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  • Landeshauptmann, Totschlag, Argumente.

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    8 Comentârs → on Landeshauptmann, Totschlag, Argumente.

    Einige signifikante Auszüge aus den Wortmeldungen des Landeshauptmanns im Zuge des Diskussionsabends mit Fürst Hans-Adam II. von Liechtenstein und Wolfgang Niederhofer ():

    Es ist aus meiner Sicht gefährlich, so zu tun, als ob man mit Unterschriften Sammeln oder auch einer Volksabstimmung einen Prozess in Gang setzen könnte, der etwas bewegen würde. Ich halte das für gefährlich, diese Karte spielt man nur einmal, aber man muss diese Karte spielen, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Man muss daran arbeiten, dass die Voraussetzungen geschaffen werden können. Dieser nationalstaatliche Gedanke […] und die Territorialhoheit des Staates, der Grundlage für solche Verfassungen ist, der ist durchaus überholt, also da schließe ich mich schon an, aber es ist eine Tatsache. Und es ist fahrlässig, wenn man in Südtirol immer so tut, als ob das nicht derzeit die Realität wäre. Die Politik ist dann halt auch die Kunst des Möglichen, man schafft Visionen, Utopien, das ist legitim, man denkt darüber nach, was anders sein könnte.

    [Das Einheitsgebot mag] nicht mehr korrekt sein, nicht gerecht sein, darüber lässt sich zurecht diskutieren, nur haben wir jetzt eine starre Verfassung, die auch genau regelt, wie die Verfassung abzuändern ist. Und darüber hinweg kommt man entweder mit diesen Regeln oder mit Revolution, das heißt Krieg.

    Ich bin jetzt nicht der Verteidiger der Zugehörigkeit Südtirols zu Italien, diese Rolle will ich absolut nicht einnehmen. Deshalb, bevor noch einmal morgen vielleicht irgendwo in einem Internetmedium steht, ich habe gesagt, dass wenn man ein Selbstbestimmungsreferendum macht, dann bricht Krieg aus… also das möchte ich schon noch einmal präzisieren: Nein, ich habe nur gesagt, um den Artikel 5 [der Verfassung] abzuändern, macht man das entweder einvernehmlich, man einigt sich irgendwie, man erzeugt politischen Druck, man überzeugt das Parlament, was auch immer — aber wenn das einvernehmlich nicht geht, dann ist halt die Revolution das andere, ja? Aber nicht, dass ich gesagt habe, dass deshalb ein Krieg ausbricht, bitte das nicht so zu verstehen. […] Es gibt natürlich eine dritte Lösung, der Staat Italien zerfällt.

    Die Katalanen haben eine Situation, wo sie auf dem Papier eine sehr weitreichende Autonomie haben, in vielen Bereichen wesentlich weiter reichend als unsere — Zivilrecht zum Beispiel, da hat Katalonien bedeutende Zuständigkeiten, die wir nicht haben. In der Tat verwehrt Madrid den Katalanen aber ein fundamentales Element einer Autonomie, nämlich das Geld, die »Marie«. Dort siehts wesentlich schlechter aus, und es nützt eine Autonomie auf dem Papier gar nichts, wenn man kein Geld hat, und das ist auch natürlich der Grund, warum die Katalanen völlig zu recht eine Abänderung fordern, auch einen eigenen Staat fordern und viele Möglichkeiten fordern, weil diese Autonomie, die sie haben für sie sicher kein Weg ist. Wir haben eine andere Autonomie, also bei den Finanzen dürfen wir uns nicht beklagen… es ist nie genug Geld da, es wäre auch fein, wenn uns der Staat noch ein Geld schicken würde ist klar, aber wenn wir uns vergleichen mit dem Finanzausgleich anderer fortgeschrittener europäischer Länder, stehen wir gut da, besser, wesentlich besser als der Durchschnitt.

    Hervorhebungen von mir.

    Dazu noch einige Gedanken:

    • Der Landeshauptmann versteht es sehr gut, besser noch als sein Vorgänger, in Zusammenhang mit der Selbstbestimmung von »Gefahr« und »Krieg« zu reden und somit die Bevölkerung einzuschüchtern. Dass er dies dann (halbherzig, denn er besteht ja darauf, dass es ohne Zustimmung Italiens zur Revolution — das heißt zum Krieg — kommen würde) wieder zurückgenommen hat, ist taktisch hervorragend, denn die Begriffe (»Gefahr« und »Krieg«) haben in der Zwischenzeit bereits ihre Wirkung in der Zuhörerschaft entfacht.
    • Warum man die Karte der Selbstbestimmung nur einmal spielen kann, bleibt unklar und ist kaum nachvollziehbar. Québec hat mehr als einmal über die Loslösung von Kanada abgestimmt und auch, dass es in Schottland eine weitere Abstimmung geben wird, wird kaum bezweifelt. Höchstens der Zeitpunkt (nach der kommenden Wahl zum schottischen Parlament oder erst in einer Generation) ist strittig.
    • Wenn der Landeshauptmann sagt, man müsse daran arbeiten, dass die Voraussetzungen für eine Abstimmung geschaffen werden können, dann stellt sich die Frage fast schon von selbst, was denn die SVP während der letzten Jahre und Jahrzehnte dafür getan hat. Der Eindruck ist zumindest, dass sie daran gearbeitet hat, dass die Voraussetzungen ganz sicher nicht geschaffen werden und dass alles so bleibt, wie bisher. Das ist auch die Botschaft, die tagein, tagaus vermittelt wird.
    • Bei der Aufzählung der möglichen Optionen (Verfassungsänderung oder Revolution) scheint Landeshauptmann Kompatscher die wichtigste zu vergessen, nämlich die Demokratie — man könnte auch sagen: die Politik. In einer Demokratie muss es möglich sein, dass Regeln geändert werden, und es darf nicht sein, dass ein starker politischer Wille von nicht zu erfüllenden Auflagen verhindert wird. Dies ist jedoch der Fall, wenn eine Region die mehrheitliche Zustimmung des staatlichen Parlaments benötigt, um ihre Zukunft zu bestimmen. Im konkreten Fall benötigen wir sogar eine Zweidrittelmehrheit. Es wäre unvorstellbar — weil undemokratisch — dass Großbritannien, wollte es aus der EU austreten, eine Zweidrittelmehrheit im Europaparlament zustandebringen müsste. Dabei ist Großbritannien der EU immerhin freiwillig beigetreten, anders als Südtirol der italienischen Republik.
    • Wenn er von der Erzeugung politischen Drucks spricht, scheint der Landeshauptmann für einen Augenblick trotzdem an die Macht der Politik zu glauben. Dann aber ist unverständlich, warum er die Möglichkeiten auf das Einvernehmen (im Sinne einer rechtlich einwandfreien Verfassungsänderung) und auf die Revolution reduziert. Auch in diesem Falle stellt sich jedoch die Frage, was die SVP gemacht hat, um politischen Druck zu erzeugen. Wäre die Einreihung in die demokratischen Selbstbestimmungsbestrebungen, die derzeit in Europa im Gange sind, nicht eine exzellente Möglichkeit, politischen Druck aufzubauen?
    • Dass auch Arno Kompatscher gesteht, dass Katalonien eine sehr weitreichende Autonomie hat, in vielen Bereichen weiterreichend als unsere, ist wohltuend. Dies wurde ja lange Zeit beharrlich geleugnet.
      Mit Zuständigkeiten in der Gestaltung des Zivilrechts oder im kulturellen Bereich kann man auch ohne Geld bzw. mit geringen Geldmitteln sehr viel erreichen, was Katalonien stets eindrücklich bewiesen hat. Und man kann im Umkehrschluss auch mit viel Geld zwar wirtschaftlich stark, aber sprachlich-kulturell schwach aufgestellt sein, wie Südtirol leider viel zu oft zeigt.
    • Ob der finanzielle Unterschied zwischen Südtirol und Katalonien noch immer so groß ist, lässt sich leider sehr schwer ermitteln, weil die Daten hierzu in Italien sehr spärlich fließen — und auch das Land kaum Anstrengungen unternimmt, für mehr Transparenz zu sorgen. Vielmehr werden die genauen Zahlen gehütet wie ein Staatsgeheimnis. Während der Landeshauptmann im Rahmen des Finanzabkommens gern von einem einmaligen Erfolg spricht, sagt etwa der Trentiner Alt-Landeshauptmann Lorenzo Dellai, dass wir uns inzwischen weit von den einstigen 90% entfernt haben.
    • Dass Landeshauptmann Kompatscher jedoch die Rechtmäßigkeit der Forderung nach einem eigenen Staat großteils auf den finanziellen Aspekt reduziert, ist schließlich enttäuschend: Seiner Auffassung nach ist also für die Selbstbestimmung nicht der politisch-demokratische Wille der Bevölkerung ausschlaggebend, sondern der — wie es in Südtirol genannt wird — »Egoismus«. Wenn die »Marie« knapp wird, dann ist es plötzlich legitim, Druck aufzubauen, wie es die Katalanen machen.

    Siehe auch: 01 02 03



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  • Pagliacciata Coldiretti.

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    8 Comentârs → on Pagliacciata Coldiretti.

    Europa 2030: Gli agricoltori sudtirolesi, sventolando bicolori rossobianchi, si piazzano a Salorno per difendere il «made in South Tyrol» dai prodotti provenienti da sud, «di qualità scadente», assicurano, e assieme alla polizia sudtirolese procedono a verificare il carico dei TIR in ingresso. Nazionalismo anacronistico, caso diplomatico, governo romano furioso — insomma: impensabile.

    Europa 2015: Gli agricoltori italiani, sventolando tricolori verde-bianco-rossi, per l’ennesima volta si piazzano al Brenner/o, confine inviso alla popolazione, scaturito da una guerra, che divide il Tirolo in due e che l’Europa passo dopo passo sta tentando di ricucire. Vorrebbero difendere il «made in Italy» dai prodotti provenienti dall’estero, «di qualità scadente», assicurano, e assieme alla Guardia di Finanza procedono a verificare il carico dei TIR in ingresso. Nazionalismo anacronistico, supporto dei media, applausi.

    Coldiretti/Brenner.

    Come se, ad esempio, latte e latticini provenienti dall’Austria, leader mondiale del biologico, rappresentasse di per sé un problema di qualità — o addirittura un rischio per la salute delle consumatrici e dei consumatori. Come se la mozzarella di bufala campana alla diossina non fosse mai esistita.

    La qualità alimentare va difesa sempre, senza indugi. Ma la qualità in Europa non inizia e non finisce sui confini nazionali, e non la si promuove col nazionalismo, diffamando e diffondendo pregiudizi sulla qualità alimentare dei prodotti provenienti da altri paesi europei; bensì pensando a forme di protesta e di sensibilizzazione comuni contro regole sbagliate e pecore nere. Piazzarsi al Brenner/o invece vuol dire rimarcare i confini «nazionali» e attaccare frontalmente — sul piano simbolico, ma non solo — anche i pochi e ancora fragili progetti di cooperazione transfrontaliera sul piano euregionale, improntati alla massima qualità.

    Foto: Coldiretti.

    Vedi anche: 01 02 03



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  • Die Welt in Zahlen.
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    20 Comentârs → on Die Welt in Zahlen.
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    Anteil der Portugiesen, die ihre Einkommensteuererklärung von einem Dienstleister erstellen lassen, in Prozent: 2
    Anteil der Deutschen, die ihre Einkommensteuererklärung von einem Dienstleister erstellen lassen, in Prozent: 43
    Anteil der Italiener, die ihre Einkommensteuererklärung von einem Dienstleister erstellen lassen, in Prozent: 96

    Auszug aus Brandeins 07/15.



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  • Ipocrisie «nazionali» sulle spalle dei profughi.

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    1 Comentâr → on Ipocrisie «nazionali» sulle spalle dei profughi.

    Ieri su un quotidiano qualsiasi, quello in lingua italiana più diffuso in Sudtirolo, quello che non esita a definire eufemisticamente «di centrodestra» i fascistacci di CasaPound ed a sbattere in prima pagina vergognosi articoli (pseudo-)scientifici secondo cui i profughi sarebbero portatori di virus («Quando migranti sono anche… i virus», 28.06.2015) — ecco, su quel quotidiano lì ieri è apparso un editoriale farneticante e trasudante nazionalismo centralista, decisamente oltre le righe anche per quel che eravamo già abituati.

    Vi si critica pesantemente la decisione, presa dal Landeshauptmann, di sostenere la Baviera nel suo sforzo di accogliere decine di migliaia di profughi, rallentandone il deflusso dal Sudtirolo nella misura di qualche centinaio. «Siamo in Italia» tuona il direttore del giornale, per farci sapere che se il governatore di una terra autonoma — autonoma, almeno sulla carta — prende una decisione autonoma, ovvero senza il beneplacito di Roma caput mundi, questo equivale a una sorta di secessione.

    Forse non sarebbe venuta in mente nemmeno ad Eva Klotz: annunciare una sostanziale modifica in salsa altoatesina degli accordi di Schengen e fare un accordo con la Baviera per accogliere i migranti che quel pezzo importante di Germania in questi giorni non riesce proprio ad ospitare.

    Fa sempre un certo figurone invocare lo spettro della Klotz, anche se ormai pensionata e pur non avendo evidentemente capito nulla della questione. Gli accordi di Schengen infatti con la decisione del Landeshauptmann non c’entrano assolutamente nulla, perché i flussi dei profughi vengono regolati dagli accordi di Dublino.

    Ma soffermiamoci un attimo su questo punto: la terra autonoma ha davvero preso una decisione autonoma? Ne siamo proprio sicuri? A tal proposito consultiamo il comunicato stampa della provincia:

    Dopo la decisione della Provincia, presa di comune accordo con il governo nazionale, di intervenire temporaneamente a sostegno della Baviera nella gestione dell’emergenza profughi, è stata messa a disposizione una struttura a Bressanone.

    Tutto l’editoriale dunque si regge(va) su una balla? Probabile. Ma anche se una balla non fosse, non avrebbe dovuto scandalizzare nessuno:

    • Innanzitutto è un bene che la solidarietà in Europa sia internazionale e che vi sia la disponibilità al mutuo sostegno ed è inutile costruirci sopra la solita solfa «nazional-nazionalista», sgarbi istituzionali di qua e «siamo in Italia» di là — è un bene che le regioni guardino oltre i confini, e non solo quando un certo quotidiano parla a vanvera di «apertura mentale» e «orizzonte europeo» che per primo dimostra di non avere.
    • Giungendo per esempio a scomodare la Sicilia:

      […] Kompatscher ha pensato di fare un’analoga conversazione con il presidente della Regione Sicilia per proporgli ad esempio di aiutarlo con identico zelo in un’emergenza che da quelle parti è ormai inaffrontabile?

      Ma che vuol dire? Lo stato italiano distribuisce già i rifugiati su tutto il territorio, Sudtirolo incluso, senza che le realtà autonome abbiano voce in capitolo. Le conversazioni con chichessia vanno sempre bene ma non possono essere l’ennesima scusa per anteporre gli interessi «nazionali» a quelli della politica e della solidarietà. Non dimentichiamo inoltre che sono due regioni a statuto ordinario come il Veneto e la Lombardia a tirarsi indietro sulla solidarietà territoriale.

    • Se la Baviera ha chiesto aiuto al Sudtirolo è perché la Baviera è competente in materia, senza che in Germania qualcuno tema scissioni o «sgarbi istituzionali». Qualcuno si è chiesto perché un normalissimo Land tedesco ha competenze che l’autonomissimo (si fa per dire) Sudtirolo non ha? Altroché indipendenza ed altroché Vollautonomie.
    • Inoltre Kompatscher, dando accoglienza a quelle persone, non ha fatto nulla di illegale o di para-legale, non ha insomma annunciato alcuna modifica «in salsa sudtirolese» dei trattati di Dublino (né tantomeno di quelli di Schengen): la Germania — limitatamente ai profughi siriani! — ha deciso di disapplicare il trattato di Dublino, senza rispedirli nei paesi d’ingresso in Europa, ma nonostante ciò quel trattato è sempre in vigore, e quindi il Sudtirolo (e l’Italia) sarebbe addirittura obbligato a trattenere i profughi, senza alcun bisogno di richieste d’aiuto da parte della Baviera. Accogliere i profughi in Sudtirolo, secondo il trattato di Dublino (che possiamo ritenere giusto o sbagliato, ma che l’Italia ha firmato), non solo è perfettamente legale, ma perfino un dovero. Semmai è illegale farli proseguire verso l’Austria e la Baviera, ma questo è un altro discorso. Fatto sta che accusare il governo sudtirolese di aver fatto ciò che prevedono i trattati internazionali è di una stoltezza infinita. Farlo per poter scrivere che «siamo in Italia» è ancora peggio.
    • Ma ecco alla chicca finale:

      […] ancora una volta, [si] produce un cortocircuito istituzionale che, con l’intento di tener buono un elettorato che sta a destra della Svp […] produce uno strano mostro che rende ancora più complicato il rapporto fra noi e il resto del Paese.

      Tutto, ma proprio tutto sembra far brodo, anche se evidentemente non ha nessun senso. Pensare di lisciare il pelo all’elettorato di destra accogliendo i profughi non verrebbe in mente neanche al peggiore degli autolesionisti. Non fosse così triste potremmo farci due risate.



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  • Einvernehmliche Scheidung einer Zwangsehe.

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    7 Comentârs → on Einvernehmliche Scheidung einer Zwangsehe.

    Vor mehreren hundert Zuhörern diskutierten vorgestern Fürst Hans-Adam II. von Liechtenstein, Landeshauptmann Arno Kompatscher und -Blogger Wolfgang Niederhofer in Schlanders zum Thema “Der Staat im dritten Jahrtausend”. Dabei wurde der Landeshauptmann aus dem Publikum auch mit der Frage einer möglichen Abstimmung über die Zukunft Südtirols konfrontiert. Kompatscher ließ an diesem Abend mehrmals durchblicken, dass er kein Freund des Nationalstaates sei und dass die derzeitige Situation Südtirols für ihn nicht das Ende der Fahnenstange bedeute. Einer Abstimmung erteilte er – ganz im Sinne der gängigen SVP-Doktrin – zum derzeitigen Zeitpunkt eine Absage. Vielmehr müsse der Weg zur mehr Eigenständigkeit über Europa führen. Der LH begründete dies unter anderem damit, dass für die Erlangung der Unabhängigkeit die rechtliche Grundlage fehle und dass man realistische Ziele anstreben müsse und keine falschen Hoffnungen wecken solle.

    Nichts liegt mir ferner, als die derzeitige Flüchtlingstragödie und das damit einhergehende Versagen der europäischen Politik für politische Zwecke missbrauchen zu wollen. Die laufende humanitäre Katastrophe zeigt jedoch eindrucksvoll, dass politisches Handeln nicht immer den Buchstaben des Gesetzes folgt respektive folgen kann und dass pragmatische Ansätze mitunter der einzige Ausweg sind. Ähnliche Erkenntnisse brachte übrigens auch die globale Finanzkrise zutage. Noch einmal: Ich möchte hier weder die Flüchtlinge instrumentalisieren noch die Entscheidungen diesbezüglich oder jene im Rahmen der Finanzkrise in irgendeiner Form bewerten. Es geht mir einzig und allein darum aufzuzeigen, dass sich politisches Handeln nicht auf den rechtlichen Aspekt sowie einen vermeintlichen – immer auch subjektiven – “Realismus” reduzieren lässt.

    Für eine syrische Familie ist es gleichermaßen unrealistisch wie rechtlich unmöglich, ohne die nötigen Dokumente und noch dazu über die Route durch sichere Drittländer nach Deutschland zu gelangen. Dennoch haben dies in den vergangenen Tagen tausende unter den Augen von Politik und Exekutive getan. Obwohl Dublin III nach wie vor in Kraft ist, obwohl Griechenland die Flüchtlinge bei ihrer Ankunft registrieren hätte müssen, obwohl sie nicht hätten weiterreisen dürfen, obwohl Österreich verpflichtet gewesen wäre, sie nach Ungarn zurückzuschicken. Jedes Phänomen hat also eine rein rechtliche und eine pragmatisch-politische Dimension. Freilich ist die Katastrophe in Syrien weder in ihrem Ausmaß, noch in ihren Auswirkungen und in ihrer Relevanz auch nur im entferntesten mit der Diskussion um Selbstbestimmung in Europa vergleichbar. Sie hilft aber, Mechanismen politischen Handelns besser zu verstehen.

    Es waren die Katalanen und die Schotten, die die Europäische Union sowie deren Mitgliedsstaaten gezwungen haben, sich überhaupt mit der Frage der “inneren Erweiterung” und möglichen, bislang nicht existierenden “Scheidungsregeln” auseinanderzusetzen. Südtirol hat dazu nicht nur nichts beigetragen, sondern hat sich auch aus der laufenden Diskussion ausgeklinkt, während die Katalanen das Anliegen weiter internationalisieren. Freiwillig wäre die EU niemals auf die Idee gekommen, sich mit diesen Dingen zu befassen; ja, sie tut sich immer noch schwer damit. Ist es also “realistisch”, wenn der Landeshauptmann auf eine Regionalisierung der EU hofft, die in weiterer Folge mehr Eigenständigkeit für Südtirol/die Euregio bringen soll? Ist es realistisch, dass sich die Nationalstaaten (die nationalen Regierungen), die in der Union nach wie vor das Sagen haben, freiwillig zugunsten kleinerer Einheiten selbst entmachten? Ist es tatsächlich so viel unrealistischer, dass die EU eine pragmatische Lösung finden würde, sollte Katalonien tatsächlich einen Präzedenzfall schaffen und sich von Spanien abkoppeln? Ist es unrealistischer, dass die Umgestaltung und Demokratisierung der EU eher in bottom-up-Prozessen à  la Katalonien, denn durch top-down-Entscheidungen des Rates der Europäischen Union passiert?

    Hätten sich die syrischen Flüchtlinge mit einem Leben in den Massenlagern der Nachbarländer zufriedengestellt, wären sie nicht einfach in Richtung Europa aufgebrochen, hätte sich die Union niemals darüber überhaupt Gedanken gemacht, wie man legale Asylmöglichkeiten schaffen oder die Ursachen der Flucht beseitigen könnte.

    Katalanen und Schotten haben gezeigt, dass es Initiative braucht, um etwas zu bewegen. Sie haben auch bewiesen, dass sich der Drang nach Unabhängigkeit und der Ausbau von Autonomie nicht ausschließen. Sich in der Politik immer nur im Rahmen des rechtlich Möglichen/realistisch Machbaren zu bewegen und auf den richtigen Zeitpunkt zu warten, hemmt visionäre Lösungen und bringt keine Weiterentwicklung. Artikel 5 der italienischen Verfassung, an deren Verabschiedung Südtirol nicht beteiligt war und wonach der Staat unteilbar sei, ist anachronistisch und — wie auch Kompatscher bei einer Diskussion in Innsbruck bestätigte — undemokratisch. Was läge also näher, als sich mittels demokratischer Willensbekundung einer undemokratischen Regelung zu entziehen. Sich aus einer Zwangsehe unbedingt durch eine einvernehmliche Scheidung verabschieden zu wollen, mutet mir zumindest irgendwie komisch an.



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  • Schottisches Missverständnis.

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    1 Comentâr → on Schottisches Missverständnis.

    Während der gestrigen Diskussion mit Hans-Adam II. von Liechtenstein und Wolfgang Niederhofer () hat der Landeshauptmann in der Schlussrunde, nach der also keine Stellungnahmen oder Fragen aus dem Publikum mehr gestattet waren, die immer wieder vorgebrachte Behauptung wiederholt, Schottland hätte über seine Unabhängigkeit abstimmen dürfen, weil das Vereinigte Königreich keine Verfassung habe und dort somit auch kein verfassungsrechtliches Einheitsgebot existiere. Cameron habe daher die Möglichkeit gehabt, den Schotten eine Abstimmung zu gewähren.

    Lassen wir einmal unbeachtet — aber nicht unerwähnt — dass der heutige SVP-Chef Philipp Achammer noch 2012 behauptet hatte, Westminster werde die Schotten sicher »niemals« abstimmen lassen. Zwei Jahre später war die Selbstbestimmung vollzogen, so viel zum Thema »Realismus«.

    Dass das Vereinigte Königreich keine oder wenigstens keine geschriebene Verfassung habe, ist ein häufiges Missverständnis. Das Portal verfassungen.eu zitiert aus Günther Doekers und Malcolm Wirths »Das politische System Großbritanniens«:

    In der wissenschaftlichen Literatur zum britischen Regierungssystem wird vielfach festgestellt, dass es eine geschriebene britische Verfassung nicht gebe. Wenn man davon ausgeht, dass eine Verfassung ein zusammenhängendes und kompaktes Dokument im Sinne kontinentaleuropäischer Verfassungstheorie und -praxis ist – wie etwa das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland oder die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika – dann ist diese Feststellung zutreffend. Geht man hingegen davon aus, dass eine Verfassung ein System fundamentaler Prinzipien und Regeln darstellt, aufgrund dessen politisch-autoritative Entscheidungen und Werturteile getroffen werden, so kann man sehr wohl von einer britischen Verfassung sprechen, welche darüber hinaus in Gesetzen .und anderen verfassungsrechtlichen Dokumenten festgeschrieben wurde. Insoweit existiert auch eine geschriebene britische Verfassung, selbst wenn ein zusammenhängendes und alles erfassendes Dokument nicht vorhanden ist.

    Zu diesen verfassungsrechtlichen Dokumenten zählt laut Günther Doekers und Malcom Wirth auch der »Union with Scotland Act«:

    Die für den britischen politischen Entscheidungsprozeß entscheidenden verfassungsrechtlichen und verfassungspolitischen Voraussetzungen sind grundsätzlich in Gesetzen konkretisiert und festgeschrieben worden. Die Staatsgrenzen und die Staatsorganisation Großbritanniens sind im Union with Scotland Act, 1706 festgehalten […]

    Wir halten fest: Es gibt zwar keine zusammenhängende britische Verfassung, dafür aber sehr wohl Dokumente, die im Verfassungsrang stehen, wozu auch das Gesetz zählt, welches die Einheit mit Schottland besiegelt. Dies allein würde es Westminster — wenn es nicht demokratisch, sondern ausschließlich aufgrund geltenden Rechts argumentieren würde — ermöglichen, eine Diskussion über die Loslösung Schottlands zu verhindern, und das zumindest so lange, bis die Auflösung des sogenannten Union Act eine verfassungsändernde Mehrheit im Parlament hat.

    Wollte man den Union Act mittels Volksabstimmung außer Kraft setzen, müssten alle BürgerInnen des Vereinigten Königreichs abstimmen.

    Doch es kommt noch dicker. Artikel 1 des Union Act besagt nämlich:

    That the two kingdoms of England and Scotland shall upon the first day of May which shall be in the year one thousand seven hundred and seven and for ever after be united into one kingdom by the name of Great Britain and that the ensigns armonial of the said United Kingdom be such as her Majesty shall appoint and the crosses of St. George and St. Andrew be conjoyned in such manner as Her Majesty shall think fit and used in all flags, banners, standards and ensigns both at sea and land.

    (Hervorhebung von mir.)

    »For ever after«, das heißt soviel wie »für immer und ewig« oder »für alle Zeiten«! Das ist sogar mehr, als in der italienischen Verfassung steht, denn es handelt sich streng genommen um eine in Verfassungsrang stehende Ewigkeitsklausel. Aber: Manche Länder lehnen die »Judizialisierung der Politik« ab, wonach der politische Wille in juristische Geiselhaft genommen wird, und setzen ganz unaufgeregt auf die Demokratie. Das unterscheidet das Vereinigte Königreich von Ländern wie Spanien und Italien: Die Demokratie und nicht die angebliche Abwesenheit einer geschriebenen Verfassung.

    Demokratie aber sollten wir als Demokraten alle einfordern, ganz egal ob wir in Schottland, in Katalonien oder in Südtirol daheim sind, auch der Landeshauptmann.

    Camerons Regierung hatte im Vorfeld der Einigung zur schottischen Abstimmung übrigens ganz klar gesagt:

    Ich nehme an, wir könnten die verfassungsrechtliche Frage aufwerfen, wer die Zuständigkeit hat [eine Volksabstimmung einzuberufen] und wer nicht, doch ich glaube, das wäre kein sinnvoller Zeitvertreib. Wenn das aktuelle Thema die Zukunft Schottlands innerhalb des Vereinigten Königsreichs ist, dann ist es wichtiger, diese Debatte zu führen, als darüber zu diskutieren, ob wir die Debatte führen dürfen.

    Michael Moore, damaliger Staatssekretär für Schottland der britischen Regierung


    Siehe auch:
    01 02 03



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  • Non bisogna tacere.

    Autor:a

    ai

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    2 Comentârs → on Non bisogna tacere.

    Ieri sera, al termine della discussione con il monarca del Liechtenstein (della quale avremo modo di riferire), ci ha avvicinato un signore per comunicarci che aveva consultato il nostro sito, ma che purtroppo non poteva essere d’accordo con le nostre proposte. Il suo desiderio più grande, ci ha confessato, è quello che si smetta al più presto di parlare di autodeterminazione (a quanto pare intrinsecamente «cattiva» e «pericolosa»). Quel che a suo dire lo preoccupava maggiormente, però, era che un raggruppamento progressista di sinistra come il nostro sostenesse un progetto «delle destre», legittimandole.

    Ora, qui c’è un problema di fondo, una confusione fra causa ed effetto se così vogliamo. Nella maggior parte dei casi in politica non si sostiene un’idea per legittimare o delegittimare l’avversario politico, ma la si sostiene perché la si ritiene giusta — o almeno così dovrebbe essere. Se un partito di destra chiede la chiusura di un campo nomadi (per cacciar via i suoi abitanti) ed un partito di sinistra chiede la stessa cosa (ma per dare ai suoi abitanti una sistemazione più degna), la soluzione non può essere quella di chiedere alla sinistra di rinunciare alle proprie idee per non legittimare (legittimare solo in apparenza!) la destra.

    La pretesa di sopprimere la discussione su un determinato argomento, in uno stato di diritto, si commenta da se. Che il tema dell’autodeterminazione prima o poi si esaurisca «da sé» può essere un desiderio legittimo, ma la veemenza con cui la questione viene posta quasi quotidianamente da una fetta della popolazione non può far pensare che ciò accada senza il passaggio naturale in democrazia, rappresentato da una scheda nell’urna (ma molto più complessamente da tutto il processo che precede il passaggio elettoral-referendario).

    Quello degli «utili idioti» che legittimerebbero un desiderio condiviso dalle destre, comunque, è un rimprovero abbastanza ricorrente — anche se ultimamente prevale nettamente la consapevolezza che il nostro progetto difficilmente porta acqua al mulino di chi vuol dividere.

    Diamo un’occhiata ai rapporti di forza: certo, se consideriamo il settore politico dichiaratamente indipendentista, (diversamente da ciò che avviene in Scozia e in Catalogna) la sinistra progressista per ora in Sudtirolo è chiaramente minoritaria. In una democrazia però non si decide mai «per settori», decide sempre la popolazione intera, ovvero la maggioranza (più ampia possibile).

    Se un giorno la popolazione sudtirolese decidesse democraticamente di secedere, e se anche la componente di destra all’interno del secessionismo (tutt’altro che un movimento organico) fosse prevalente, il percorso da seguire verrebbe pur sempre scelto dalla maggioranza delle e dei sudtirolesi. E non già dalla maggioranza fra i secessionisti. Quindi, se la maggioranza della popolazione è favorevole alla pacifica convivenza nell’odierna cornice autonomista, sarà democraticamente libera di dare tale impostazione anche all’ipotetico stato indipendente. Paradossalmente allora la «maggioranza di destra nel settore secessionista» sarebbe stata l’utile idiota per la realizzazione di uno stato indipendente aperto, inclusivo e tutt’altro che ispirato ai suoi «valori», finché tali «valori» nella popolazione complessiva sono minoritari.

    Se crediamo in un futuro in cui gli stati nazionali, vero male dello sciagurato ventesimo secolo, siano finalmente destinati a scomparire, battere in ritirata non può rappresentare un’opzione. Al contrario: Bisogna evitare che la popolazione, per raggiungere un fine assolutamente legittimo e democratico come l’indipendenza, venga costretta ad affidarsi alle destre. Dobbiamo allora essere attori «creativi» di questo processo, con una progettualità alternativa e positiva da contrapporre alle improponibili idee di chi volesse dividere ed escludere — nella consapevolezza che la maggioranza della popolazione non ha alcuna intenzione di mettere a repentaglio la convivenza, ma semmai di approfondirla.



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  • Rückwärtsgewandt.
    Quotation

    Autor:a

    ai

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    5 Comentârs → on Rückwärtsgewandt.
    Quotation

    Je weiter man zurückblicken kann, desto weiter wird man vorausschauen.

    — Winston Churchill



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