Autorinnen und Gastbeiträge →

  • EU-Fonds und Geldautomat.

    Autor:a

    ai

    |

    1 Comentâr → on EU-Fonds und Geldautomat.

    Während der letzten Tage hielt sich der italienische Premierminister, Matteo Renzi, in Süditalien auf, wo er — unter anderem in Neapel und Palermo — darauf aufmerksam machte, dass Italien während der kommenden sieben Jahre rund 180 Milliarden Euro aus den europäischen Struktur- und Kohäsionsfonds zustünden. Allerdings sagte er auch, es sei beschämend, dass das Land in der EU an vorletzter Stelle steht, wenn es um die Ausschöpfung der zustehenden Mittel geht. Werden sie nicht binnen der vorgesehenen Zeitspanne abgerufen, gehen sie unwiderruflich zurück in den EU-Haushalt, womit Italien Finanzierungen in Milliardenhöhe entgehen.

    Wenn also Geldmittel — die sogenannte territoriale Umverteilung oder »Solidarität« — an klare Bedingungen geknüpft sind, wie dies bei den europäischen Fonds der Fall ist, zeigt sich das Land außerstande, Milliardenbeträge zu investieren. Viel bequemer scheint es da wohl, Regionen wie Südtirol als Geldautomaten zu betrachten und sich die erforderlichen Mittel dort abzuholen. Zwar gäbe es auch hier Bedingungen, vertraglich abgesicherte zumal, doch sitzt der Staat hier im Unterschied zur EU am längeren Hebel und setzt sich über geltendes Recht einfach hinweg. Während die EU-Fonds jedoch ein »Nettogewinn« wären, geht die widerrechtliche Beschneidung der Geldmittel unseres Landes zu Lasten der Binnenwirtschaft.

    Die Relationen werden zudem klar, wenn man sich vor Augen führt, dass 180 Milliarden dem entsprechen, was Südtirol — laut derzeitigem Stand —in 90 Jahren (!) netto an den Staat überweist.

    Siehe auch: 01 02



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Das Wunder von Malta.

    Autor:a

    ai

    |

    0 Comentârs → on Das Wunder von Malta.

    Relativ unbeachtet hat sich auf der kleinen Mittelmeerinsel Malta ein kleines Wunder ereignet. So laut Süddeutsche Zeitung, die am 16.04.2014 vom »Wunder von Malta« spricht.

    Ein Wunder, in einem Kleinstaat? Für viele Kritiker der innereuropäischen Sezessionsbewegungen, die häufig einen Rückfall in eine mittelalterliche Kleinstaaterei beschwören, müsste Malta geradezu als Negativbeispiel prädestiniert sein.

    Auf gerade mal 316 km², das ist etwas größer als die Gemeinde Sarntal, mit 302 km² die flächenmäßig größte Gemeinde Südtirols, leben knapp 420.000 EinwohnerInnen. Einer der kleinsten Staaten der Welt weist wohl eine hohe Bevölkerungsdichte auf, aber dort wo jeder jeden irgendwie kennt, können die Institutionen wohl nicht unabhängig funktionieren?
    Zudem hat die katholische Kirche geschichtlich bedingt einen starken Einfluss auf die maltesische Politik, so ist Schwangerschaftsabbruch strafbar und »oben ohne« zu baden verboten. Die Scheidung war bis 2011 nicht zulässig und der Katholizismus ist in der maltesischen Verfassung als Staatsreligion verankert.
    Das Müllproblem, das schon bei meinem ersten Besuch im Jahre 2001, während der EU-Beitrittsverhandlungen Maltas, die Tagespresse beschäftigte, scheint immer noch nicht nachhaltig gelöst zu sein und bei den CO2-Emissionen ist bisher noch kein Rückgang, sondern in den vergangenen Jahren sogar eine Steigerung eingetreten.
    Zumindest einige Ingredienzien, die nicht gerade auf eine große Progressivität schließen lassen.

    Trotzdem weist der Kleinstaat Malta einige erstaunliche Leistungen auf. Die wirtschaftlichen Eckdaten sind ziemlich positiv. Mit 6,4% Arbeitslosigkeit liegt man EU-weit auf dem viertbesten Platz und in Südeuropa ist man sogar Klassenprimus. Die Staatsverschuldung ist mit knapp 70% des BIP unter Kontrolle und im Vergleich zur Mittelmeerinsel Zypern, wo der Finanzsektor zu einer Krise führte, folgt der ebenfalls starke Finanzbereich auf Malta einer wesentlich konservativeren Philosophie, die sich weit weniger krisenanfällig gezeigt hat, als in anderen Ländern.
    Im Korruptionsindex 2013 von Transparency International belegt Malta Platz 45. Dies ist noch einigermaßen akzeptabel. Keinesfalls ein Beleg für das Vorurteil, dass kleinere Einheiten, wo jeder jeden kennt, anfälliger für Korruption wären. Italien liegt auf Rang 69, Griechenland auf Platz 80.
    Überraschungen gibt es im Bildungsbereich: Die Pro-Kopf-Ausgaben für Bildung werden nur von den skandinavischen Ländern und von Zypern übertroffen. Der Mehrsprachigkeit Maltas Rechnung tragend wird der Unterricht in der Grund- und in der Sekundarschule sowohl in englischer als auch in maltesischer Sprache gestaltet. Beide Sprachen sind Pflichtfächer für die SchülerInnen. Auf diese Weise gelingt es, einen balancierten Ausgleich zu schaffen. Erst im Hochschulbereich werden die Vorlesungen größtenteils auf Englisch gehalten.
    Das Maltesische ist die einzige semitische Sprache, die das lateinische Alphabet verwendet. Entwickelt hat sich das Maltesische aus einer Variante des Arabischen. Seit 2004 ist das Maltesische eine der offiziellen Amtssprachen der EU. In diesem Zusammenhang stellt sich die beinahe rhetorische Frage, ob das Maltesische als gleichberechtigte Sprache überlebt hätte, wenn Malta kein unabhängiges Land wäre, sondern Teil eines benachbarten Nationalstaates. Das Sardische auf Sardinien z.B. spielt im Vergleich zum Maltesischen ein Nischendasein und kämpft ums Überleben. Zudem gilt es zu erwähnen, dass maltesische SchülerInnen laut Wikipedia im Schnitt 2,2 Fremdsprachen lernen, das ist nach Finnland und Luxemburg der höchste Wert innerhalb der EU. Der Status eines unabhängigen Landes, das nicht der Doktrin der meisten Nationalstaaten — ein Land, eine Sprache — folgt, scheint bezüglich Mehrsprachigkeit positive Früchte zu tragen, da die Rahmenbedingungen keiner nationalstaatlichen Logik folgen.

    Doch nun zum maltesichen Wunder: Mitte April, nach heftigen Debatten, hat Malta die Homo-Ehe eingeführt, mit allem Drum und Dran, das Adoptionsrecht eingeschlossen.
    Was ist danach passiert? Laut Süddeutsche Zeitung haben ein paar Tausend Menschen das Ereignis gefeiert, das war’s. Selbst im katholischen Malta, wo der Apostel Paulus gelandet ist und die Kreuzritter ab 1530 für knapp drei Jahrhunderte den Ton angaben, ist das Abendland durch dieses Gesetz nicht untergegangen.

    Für den Rest Europas heißt das Ereignis auf dem merkwürdigen Felsen im Süden: Leute, bleibt gelassen. Das Abendland mag untergehen. An der Homo-Ehe hat das dann aber nicht gelegen.

    — SZ

    Frei nach dieser Conclusio möchte man anfügen: Innerhalb der EU sind einige Regionen drauf und dran, souveräne, unabhängige Staaten zu werden. Auch hier wäre Gelassenheit den Drohungen der Status-Quo-Apostel vorzuziehen. Das Mittelalter wird deshalb nicht restauriert. Das kleine Malta beweist, dass Kleinstaaten zu sehr progressiven Neuerungen fähig sind, die selbst in großen Nationalstaaten, die für viele Status-Quo-Verfechter der Garant für Recht, Ordnung und Fortschritt sind, bisher noch nicht möglich waren.



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Grenzenloses Europa?

    Autor:a

    ai

    |

    4 Comentârs → on Grenzenloses Europa?

    Ein Argument hört man in der Diskussion um die europäische Integration immer wieder: In einem vereinten Europa müssen wir Grenzen abbauen und dürfen keine neuen ziehen. Wer könnte einer solchen Vision schon widersprechen? Und dennoch. Das Argument ist nicht zu Ende gedacht, denn Grenze bedeutet in einem vereinten Europa etwas anderes als im Europa von vor einigen Jahrzehnten.

    Auch in einem vereinten Europa werden wir (Verwaltungs-)Grenzen brauchen. Wir können nicht sämtliche Gemeinde-, Bezirks-, Landes- bzw. Provinz-, Regions- und Staatsgrenzen auflösen und ganz Europa zentral von einem Punkt aus verwalten. Ein solcher Zentralismus wäre absurd. Ein derartiges Europa würde überdies dem – der europäischen Einigung inhärenten – Subsidiaritätsprinzip zuwider laufen. Im Sinne ökologisch nachhaltiger und regionaler Kreisläufe sowie eines bürgernahen und partizipativen Politikverständnisses ist Subsidiarität absolut unumgänglich.

    Die zentralen Fragen für die Zukunft der europäischen Einigung sind daher folgende:

    Wie viele Verwaltungsebenen brauchen wir unterhalb der Europäischen Union und wie groß sollen die Einheiten sein? Ist es sinnvoll eine vier- bis siebenschichtige Verwaltung aufrechtzuerhalten? Gibt es Ebenen, deren Aufgaben wir gemäß dem Subsidiaritätsprinzip nach oben bzw. unten delegieren könnten? Sind die Grenzen, innerhalb derer im Moment Entscheidungen getroffen werden, sinnvoll gezogen?

    Im derzeit laufenden Wahlkampf um das EU-Parlament kann man grob betrachtet drei konkurrenzierende Antworten auf obige Fragen verorten – drei unterschiedliche Visionen für ein Europa der Zukunft.

    Da wäre zunächst die europäische Rechte (von der FPÖ, den Südtiroler Freiheitlichen über die Lega Nord bis zur Front National, den Schwedendemokraten, dem Vlaams Belang und wie sie alle heißen). Sie tritt für eine Stärkung der Nationalstaaten ein und möchte Kompetenzen von der europäischen Ebene auf die Mitgliedsstaaten rückverlagern. Mit dieser Renationalisierung geht auch eine verstärkte Abgrenzung der Staaten untereinander einher. Das Programm zielt auf eine teilweise Rückgängigmachung des europäischen Einigungsprozesses ab und propagiert (bereits gescheiterte) Muster des 19. und 20. Jahrhunderts.

    Dann wären da die großen Volks- und sozialdemokratischen sowie – bedingt auch – die liberalen Parteien Europas, die in den meisten Mitgliedsstaaten die Regierung stellen und über den Rat der europäischen Union somit auch die Geschicke der Union selbst fest in der Hand haben. Sie sind im Großen und Ganzen für eine Beibehaltung des Status quo mit zögerlicher Weiterentwicklung der Integration. Staatsgrenzen, Lobbyismus (Stichwort TTIP), vielschichtige (und daher ineffiziente) Verwaltung, in der sie zumeist auf jeder Ebene selber sitzen, und der “Club der Nationalstaaten” – sprich die demokratiepolitisch überaus bedenkliche Nicht-Gewaltenteilung in Form des Rates als Legislativorgan – sind für sie aus einem Selbsterhaltungstrieb heraus unantastbar.

    Und dann gibt es da noch ein buntes Grüppchen aus meist grünen und links der Mitte angesiedelten Parteien. Innerhalb dieser Gruppe finden sich die progressivsten Ideen, was die Einigung Europas betrifft. Selbstbestimmung – die individuelle (Sexualität, Religion usw.) und die untrennbar damit verbundene kollektive – spielt dabei eine wichtige Rolle. Wobei kollektive Selbstbestimmung nicht “völkisch” definiert sondern als reiner Ausdruck einer demokratischen Willensbekundung verstanden wird. Das langfristige Ziel ist eine Stärkung der demokratischen europäischen Institutionen, die Antworten auf die großen Fragen harmonisieren sollen – bei gleichzeitiger Verlagerung der Entscheidungskompetenz im Rahmen dieser harmonisierten Regeln auf untere Ebenen. Das macht zumindest einmal die Verwaltungsebene der Nationalstaaten obsolet.

    Womit wir zurück bei den eingangs gestellten Fragen wären. Die Ausschaltung der nationalstaatlichen Ebene zugunsten der europäischen und der regionalen bringt zwangsläufig Grenzänderungen mit sich. Denn das nationalstaatliche System wird sich nicht freiwillig selbst ausschalten, sondern wird in jenen Gegenden zu zerbröckeln beginnen, wo die nationale Logik am wenigsten greift und deren systemimmanente Defizite am eklatantesten zum Vorschein kommen. In diesem Zusammenhang ist das Dogma der “Einheit und Integrität von Staaten” überholt, da es vom nationalistischen Demokratieverständnis des 19. Jahrhunderts ausgeht. Ein solches Dogma darf nicht über dem demokratischen Willen stehen. Somit könnten auch Verwaltungsgrenzen sinnvoller gezogen werden, da sie sich an tatsächlichen – demokratisch geäußerten – Bedürfnissen orientieren und nicht das Resultat von Kriegen oder nationalistischen Erhebungen sind. Vorausgesetzt natürlich, dass es sich bei den Separationsbewegungen um pro-europäische und inklusivistische Initiativen wie jene in Schottland und Katalonien handelt. Das vereinte Europa ist daher ein Argument, das nicht gegen, sondern für eine flexible Handhabung von Verwaltungsgrenzen spricht. Am Ende stünde ein dreistufiges Europa: Eine Europäische Union, die in einem echten Parlament (und ohne Ministerrat) die großen Entscheidungen trifft. Darunter kommen effiziente und bürgernahe Kleinstaaten/Regionen (mit meist zwischen ca. 500.000 und 10.000.000 Einwohnern), die im Rahmen der europaweit gültigen Regeln agieren. Die dritte Ebene bilden schließlich die Gemeinden, die die Probleme vor Ort lösen.

    Im Sinne einer effizienten Verwaltung, einer bürgernahen Politik und einer gleichzeitig starken Präsenz Europas in der Welt, muss eine derartige Vision das Ziel des europäischen Einigungsprozesses sein. Lasst uns am 25. Mai Parteien wählen, die uns diesem Ziel ein Stück näher bringen.



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Innsbruck: Landtag gegen TTIP.

    Autor:a

    ai

    |

    1 Comentâr → on Innsbruck: Landtag gegen TTIP.

    Der Nord-/Osttiroler Landtag hat die österreichische Bundesregierung in einem parteiübergreifenden Dringlichkeitsantrag aufgefordert, das Freihandelsabkommen zwischen EU und USA (TTIP) in seiner jetzigen Form abzulehnen. Das EU-Parlament sei in die Verhandlungen einzubinden und solle Zugang zu allen Unterlagen haben. Außerdem dürfe das Abkommen keine Grundlage zur Senkung von Standards in der Produktionssicherheit sowie beim Verbraucher-, Gesundheits-, Umwelt- und Datenschutz sein. Sollten diese Bedingungen nicht erfüllt werden, spricht sich der Landtag gegen einen Vertragsabschluss aus.

    Es wäre gut, wenn sich die anderen Landtage der Euregio in Bozen und Trient dazu entschließen würden, ein ähnlich starkes Signal auszusenden.

    Siehe auch: 01



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Selbstbestimmung Thema bei #TellEurope.

    Autor:a

    ai

    |

    33 Comentârs → on Selbstbestimmung Thema bei #TellEurope.

    Zum ersten Mal in der Geschichte der EU-Wahl standen sich gestern die Spitzenkandidaten der europäischen Parteienbündnisse in einer TV-Debatte (#TellEurope) gegenüber und konnten so die Bürgerinnen von der Güte ihrer Argumente und Absichten überzeugen. Und erstmals soll auch die Anführerin der stärksten Fraktion zur EU-Kommissionspräsidentin ernannt werden.

    Nicht wegen Südtirol, wo es nach wie vor heißt, ähnliche Entwicklungen seien partout unvorstellbar, sondern dank der Unabhängigkeitsbestrebungen in Schottland und Katalonien, wurde in der Diskussion auch die Frage nach dem Umgang mit der Selbstbestimmung in der EU gestellt und von allen Teilnehmern beantwortet.

    Die konservativsten, phantasielosesten Antworten kamen von den Spitzenkandidaten der beiden größten Fraktionen im EU-Parlament, während die drei kleineren Parteien für einen weit offeneren Umgang mit dieser Frage plädierten.

    So bestätigte Jean-Claude Juncker (Kandidat der EVP und somit auch der SVP) seine Position, wonach den Verfassungen der Nationalstaaten absolute Priorität einzuräumen sei. Die EU solle sich in diese Angelegenheiten gar nicht einmischen. Demzufolge ist klar, dass für ihn in Katalonien keine Abstimmung über die Loslösung von Spanien stattfinden darf, solange Madrid nicht aus freien Stücken seine Verfassung ändert — was nicht zu erwarten ist.
    Sehr ähnlich argumentierte Martin Schulz, der für die Sozialisten und Demokraten (hierzulande vom PD vertreten) den Posten des Kommissionspräsidenten anstrebt: Die EU sei keine Föderation, sondern eine Union souveräner Staaten (ergo ein Club der Nationalstaaten) — weshalb es keinen einheitlichen europäischen Umgang mit Unabhängigkeitsbestrebungen geben werde. Jeder Staat bestimme hier ganz alleine und in Übereinstimmung mit seiner nationalen Verfassung.

    Guy Verhofstadt von den Liberalen und Demokraten (ALDE) sprach sich hingegen dafür aus, dass die EU eine positive Rolle im Dialog zwischen Spanien und Katalonien einnehmen möge. Er kritisierte die negative Einflussnahme des scheidenden Kommissionspräsidenten Barroso und machte darauf aufmerksam, dass es wichtig sei, auf die Bevölkerung zu hören. Es sei unvorstellbar, eine EU aufzubauen, in der die Stimme der Bürgerinnen bei solch wichtigen Themen nicht zähle.
    Für die europäischen Linken (und somit für die Südtiroler Grünen) sagte Spitzenkandidat Alexis Tsipras in etwas sperriger, überholt anmutender Ausdrucksweise, sein Parteienbündnis stehe für die Selbstbestimmung der Völker ein. Er warnte vor Konflikten zwischen Völkern und vor Grenzverschiebungen, sprach aber auch davon, dass er sich eine starke Autonomie für Katalonien in einer föderalen Union vorstellen könne.
    Am weitaus eindeutigsten positionierte sich Ska Keller (Europäische Grüne) zugunsten eines modernen, demokratischen Selbstbestimmungsrechts: Die Selbstbestimmung der Menschen sei für sie sehr wichtig, weshalb die Bürgerinnen in Schottland und Katalonien auch das Recht haben sollten, über ihre Zukunft zu befinden. Falls sie zur Kommissionspräsidentin gewählt werde, würde sie ein unabhängiges Schottland oder Katalonien in der Union willkommen heißen.

    Zumindest eines ist nach dieser Diskussion klar: Eine einheitliche, definierte Haltung der EU zu diesem Thema gibt es nicht. Vielmehr ist der Umgang mit Selbstbestimmung Teil einer politischen Debatte, die ergebnisoffen geführt werden kann — natürlich nur, wenn man sich daran beteiligt. Und derzeit spielt Südtirol diesbezüglich keine Rolle.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 || 01 02



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Doppelte Beleidigung.
    Quotation

    Autor:a

    ai

    |

    13 Comentârs → on Doppelte Beleidigung.
    Quotation

    Ich wohne in Innsbruck, und wenn ich in Südtirol auf der Durchreise bin, weil ich in mein Heimatland Italien fahre, mache ich mir oft so meine Gedanken bezüglich der “italienischen” Übersetzungen von Südtiroler Ortsnamen. Auf mich als Italienerin, die zudem als Übersetzerin arbeitet, machen diese so genannten italienischen Toponyme einen äußerst grotesken Eindruck, und ehrlich gesagt, fühle ich mich durch sie oft peinlich berührt. So auch im Fall von “Rio Pusteria”, von dem in Ihrer Zeitung [der TAZ] unlängst die Rede war. Jene, die dieses “Rio Pusteria” verteidigen, begründen dies unter anderem damit, dass die rein deutschen Namen Gitschberg und Jochtal “für Italiener nicht aussprechbar” seien. Bei einer derartigen Argumentation wird mein Schamgefühl durch eine weitere Emotion bereichert. Diese nennt sich ‘Beleidigung’, weil die Italiener pauschal für sprachlich untalentiert erklärt werden. Ein konstruierter Begriff wie “Rio Pusteria” beleidigt also Deutsche UND Italiener: Die Deutschen, weil sie ihn als Symbol des Sprachimperialismus empfinden; die Italiener, weil man ihnen die Authentizität einer Region und rein deutsche Namen nicht zumuten möchte. Ich möchte insbesondere die Südtiroler Touristiker bitten, auch an jene Italiener zu denken, die diese Heuchelei mit den Pseudotoponymen schon längst durchschaut haben und sich davon ausdrücklich distanzieren möchten.

    — Giovanna Rinaldi, Innsbruck

    Der Text ist heute als Leserbrief in der Tageszeitung erschienen und wurde hier mit Zustimmung der Verfasserin wiedergegeben.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 || 01 02 03



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Ignorieren sinnlos.
    Quotation

    Autor:a

    ai

    |

    4 Comentârs → on Ignorieren sinnlos.
    Quotation

    Auch wenn man sich um eine zurückhaltende Einschätzung bemüht, muss man feststellen: Es gibt eine kritische Masse an Menschen in den Regionen Donezk und Lugansk, die nicht mehr in der Ukraine leben wollen.

    – Julia Smirnova, (Welt Online).

    Freilich genügen die Referenden in der Ostukraine nicht demokratischen Standards. Natürlich sind sie überhastet im Zuge eines Ausnahmezustandes organisiert worden und unter dem Eindruck gewalttätiger Aktionen zustandegekommen. Was da passiert ist, ist Scheindemokratie.

    Dennoch ist die lapidare Reaktion des Westens – “Wir erkennen das Referendum nicht an. Punkt.” – heuchlerisch und kurzsichtig zugleich. Heuchlerisch, weil man eine ebenfalls illegal – da verfassungswidrig – zustandegekommene Regierung in Kiew ziemlich schnell anerkannt hat. Kurzsichtig, weil eine derartig vereinfachende Haltung der Situation in der Ostukraine überhaupt nicht gerecht wird.

    Das Referendum nicht anzuerkennen ist legitim und richtig (vorausgesetzt man handelt in anderen ähnlichen Fällen kohärent). Ein Gradmesser für die Befindlichkeiten im Osten des Krisenstaates ist das Referendum aber allemal. Selbst wenn Menschen mit sozialem bis physischem Druck gezwungen wurden, mit “Ja” zu stimmen und die “Nein-Sager” zu Hause geblieben sind, bleibt das, was Smirnova schreibt, übrig: nämlich eine kritische Masse, die nicht Teil der Ukraine sein will.

    Diese Masse zu ignorieren bzw. die Separatisten als “ein paar terroristische, von Russland gelenkte Spinner” abzutun, ist brandgefährlich. Der einzige Ausweg aus der derzeitigen Situation führt über Diplomatie und Demokratie. Der Ausschluss von Verhandlungen und das Ignorieren der Befindlichkeiten der Bevölkerung sind die falschen Strategien.

    Siehe auch: 01 02 03



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.
  • Gut gemeint, schlecht gemacht.

    Autor:a

    ai

    |

    2 Comentârs → on Gut gemeint, schlecht gemacht.

    Es war im Mai 2011 als Vertreter verschiedenster europäischer Minderheiten im Rahmen eines Kongresses vom damaligen Landeshauptmann Luis Durnwalder in den Felsenkeller der Laimburg geladen wurden. Voller Stolz und Inbrunst begrüßte Durnwalder die Gäste aus ganz Europa, “besonders auch unsere spanischen Freunde”. Gemeint waren damit die Katalanen, Basken und Galicier, die nach Südtirol gekommen waren. Der Gesichtsausdruck der derart Betitelten sprach Bände. Es ist erstaunlich, dass Minderheitenvertreter immer wieder jene Sensibilität, jenes Verständnis und jenen Respekt für Sprache und Kultur vermissen lassen, welche sie für sich selbst bisweilen energisch von allen anderen einfordern. Oder wie hätte Durnwalder reagiert, wäre er – ausgerechnet bei einem Kongress für europäische Minderheiten – als “italienischer Freund” begrüßt worden?

    Ähnlich ungeschickt agiert dieser Tage die Sinti-Gemeinschaft “Nevo Drom”. Unter dem Titel “Sinti dell’Alto Adige” werden “soziokulturelle” Begegnungen in Südtiroler Städten organisiert. An sich eine wunderbare Initiative. Mit Gästen aus Politik und Sozialwesen wird über Rassismus und die Probleme der Sinti in Südtirol diskutiert. Den kulturellen Rahmen schaffen Auftritte diverser Sinti-Musiker. Dazwischen gibt es ein Buffet. Die nächste dieser Begegnungen findet am Donnerstag, den 16. Mai ab 17 Uhr in Brixen statt. Jedoch ausgerechnet eine Veranstaltung, bei der es um Respekt für Kulturen und Minderheiten geht, mit einer einsprachig italienischen Einladung zu bewerben, in einer Stadt, in der Dreiviertel der Bewohner deutscher Muttersprache sind, ist paradox.

    Sinti Einladung

    Trotz dieses Fauxpas hofft , dass möglichst viele Brixner die Gelegenheit nutzen, um eine vielen Südtirolern fremde Welt kennenzulernen und Vorurteile abzubauen.



    Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.

You are now leaving BBD

BBD provides links to web sites of other organizations in order to provide visitors with certain information. A link does not constitute an endorsement of content, viewpoint, policies, products or services of that web site. Once you link to another web site not maintained by BBD, you are subject to the terms and conditions of that web site, including but not limited to its privacy policy.

You will be redirected to

Click the link above to continue or CANCEL