Autorinnen und Gastbeiträge →

  • Höchststrafe? Visionslosigkeit!

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    7 Comentârs → on Höchststrafe? Visionslosigkeit!

    Jules Vernes' Nautilus (Quelle: cloudster.com)

    Jules Vernes’ Nautilus (Quelle: cloudster.com)

    Forderungen werden im politischen Alltag gerne als “unrealistisch” abgetan. Erhält ein Vorschlag das Prädikat “unrealistisch”, ist meist auch jede weitere Diskussion darüber gebrandmarkt und zumindest für eine Seite überflüssig. Totschlag! Spiel. Satz. Und Sieg.

    Paradoxerweise ist es gleichzeitig die politische Höchststrafe, wenn einem “Visionslosigkeit” vorgeworfen wird. Eine Vision ist aber per se unrealistisch. Die Diskussion zu den Themen Autonomie, Selbstbestimmung und Unabhängigkeit strapaziert dieses Paradoxon in Südtirol bis zum Exzess. Deutungshoheit über die Realität versus Zukunftsvision. Politik sollte daher immer zweigestalt sein. Sie muss auf Basis der momentanen Gegebenheiten Realpolitik betreiben und gleichzeitig Konzepte für die Zukunft erdenken. Für Letzteres – und das lernen BWL-Studenten im ersten Semester wenn “Brainstorming” auf dem Lehrplan steht – ist ein Parameter absolut unumgänglich: die Ergebnisoffenheit. Diese Ergebnisoffenheit in der Zukunftsdiskussion fehlt in Südtirol. Sämtliche Vorschläge politischer Parteien zeichnen sich dadurch aus, dass sie Dinge a priori ausschließen, Tabus kreieren oder mithilfe des Prädikats “unrealistisch” Diskussionsverweigerung betreiben. Wenn ich jedoch etwas Neues schaffen möchte, muss ich nicht nur Bestehendes hinterfragen, sondern in der Folge auch Ungedachtes denken; sei es bei der Energieversorgung, beim Finanzsystem, beim Umweltschutz oder sonst einem Zukunftsthema. Fest steht allemal: Die Denkmäler haben wir den Visionären und nicht den Realisten gesetzt.



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  • Balten auf einer Wellenlänge.

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    4 Comentârs → on Balten auf einer Wellenlänge.

    Im Anschluss an die erfolgreiche Via Catalana hatte sich nicht nur der litauische Premier, Algirdas Butkevicius, positiv über die Entwicklung in Katalonien geäußert, sondern auch sein lettischer Amtskollege, Valdis Dombrovskis. Gegenüber der Nachrichtenagentur ACN sagte letzterer sogar, er könne sich vorstellen, einen neuen katalanischen Staat anzuerkennen, wenn der Prozess »Legitimität« aufweise.

    Verärgert berief Spaniens Außenminister, José Manuel Garcà­a Margallo, die litauische Botschafterin und den lettischen Botschafter ein, um ihnen seinen Unmut mitzuteilen.

    Martins Panke, Sprecher von Dombrovskis, wandte sich jedoch noch am selben Tag an die Presse, um mitzuteilen, dass der lettische Premierminister seine Äußerungen nicht zurückziehen wird.

    Mit Ausnahme Spaniens hat kein Vertreter eines EU-Landes die Äußerungen der Balten beanstandet.



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  • Parteipositionen: Selbstbestimmung.

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    61 Comentârs → on Parteipositionen: Selbstbestimmung.

    Um das Wahllokal einrichten zu können, hat der Jugendring die Positionen aller für den Landtag kandidierenden Parteien gesammelt. Zur Frage

    Soll ein Referendum über den Verbleib Südtirols bei Italien abgehalten werden?

    haben sie sich folgendermaßen geäußert:

    BürgerUnion – LadinsDolomites – Wir Südtiroler: Ja. Den Ladinern muss die eigene Selbstbestimmung über ein vereintes Ladinien und deren Staatszugehörigkeit zugestanden werden.

    Demokratische Partei: Nein.

    Die Freiheitlichen:
    Ja. Südtirol hat nie seiner Zugehörigkeit zu Italien zugestimmt. Südtirol soll das Selbstbestimmungsrecht nutzen und darüber abstimmen, ob es Teil Italiens bleibt oder unabhängig wird.

    Forza Italia*: Nein. Wir haben keine Angst vor einem Referendum. Über 70% der Südtroler/innen [sic] würden für den Erhalt der Privilegien stimmen die durch Rom ermöglicht wurden und somit bei Italien bleiben wollen.

    Fratelli d’Italia: Nein.

    Fünfsternebewegung: Ja. Ja zum Referendum, die Entscheidung sollen die Bürger/innen tragen.

    Grüne: Nein. Bedingung für die Abhaltung einer Volksabstimmung wäre für uns in jedem Fall die mehrheitliche Zustimmung aller drei Sprachgruppen zur Abhaltung.

    Italia dei Valori: Ja. Durch ein Referendum würde den “Freistaat”-Propagandisten der Wind aus den Segeln genommen.

    L’Alto Adige nel Cuore: Nein. Die Verfassung der Republik Italien gibt die Antwort bereits vor. Und was hätte es für einen Sinn im Herzen Europas neue Grenzen zu schaffen?

    La Destra: k.A.

    Partito dei Comunisti Italiani: Nein.

    Rifondazione Comunista: Nein.

    Scelta Civica: Nein. Wir glauben an die Autonomie, die die Alternative zur Abspaltung ist.

    Süd-Tiroler Freiheit:
    Ja. Die Selbstbestimmung zur Entscheidung über die politische Zukunft eines Volkes ist in den UN-Menschenrechtspakten vorgesehen und gehört zu den demokratischen Grundrechten.

    Südtiroler Volkspartei: Nein. Die Selbstbestimmung ist derzeit keine gangbare und realistische Alternative, eine externe Selbstbestimmung unter den gegebenen Voraussetzungen völkerrechtlich nicht durchsetzbar. Die SVP setzt auf die Vollautonomie, den Ausbau der Selbstverwaltung und die Stärkung der Europaregion Tirol.

    Team Artioli*: Nein.

    Unitalia: Nein. Die Einheit des Staates kann nicht zur Diskussion gestellt werden, besonders nicht von einer sprachlichen Minderheit.

    Siehe auch: 01 02 03

    *) Forza Italia und Team Artioli haben inzwischen zu einer Liste fusioniert.



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  • Klare Standpunkte.
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    0 Comentârs → on Klare Standpunkte.
    Quotation

    In der Wochenendausgabe der TAZ kommen wieder einige Landtagskandidaten zu Wort, darunter Giorgio Holzmann (FdI):

    Wir sind für den Proporz, da er den sozialen Frieden garantiert.

    Schaut man sich bei wahllokal.it die Positionen der Parteien an, beantwortet FdI die Frage

    Soll der ethnische Proporz abgeschafft werden?

    mit »Ja« — und zwar mit der Angabe, dieser Programmpunkt sei Holzmanns Partei »wichtig«.

    Siehe auch: 01 02



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  • Andrea Abel zur L2-Entwicklung.

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    7 Comentârs → on Andrea Abel zur L2-Entwicklung.

    Nachdem er behauptet hatte, die »Wahrheit« sei, dass »die Italiener« heute etwas besser Deutsch sprechen als vor einigen Jahren, während es bei »den Deutschen« umgekehrt sei, forderte mich Gabriele Di Luca auf, zur Bestätigung Kontakt mit den Autorinnen der Kolipsi-Studie aufzunehmen.

    Ich habe nun also Frau Andrea Abel und Frau Chiara Vettori angeschrieben und von ersterer folgende Antwort bekommen:

    Studien, die umfassende Aussagen über die Veränderung der L2-Kompetenzen erlauben, gibt es nicht.

    Auf meine erneute Nachfrage

    Vorausgeschickt, dass es – wie Sie schreiben – keine Studien gibt, die eine umfassende Aussage darüber gestatten: Wie würden Sie die Entwicklung einschätzen? Würden Sie sich eine (wenngleich nicht 100% wissenschaftlich gestütze) Aussage zutrauen?

    antwortete sie (wissenschaftlich tadellos):

    Die Aufgabe von WissenschaftlerInnen ist es, wissenschaftlich und empirisch fundierte Antworten auf relevante Fragen zu liefern und eben nicht sich Spekulationen hinzugeben.

    Ich habe jetzt also erneut die Bestätigung: Es gibt in einem mehrsprachigen Land wie Südtirol keine belastbaren Daten über die Veränderung der Zweitsprachkompetenzen.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06



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  • Krankes Gesundheitssystem.

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    31 Comentârs → on Krankes Gesundheitssystem.

    Seit einer schweren Krankheit vor 20 Jahren muss ich im Zwei- bis Vier-Wochen-Rhythmus die Gerinnung meines Blutes kontrollieren lassen. Bislang habe ich das noch immer im Stubaital gemacht und das funktionierte so:
    Ich gehe — egal an welchem Wochentag irgendwann zwischen 7 und 19 Uhr — zu meinem Hausarzt. Ich muss weder den Arzt sprechen, noch im Wartezimmer Platz nehmen, sondern gehe direkt nach Registrierung meiner E-Card in ein kleines Zimmer, wo mir eine Assistentin in den Finger stupft und ein paar Tropfen Blut entnimmt. Dann kommt dieses Blut in einen so genannten »Coagu-Check« und ich hab binnen 30 Sekunden das Ergebnis. Wenn dieses innerhalb des therapeutischen Bereichs liegt, bleibt die Dosierung meines Medikaments automatisch gleich und ich brauche nicht zum Arzt. Ich trage den Wert selber in meinen Ausweis ein und verlasse im Regelfall und im Durchschnitt nach fünf Minuten die Praxis. Nebenbei erwähnt: Ich bin ganz normal pflichtversichert. Bezahlt habe ich für die Bluttests jedoch noch nie einen einzigen Cent.
    Als Alternative gäbe es noch die Möglichkeit, sich kostenlos ein Schnelltestgerät zu leihen und die Bluttests selbst durchzuführen.
    Da ich nun etwas seltener im Stubaital bin, habe ich mich entschlossen, den Blutwert ab jetzt in Südtirol kontrollieren zu lassen und das funktioniert so:
    Obwohl ich diesen Test nach derzeitigem medizinischen Wissensstand für den Rest meines Lebens machen werde müssen, darf ich jedes Mal wenn eine Blutprobe bevorsteht (also alle zwei bis vier Wochen) meinen Hausarzt aufsuchen (vier Mal in der Woche nur vormittags von 8 bis 12 Uhr oder einmal nachmittags von 16 bis 19 Uhr möglich). Aber nicht etwa, um dort den Test zu machen, sondern um mir eine Überweisung zu holen, mit der ich mich dann entweder zum Sprengel (Blutabnahme zweimal in der Woche von 8 bis 9 Uhr möglich) oder ins Krankenhaus (täglich von 7.30 bis 12 Uhr) begeben muss. Dort sitze ich dann nach zweimaliger Anmeldung (Hauptanmeldung an der Pforte und dann noch einmal im Blutlabor) mit einer Nummer im Warteraum und harre der Dinge bis mir venös eine Ampulle Blut abgezapft wird. Ergebnis bekomme ich aber noch keines. Dieses leitet der Sprengel oder das Krankenhaus nämlich erst am Nachmittag an den Hausarzt weiter, den ich dann neuerlich aufsuchen muss (an einem anderen Tag versteht sich), damit dieser die Dosierung in meinem Ausweis vermerkt. Für das ganze Prozedere, bei dem einige Stunden draufgehen, darf ich dann auch noch bezahlen. (Ironie am Rande: Mein Hausarzt verfügt – im Gegensatz zu vielen anderen Südtiroler Hausärzten – sogar über einen Schnelltester. Dieser sei aber nur für Notfälle. Regelmäßige Tests würden nicht rückerstattet, sondern müssten komplett in Rechnung gestellt werden.) Um wenigstens einen Teil der Kosten zu sparen, musste ich mir jetzt eine Überweisung für die Gefäßchirurgie ausstellen lassen, wo man mir eine so genannte »Ticketbefreiung« (dass man für medizinische Leistungen ein »Ticket« benötigt, war mir auch neu) ausstellte, die ich alle drei Jahre erneuern muss, obwohl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass mir nicht spontan eine neue Hohlvene nachwächst.
    Neben der Entmündigung der Patienten und Hausärzte sind es vor allem die Absurdität des bürokratischen Prozedere und der damit einhergehende Zeit- und Kostenaufwand, die mich sprachlos machen. Wieso muss ich für etwas, das ich in satter Regelmäßigkeit voraussichtlich den Rest meines Lebens machen muss, jedes einzelne Mal eine Überweisung holen? Ganz als ob ich mir meine Krankheit im Zwei-Wochen-Rhythmus immer wieder bestätigen lassen muss. Warum wird der Test nicht von den Hausärzten gemacht? Warum wird der viel weniger zeit- und kostenaufwändige Schnelltest nicht rückerstattet? Wieso muss ich um eine »Ticketbefreiung« regelmäßig im Krankenhaus ansuchen? Warum muss ich überhaupt für etwas bezahlen, das eine chronische Erkrankung betrifft? Wieso braucht es drei Gänge (Hausarzt, Blutlabor, Hausarzt) für einen Routinebluttest? Warum kann ich mich nicht selbst testen bzw. zumindest selbst dosieren, solange der Wert im therapeutischen Bereich liegt? Hat irgendwer plausible Antworten für mich oder ist das alles einfach nur krank?

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06



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  • Krankes Kammernsystem.

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    15 Comentârs → on Krankes Kammernsystem.

    Eines meiner Betätigungsfelder war und ist der Journalismus. Meinen ersten Journalistenjob hatte ich bei den Tiroler Bezirksblättern und das funktionierte so:
    Journalist ist ganz im Sinne der Pressefreiheit und ähnlich wie Künstler und Schriftsteller in Österreich – sowie meines Wissens in allen anderen Ländern Europas – ein freier Beruf. Das heißt, dass man im Gegensatz zu beispielsweise einem Elektriker zur Ausübung keinen Befähigungsnachweis braucht. Journalismus ist ein freies Gewerbe. Wenn man journalistisch tätig ist – sprich bei einer Zeitung, dem Radio oder dem Fernsehen beschäftigt ist – dann ist man Journalist.
    Diesen meinen Beruf wollte ich auch in meiner neuen Heimat Südtirol ausüben und das funktioniert so:
    In Italien ist Journalist kein freier Beruf. Es wird eine Journalistenprüfung verlangt und die Eintragung in die Journalistenkammer ist obligatorisch. Detail am Rande: Die rund 100 Euro jährlichen Mitgliedsbeitrag muss ich auch zahlen, wenn ich in besagtem Jahr gar nicht journalistisch tätig bin, denn sonst erlischt meine Mitgliedschaft. Jedenfalls kann Italien mir als EU-Bürger aufgrund des freien Dienstleistungsverkehrs nicht die Ausübung meines Berufes untersagen, wenn ich in einem anderen EU-Land zur Ausübung dieses Berufes befähigt bin. Also hat die italienische Journalistenkammer das elenco straniero eingeführt. Um in dieses Verzeichnis eingetragen zu werden, braucht man eine residenza im Ausland und ein domicilo in Italien. Beides ist auf dem Anmeldeformular von der jeweiligen Wohnsitzgemeinde zu bestätigen. Als ich mir auf meiner Gemeinde in Südtirol das domicilio bestätigen lassen wollte, wurde mir mitgeteilt, dass man dies nicht könne, da das Prinzip des domicilio bereits 2004 (wenn ich mich richtig erinnere) abgeschafft worden sei. Es gäbe nur mehr residenza. Die Journalistenkammer fordert also Unmögliches. Zudem müsste ich, wenn ich meinen Lebensmittelpunkt in Südtirol habe, hier eine residenza anmelden. Dann wiederum könnte ich aber nicht in das elenco straniero eingetragen sein, denn mit der Einschreibung bestätige ich, über keine residenza in Italien zu verfügen. Es gibt also keine Möglichkeit, dass ich als Nordtiroler in Südtirol legal meinen Beruf ausübe. Entweder breche ich das Meldegesetz oder das Journalistengesetz. Hip Hip, Hurra! Die Helden von der Journalistenkammer sind übrigens nicht die einzigen, zu denen sich die Abschaffung des domicilio nach beinahe 10 (!) Jahren noch nicht rumgesprochen hat. Als ich noch als Pendler registriert war und über den Südtiroler Sanitätsbetrieb um einen Betreuungsauftrag für Leistungen der Tiroler Gebietskrankenkasse ansuchte, verlangte der Sanitätsbetrieb, dass ich mir von meiner Gemeinde in Südtirol ein domicilio bestätigen lasse. Diese Bestätigung wurde aus bereits bekannten Gründen verweigert. Seitdem weiß ich dafür, was eine Eigenerklärung ist.

    Siehe auch: 01 02 03



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  • Krankes Steuersystem.

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    16 Comentârs → on Krankes Steuersystem.

    Ich bin in meinem Leben den unterschiedlichsten Broterwerben nachgegangen. Ich war und bin unselbständig beschäftigt und gleichzeitig auch selbständig tätig. Zudem erlaube ich mir im »vereinten Europa« grenzüberschreitend zu agieren. Meine Steuererklärung habe ich bislang in Österreich gemacht und das funktionierte so:

    Ich logge mich via Internet in meinen Steuerakt bei Finanz-Online ein und klicke auf »Erklärung«. Alle meine Einkünfte aus unselbständiger Arbeit sind dort bereits vermerkt. Ich kann jetzt im Online-Formular zusätzlich noch etwaige Abschreibungen (private Pensionsversicherung, Lebensversicherung, Kirchenbeitrag und dergleichen) eintragen. Weiter unten gibt es ein Feld »Ausländische Einkünfte«. Dort trage ich die CUD-Daten ein. Weiters findet sich ein Feld »Einkünfte aus selbständiger Arbeit«. (Da sich meine selbständige Arbeit auf unter 30.000 Euro Umsatz beläuft, gelte ich als Kleinunternehmer und muss keine doppelte Buchführung, sondern nur eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung machen. Ich bin auch nicht vorsteuerabzugsberechtigt sondern verrechne mittels Honorarnoten nach dem Umsatzsteuerbruttosystem.) In das Feld »Einkünfte aus selbständiger Arbeit« trage ich also die Summe meiner Honorarnoten ein. Darunter führe ich meine Betriebsausgaben an (Büroaufwand, Telefon- und Internetspesen, Fahrtspesen, Taggelder usw.). Daraus errechnet sich dann mein Gewinn aus selbständiger Arbeit. Zusammengerechnet mit den unselbständigen und ausländischen Einkünften ergibt das mein Jahreseinkommen. Zuletzt klicke ich auf »Vorausberechnung« und es zeigt mir an, wie viel Steuern ich auf Basis der eingegebenen Daten zu bezahlen hätte. Wenn alle Daten korrekt sind, klicke ich auf »Senden«. Im Regelfall und im Durchschnitt dauert dieses Prozedere eine Viertelstunde bis zwanzig Minuten und kostet mich keinen Cent. Wenn keine Beanstandungen oder Prüfungen von Seiten des Finanzamts kommen, flattert binnen zwei bis vier Tagen mein Steuerbescheid in meine Mailbox. Geschichte erledigt.
    Da mein Lebensmittelpunkt mittlerweile in Südtirol ist, bin ich auch verpflichtet hier meine Steuererklärung zu machen und das funktioniert so:
    Statt Online-Konto habe ich Zettelwerk und selber machen kann ich meine Steuererklärung nicht – es sei denn ich eigne mir das Wissen dazu in einem Universitätsstudium an. Also gehe ich, wie mir geraten, zum »Patronat« des KVW. Dort ist man angesichts meiner Kombination aus selbständiger und unselbständiger Beschäftigung gepaart mit österreichischen Einkünften etwas überfordert. Man könne mir nicht weiterhelfen. Das sei zu kompliziert. Ich versuche mein Glück also bei der Gewerkschaft. Auch dort sieht man sich nicht aus, meinen – ach so komplizierten – Fall korrekt zu erklären. Wenigstens bekomme ich ein paar erhellende und mich fast vom Hocker hauende Informationen. Wenn ich eine normale Arbeitnehmerveranlagung, die mich rund 100 Euro kosten täte, machen würde (hab jetzt vergessen wie dieses »Modell« – gemeint ist wohl ein Formular – heißt) könnte ich zwar meine Honorarnoten angeben, nicht aber meine Betriebsausgaben. Das heißt, die Einkommensteuer würde auf den Umsatz (!) und nicht auf den Gewinn berechnet. So einen Schwachsinn hab ich überhaupt noch nie gehört. Beispielsweise habe ich für die Uni Innsbruck als Selbständiger Kurse organisiert. Vielfach hab ich diese Kurse jedoch nicht selber geleitet. Abzüglich eines kleinen Honorars für den Organisationsaufwand ging also das Geld, das mir die Uni bezahlt hat, direkt an denjenigen weiter, den ich engagiert habe, den Kurs zu leiten. Von 2.000 Euro zahle ich 1.900 an jemanden anderen aus und behalte 100. In meine Steuererklärung kämen aber 2.000 Euro, obwohl ich nur 100 verdient habe. Außerdem müsste ich meine österreichischen und italienischen Honorarnoten separat erklären, hieß es; die einen in Österreich, die anderen in Italien. Als ob es bei selbständiger Arbeit steuerrechtlich einen Unterschied machen würde, in welchem Land mein Auftraggeber sitzt. Hätte ich einen Auftrag von einem Chinesen angenommen, müsste ich diese Honorarnote dann in China erklären, oder wie? Das war zu viel des Schwachsinns für mich. Mit dem Rat, ich könnte es ja mal bei der Agentur der Einnahmen probieren oder mich sonst an einen Wirtschaftsberater wenden, verließ ich unverrichteter Dinge die Gewerkschaft. Um auch meine Betriebsausgaben geltend machen zu können, müsste ich nämlich eine Erklärung für Selbständige machen. Ein Service, das weder KVW noch Gewerkschaft anbieten. Ich muss jetzt also die Dienste eines Wirtschaftsberaters in Anspruch nehmen. Da ich unselbständig Vollzeit beschäftigt bin und ich die selbständigen Arbeiten spaßeshalber nebenher mache und diese sich auf nur rund 2.000 Euro Gewinn belaufen, wird mich die ganze Geschichte wahrscheinlich mehr kosten als ich verdient habe. Sowas motiviert ungemein. Ich versuch jetzt noch mein Glück bei der Agentur der Einnahmen, bevor ich einem Wirtschaftsprüfer hunderte Euro in den Rachen werfe für etwas, das ich bisher selbst und zum Nulltarif in 15 Minuten erledigt habe. Oder hat jemand einen Tipp für mich?

    Siehe: 01 02 03



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