Autorinnen und Gastbeiträge →

  • Goodfay, Mann.

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    24 Comentârs → on Goodfay, Mann.

    Arbeitslosenquote bei 5,8 % (Platz 5 in der EU, EU-Durchschnitt 8,8 %). Jugenarbeitslosigkeit bei 10,9 % (Platz 4 in der EU, EU-Durchschnitt 19,1 %). € 39.100 BIP pro Kopf (Platz 7 in der EU, EU-Durchschnitt € 27.400). 6. Platz im “European Quality of Government”-Index. 7. Platz weltweit im “Rule of Law”-Index. 13. Platz weltweit im “Social Progress”-Index. 14. Platz weltweit im “Democracy”-Index. 3. Platz weltweit im “Global Peace”-Index. 12. Platz weltweit im “Fragile States”-Index. 12. Platz weltweit im “Freedom of Press”-Index. 13. Platz weltweit im “Where-to-Be-Born”-Index. 6. Platz weltweit im “Quality of Life”-Index.

    Fürwahr, es mag schlimmere Orte zum Leben geben als Österreich. Ein Land, das seit 1945 entweder von der SPÖ, der ÖVP oder beiden gleichzeitig regiert wurde – abgesehen von zwei Kurzauftritten der FPÖ in einer Koalition mit der SPÖ (1983-86) und der ÖVP (2000-06). Angesichts obiger Zahlen könnte man also durchaus den Schluss wagen, dass die SPÖ und die ÖVP in den vergangenen 70 Jahren nicht komplett alles falsch gemacht haben.

    Da das Jammern und Raunzen in Österreich aber zum Volkssport gehört, jammert und raunzt man auf höchstem Niveau. In einer noch nie dagewesenen Dimension zeigt sich die Unzufriedenheit mit den (ehemaligen) Großparteien bzw. der großen Koalition (Groko) nun auch in Wahlergebnissen. Bei der ersten Runde zur Bundespräsidentschaftswahl erreichten der ÖVP-Kandidat Andreas Khol und der SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfer zusammen gerade einmal 22,4 Prozent der Stimmen.

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    Vor wenigen Tagen zog SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann für viele dennoch überraschend die Reißleine und erklärte seinen Rücktritt. Auch wenn Faymann den fehlenden Rückhalt innerhalb der eigenen Partei als Grund angab, so war es indirekt doch die FPÖ, die für den Fort.Schritt Faymanns verantwortlich zeichnet. Seit mehreren Jahren schon sind die Freiheitlichen – oder besser gesagt H.C. Strache – der bestimmende Faktor in der Politik von ÖVP und SPÖ.

    Das ist der Vorwurf den man den Großkoalitionären machen muss und der wahrscheinlich auch der Grund für die Unzufriedenheit ist- trotz der objektiv und vergleichsweise guten wirtschaftlichen und sozialen Lage in Österreich. Neben ein paar unglücklichen Personalentscheidungen vor allem bei der ÖVP (Strasser, Molterer, Pröll, Spindelegger …) und einer gefühlten Verwechselbarkeit aufgrund des großkoalitionären Zwanges zum Konsens, war die Groko durch das Reagieren statt das Agieren gekennzeichnet. Und hat die Regierung einmal agiert, schaffte sie es nicht, dies als Erfolg zu verkaufen.

    Ministerinnen wie Maria Fekter und Johanna Mikl-Leitner waren in Politik, Gehabe und Rhetorik der rechtspopulistischen FPÖ näher als ihrer christlich-konservativen Volkspartei. Doch der Wähler geht lieber gleich zum Schmied als zum Schmiedl – und so fuhr die FPÖ in der Ära Strache bis auf wenige Ausnahmen einen Wahlsieg nach dem anderen ein.

    Der Anfang vom Ende der Regierung Faymann und somit mittelfristig wohl auch der großen Koalition war aber die Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen im Burgenland. Landeshauptmann Hans Niessl holte 2015, nachdem die absolute Mehrheit der SPÖ verloren gegangen war, gegen den Willen der Bundes-SPÖ die FPÖ in die Regierung.

    Diese Koalition war nicht bloß Ausdruck der gespaltenen Haltung der SPÖ was den Umgang mit der Strache-Partei betrifft, sie war auch ein Zeichen dafür, dass die Sozialdemokraten in der Flüchtlingsfrage längst nicht mehr geschlossen für die “Willkommenskultur” standen.

    Wiens mächter Bürgermeister und Landeshauptmann Michael Häupl, der in der Bundeshauptstadt eine Koalition mit den Grünen eingegangen ist, spricht sich nach wie vor dezidiert gegen eine Zusammenarbeit mit der FPÖ unter Strache aus (Stichwort: Blaubuch ). Häupl ist es auch, der in Sachen Flüchtlingspolitik – anders als viele Menschen an der SPÖ-Basis – große Probleme mit den “Scharfmachern” innerhalb der ÖVP hat.

    Am deutlichsten ans Tageslicht kam diese Zerrissenheit der SPÖ beim traditionellen Maiaufmarsch zum “Tag der Arbeit”. Kanzler Faymann wurde von der einen Hälfte der Genossinnen und Genossen gnadenlos ausgepfiffen, während die andere Hälfte “Werner, der Kurs stimmt”-Schilder in die Höhe hielt. Diese Erfahrung wird wohl das ausschlaggebende Moment für den Rücktritt gewesen sein.

    Inzwischen hat ÖVP-Bundesparteiobmann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner die Agenden des Kanzlers übernommen und stellte gleich einmal klar: ”Ich gehe davon aus, dass wir diesen Kurs ohne Veränderung fortsetzen”. Ob das gut geht und ob der interimistische SPÖ-Obmann Häupl da mitmacht? Wenn ich in der SPÖ etwas zu sagen hätte, dann würde ich etwas ganz Verwegenes versuchen. Ich würde beinhart sozialdemokratische Politik betreiben. Ganz so, als ob es die FPÖ gar nicht gäbe. Das wäre zumindest einmal einen Versuch wert.



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  • »Bildung und Schule«.
    Positionspapier zum thematischen Workshop im Südtirolkonvent

    Wir veröffentlichen hiermit unser Positionspapier zum unlängst im Rahmen des Autonomiekonvents stattgefundenen Workshop (»Bildung und Schule«):

    Bildungspolitische Entscheidungen sind von großer kollektiver Tragweite, da sie nicht bloß die reine Wissensvermittlung an junge Menschen betreffen, sondern auch langfristige gesamtgesellschaftliche Auswirkungen haben. Zusammen mit dem Gesundheitswesen ist der Bildungssektor der wohl zukunftsträchtigste Bereich politischen Handelns.

    Leider beobachten wir in Südtirol, dass bildungspolitische Fragen erschreckend hemdsärmelig angegangen werden. Entscheidungsgrundlagen bilden nicht selten Bauchgefühle, (unwahre) Gerüchte 01 02 03 04 05 06 und nicht repräsentative Umfragen 07 08. Den Bauchgefühlen und Gerüchten werden zu allem Überfluss dann auch noch regelmäßig ideologische Mäntelchen übergestülpt, welche gewisse Methoden und Sichtweisen als progressiv und andere als rückwärtsgewandt stigmatisieren – völlig unabhängig davon, was sie tatsächlich leisten. Das sind keine guten Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Bildungs- und Schulpolitik.

    Die Voraussetzung, um Bildungspolitik im Allgemeinen und den für das Autonomiestatut relevanten Sprachunterricht im Speziellen professionell betreiben zu können, sind wissenschaftliche Erkenntnisse aufgrund belastbarer Daten über Sprachkenntnisse und Sprachentwicklung über einen längeren Zeitraum hinweg. Es ist nur schwer begreiflich, dass wir in Südtirol erst 2004 mit dem ersten so genannten “Sprachbarometer” des ASTAT annähernd eine solche Grundlage geschaffen haben. Abgesehen vom Sprachbarometer, das lediglich alle zehn Jahre durchgeführt wird, steht uns nur die Kolipsi-Studie der EURAC, die die Zweitsprachkompetenzen der Südtiroler Schüler der Sekundarstufe II untersucht, zur Verfügung. Das Sprachbarometer wiederum basiert auf Selbsteinschätzung. Daten, die auf standardisierten Sprachtests fußen und die Sprachentwicklung der Bevölkerung laufend dokumentieren gibt es für Südtirol nicht. Für ein mehrsprachiges Gebiet ein bedauernswerter Zustand 09. Da wir vor 40 Jahren nicht mit solchen Erhebungen begonnen haben und uns somit heute kein aussagekräftiges Zahlenmaterial 10 11 12 13 vorliegt, sollten wir wenigstens jetzt damit beginnen, diese Dinge zu erheben.

    Zumindest liefern uns die Sprachbarometer von 2004 und 2014 sowie die Kolipsi-Studie 14 15 16 17 18 19 einige Anhaltspunkte, was die sprachliche Situation im Lande betrifft.

    1. Der Großteil der Südtiroler (aller Muttersprachen) sieht Italienisch als wichtigste Sprache in Südtirol an.
    2. Die deutschsprachigen Südtiroler beherrschen Italienisch wesentlich besser als die Italienischsprachigen Deutsch.
    3. Schüler in den deutschen Oberschulen beherrschen Italienisch besser als ihre italienischen Kolleginnen und Kollegen Deutsch.
    4. Die Sprachkenntnisse der Südtiroler (aller Muttersprachen) was die jeweils zweite bzw. dritte Landessprache betrifft, haben sich in den vergangenen 10 Jahren merklich verbessert.
    5. Gleichzeitig hat sich die Situation in der öffentlichen Verwaltung, die untrennbar mit dem mehrsprachigen Selbstverständnis unseres Landes verbunden ist, teilweise drastisch verschlechtert (Gesundheitswesen, Sicherheitskräfte …).

    Wenn wir dann auf Basis dieser Erkenntnisse bildungspolitische Entscheidungen treffen, muss es eine Selbstverständlichkeit sein, dass die eingeschlagenen Wege laufend und professionell evaluiert werden. Zum einen um zu verstehen, ob sie überhaupt Wirkung zeigen und zum anderen, welche gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen die schulpolitischen Entscheidungen zeitigen 20.

    Beispielsweise hat die Evaluierung der CLIL-Experimente an deutschen Schulen zwar gezeigt, dass Eltern und Schüler mit CLIL zufrieden sind, aber auch, dass sich die Leistung der CLIL-Klassen in Italienisch sogar verschlechtert hat 21. Was auch immer die Gründe dafür sind, der Evaluationsbericht ist diesbezüglich wenig aussagekräftig, da keine Vergleichsgruppe (Klasse ohne CLIL) evaluiert wurde. Von der Politik kommuniziert wurde übrigens nur die Zufriedenheit der Eltern und dass man aufgrund dessen das Projekt ausweiten wolle. Dass sich die Leistungen der Schüler zumindest in Italienisch verschlechtert haben, wurde geflissentlich ignoriert. Und obwohl italienische Schulen schon seit geraumer Zeit mit CLIL experimentieren, gibt es außer der Kolipsi-Studie keine Vergleichsdaten über den Erfolg der Projekte. Kolipsi wiederum bestätigt, dass die Zweitsprache an deutschen Schulen nach wie vor besser gelernt wird. Auch der allzu frühen Konfrontation der Kinder mit der Zweitsprache (es sei denn, es passiert in einem zweisprachigen familiären Umfeld), erteilen Expertinnen der Universität Bozen wie Prof. Dr. Rita Franceschini und Univ. Prof. Dr. Annemarie Saxalber eine Absage.

    Überdies kann man das Bildungssystem nicht losgelöst von den Rahmenbedingungen sehen. Ein weiterer Aspekt, den wir bezüglich Sprachunterrichts daher beachten müssen, ist die besondere Situation Südtirols innerhalb eines Nationalstaates. Das ist nicht mit – beispielsweise – einem Englisch-CLIL-Projekt in Deutschland zu vergleichen. Die italienische Sprache ist sowohl nach Einschätzung der Südtiroler als auch de facto die “stärkere” Sprache in Südtirol. Die sprachliche Gleichstellung ist auch nach über 40 Jahren Autonomiestatut nicht erreicht. Im Konsumentenschutz (Etikettierung, Medikamente, Formulare, Verträge usw.) zählt nur die italienische Sprache, vor Gericht, bei den Carabinieri, der Post usw. ist Deutsch maximal geduldet – jedoch nicht absolut gleichgestellt. Wie stark die Strahlkraft der “Nationalsprache” in einem Nationalstaat ist, zeigt die als dreisprachige Universität gestartete Freie Universität Bozen, an der das deutschsprachige Kursangebot in vielen Bereichen stark unterrepräsentiert ist 22 23 24.

    Wir denken, dass es unser aller Ziel ist, die sprachliche Vielfalt im Land zu erhalten und gleichzeitig die Sprachkenntnisse aller Südtirolerinnen und Südtiroler – inklusive unserer neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger – zu verbessern.

    Auf Basis obiger belegter und objektiver Erkenntnisse erbringen wir folgende Vorschläge zur Autonomiereform:

    1. Das Land braucht – als Grundvoraussetzung für alle weiteren Schritte – die primäre und alleinige Zuständigkeit für das Bildungswesen (inkl. Hochschule), um eine Politik betreiben zu können, die unserer mehrsprachigen Realität gerecht wird.
    2. Der ominöse Artikel 19 des Autonomiestatus ist schwerfällig und komplex, da er mehrere sprachpolitische Sachverhalte gleichzeitig regelt. Ihn völlig unverändert zu lassen, würde den Handlungsspielraum Südtirols in Sachen Bildungspolitik für die kommenden Jahrzehnte lähmen. Gesetzt den Fall, dass Südtirol die primäre und alleinige Zuständigkeit für das Bildungswesen innehat, wäre es nicht notwendig ein konkretes Schulmodell in ein Gesetz mit Verfassungsrang aufzunehmen. Dies vor allem auch deshalb, da man den Sprachunterricht nicht in allen Schulstufen von der Grundschule bis zur Oberschule über einen Kamm scheren kann. Sobald mutter- und fremdsprachliche Kenntnisse weitgehend gefestigt sind, würde eine allzu starre Regelung den bildungspolitischen sowie pädagogisch-didaktischen Handlungsspielraum unnötig stark einengen. Stattdessen sollten zwei Prämissen gelten:
      • Alle Südtirolerinnen und Südtiroler haben das Recht auf muttersprachlichen Unterricht, wobei das Ausmaß durch Landesgesetze geregelt wird.
      • Die sprachliche Vielfalt im Land (Deutsch, Italienisch, Ladinisch) muss gewahrt bleiben. Daher wird die Sprachsituation laufend wissenschaftlich erhoben und evaluiert. Bei statistisch relevanten Veränderungen zu Ungunsten einer der beiden Minderheitensprachen müssen entsprechende sprach- und bildungspolitische Maßnahmen getroffen werden, um der Entwicklung entgegenzusteuern.
    3. Vorausgeschickt, dass es bei der derzeitigen Sprachunterrichtspraxis großes Optimierungspotential gäbe, ist die Beibehaltung des Muttersprachenprinzips (Unterricht in der Muttersprache nach Art. 19), solange wir in einen Nationalstaat eingebettet sind, die “sicherste” Variante für den Erhalt der sprachlichen und kulturellen Vielfalt, obgleich sie einer Homogenisierung der Südtiroler Gesellschaft und Identität entgegenwirkt. Wenn allerdings die Rahmenbedingungen stimmen (primäre Zuständigkeit im Bildungswesen beim Land, laufende Evaluation der Ergebnisse und Beobachtung des gesamtgesellschaftlichen Sprachgebrauchs) kann auch ein asymmetrisches Immersionsmodell nach dem Vorbild Kataloniens (gemeinsame Schule mit 70 Prozent des Unterrichts auf Katalanisch und 30 Prozent auf Kastilisch) zielführend sein. Das geeignete Prozentverhältnis für Südtirol müsste freilich gesondert ermittelt werden. Eine asymmetrische Gewichtung zugunsten des Deutschen (Stichwort: positive Diskriminierung) als Unterrichtssprache würde den nationalen Druck etwas ausgleichen und sicherstellen, dass der Gebrauch der Minderheitensprache gegenüber der “Lingua Franca” Italienisch abgesichert wird, dass die Südtiroler italienischer Muttersprache besser Deutsch lernen und dass die Südtiroler deutscher Muttersprache ebenfalls stärker mit dem Italienischen konfrontiert werden. Zudem könnte man andenken, in Bozen, Leifers, Pfatten, Branzoll und Salurn noch mehr zugunsten des Deutschen zu verschieben, während in den ländlichen, großmehrheitlich deutschsprachigen Gemeinden die Asymmetrie etwas in Richtung Italienisch gedreht werden könnte.
    4. Die Regelung, dass Sprachunterricht laut Artikel 19 nur von Muttersprachlern erteilt werden darf, ist innerhalb des derzeitigen Systems widersinnig. Entscheidend für das Erlernen der jeweils zweiten Landessprache ist die fremdsprachendidaktische Ausbildung der Lehrkräfte. Sie sollte Vorrang haben gegenüber dem Muttersprachenprinzip – zumindest bis eine elementare Sprachkompetenz erreicht ist. Der derzeitige Zweitsprachenunterricht ist ähnlich dem Muttersprachenunterricht konzipiert und die Lehrkräfte sind auch dahingehend ausgebildet. Er basiert auf Grammatik und Schriftlichkeit. Die für den Spracherwerb entscheidende systematische Wortschatzarbeit kommt zu kurz. Schüler können mitunter sämtliche irregulären Formen des passato remoto aufsagen, aber kaum eine Alltagssituation sprachlich meistern. In den höheren Schulstufen ist das Muttersprachenprinzip (Lehrkraft unterrichtet ihre Muttersprache) sinnvoll. Wenngleich nicht-muttersprachliche Lehrpersonen bezüglich Verständnis für den Spracherwerb vor allem zu Beginn durchaus im Vorteil sein können.
    5. Ladinischunterricht wird im Ausmaß von zwei Wochenstunden für mindestens vier Schulstufen in ganz Südtirol verpflichtend eingeführt.
    6. Stärkung der ladinischen Sprache innerhalb der “paritätischen Schule” in den ladinischen Tälern, indem neben dem reinen Sprachunterricht, Ladinisch nach einem zu ermittelnden Schlüssel auch erheblicher Teil des paritätischen Modells wird.

    Zusätzlich bedarf es aber eines grundsätzlichen Umdenkens sowie einiger weiterer Reformen im Bildungswesen. Die großangelegte Hattie-Studie kann dabei als Impulsgeber dienen. Der gängigen Praxis, unter Bildungsreformen fast ausschließlich “Strukturreformen” zu verstehen, die nicht selten mit einem “Methodendogmatismus” einhergehen, erteilt Hattie eine Absage. Die weit größeren Auswirkungen auf den Lernfortschritt haben hingegen selbstreflexive Lehr- und feedbackorientierte Lernstrategien. Weit bedeutender für den Lernerfolg als strukturelle Eingriffe sind demnach kommunikative Aspekte wie das Lehrer-Schüler-Verhältnis, die formative Rückmeldung und der strukturierte Unterricht mit angepasstem Methodenmix.

    1. Das Verbesserungspotential des derzeitigen Sprachunterrichts ist noch lange nicht ausgeschöpft und sollte vor allem im Hinblick auf die Hattie-Studie Vorrang vor Strukturreformen und methodischen Allheilmitteln haben, die in den vergangenen Jahrzehnten ohnehin regelmäßig auf den Kopf gestellt wurden.
    2. Selbstreflexive Lehr- und feedbackorientierte Lernstrategien sind – anders als strukturelle Eingriffe – sehr stark von den Fähigkeiten der Lehrpersonen abhängig. Damit sich wieder die besten Köpfe vor eine Schulklasse stellen, braucht der Lehrerberuf einen Imagewandel. Sätze wie: “Ich weiß noch nicht, was ich einmal mache; inzwischen gehe ich halt unterrichten” müssen ein für alle Mal der Vergangenheit angehören, denn sie bedienen einen Teufelskreis, was die gesellschaftliche Wertschätzung des Lehrerberufs angeht. Letztere ist jedoch entscheidend und sollte sich auch monetär ausdrücken. Denn nichts kommt uns langfristig teurer als schlechte (billige) Lehrer.
    3. Die Lehrerausbildung und Lehrbefähigung muss professioneller und praxisnaher werden. Es ist widersinnig, wenn beispielsweise diplomierte Anglisten für die Lehrbefähigung in Englisch lang und breit über eine Literaturliste und kaum zu didaktischen Fragen geprüft werden.
    4. Schulversuche müssen – anders als in der Vergangenheit – professionell durchgeführt werden:
      • Datenbasis schaffen und Bedarfserhebung machen
      • geeignete Lehrpersonen ausbilden
      • Umsetzung in Versuchsgruppen mit Evaluation über einen längeren Zeitraum (mehr als ein Schuljahr) mit Hilfe von Vergleichsgruppen
      • flächendeckende Ausbildung der Lehrpersonen
      • flächendeckende Umsetzung mit wissenschaftlicher Begleitung und fortlaufender Beobachtung über einige Jahre

      Bei der Einführung von Englisch in der Grundschule beispielsweise wurde erst im Nachhinein mit der entsprechenden Ausbildung der Lehrkräfte begonnen.

    5. Italien hat im europäischen Vergleich sehr viele Schulstunden. Diese sind zusätzlich noch auf einen vergleichsweise kurzen Schulkalender verteilt. Diese Dichte ist von einem pädagogisch-didaktischen Standpunkt aus gesehen kontraproduktiv für den Lernerfolg. Die einzelnen Schultage wie auch die Sommerferien sind zu lang. Die Stundenzahl muss reduziert und das Schuljahr gestreckt werden. Zwei Monate Sommerferien sind mehr als ausreichend.
    6. Es bedarf einer Entbürokratisierung des Lehrerberufs, damit den Lehrkräften wieder vermehrt Zeit für ihre eigentliche Aufgabe bleibt.

    Siehe auch: 01



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  • Zweisprachigkeit: Hemdsärmeligkeit allerorten.

    »Die neuen Webseiten zu Integration und Zweisprachigkeit sind online«, verkündet das Landespresseamt. Habe ich mir also den Auftritt angesehen, der unter anderem der Zwei- und Dreisprachigkeitsprüfung gewidmet ist. Prädikat: Beschämend.

    Zweisprachigkeitsprüfung.

    Hier oben ein Ausschnitt, den ich mit Unterstützung von Susanne K. nach Fehlern durchforstet habe. Und hier die Erläuterungen:

    • egal ist laut Duden, wenn synonym zu »einerlei, gleichgültig« verwendet, ein umgangssprachlicher Ausdruck — und somit für einen institutionellen Webauftritt ungeeignet.
    • Studientitel ist ein Südtirolismus (um nicht zu sagen: eine italienische Interferenz), den man als solchen akzeptieren könnte. Nichtsüdtiroler Anwärterinnen dürften aber Schwierigkeiten haben, die Bedeutung zu verstehen.
    • Schreiben und Sprechen sind substantivisch gebraucht und deshalb groß zu schreiben;
    • Statt entdecke sollte entdecken Sie stehen, insbesondere nachdem weiter oben bereits die Höflichkeitsform verwendet wurde.
    • Straße schreibt man auch nach neuer Rechtschreibung mit scharfem S, die korrekte Schreibweise wäre Dr.-Julius-Perathoner-Straße.
    • Zudem fehlt zwischen Bus- und und ein Leerzeichen.

    Wie kann man Prüflingen auch nur einen Fehler ankreiden, wenn man außerstande ist, einen fehlerfreien Absatz auf die eigene Homepage zu stellen? Und: Wie soll den Südtirolerinnen vermittelt werden, dass beim Land eine seriöse Sprachpolitik betrieben wird?

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06 07



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  • Erschütternde Erschütterung.
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    Autor:a

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    8 Comentârs → on Erschütternde Erschütterung.
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    Erschüttert zeigte sich der Landeshauptmann über das Wahlergebnis von Casa Pound: “Dass eine Gruppierung, die sich offen zum Faschismus bekennt, in der Landeshauptstadt so viele Stimmen bekommen hat und ihre Sitze von einem auf drei ausbauen konnte, sollte als Auftrag an die Gesellschaft sowie an die Parteien, die sich im Rahmen der Verfassung bewegen, verstanden werden, solche Tendenzen durch Aufklärung sowie überzeugende politische Arbeit zu bekämpfen.”

    Pressemitteilung des Landes vom heutigen 9. Mai

    Wie wäre es, wenn man die »überzeugende politische Arbeit« damit begönne, der »Gruppierung, die sich offen zum Faschismus bekennt« die öffentliche Wobi-Unterkunft zu kündigen? Andernfalls kann man die reichlich späte Einsicht des Landeshauptmanns, dass von diesen Rechtsextremisten eine echte Gefahr ausgeht, leider nicht ganz ernstnehmen.

    Seit Jahren machen nicht nur wir auf den Skandal aufmerksam, dass der faschistische Buchdienst CasaItalia in einer Immobilie des Landeswohnbauinstituts (Wobi) Unterschlupf gefunden hat.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05



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  • Gemeinderatswahl: Tiefschwarzes Bozen.

    Autor:a

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    10 Comentârs → on Gemeinderatswahl: Tiefschwarzes Bozen.

    Gestern war der 71. Jahrestag der Befreiung und des Kriegsendes von 1945. Und Wahltag in der Südtiroler Landeshauptstadt.

    Die politischen Erben derer, die den zweiten Weltkrieg angezettelt und unbeschreibliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hatten, gehören zu den großen Wahlgewinnern.

    Die explizit faschistische CasaPound Italia (CPI) konnte ihr Ergebnis vom letzten Jahr verdreifachen und sicherte sich mit 6,7% der Stimmen drei Gemeinderatssitze. Die neu eingeführte 3%-Hürde schafften die Faschisten problemlos — fortan sitzen Maurizio Puglisi Ghizzi, Andrea Bonazza und Sandro Trigolo im Stadtparlament.

    Darüberhinaus schaffte auch CPI-Mitglied Marco Caruso, diesmal mit Uniti per Bolzano von Mario Tagnin, den Wiedereinzug in den Gemeinderat. Giovanni Benussi, der noch letztes Jahr Bürgermeisterkandidat von CPI gewesen war, sitzt für Holzmanns Alleanza im Stadtparlament.

    Diesen breiten Erfolg der Faschisten dürfen sich auch jene Parteien und »pflichtbewussten« Medien ans Revers heften, die keine Ab- und keine Ausgrenzung für nötig gehalten, die das Phänomen unterschätzt und die durch ihre ignorante Haltung zur »Normalisierung« und Akzeptanz der Schläger und Antidemokraten beigetragen haben.

    71 Jahre danach ist es also wieder möglich, aus Squadrismus und Gewalt politisches Kapital zu schlagen.

    Zählt man die rassistische Lega Nord (5 Abgeordnete), Tagnins Uniti (4), CasaPound (3) und Holzmanns Alleanza (2) zusammen, sind 14 der 45 neuen Gemeinderatsmitglieder — also fast ⅓ — den strammen Rechten zuzurechnen.

    Siehe auch: 01 02 03 04

    Hinweis: In einer älteren Fassung dieses Beitrags war auch auf Angelo Gennaccaro verwiesen worden, der aus der politischen Mitte kommt, aber kurz vor der Wahl ein homophobes Manifest mitunterzeichnet hatte. Diese Erwähnung hätte sich jedoch auf die Wahrnehmung der rechten Flut verharmlosend ausgewirkt.



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  • Alternativlosigkeit.
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    Autor:a

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    5 Comentârs → on Alternativlosigkeit.
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    “Wir sollten stolz sein auf das Südtirol-Modell der friedlichen Konfliktlösung”, sagte Arno Kompatscher. Leider seien sich einige nicht über das bewusst, worum wir von vielen beneidet werden – diese glaubten, dass “es Alternativen zum Weg der Autonomie gibt.”

    “Wir haben Wohlstand erreicht – und auch unser Hauptziel, den Schutz der deutschen und ladinischen Minderheit.” Der Landeshauptmann forderte auf, diesen “selbstbestimmten Weg” konsequent weiterzugehen – auch in Zeiten, in denen sich das Umfeld ständig ändere.

    aus einer SVP-Pressemitteilung vom 7. Mai über die Landesparteiversammlung

    Wir nehmen zur Kenntnis:

    • Die Autonomie ist alternativlos. Dass es etwas anderes gibt, ist ein Glaube.
    • Wir sind auf einem selbstbestimmten Weg, obschon wir über diesen Weg nie selbst bestimmen durften.

    Siehe auch: 01 02 03



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  • Markus Lobis schafft den Rassismus ab.

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    10 Comentârs → on Markus Lobis schafft den Rassismus ab.

    Markus Lobis, ehemaliger Gemeinderat der Grünen Bürgerliste und von Demos Brixen sowie rühriger Moderator und Mitorganisator interessanter politischer Debatten, hat Weltbewegendes geschafft: Der Rassismus ist endlich Geschichte, genauso wie der Kreationismus und einige Dutzend weitere -ismen.

    Eine Welt ohne Rassismus? Jetzt und sofort? Wie geht das? Ganz einfach: Mit bestechender Logik!

    Aber (wie man so schön sagt) der Reihe nach: Ein Blogleser hat in seinem Facebookprofil den -Artikel über Marco Timperios Ausfälle gepostet. Diesen Hinweis auf das undemokratische Verhalten des PD-Kandidaten und Mix-Ling-Vorsitzenden bezeichnete Markus Lobis in einem ersten Facebook-Kommentar kurzerhand als »dünnhäutig«. Pöbeleien, die mit einem demokratischen Diskurs nichts zu tun haben, sondern eher an »gute alte Zeiten« erinnern, muss man also kommentarlos hinnehmen.

    Doch als ein weiterer Kommentator Lobis vorwirft, »Rassisten« zu verteidigen, wird die Sache ordentlich skurril. Lobis schreibt:

    Gibt es eine deutsch [sic] Rasse? Ich dachte, das hätten wir hinter uns…

    Nun hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass ich Timperios Aussagen keineswegs als »antideutsch«, sondern eben als »undemokratisch« bezeichnen würde.

    Aber dass Lobis den Rassismus abschafft, weil es keine [deutsche] Rasse gibt, ist eine fette Schlagzeile wert. Kryptofaschistinnen behaupten ja auch immer wieder, sie hätten mit der Ideologie der Mussolinidiktatur nichts zu tun, weil diese ja schon 1945 geendet habe. Voll logisch. Und: Denken wir Lobis’ Ansatz zu Ende, gibt es weder den Kreationismus noch den Perfektionismus oder den Satanismus. Verschwunden. Ebenso wie der Surrealismus und der Nihilismus.

    Einen Antirassisten darf man sich dann in Zukunft halt leider auch nicht mehr nennen.

    Siehe auch: 01



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