant, und haben sie dafür Rezepte und Lösungen, so glaube ich, dass Sie allgemein interessant sein könnten, unabhängig von deren Zuordnung an eine spezifische Person. – Andererseits habe ich natürlich nichts zu verbergen. Ich bin im Netz mit diesem »Nick« seit Jahren tätig und habe meine Identität schon öfters preisgegeben. Wenn Sie sich umfragen (d.h., wenn Sie wirklich sooo neugierig sind), dürfte es nicht schwierig sein, herauszufinden, wer ich wirklich bin. Nur: ich finde es irrelevant. Danke – auch für Ihre zukünftigen Antworten, falls Sie sie Ihren Lesern gönnen wollten. Gute Arbeit.

Kommentiert von: pérvasion | 25 November 2005 um 01:55 Uhr

Hallo, Frau/Herr ?, es wäre durchaus lustig mit Ihnen zu ratschen. Jedoch, ich bin schon sehr neugierig, mit wem ich es tun habe. Abstrakte Themen zu erörtern, kann auch wertvoll sein. Wenn jedoch auch subjektive Farbtöne dazukommen, wird alles viel interessanter.
Und noch etwas muss ich wiederholen: ich glaube, dass große Themen (und dann noch mehrere gleichzeitig aufgeworfene, wie in Ihrem Fall) in dieser Form im Internet zu erörtern, das scheint mir kaum zielführend zu sein.
Aber, vielleicht fangen wir mit einem Detailthema einfach an. Sie haben nun den Ball zum Aufschlag.
Schönen Sonntag und freundliche Grüße!
Sepp

Kommentiert von: sepp | 27 November 2005 um 12:23 Uhr

Herr Kusstatscher, stellen Sie sich vor, ich bin ein persönlicher Freund von Ihnen, hätte aber niemals den Mut, meine Meinung offen auf den Tisch zu legen. Würden Sie dann lieber auf eine interessante Diskussion verzichten, oder doch besser akzeptieren, dass ich meine Anonymität bewahre? Nein, ich bin kein persönlicher Freund des Europaparlamentariers S.K., das war nur ein Beispiel zur Veranschaulichung meiner Sichtweise. Gut! Sie stellen mich nun also vor die Wahl. Nicht viele Themen, sondern eines. Also, mein bevorzugtes Gesprächs- und Betätigungsfeld ist die Selbstbestimmung. Damit muss man in Südtirol natürlich immer aufpassen, weil man grundsätzlich verdächtigt wird, böses im Schilde zu führen. Ich nicht, doch das wird sich erst im Laufe der Diskussion – so sie denn stattfindet – im Detail herauskristallisieren. Ich hatte es schon einmal angedeutet: Mir schwebt eine höhere Form von Selbstbestimmung für Südtirol vor als die derzeitige, und zwar im Zusammenspiel sämtlicher Sprachgruppen. Das würde nämlich vieles erleichtern, was heute unmöglich scheint: Die VP hätte wohl keine Existenzgrundlage mehr. Der wahre oder gefühlte Belagerungszustand der deutschen Sprachgruppe würde sich auflösen. Und selbstverständlich müssten gerade die Deutschen sehr viel investieren, um die Italiener im Lande von dieser Idee überzeugen. Das Projekt Selbstbestimmung wäre NUR gemeinsam umzusetzen, und da haben Ihre Kollegen von Iniciativa per Catalunya – Verts, aber auch Esquerra Republicana (de Catalunya) interessante Rezepte und Vorschläge. In Katalonien wurde vieles erreicht, weil das System Selbstbestimmung dort partizipativ und nicht nationalistisch im herkömmlichen Sinne ist. Die Spanier vor Ort fühlen sich als Katalanen, und die Katalanen grenzen niemanden aus, weder Einwanderer aus anderen spanischen Regionen, noch Ausländer etc. Ein linkes, solidarisches, »inklusivistisches« Konzept für mehr Selbstbestimmung in Südtirol nach dieser Vorlage ist noch ausständig und hat ein großes Vakuum produziert. Wann beginnt in der Südtiroler Linken (ökosozial, sozialdemokratisch etc.) endlich eine Diskussion zu diesem wichtigen Thema? Finden Sie nicht auch, dass die heutigen Probleme in Südtirol so »eigen« und territorial sind, dass sie nur mit einem möglichst großen Handlungsspielraum vor Ort zu lösen sind?

Kommentiert von: pérvasion | 28 November 2005 um 00:29 Uhr

Nachtrag. Das Programm von Esquerra Republicana de Catalunya (Republikanische Linke Kataloniens – das Adjektiv »republikanisch« ist in einer Monarchie ja an und für sich schon eine kleine Frechheit), das ich zu 100% unterschreiben würde, falls es sich auf Südtirol bezöge: http://www.esquerra.org/web_nova/arxius/DIangles.pdf (Englische Version).
http://www.esquerra.org/web_nova/arxius/DIfrances.pdf (Französische Version).

Kommentiert von: pérvasion | 28 November 2005 um 00:39 Uhr

Hallo, geschätzter Herr, der seine Freude hat, sich hinter “pérvasion” zu verstecken! Eine Meinung teile ich nicht, nämlich, dass gute Freunde nicht offen und ehrlich Gegenmeinungen äußern könnten. Eher das Gegenteil ist wahr: wenn mich jemand gut versteht, wenn er mich respektiert und mag, dann kann er viel eher eine Kritik aussprechen und es besteht auch eher die Chance, dass ich diese Kritik ernst nehme. Einer, der mich bekämpft bzw. mich ablehnt, kann mich kritisieren, wie viel er will. Es prallt meist an mir ab.
Gut, lassen wir das!

Ihre Überlegungen zur Selbstbestimmung gefallen mir sehr gut. Wenn auch die Situation bei den Katalanen nicht ganz so ideal ist, wie Sie es sehen, teile ich die von Ihnen skizzierte Idee der Selbstbestimmung. Diese Frage hat bei uns in Südtirol oft deshalb einen negativen Beisgeschmack, weil die Selbstbestimmung nur für einen Teil der Bevölkerung gedacht wird und andere ausgrenzt werden und weil somit neue Minderheiten entstünden. Allen, die von abstrakter Selbstbestimmung schwärmen, rate ich, die Realisierung derselben möglichst konkret durchzuspielen.
Theoretisch klingt Selbstbestimmung sehr gut. Da kann fast niemand dagegen sein. Praktisch ist es viel schwieriger. – Für mich ist daher das große europäische Dach (mit Frieden, Bürgerrechten, Demokratie, Vielfalt von Kulturen, Subsidiarität usw. usf.) die wohl beste Problemlösung. Unter diesem Dach ist es dann nicht so wichtig, wo genau eine Region ihre Grenzen hat, weil überall “Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit” als Prinzipien gelten.

So, mein lieber Herr, heute kam ich endlich dazu, ein bisschen zu philosophieren, dank Ihrer Anregung! Auf ein anderes Mal! Über Weihnachten vielleicht etwas tiefer gehend!
Einen lieben Gruß an Ungenannt und an andere Leser/innen!
Sepp

Kommentiert von: sepp | 30 November 2005 um 20:51 Uhr

Freut mich, dass ich Sie irgendwie und indirekt auch positiv »beeinflusst« habe. Und missverstehen Sie mich bitte nicht: Ich »bekämpfe« Sie nicht, und lehne Sie nicht ab. Ganz im Gegenteil. Ich habe Sie gewählt und schätze Ihre Politik und Ihren Einsatz. Andernfalls wären meine Diskussionsansätze auch völlig sinnlos. Noch was: Sie einst persönlich kennenzulernen würde mich reizen, meinen Namen hier preiszugeben, ohne dass Sie mich persönlich kennen, oder etwa damit sich andere daran »ergötzen« ist mir eher unangenehm. Interpretieren Sie meine Ablehnungshaltung also nicht falsch.

Drei Punkte:

– Dass sämtliche Sprach- und Bevölkerungsgruppen, sowie alle Gesellschaftsschichten an einem etwaigen Projekt »Selbstbestimmung« teilhaben sollten, finde ich eine conditio sine qua non. Ohne einen allgemeinen Konsens hätte ein dahingehendes Engagement keinen Sinn. Da sind wir einer Meinung.

– Selbstbestimmung als gänzliche und endgültige Loslösung von Italien muss gar nicht zwangsläufig unser Ziel sein, welches Sie hier als unerreichbar darstellen. Wichtiger wäre m.E. der alltägliche Einsatz für einen größeren Handlungsspielraum und ein Höheres Maß an »Selbstregierung«. Das kann und soll kein abrupter Prozess sein, sondern eine allmähliche und behutsame Entwicklung. Die spezifischen Probleme Südtirols sind in Südtirol zu lösen, und eigentlich tun Sie bereits einen ersten kleinen Schritt, indem Sie grenzüberschreitend für Umweltschutz arbeiten und auch für direkte Demokratie eintreten. Das sind alles Stücke eines großen Puzzles. Meine Meinung ist nur, dass wir noch etwas mehr Mut und etwas mehr Selbstsicherheit brauchen, um diese Entwicklung entscheidend voranzutreiben. Sobald wir tatsächlich »unseres eigenen Glückes Schmied« sind, neben Geldverteilung auch Verantwortung für Eintreibung, Sicherheit, kulturelle Belange im weitesten Sinne (usf.) übernehmen müssen, wird eine freie, gemeinsame Entwicklung möglich sein.

– Zuletzt eine Frage: Inwiefern teilen Sie meine Analyse bzgl. Katalonien nicht?

Mit freundlichen Grüßen.

Kommentiert von: pérvasion | 02 Dezember 2005 um 18:02 Uhr

Diese Art von “Selbstbestimmung” wäre nicht nur für Südtirol heilvoll, sondern für jeden Winkel der Welt!

Zu Katalonien: ich bin zwar kein besonderer Kenner der Situation dort, nur – sofern ich richtig informiert bin – ist die Autonomie für unser kleines Südtirol weitergehend als jene für das viel größere Katalonien. Ich bin aber gerne bereit dazuzulernen.

Kommentiert von: sepp | 03 Dezember 2005 um 15:05 Uhr

Katalonien verfügt über eine Autonomie, die meines Wissens hingegen weiterreichend ist, als unsere. Es ist schon bezeichnend, wie sehr wir Südtiroler der Mär von der Vorzeigeautonomie verfallen sind; das führt dazu, dass wir nicht bereit sind, von anderen zu lernen. Das ist durchaus keine persönliche Kritik, sondern eine allgemeine Beobachtung.

Ich schreibe Ihnen jetzt ziemlich »anarchisch« – also unstrukturiert – einige Punkte nieder. Bin aber gerne bereit, Sie detaillierter zu informieren:

– Meines Wissens ist der einzige wirkliche Vorzug der Südtirolautonomie die internationale Verankerung. Diese hat aber Katalonien m.E. gar nicht nötig, weil der spanische Staat nicht nach mehr Zentralismus trachtet, im Gegenteil!

– Katalonien hat z.B. volle Zuständigkeit in Sachen Toponomastik. Spanische Erfindungen wurden bereits – im Konsens! – abgeschafft. Kein Spanier hat was dagegen, weil das Thema entschärft wurde.

– Katalonien hat mit den »mossos d’esquadra« eine eigene Polizei, welche die »Policia nacional« ersetzt. Somit ist die Tendenz, dass Katalonien für seine Sicherheit selbst verantwortlich sein wird.

– Katalanisch ist als »landeseigene Sprache Kataloniens« im Autonomiestatut verankert. Dies erlaubt der Regierung des Landes, spezielle Maßnahmen zu ihrem Schutz zu erlassen. Katalanisch ist einzige Sprache in der öffentlichen Beschilderung. Soll nicht heißen, dass das für Südtirol ein Modell wäre, allerdings würde uns unsere Autonomie eine solche Entscheidung nicht erlauben.

– Katalanisch ist im Umgang mit den Kunden auch für Privatfirmen pflicht. Missachtung wird geahndet. Das heißt, auch auswärtige Unternehmen (Banken, Ikea, MediaMarkt usw. usf.) müssen sich der landeseigenen Sprache bedienen. Eine hervorragende Maßnahme zum Sprach- und v.a. Konsumentenschutz. Die Verbraucherzentrale Südtirol fordert seit Jahren vergleichbare Gesetze. Bislang vergeblich.

– Mit dem neuen Autonomiestatut, das soeben verabschiedet wird, treibt Katalonien nicht nur die eigenen Steuern ein, sondern auch die staatlichen.

– Katalonien betreibt mehrere »nationale« Radio- und TV-Stationen, selbstverständlich auf Katalanisch.

– Katalonien ist für die Justiz zuständig und hat ein eigenes Bürgerliches Gesetzbuch (Zivilgesetz).

– Katalonien hat einen eigenen Obersten Gerichtshof.

– Katalanisch wird für die Interpretation von Gesetzen herangezogen, während meines Wissens auch bei Gesetzen des Südtiroler Landtages in Südtirol nur der italienische Wortlaut maßgebend ist.

– Katalonien hat alleinige Zuständigkeit über die Regelung der Berufskammern. Südtirol nicht.

(usw.)

Kommentiert von: pérvasion | 04 Dezember 2005 um 19:06 Uhr

Ich zitiere Sie: »[…] teile ich die von Ihnen skizzierte Idee der Selbstbestimmung. Diese Frage hat bei uns in Südtirol oft deshalb einen negativen Beisgeschmack, weil die Selbstbestimmung nur für einen Teil der Bevölkerung gedacht wird und andere ausgrenzt werden und weil somit neue Minderheiten entstünden.«

Wäre es nicht eine Aufgabe (z.B. auch) der Grünen, ein Gegenmodell anzubieten, um sozial, liberal, solidarisch eingestellten Bürgern die Möglichkeit zu bieten, sich für mehr »Selbstverantwortung« (Selbstbestimmung) auszusprechen? Ich könnte mir vorstellen, dass Sie damit einen erheblichen Teil derzeitiger VP-Wähler ansprechen und abwerben könnten. Die Grünen – und die Linke im weiteren Sinne – müssten sich zusammensetzen und ernsthaft auf dieser Basis diskutieren. Das ist ein Thema, das in Südtirol alles andere als erschöpft ist. Wie hoch glauben Sie ist der Wille, Entscheidungen zum Verkehr, zum Umweltschutz, zur kulturellen Entwicklung (ich spreche hier von moderner Kulturpolitik und nicht von Beiträgen für Schützen und Traditionsvereinen), zur Erhebung und Eintreibung von Steuern, zur Sicherheit (kurzum: allem) selbst und vor Ort zu treffen? Ich denke dieser Wille ist bei uns – wie in der Schweiz – sehr ausgeprägt. Er benötigt endlich politische Kanalisierungsmöglichkeiten.

Kommentiert von: pérvasion | 04 Dezember 2005 um 19:19 Uhr

Link zum Blog des EU-Parlamentariers Sepp Kusstatscher.



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