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Die Kosten der Demokratie.

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Diesen Sommer wird die Berichterstattung von einer Importdiskussion aus Rom beherrscht, wo man sich auf die Kosten der Demokratie und die Privilegien der Politiker eingeschossen hat, und zwar völlig losgelöst von den Leistungen, die die Volksvertreter erbringen, und vom Wert, den die Gesellschaft der Demokratie beimisst.

Eine seriöse Diskussion über die Kosten, welche Politik und Verwaltung verursachen, ist durchaus legitim, doch sie muss nach meinem Dafürhalten unabhängig von allgemeinen Sparmaßnahmen geführt werden. Vieles spricht dafür, dass man einiges streichen sollte, dass einige Spesenvergütungen ungerechtfertigt sind und dass das System insgesamt asketischer gestaltet werden könnte — ohne das Kind mit dem Bade auszuschütten. Im gleichen Atemzug sollten wir uns jedoch auch andere Fragen stellen. Ab wann etwa sind Bezüge so niedrig, dass uns die besten Köpfe abhanden kommen oder dass wir nur noch Freizeitpolitiker finanzieren können? Sobald etwa die disziplinierende Kontrolltätigkeit des Landesparlaments leidet, können wir davon ausgehen, dass die Kosten insgesamt steigen, anstatt zu sinken. Ansetzen könnte man auch bei den Gegenleistungen: Wenn sie an hohe Standards in Punkto Arbeitszeit, Unvereinbarkeit und Transparenz geknüpft sind, können angemessene Bezüge ein Beitrag zu höherer Qualität sein.

So, wie die Debatte derzeit geführt wird, geht der Schuss jedoch nach hinten los. Angeblich soll der Politikverdrossenheit vorgebeugt werden, indem die herrschenden Zustände frontal angegriffen und radikal in Frage gestellt werden. Tatsächlich wird aber der Stammtisch bedient, »die Politik« pauschal diffamiert und somit wiederum die Verdrossenheit befeuert. Die Gleichung »Sparmaßnahmen = Gehaltskürzungen« greift sicherlich zu kurz. Wenn unsere Vetreter zu viel Geld kassieren, dann tun sie das nicht nur jetzt, sondern grundsätzlich. Wenn ihre Bezüge hingegen angemessen sind, dann sind sie es jetzt erst recht, wenn sie möglichst ausgewogene und sozialverträgliche Maßnahmen ergreifen müssen, um den öffentlichen Haushalt zu konsolidieren. In der Privatwirtschaft (solche Vergleiche ziehe ich nur ungern) verdienen mitunter jene am meisten, die ein Unternehmen aus einer Krise führen.


Democrazia/ Medien/ Politik/ · · · · · ·

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Comentârs

3 responses to “Die Kosten der Demokratie.”

  1. hunter avatar
    hunter

    wieder einmal stimme ich dir 100-prozentig zu.
    natürlich sind gewisse bezüge und privilegien (pensionen, taggelder usw.) zu hinterfragen.
    aber gleichzeitig habe ich auch den eindruck, dass es vielen nicht billig genug sein kann. am besten sollten die politiker gar nichts verdienen. und auch dann noch würde eine straßenumfrage mit der fragestellung: “verdienen unsere politiker zu viel” mit “ja” ausgehen. gleichzeitig schimpfen die leute aber auch, dass alle unfähige trottel sind.
    also wenn jemand ein trottel ist, dann muss ich ihn/sie ja nicht über jahre hinweg wählen – und wenn jemand fähig ist, dann soll er/sie auch entsprechend entlohnt werden.

    – demokratie (= gute verwaltung) muss uns etwas wert sein und daher gehören politiker anständig bezahlt, damit es für gute leute auch reizvoll bleibt, in die politik zu gehen. wer würde sich denn das sonst antun?

    – die arbeit eines spitzenpolitikers ist in ihrer wertigkeit mit jener eines managers eines großunternehmens vergleichbar. und obwohl letztere bei mißwirtschaft kaum persönlich zur verantwortung gezogen werden, verdienen diese ein vielfaches von durnwalder und co. wenn ein politiker in den augen der wähler mist baut, wird er/sie wenigstens abgewählt. und wenn nicht, ist nicht der politiker sondern das wahlvolk schuld.

    – angemessene gehälter sind auch ein schutz gegen korruption. sollte es dennoch zu korruption kommen, gehört natürlich entschieden dagegen vorgegangen.

    – der job eines spitzenpolitikers ist mit nur wenigen “normalen” jobs vergleichbar. man ist dauernd im rampenlicht, jedes wort wird auf die waagschale gelegt und so etwas wie familienleben oder freie wochenenden gibt es nicht. das muss bei der ganzen diskussion auch einmal gesagt sein.

    – der vergleich mit der privatwirtschaft hinkt auch gehörig. es mag zwar sehr wohl politiker geben, die in der privatwirtschaft nix reißen würden, aber erstens ist es nicht notwendigerweise so, dass kapitalistische tugenden wie ellbogentechnik und gewinnorientierung für eine politikerkarriere wünschenswert sind und zweitens gibt es genügend ex-politiker, die in der privatwirtschaft sehr wohl erfolgreich sind und dort auch ein vielfaches dessen verdienen, was sie als politiker bekommen haben.

    – zum vergleich: lionel messi verdient in der woche (!!!) ungefähr so viel wie unser überdurchschnittlich gut bezahlter landeshauptmann pro jahr! für ein bisschen ball rumtreten kann man also das 52-fache eines ausgezeichneten politikergehaltes bekommen. dennoch ist lionel messi kein buhmann und nicht als geldgieriges arschloch verschrien.

    – abschließend ist zu sagen, dass im großen und ganzen unser von den politikern verwaltetes öffentliches system recht gut funktioniert. sowohl absolut als auch in relation mit anderen regionen gesehen. öffentliche verwaltung, gesundheitssystem, öffentlicher verkehr usw. sind auf einem ansprechenden niveau. also ganz so katastrophal können die politiker für ihr geld nicht gearbeitet haben.

    wie gesagt: missstände gibt es immer wieder und die gehören aufgeräumt. aber die pauschale verunglimpfung eines ganzen standes ist kontraproduktiv. noch dazu wo ja wir es waren, die diese leute gewählt haben. also sind wir schon auch ein bisschen mitschuld :-)

  2. anonym avatar
    anonym

    also wenn jemand ein trottel ist, dann muss ich ihn/sie ja nicht über jahre hinweg wählen

    Als ob die Leute immer wüssten, wenn genau sie da wählen. Kennen die Wähler die Politiker persönlich? Wohl kaum. Diese Damen und Herren werden all zu oft von Verbänden usw. sowie den Systemmedien massiv unterstützt und von den Leuten all zu leichtfertig gewählt.

    Ob die Kosten der Politik zu hoch sind oder nicht ist meines Erachtens leicht zu überprüfen. Man suche sich ein Land das gut verwaltet wird und vergleiche die eigenen Kosten mit den Kosten dort. Dann hätte man einen guten Anhaltspunkt. Bestes Beispiel die Schweiz.

    Aber was machen unsere “Volksvertreter”? Sie vergleichen sich mit den ohnehin höchsten und ineffizientesten Politikern Europas, nämlich mit denen Italiens, und kommen zum Schluss: wir liegen im Mittelfeld.
    Bravo!

  3. pérvasion avatar

    Die aktuelle ff (Nr. 32/2011) befasst sich auf weniger populistische Weise mit dem Problem als der Alto Adige — und setzt den Akzent genau auf Verbesserungen in Sachen Arbeitspensum, Unvereinbarkeit und Transparenz. Lässt hoffen, dass sich die öffentliche Debatte jetzt in eine sinnvollere Richtung entwickelt.

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