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  • Sellner-Vannacci: Hass im Bündel.

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    Beim Antaios-Verlag des Rechtsextremisten Götz Kubitschek gibt es neuerdings ein »interessantes« Sonderangebot: Wer die Bücher Remigration von Martin Sellner und das ebenfalls bei Antaios in deutscher Sprache erschienene Verdrehte Welt des italienischen Generalmajors Roberto Vannacci im Doppelpack bestellt, kann 4 Euro sparen:

    Bildschirmfoto der Antaios-Website – Querbalken von mir

    In der Südtiroler Politik haben beide Extremisten ihre Fans und Verbündeten: Während sich Sellner neulich mit dem Landtagsabgeordneten Jürgen Wirth Anderlan in Wien getroffen hat, steht Vannacci bei Matteo Salvini (Lega) auf der Wunschliste der möglichen EU-Wahl-Kandidatinnen weit oben. Die Lega ist sowohl staatsweit als — dank SVP — auch in Südtirol Teil der Regierungsmehrheit.

    Trotz des Eklats und der massiven Proteste, die Sellners Treffen mit deutschen Rechten in Potsdam ausgelöst hat, liebäugelt auch die inzwischen immer weiter nach rechts abgedriftete STF mit seinen offen rassistischen Thesen.

    Der ehemalige Sprecher der Identitären Bewegung in Österreich wurde vorgestern übrigens von der Aargauer Kantonspolizei »remigriert« und mit einem zweimonatigen Einreiseverbot in den Kanton belegt, als er in Tegerfelden einen Vortrag hielt. Schon im Vorfeld der Veranstaltung soll die Zürcher Kantonspolizei bei den Bundesbehörden interveniert haben, um eine generelle Einreisesperre gegen Sellner zu erwirken. Seit 2018 gilt in Großbritannien, seit 2019 auch in den USA ein Einreiseverbot für den Extremisten. In Deutschland wurde eine ähnliche Maßnahme diskutiert.

    Anders als der Aargau hat Südtirol leider keinerlei Zuständigkeiten für eine Abweisung oder ein Einreiseverbot.

    Generalmajor Vannacci wurde nach Veröffentlichung seines Buches zuerst als Leiter des Militärgeographischen Instituts abgesetzt, im letzten Dezember aber schon wieder zum Generalstabschef der operativen Landstreitkräfte ernannt. Im Februar wurde er wegen Verletzung des militärischen Neutralitätsgrundsatzes bei halbierter Entlohnung für knapp ein Jahr vom Dienst suspendiert und veröffentlichte im März ein weiteres Buch.1Titel: Il coraggio vince. Gleichzeitig erhielt er Unterstützung von der Lega.

    • 1
      Titel: Il coraggio vince.


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  • Kann Südtirol Staat?
    Neuerscheinung

    Buchvorstellungen

    • Laas: Do 21. März – 20.00 Uhr – Bibliothek
    • Glurns: Mo 25. März – 20.00 Uhr – Gemeindehaus (3. Stock)
    • Mölten: Do 11. April – 20.00 Uhr – Bibliothek
    • Celovec: Če 25. april – 18.00 uri – Knjigarna Mohorjeva-Hermagoras
    • Montan: Do 23. Mai – 20.00 Uhr – Haus der Vereine
    • Marling: Mi 29. Mai – 20.00 Uhr – Vereinshaus

     

    Zurückliegende Termine (Aufstellung)
    • Ahrntal: Fr 15. März – 20.00 Uhr – Mittelschule St. Johann
    • Tirol: Di 12. März – 20.00 Uhr – Bibliothek
    • Kastelruth: Do 7. März – 20.00 Uhr – Bibliothek Seis
    • Leifers: Do 29. Februar – 20.00 Uhr – Deutsche Bibliothek
    • Vintl: Di 27. Februar – 20.00 Uhr – Bibliothek
    • Schenna: Fr 23. Februar – 20.00 Uhr – Vereinshaus
    • Eppan: Do 1. Februar – 20.00 Uhr – Bibliothek St. Pauls
    • Freienfeld: Fr 19. Jänner – 18.00 Uhr – Gasthaus Post Maria Trens
    • Innsbruck: Di 9. Jänner – 20.00 Uhr – Geiwi-Turm
    • Villnöß: Di 12. Dezember – 20.00 Uhr – Feuerwehr St. Peter
    • Auer: Do 7. Dezember – 20.00 Uhr – Bibliothek
    • Sëlva: Ju 23. nuvëmber – 20.00 ëures – Tublà da Nives
    • Margreid: Di 21. November – 20.00 Uhr – Bibliothek
    • Kaltern: Mi 15. November – 20.00 Uhr – Bibliothek
    • Latsch: Di 14. November – 20.00 Uhr – Bildungshaus Schloss Goldrain
    • Karneid: Do 9. November – 20.00 Uhr – Vereinshaus Steinegg
    • Völs: Do 26. Oktober – 20.30 Uhr – Stanglerhof
    • Salurn: Do 19. Oktober – 20.00 Uhr – Bibliothek Herrenhof
    • Brixen: Di 17. Oktober – 19.30 Uhr – Cusanus-Akademie
    • Andrian: Fr. 6. Oktober – 20.00 Uhr – Pfarrsaal
    • Tramin: Do 28. September – 20.00 Uhr – Bürgerhaus
    • St. Pankraz: Di 19. September – 20.00 Uhr – Bürgersaal
    • Sarntal: Mi 30. August – 20.00 Uhr – Turm Kränzelstein
    • Gais: Do 3. August – 20.00 Uhr – Feuerwehrhalle
    • Meran: Mi 2. August – 19.30 Uhr – OstWestCountryClub
    • St. Leonhard i. P.: Sa 15. Juli – 19.30 Uhr – Jaufenburg
    • Weißenbach/Ahrntal: Do 6. Juli – 19.30 Uhr – Vereinshaus
    • Eppan: Di 4. Juli – 19.30 Uhr – Tannerhof, Girlan
    • Schlanders: Mo 12. Juni – 20.00 Uhr – Bibliothek Schlandersburg
    • Bozen: Fr 9. Juni – 14.30 Uhr – Palais Widmann (Gedenken an Silvius Magnago)
    • Nals: Do 8. Juni – 20.00 Uhr – Kulturtreff Sonne
    • Partschins: Mo 5. Juni – 19.30 Uhr – Bibliothek
    • Vahrn: Mi 31. Mai – 19.30 Uhr – Bibliothek
    • Bozen: Di 23. Mai – 19.30 Uhr – Bibliothek Haslach
    • Eppan: Mo 8. Mai – 20.00 Uhr – Bibliothek St. Michael
    • Kurtatsch: Mi 19. April – 20.00 Uhr – Kulturhaus
    • Bozen: Do 13. April – 14.00 Uhr – Filmsaal des Landtags

    Angaben ohne Gewähr · Infos: noiland.org

    Der Verein Noiland Südtirol – Sudtirolo hat am 23. März im Rahmen einer Pressekonferenz bei der Eurac in Bozen sein Weißbuch zur Südtiroler Eigenstaatlichkeit vorgestellt.

    Kann Südtirol Staat? — so der Titel der umfangreichen Publikation — entstand in Zusammenarbeit mit zahlreichen Expertinnen und unter der Aufsicht eines wissenschaftlichen Beirats. Die Autorinnen der insgesamt 40 Kapitel gingen der Frage nach, ob Südtirol als eigenständiger Staat bestehen kann und gelangten zum Schluss, dass das Land die politisch-demokratischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen hat, als unabhängiger Staat erfolgreich zu sein, so wie Luxemburg, Malta, Island oder die drei baltischen Staaten.

    Beitrag zur Versachlichung

    Der europäische Einigungsprozess spielt dabei eine wichtige Rolle, da sich im Zuge dieser Entwicklung für die europäischen Regionen neue Spielräume eröffnen. Im Buch wird nachvollziehbar aufgezeigt, welche Schritte erforderlich wären, um einen unabhängigen Staat zu gründen. Dargelegt werden Chancen, aber auch Risiken, Bedingungen und mögliche Strategien.

    Noiland bekennt sich ausdrücklich zur Rechtsstaatlichkeit und gibt an, dass ein Prozess zur Erlangung der Unabhängigkeit bevorzugt in Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem italienischen Staat erfolgen sollte. Dadurch wäre ein rechtlich und politisch unstrittiges Ergebnis gewährleistet.

    Die Autorinnen — mit unterschiedlicher Haltung zur Eigenstaatlichkeit — beschäftigten sich eingehend mit der Frage, wie weit die politische Mitbestimmung gehen kann und was Demokratie darf. Soll es in einem geeinten Europa möglich sein, einen neuen Staat zu gründen, wenn die Mehrheit der betroffenen Bevölkerung es wünscht?

    Das Autorenteam unterstreicht, dass ein Südtiroler Staat nur als gemeinsame Anstrengung aller hier lebenden Sprachgruppen gelingen kann. Ein unabhängiges Südtirol soll und muss allen offenstehen und zur Heimat werden.

    Kann Südtirol Staat? ist ein Blick in eine vielleicht gar nicht so entfernte Zukunft. Die Idee zu dieser Publikation entstand vor fast zehn Jahren, als die Regionalregierungen in Schottland und Katalonien in Weißbüchern wichtige Fragen zur Unabhängigkeit einfach und verständlich erklärten.

    Kann Südtirol Staat?
    Noiland (Hrsg.)
    Bozen, 2023 – UVP € 19,90
    ISBN 979-12-210-0918-7
    www.noiland.org

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06 07 08 09



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  • Fußball: Nationalistischer Vollrausch.

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    1 Comentâr → on Fußball: Nationalistischer Vollrausch.

    Letzten Samstag hatte ich einen Beitrag über nationalistische Sportberichterstattung und ihre Folgen veröffentlicht. Nur fünf Tage später, am Donnerstag, stellte der italienische Fußballverband (FIGC) die neuen Trikots der Nationalmannschaften vor. Den Hinweis hat mir ein Blogleser geschickt.

    Neben einem Trikolore-Wappen samt Italia-Schriftzug auf der Vorderseite sowie drei Adidas-Schulterstreifen in grün, weiß und rot ziert das blaue Heimtrikot nun — im Nackenbereich — auch die Aufschrift l’Italia chiamò:

    Bildquelle: Italienischer Fußballverband

    Dabei handelt es sich um einen Auszug aus der Nationalhymne, die im Volksmund Fratelli d’Italia genannt wird. Die vollständige Zeile lautet: »Wir sind zum Tod bereit, Italien hat gerufen.«1Original: Siam pronti alla morte, l’Italia chiamò., womit also ein kaum verdeckter Hinweis auf die Opferbereitschaft der sportlichen Nationalhelden platziert wurde.

    In der offiziellen Pressemitteilung des Fußballverbandes steht sogar ausdrücklich, dass dieses Detail »aus sportlicher Sicht den identitären Sinn der Mameli-Hymne unterstreichen«2Hervorhebung von mir soll. Es ist dies der Ausdruck eines übersteigerten Nationalgefühls, eines Rausches, der es mir kalt den Rücken hinunterlaufen lässt. Umso besorgniserregender ist diese Entwicklung natürlich auch aus Sicht einer nationalen Minderheit.


    Mir ist bewusst, dass mir mit meiner Kritik in diesen Zeiten nationalistisch-identitärer Normalisierung einmal mehr die Einordnung als Spielverderber droht. Womöglich wird mir auch — sogar von »linker« Seite — unterstellt, mein Engagement könne eigentlich nur einem Nationalismus mit umgekehrtem Vorzeichen entspringen, weil etwas anderes wohl kaum noch vorstellbar erscheint.

    Und dennoch kann ich nicht unterlassen, das zu tun, was ich für richtig und notwendig halte.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10

    • 1
      Original: Siam pronti alla morte, l’Italia chiamò.
    • 2
      Hervorhebung von mir


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  • Ohnmächtig. Weil hilflos.

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    2 Comentârs → on Ohnmächtig. Weil hilflos.

    Für kranke Senior:innen ist es fast unmöglich, außerhalb des Krankenhauses gediegen medizinisch versorgt zu werden

    Es geht um meine Mutter. Sicher kein Einzelfall, sicher ein Fall wie viele andere auch. Ihr Leidensweg begann, als ihr Herz immer schwächer wurde und weitere Probleme verursachte. Mit weitreichenden Folgen.

    Es war fast aussichtlos, einen Termin bei dem ihr zugewiesenen Hausarzt zu erhalten. Er war, wenn überhaupt, nur digital erreichbar, gewährte Termine erst nach mehreren Wochen. Eine effiziente Hilfe für eine betagte kranke Frau sieht anders aus. Abgesehen davon, dass der Arzt kein Wort deutsch sprach. Reden in der eigenen Sprache, sagte der Münchner Psychiater Tom Hegemann auf diesen Seiten, hilft in der ärztlichen Behandlung. Das wird in Südtirol als überflüssig, weil deutsch-nationalistisch, abgetan.

    Wir suchten nach einer Alternative und fanden sie auch. Der Hausarzt, der auch als Zahnarzt tätig ist, fand trotz seiner Überbelastung Zeit, meine Mutter ohne großen Aufwand und ohne ständige Einwände mit den notwendigen Rezepten zu versorgen. Eine große Erleichterung, denn die Zettelwirtschaft ist erdrückend. Von wegen Bürokratie in der Landwirtschaft.

    Abwesender Hausarzt

    Doch der Reihe nach: Nach dem völligen Versagen ihres Hausarztes, wegen seiner fehlenden realen, analogen Anwesenheit, brachte mein Bruder unsere angeschlagene Mutter im Herbst ins Krankenhaus nach Bozen. Den Ärzt:innen gelang es, ihre Herzschwäche »abzuschwächen«. Andererseits war es unmöglich, ärztliche Auskunft über den Zustand der Mutter zu erhalten. Erst über den Umweg »Vitamin B« — eigentlich unerträglich — wurden wir über die mütterlichen Lebensperspektiven informiert. Ein Zustand zum Verzweifeln.

    Das Krankenhaus überstellte unsere Mutter anschließend für eine weiterführende Therapie an die Privatklinik Bonvicini. Den Ärztinnen und Ärzten dort gelang eine Stabilisierung, die hoffen ließ. Mutter erholte sich überraschend gut, auch weil sie sich aufgehoben fühlte. Manchmal — sie beklagte sich nicht, bedauerte es aber — fand sie sich in der italienischen Welt der Bonvicini-Klinik nicht zurecht. Der Kunde, der Patient ist König? Das Versprechen der Autonomie auf sprachliche Normalität wird im Gesundheitswesen ständig gebrochen.

    Erschreckend für mich auch, wie wenig zwischen dem Bozner Krankenhaus und der erwähnten Privatklinik zusammengearbeitet wurde. Es scheint zwischen den beiden Einrichtungen nicht direkt kommuniziert zu werden, wir Angehörigen der Patient:innen mussten vermitteln, die Krankenhausärzt:innen wussten nicht, was ihre Kolleg:innen der Patientin an neuen Medikamenten verschrieben. Fast schon fahrlässig. Ein No-Go.

    Alleingelassen

    Die Unzulänglichkeiten sind für die Angehörigen noch verkraftbar, wahrscheinlich aber weniger verkraftbar für Patient:innen. Schlimm wird es, wenn vermeintlich genesene Erkrankte nach Hause entlassen werden. Da ist »man« plötzlich auf sich allein gestellt. Da spürt »man« die Hilflosigkeit, das Ausgeliefertsein.

    Das Bad musste umgebaut, eine Pflegerin — eine Badantin — gesucht werden. Weil die Schwester eine Bedienstete des Bauernbundes ist, fand sie dort effiziente Hilfe beim eigenen Patronat, unbürokratisch schnell und zielführend. Ein Kompliment an den Bauernbund. Andere tun sich da schwer, deutlich schwerer. Es war ein Zickzack-Hürdenlauf, zeitaufwändig für uns Angehörige, aber besonders entwürdigend für die Betroffene, unsere Mutter.

    Stichwort Invalidität, Pflegegeld, Pflegeeinstufung. Entwürdigend ist es, wenn Senior:innen vor die Invalidenkommission zitiert werden. Unsere Mutter musste vom Weißen Kreuz dorthin gebracht werden, äußerst gebrechlich, hilflos ausgeliefert. Und was machen alte Menschen vor der Kommissionsriege? Sie mimen Stärke, weil sie ihr Leben lang widerstehen mussten, allen möglichen Widrigkeiten. Auch hier wiederholte sich die einsprachige Arroganz italienischer Ärzte, die nicht einmal versuchten, wenigstens passiv zweisprachig zu sein.

    Zweite Hürde Pflegeeinstufung. Diese beantragte meine Schwester im November 2023 beim zuständigen Amt. Im April 2024 hätte sie stattfinden sollen. Monate später. Ist das eine Strategie? Unsere Mutter verstarb in der Zwischenzeit. Warum findet diese Einstufung nicht gleichzeitig mit der Anhörung vor der Invalidenkommission statt? Bürokratieabbau?

    Passend dazu ein kolportierter Sager des ehemaligen Generaldirektors des Sanitätsbetriebs, Thomas Schael. Er zweifelte die Sinnhaftigkeit an, kranke Seniorinnen und Senioren mit Prothesen zu versorgen. Weil sie eh sterben werden. Medizindarwinismus der übelsten Sorte.  

    Der unaufhaltsame Leidensweg

    Als Mutter nach der zweimonatigen Betreuung im Krankenhaus und in der Bonvicini-Klinik nach Hause zurückkehrte, begann Stück für Stück ihr Leidensweg. Die Nachtstunden wurden für sie eine Qual: Wasser in der Lunge, Atemnot, die Angst, zu ersticken. Bruder und Badantin verzweifelten an der misslichen Lage der Mutter. Ihre Unruhe artete jede Nacht zu einer Art Amok-Aktion aus.

    Die im Krankenhaus angekündigte Hilfe durch den Sprengel blieb ein nicht eingehaltenes Versprechen. Diese begleitende Hilfe gab es ganz einfach nicht. In der absoluten Not der Hilflosigkeit — Ohnmacht pur — griffen mein Bruder, meine Schwester und ich zu einer Notmaßnahme. Innerhalb einer Woche suchten wir gleich dreimal die Notaufnahme im Bozner Krankenhaus auf. Eine SOS-Mail an einen die Mutter betreuenden Arzt blieb unbeantwortet.

    Wir verbrachten jeweils acht Stunden, meine Geschwister und ich. Eine Zumutung für unsere kranke Mutter. Sie wurde vom Team — ohne Zweifel: alle arbeiten in der Notaufnahme unter Druck effizient und viel — als ein »Nicht-Notfall« eingestuft. Wasser in der Lunge, Blut im Magen, kein Notfall? Zweimal wurde unsere Mutter mit einer Liste neuer Medikamente nach Hause verschickt. Wäre das nicht der Job des Sprengels vor Ort? Damit könnte die Notaufnahme entlastet werden. Beim dritten Anlauf erbarmte sich eine Ärztin und behielt die Herzkranke für einige Tage im Krankenhaus.

    Die Rückkehr nach Hause war letztendlich ein Umweg in den Tod. Wir wurden zu ohnmächtigen Sekundanten des Sterbens unserer Mutter. Nach weiteren qualvollen Nächten, nicht verkraftbar das hilflose »Helfen«, ein weiterer Anlauf in die Notaufnahme, der letzte Gang. Es gab einige engagierte Pfleger:innen, einen interessierten Arzt, die die Mutter fachlich begleiteten, in den Tod. Er war schmerzfrei, unendlich traurig, weil endgültig.

    Die »Pflege« zuhause ist eine Schimäre, ein Trugbild, ein Hirngespinst. Uns Familienangehörigen wurde ein Job übertragen, den wir nicht beherrschten. Nicht nur der Job wurde uns übertragen, auch die Verantwortung wurde auf uns abgewälzt. Die Verantwortung für das vorhersehbare Scheitern. Hat sich das unsere Mutter verdient? Wie bereits angedeutet, das war und ist nicht ein Einzelfall.

    Eine positive Erwähnung darf nicht fehlen: Reibungslos erhielten wir vom Sanitätsbetrieb Krankenbett, Rollator und Rollstuhl. Erstaunlich unbürokratisch schnell, nachdem alle notwendigen Zettel vorlagen.

    Für eine Lobby der Alten, Pflegebedürftigen, Sterbenden

    Die oben beschriebene »Behandlung« hat sich unsere Mutter — das gilt für alle Mütter und Väter — nicht verdient. Die Loblieder auf die Alten, Senior:innen, die den Faschismus, wie auch den Nazismus und den Zweiten Weltkrieg durchgestanden und überlebt, danach Südtirol wieder aufgebaut haben, bleiben schal, unehrlich.

    Auf der lit. Cologne hat es der französische Philosoph Didier Eribon unmissverständlich deutlich formuliert: Es braucht eine Lobby für die Alten, die Pflegebedürftigen, die Sterbenden.


    Autor:innen- und Gastbeiträge spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung oder die Position von BBD wider, so wie die jeweiligen Verfasser:innen nicht notwendigerweise die Ziele von BBD unterstützen. · I contributi esterni non necessariamente riflettono le opinioni o la posizione di BBD, come a loro volta le autrici/gli autori non necessariamente condividono gli obiettivi di BBD. — ©


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  • Identitäre Gymnasien.

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    Auch und gerade die Schule bleibt in Italien vom politischen Zugriff der Rechten nicht verschont. Kürzlich befasste sich der Deutschlandfunk mit den neuen Made-in-Italy-Gymnasien, die von der Regierung um Giorgia Meloni (FdI) eingeführt wurden und von denen ab dem Schuljahr 2025/26 auch in Südtirol eines anlaufen könnte.

    Laut Massimiliano Panarari, Soziologieprofessor an der Universität Modena und Reggio Emilia, der vom deutschen Fernsehen befragt wurde, handelt es sich dabei um ein Projekt, das einer identitären Logik folge. Sogar im Gesetz, mit dem der neue Schultyp — und übrigens auch ein »Nationaler Tag des Made-in-Italy« (am 15. April) — eingeführt wurde, sei sogar ausdrücklich von einem »identitären Erbe« die Rede. Die Regierung Meloni verfolge eine politische Strategie, um das Land in ihrem Sinne zu verändern; die Schule für den Stolz auf Italien sei somit »Teil eines sehr viel größeren kulturellen Projekts«, so Panarari.

    Das Made-in-Italy-Gymnasium ist Teil einer Vision der neuen Regierungsrechten, die dominant sein will, auch durch die Kultur, die Symbolik, die Soft Power.

    – Prof. Massimiliano Panarari

    Ottavio di Paolo, Vizedirektor der Giovanni-Paolo-Schule in Ostia, der sich dem Deutschlandfunk gegenüber stolz erklärt, diesen Gymnasialzweig anzubieten, gibt an, damit werde man »das Selbstwertgefühl erhöhen, um das Land voranzubringen«.

    Arm das Land, das solch billigen Nationalismus nötig hat. Einziger Lichtblick: Wenn die Anmeldungen als Indikator gelten können, fühlen sich zumindest bislang nicht viele von der identitären Schule angesprochen.

    Doch Soziologe Panarari geht davon aus, dass die neofaschistischen Fratelli d’Italia dennoch an den Gymnasien festhalten werden, da es sich dabei um ein wichtiges Symbolprojekt handle.

    Siehe auch: 01 02 || 01



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  • Il tricolore sulla carne Spam.
    Quotation

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    0 Comentârs → on Il tricolore sulla carne Spam.
    Quotation

    La […] parabola di italianizzazione forzata ha attraversato ovviamente anche il mondo del cibo. I supermercati si sono riempiti di diciture, etichette, marketing che magnificano le tradizioni italiane, sui marchi è comparso dappertutto il tricolore. In pochissimi anni la pubblicità si è adeguata e Italia è la parola più usata in qualunque spot. Si potrebbe […] fare qualche confronto emblematico. Prendiamo il marchio Cirio, per anni il logo delle passate e dei pelati era «Come natura crea» che diventava lo slogan «Come natura, Cirio conserva»: nel Novecento e oltre era celebrata la capacità dell’industria, e anche la modernità nel mantenere la genuinità del prodotto. All’inizio degli anni dieci questa narrazione è stata sostituita da un’altra. Il logo è diventato «Cirio, cuore italiano», e negli spot davvero «Italia» e «italiano» sono ripetuti così tante volte da sembrare il famoso sketch dei Monty Python sulla carne Spam.

    Addirittura l’invenzione della tradizione si spinge fino a dichiarare che, essendo stata fondata a Torino nel 1856, «Cirio era già Italia quando l’Italia ancora non c’era». Ossia a attribuire ai barattoli di pelati un disegno risorgimentale. Per ritrovare nella storia italiana una simile magnificazione dell’identità italiana – cibo, tradizioni, orgoglio patrio – dobbiamo davvero riandare agli anni del fascismo, soprattutto i Trenta quando l’imperialismo straccione del regime tentava di riscrivere la storia nazionale alla luce del progetto di dominio espansionistico.

    Christian Raimo, scrittore e traduttore, in Dal liceo alla Serie A. Il trionfo sovranista del «made in Italy» su Domani, 13 giugno 2023

    Vedi anche: 01 02 03 04 05 06 07



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  • Deutsch erhält in Tschechien mehr Rechte.
    Charta der Minderheitensprachen

    Im Rahmen der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen hat Tschechien beschlossen, seine Verpflichtungen in Bezug auf die deutsche Sprache in acht Bezirken, darunter Karlsbad, Reichenberg/Liberec), Falkenau/Sokolov und Troppau/Opava deutlich zu erweitern. Dies teilten die Behörden in einer offiziellen Mitteilung vom 28. Februar mit.

    Bildung

    Konkret sollen künftig wesentliche Teile der Vor-, Grund- und Sekundar- sowie der technischen und Berufsbildung in deutscher Sprache angeboten werden, einige Universitäts- und andere Formen der Hochschulbildung sogar vollständig. Darüber hinaus sollen der Unterricht über die deutsche Sprache und Kultur in Tschechien gewährleistet und die dafür nötigen Lehrkräfte ausgebildet werden. Es wird ein Aufsichtsorgan eingesetzt, das die Maßnahmen und Fortschritte überwacht und öffentlich Bericht erstattet.

    Justiz

    Auch Deutsch als Gerichtssprache soll ausgeweitet werden. So sollen Angeklagte in Strafprozessen das Recht erhalten, Deutsch zu gebrauchen, Anträge und Beweismittel dürfen künftig ebenso auf Deutsch vorgelegt werden und Schriftstücke, die mit dem Gerichtsverfahren zusammenhängen, müssen auf Deutsch abgefasst werden.

    In Zivil- und Verwaltungsverfahren sollen die Parteien ebenfalls das Recht haben, die deutsche Sprache in Wort und Schrift zu gebrauchen, ohne dass ihnen dadurch Mehrkosten entstehen, selbst wenn zur Sicherstellung dieser Möglichkeit Dolmetscherinnen oder Übersetzungsdienste herangezogen werden müssen.

    Amtsverkehr

    Fortan wird Tschechien auch Rechtsurkunden anerkennen, die ausschließlich in deutscher Sprache abgefasst sind.

    Bürgerinnen deutscher Sprache sollen ferner das Recht erhalten, Anträge bei staatsweiten, regionalen und kommunalen Behörden in ihrer Sprache einzureichen sowie einen deutschen Nachnamen anzunehmen.

    Kultur

    Auch die Ausstrahlung von Fernseh- und Radiosendungen in deutscher Sprache sowie die Förderung mindestens einer deutschsprachigen Zeitung sind vorgesehen. Der freie Empfang von Sendungen aus dem deutschsprachigen Ausland soll ermöglicht werden.

    In Bezug auf kulturelle Einrichtungen (wie Bibliotheken, Kulturzentren, Archive, Theater oder Kinos) und Tätigkeiten verpflichtet sich das Land, Initiativen in deutscher Sprache zu ermutigen und Zugangsmöglichkeiten zu fördern. Auch bei der Kulturpolitik im Ausland will Tschechien die deutsche Sprache fortan angemessen berücksichtigen.

    Wirtschaft und Soziales

    Auf gesamtstaatlicher Ebene sollen zudem Hindernisse aus dem Weg geräumt werden, die den Gebrauch von Deutsch im Zusammenhang mit wirtschaftlichen und sozialen Tätigkeiten behindern. Tschechien wird sich zudem um den Abschluss internationaler Übereinkünfte mit Ländern des deutschen Sprachraums bemühen, um Kontakte zwischen der deutschen Minderheit im Land und dem benachbarten Ausland in den Bereichen der Kultur, der Bildung, der Information, der Berufsbildung und der Weiterbildung zu fördern. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Behörden desselben Sprachraums soll ebenfalls erleichtert und gefördert werden.

    Die Umsetzung der nun eingegangenen Verpflichtungen werden Expertinnen des Europarats überwachen, wie es von der Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vorgesehen ist. Das entsprechende Monitoringverfahren wurde zum 1. Juli 2019 verschärft.

    Diesen wichtigen Schritt, die Minderheitenrechte zu erweitern, macht Tschechien freiwillig, es war weder eine Niederlage in einem Krieg noch das Einschreiten einer Schutzmacht (kin state) wie in Südtirol nötig. Italien hat die Charta zwar schon im Juni 2000 unterzeichnet, weigert sich jedoch seit einem knappen Vierteljahrhundert, sie zu ratifizieren und umzusetzen.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05



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  • Folgenreiche nationalistische Sportberichterstattung.

    Ich komme hiermit auf das vom Soziologen Michael Billig eingeführte Konzept des banalen Nationalismus zurück, das ich schon hier erstmals thematisiert hatte. Diesmal will ich auf einen wichtigen Teilaspekt eingehen: den Sport. Es muss einleitend daran erinnert werden, dass sich die »Banalität« auf die Beiläufigkeit bezieht, mit der dieser staatstragende Nationalismus im Alltag — bewusst oder unbewusst — platziert und reproduziert wird, ebenso wie er meist nur unbewusst wahrgenommen wird. Diese Beiläufigkeit macht ihn aber nicht ungefährlicher als den »heißen« Nationalismus der »aktiv geschwenkten Flaggen« — im Gegenteil.

    Nicht nur Flaggen und ähnlich geartete, sichtbare Symbole machen den banalen Nationalismus aus, sondern zum Beispiel auch die Berichterstattung in den Medien. Allein die Tatsache, dass Nachrichten nach In- und Ausland getrennt werden — und dass in der Regel jene aus dem Inland überwiegen — schafft laut Billig einen unbewussten, aber sehr wirkmächtigen Denkrahmen. In Zeitungen sind dem In- und Ausland oft sogar gesonderte Bereiche gewidmet. Auch Begriffe wie »unser Land« oder »die Regierung« geben vor und setzen voraus, dass es sich nur um ein (das »eigene«) Land und nur um dessen Regierung handeln kann. Noch stärker sei dieses »wir« und »sie« in den Wetterberichten zu beobachten, wo oft kommentarlos nur das »eigene« Land abgebildet sei und sich Begriffe wie »im Norden«, »in den Städten«, »auf den Bergen«, aber auch »das Wetter« nur auf das Inland beziehen. Andere Länder, einschließlich des Wetters in diesen Ländern, werden hingegen ausdrücklich als ausländisch (bzw. einem bestimmten »anderen« Land zugehörig) benannt.

    Sport…

    Doch während sich dies im allgemeinen noch einigermaßen in Grenzen halte, seien es die männerdominierten und auch hauptsächlich von Männern konsumierten Sportnachrichten, die den banalen Nationalismus und (zweifelhafte) Werte wie Maskulinität, am ungeniertesten und wirkmächtigsten transportierten. Da sei zum Beispiel von universellen »Hoffnungen« die Rede, die sich jedoch meist nur auf die »eigenen« Sportlerinnen bezögen, und da werde klar eine Perspektive eingenommen und Stellung bezogen für nur eine Seite. Oft würden die Leistungen von Sportlerinnen anderer Herkunft gar nicht oder nur nebenbei erwähnt, als wäre ein zweiter Platz der eigenen viel mehr wert als der Sieg der anderen.

    Auch Südtiroler Medien, einschließlich der öffentlich-rechtlichen, erfüllen ihre Aufgabe im Dienste der Nation — gewollt oder ungewollt — meist vorbildlich, wenn sie sich etwa in ihrer Berichterstattung vor allem auf die sogenannten Azzurri konzentrieren (vgl. 01 02). Medien, die z.B. Südtiroler Sportlerinnen gesondert anführen, tragen dann immerhin ein klein wenig zur Dekonstruktion der Nation bei, indem sie einen anderen Denkrahmen aufzeigen.

    …und Krieg

    Internationale Veranstaltungen fänden jederzeit statt — so Billig — und wenn nicht, stünden sie kurz bevor oder lägen kurze Zeit zurück. Sportberichterstattung im nationalen Sinne sei also jederzeit möglich, die entsprechenden Zeitungsseiten müssten niemals leer bleiben.

    Auch Südtiroler Medien zeichnen sich durch nationalistische Sportberichterstattung aus und geben so vor, mit wem man sich identifizieren soll: Aktuelles Beispiel von Stol.

    Sportberichterstattung bediene sich häufig einer Kriegsmetaphorik (schießen, attackieren, siegen etc.), weshalb es laut Billig einfach und naheliegend sei, den Sport als gutartigen Kriegsersatz (oder als gutartigen Ersatzkrieg) einzuordnen. Vieles spreche dafür. Dann könnte man immerhin behaupten, dass der Kampf im Namen der Nation aggressive Energie kanalisiere und als eine Art Sicherheitsventil für mehr Frieden in der Welt sorge.

    Doch der Sport bleibe leider keineswegs auf das Spielfeld begrenzt, sondern überlagere den politischen Diskurs. Nicht von ungefähr habe Silvio Berlusconi, dem damals auch ein erfolgreicher Fußballclub gehörte, seine Partei nach einem sportlichen Anfeuerungsruf benannt (und seinen Einstieg in die Politik als Betreten des Spielfelds bezeichnet), bevor er nach dem Wahlsieg Faschisten in die Regierung geholt habe.

    Sport empfinde den Krieg nicht nur nach, sondern liefere symbolische Modelle, um den Krieg zu verstehen und uns mit ihm vertraut zu machen. Aufopferungswille, Verletzungen, Heldentum, Unterordnung, Kampf gegen Ausländer zu Ehren der Nation, für all das böten internationale Sportwettkämpfe und die Sportberichterstattung Tag für Tag eine bejahende, banale Form der Vorbereitung. Politische Krisen, die zu einem Krieg führen, könnten schließlich schnell entstehen, doch es brauche eine lange Vorbereitung, damit Männer und Frauen wüssten, was im Ernstfall von ihnen erwartet wird.

    Vor allem Männer müssten dann dem ultimativen Ruf zu den Waffen folgen. Doch während sie dazu angespornt werden, die (sportlichen) Nationalhelden nachzuahmen, würden Frauen vor allem dazu erzogen, sie zu lieben, wozu — insbesondere männliche — Sportidole in den Medien häufig auch in sportferner Pose dar- und vorgestellt würden. Denn sobald Männer dazu aufgerufen sind, ihren Körper zu opfern, müssten Frauen darauf vorbereitet sein, ihre Söhne und Männer zu opfern. Ohne die Rolle der Frauen als patriotische Mütter und Pflegerinnen könne ein Krieg nicht geführt werden.

    Somit wird auch verständlich, warum es so unglaublich wichtig ist, dass etwa Südtiroler Spitzensportler auf ihre Treue zur Nation getestet und als vollwertige Mitglieder der nationalen Gemeinschaft dargestellt werden können. Gleichzeitig ist es unerträglich, wenn sie die Sprache des Feindes sprechen (01 02 03) oder gar den Eindruck erwecken, mehr an sich selbst als an die Nation zu denken und zu glauben. Umso mehr wird ihre Rückkehr zur (nationalen) Vernunft gefeiert und geehrt (01 02). Eine Dekonstruktion der Nation durch echte Zugeständnisse wäre da nur im Weg, vielmehr soll auch die Sportautonomie nur die nationale Einordnung so reibungslos wie möglich gestalten. Und natürlich »muss« ebenso beanstandet werden, wenn politische Entscheidungsträgerinnen dem Ruf der Nation nicht folgen wollen oder wenn jemand gar das nationale Interesse unterminiert. Dass all dies in Italien — wo es nicht zufällig gleich mehrere erfolgreiche Sporttageszeitungen gibt — noch weit ausgeprägter ist als in vielen anderen europäischen Staaten, ist bekannt (01 02 03).

    Was immer auch in einer mit Information überfrachteten Welt vergessen wird, es werde ununterbrochen dafür gesorgt, so Billig, dass wir »unsere« Nationen nicht vergessen. Wir würden ständig dazu eingeladen, uns zuhause, in den Grenzen des Mutterlandes, zu entspannen. Diese Lebensform sei die nationale Identität, die fortwährend erneuert werde, während ihr gefährliches Potential so harmlos und heimelig wirke.

    Interessant ist, dass sich Michael Billig als Ziel dieser Mechanismen mit einschließt und zugibt, dass sie auch bei ihm ihre beiläufige Wirkung nicht verfehlen. Im Gegenteil wirft er anderen Analystinnen vor, für ihren eigenen Nationalismus oft blind zu sein und deshalb vorwiegend den »heißen« Nationalismus der anderen, aber niemals den »banalen« eigenen (vgl. 01) zu sehen — ja, ihn sogar bereitwillig selbst zu reproduzieren und zu relativieren.

    Siehe auch: 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 || 01



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