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Desinformation oder der Himmel ist grün.
Quotation

Es ist ein Missverständnis, dass Desinformation Menschen davon überzeugen soll, dass etwas [eine Lüge] stimmt. Viele Leute scheinen verwirrt zu sein, weil russische Desinformation so unerhört unglaublich klingt. Sollen wir wirklich glauben, dass die Ukraine Atomwaffen herstellen wollte? Nein, sollen wir nicht. Wenn Donald Trump in 2017 über die Größe der Menschenmenge bei seiner Amtseinführung log — eine Veranstaltung, die wir alle mit unseren eigenen Augen gesehen hatten — waren Journalist:innen ratlos, was er wohl bezwecken wollte. Damals habe ich eine Kolumne darüber verfasst, wie sehr mich das an einen typischen Propagandatrick aus der KGB-Trickkiste erinnerte. Steve Bannon nannte es »flooding the zone with shit«. Die Strategie ist, wahllos so viele unterschiedliche Lügen so laut zu erzählen, dass die Wahrheit untergeht. Ich habe es »der Himmel ist grün« genannt. Wie funktioniert es? Ich sage: »Der Himmel ist grün.« Sie sehen nach oben, prüfen und korrigieren mich verwirrt: »Nein, der Himmel ist blau.« Ich widerspreche: »Der Himmel ist grün.« Sie machen einen Faktencheck, legen mir Fotos sowie eine Analyse des Farbspektrums vor und beharren darauf: »Der Himmel ist blau.« Ich sage, ruhig: »Der Himmel ist grün.« Sie sind irritiert und schreien mich an: »ER IST BLAU, SIE DEPP!« Nun antworte ich: »Kein Grund mich deswegen anzupöbeln! Sie denken er ist blau, ich denke er ist grün, wir haben beide unsere Meinung, ich denke wir können nicht wissen, welche Farbe der Himmel hat.« Und das ist der Punkt. Nicht jemanden davon zu überzeugen, dass der Himmel grün ist, sondern dass die Wahrheit — falls es überhaupt eine gibt — nicht feststellbar ist. Nun, wenn die Wahrheit nicht in Erfahrung zu bringen ist, haben wir als demokratische Gesellschaft wenig, worüber wir reden könnten. Wir können uns nicht organisieren oder Entscheidungen treffen. Wenn es keine objektive Wahrheit gibt, die uns verbindet, brauchen wir eine Autorität, die [für uns] entscheidet, was die Wahrheit ist und wie damit umzugehen ist. Einen starken Mann, wenn Sie so wollen. Wenn Sie einen autoritären Staat errichten wollen — vernichten Sie zuerst die Wahrheit und alle, die dazu beitragen, sie zu verbreiten.

aus der Rede von Marina Weisband (Grüne, ehemals Piratenpartei) bei der G7-Desinformationskonferenz 2022 – Übersetzung aus dem Englischen von mir

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5

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Nicht gleichberechtigt nebeneinander.
Quotation · Rassismus nicht mit Öffentlichkeit belohnen

Viele wollen mit Rechten im Fernsehen reden, um sie zu entlarven. Diese Strategie erweist sich allerdings als wenig erfolgreich. Die AfD wurde zum Teil nicht trotz ihres Rassismus gewählt, sondern deswegen. Je mehr wir versuchen, Nazis zu entlarven, desto mehr Plattform und Gehör bieten wir ihnen. Desto mehr Gelegenheit, eigentlich selbstverständliche Vereinbarungen zu hinterfragen. Der Diskurs schleicht so immer weiter nach rechts.

Und nein, die Gesellschaft muss nicht jedem seine Meinung gönnen. Um es mit den Worten von Karl Popper zu sagen: “Im Namen der Toleranz sollten wir uns das Recht vorbehalten, die Intoleranz nicht zu tolerieren.” Sonst zerstört eine freiheitliche Gesellschaft sich selbst.

Wenn Nazis der Meinung sind, dass ich verbrannt werden sollte, und ich der Meinung bin, dass… nicht – dann dürfen unsere Meinungen nicht gleichberechtigt nebeneinander stehen. Die Wahrheit liegt nicht irgendwo in der Mitte. Eine dieser Positionen ist ganz klar gesellschaftlich zu ächten.

Marina Weisband, ehemals politische Geschäftsführerin und Mitglied des Bundesvorstands der deutschen Piraten, in einem Kommentar für den Deutschlandfunk.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 | 1› 2› 3›

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»Warum Geoblocking weg muss.«
Initiative für ein grenzenloses Netz

  1. Geoblocking ist Diskriminierung
    Sprachlichen Minderheiten, Migrant*innen, Austausstudierende[n], etc. — 1 von 10 Europäer*innen — wird online der Zugang zu ihrer Kultur verwehrt.
  2. Geoblocking sperrt Kreative ein
    Viele Kunstwerke können kein europaweites Publikum erreichen – und zahlungswillige Fans werden abgewiesen.
  3. Geoblocking sperrt Publikum aus
    Menschen, die Sprachen lernen wollen, Fans von ausländischen Sport-Ligen, etc. sind gezwungen, anstelle Urheber*innen VPNs zu bezahlen, oder suchen sich gleich illegale Quellen.
  4. Geoblocking verrät EU-Prinzipien
    Die EU sollte ein gemeinsamer Markt sein. Geoblocking untergräbt das. Die EU muss handeln – wie sie es beim Roaming getan hat.
  5. Geoblocking schadet der Wirtschaft
    Bis zu 1,6 Milliarden Euro grenzübergreifender Nachfrage entgeht EU-VoD-Anbietern, EU-Startups und Kulturschaffenden.– endgeoblocking.eu

Mit Unterstützung von European Language Equality Network (ELEN), Allied for Startups, European Students’ Forum und Young European Federalists hat die Europaabgeordnete Julia Reda (Piratenpartei – Grüne/EFA) die Initiative »End Geoblocking« ins Leben gerufen, die sich für die Abschaffung digitaler Grenzen in der EU einsetzt.

hat immer wieder auf die Probleme hingewiesen, die Geoblocking gerade in einer mehrsprachigen Region wie Südtirol verursacht. Aus Südtiroler Sicht kann man deshalb nur zu einer breiten Unterstützung von End Geoblocking aufrufen.

Siehe auch 1›

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Europawahl ohne Europa.

Ende Mai finden Europawahlen statt und die Piraten haben sich, wie andere Parteien, ein EU-weites Programm gegeben. Auch die Südtiroler Pirać erwägen, sich erstmals einer Wahl zu stellen, wiewohl die Chancen, eine eigene Mandatarin nach Straßburg zu entsenden, eher gering sind.

Wie man meinen möchte, wäre eine Europawahl die ideale Gelegenheit, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu suchen und Synergieeffekte zu nutzen. Doch weit gefehlt, denn auch Europawahlen werden im Rahmen etablierter Staatsgrenzen geschlagen — eine gemeinsame Kandidatur im euroregionalen Kontext ist nicht vorgesehen. Für die Piraten, die im deutschsprachigen Raum stärker vertreten sind, als etwa in Italien (wo ihnen Platzhirsch Grillo das Leben erschwert), kann diese Tatsache entscheidende Auswirkungen haben. Im Falle einer Kandidatur bleibt den Südtiroler »Seeräuberinnen« keine andere Wahl, als die Zusammenarbeit mit der italienischen Schwesterpartei zu suchen, die bislang ein Dornröschendasein fristet.

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Autorinnen und Gastbeiträge

Plädoyer für ein subsidiäres Europa.

von Oliver Hopfgartner*

Ich war nie Sympathisant der Süd-Tiroler Freiheit. In den letzten Wochen sah ich mich aber immer wieder in der Rolle eines Verteidigers der von der STF organisierten Umfrage zum Thema Selbstbestimmung. Das liegt nicht etwa daran, dass ich meine patriotische Ader entdeckt hätte, vielmehr stört mich die Art des politischen Diskurses, die Selbstbestimmung und im speziellen die Umfrage der STF betreffend. Keine einzige Partei hat bisher einen positiven Beitrag zur Debatte geleistet. Lieber kritisiert man, egal ob es nun um die Sicherheit, die Deklaration als Wahlwerbung oder eine vermeintliche deutsch-nationalistische Zielsetzung geht.

Dabei ist die Diskussion über die Zukunft unserer Verwaltung gar nicht so exotisch: Immer öfter hört man die Forderung nach einem dezentralen Europa im Sinne der Subsidiarität. Seine Durchlaucht Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein beschreibt beispielsweise in seinem Buch “Der Staat im dritten Jahrtausend” ein dezentrales Staatsmodell, in welchem jede Gemeinde das Recht auf Sezession (!) haben soll.

Einige Parteien in Südtirol haben aber kein Interesse daran, über den Tellerrand zu blicken und so bleibt ein Befürworter der Selbstbestimmung oft im deutsch-nationalen Eck verortet. Das hindert uns jedoch nicht, die Selbstbestimmungsdebatte um eine nicht nationalistische Variante zu bereichern. Wir müssen europäisch denken. Das heißt aber nicht, dass wir unser Heil in den Vereinigten Staaten von Europa suchen müssen. Es macht keinen Sinn, die Nationalstaaten abzuschaffen und die Kompetenzen des Nationalstaates auf die EU zu übertragen, genau so wenig wie ich mir ein Europa unzähliger zersplitterter Kleinstaaten wünsche. Ich bekenne mich klar zu einem Europa, das dezentral nach dem Subsidiaritätsprinzip aufgebaut ist.

Warum Subsidiarität? Das Problem von Zentralstaatlichkeit ist die stets vorhandene Informationsasymmetrie. Wer vor Ort ist, ist im Normalfall besser mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut und kann dadurch besser handeln. Weiters ist eine wahre Einbeziehung der Bevölkerung in politische Entscheidungen leichter. Jeder kann sich mit dem Bürgermeister unterhalten. Aufsteigend zu Landtagsabgeordneten, Senatoren und EU-Parlamentariern wird das immer schwieriger. Somit ist auch die demokratische Kontrolle in kleinen Einheiten einfacher umzusetzen.

Die EU soll den Rahmen bilden für ein dezentrales Europa, in dem direkte Demokratie und repräsentative Demokratie besser verknüpft sind. Um dieses Ziel zu erreichen müssen wir von der für Südtirol leider typischen Nabelschau abkommen und uns mit unseren benachbarten Regionen gemeinsam für mehr Subsidiarität stark machen. Die Vision eines geeinten Europas, das Vielfalt nicht nur zulässt sondern fördert, ist es allemal wert, sich dafür einzusetzen.

*) Oliver Hopfgartner, Jahrgang ’89, studiert und arbeitet derzeit in Graz und ist Vorstandsmitglied der Piratenpartei Südtirol.

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Pirać und Selbstbestimmung.

Bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt gaben sich Südtirols Piraten als Spaßpartei Fremdschampartei noch der Lächerlichkeit preis, nun jedoch in mühevoller Kleinarbeit auch ihr erstes Parteiprogramm. Unter Punkt 14.2 des am 24. August genehmigten Dokuments ist zum Thema Selbstbestimmung folgendes zu lesen:

Die Selbstbestimmung liegt in den Händen des Volkes. Dementsprechend liegt es an den Bürgern zu entscheiden, nicht an den Parteien. Die Piratenpartei Südtirol ist weder für noch gegen die Sezession, aber für eine Volksabstimmung. Die Bevölkerung soll die Möglichkeit erhalten, sich entweder für die Autonomie oder eine andere Lösung auszusprechen.

Das ist eine glasklare, (basis-)demokratische Aussage — noch dazu unter korrekter Verwendung der politischen Terminologie (kein »Freistaat«, keine Verwechslung von »Selbstbestimmung« [Prozess] und »Sezession« [Ziel], wie in Südtirol leider von fast allen Parteien vorexzerziert). Schade, dass sich die Pirać gegen eine Landtagskandidatur im Herbst entschieden haben, man hätte sie aus -Sicht durchaus zur Wahl empfehlen können.

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Bye bye Hans Heiss.

Am Montag, den 3. September hat Hans Heiss seinen Rückzug aus der Politik mit den nächsten Landtagswahlen verkündet. Dieser Abgang schmerzt. Mit seinem liberalen, offenen und selbstkritischen Geist nimmt Heiss eine Ausnahmestellung in der politischen Landschaft Südtirols ein.

Heiss kann sich — wie übrigens fast die gesamte grüne Mann-/Frauschaft — nicht für die -Ziele erwärmen, sogar im Abschiedsbrief findet sich folgende Aussage:

Die notwendige Entwicklung einer umfassenden Südtirol-Perspektive diesseits von Vollautonomie, Freistaat und Sezession fordert vollen Einsatz, für den zunehmend neue Ideen und Leistungsträger gefragt sind.

Nichtdestotrotz ist Hans Heiss eine herausragende Gestalt, die mich, vor allem was die Fähigkeit zur Selbstkritik anbelangt, immer an Alexander Van der Bellen, ehemaliger Vorsitzender der österreichischen Grünen, erinnert. Dieser linksliberale Geist ist in Südtirol leider unterrepräsentiert, auch in den Reihen der Südtiroler Grünen findet sich keine/r der/die ihm das Wasser reichen könnte.

Heiss mahnt in seinem Abschiedsbrief auch eine Verjüngung der Grünen an, wobei neue Visionen gefragt sind:

Vor allem sollten wir Raum schaffen für Jüngere, deren Dynamik, Ideenreichtum und Gespür für Grüne Politik im Wachsen sind. Die Grüne Kompetenz in den Bereichen Umwelt, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ist zu ergänzen um soziale, wirtschaftliche und gesellschaftliche Visionen, die Südtirol weiter bringen. Unser Land kann ein regionaler Bezugspunkt für lebendige Demokratien und Transparenz, die Zusammenarbeit von Sprachgruppen und Kulturen, für sozialen Ausgleich und wegweisende Umweltpolitik werden. Der Weg hin zu einer weltoffenen Region, ohne Polit-Filz und patriotische Kleinstaaterei, dafür mit bestechenden Lösungen auf vielen Ebenen, ist ohne die Grünen nicht denkbar.

Wie dies bewerkstelligt werden soll bleibt unklar, wird aber auch nicht mehr seine Aufgabe sein. Doch die Realität bei den Grünen sieht anders aus: Der in den letzten Jahren zunehmend verbohrt besserwisserische Ton mit einem tiefen Misstrauen gegenüber allen Initiativen für mehr Unabhängigkeit (bei gleichzeitiger vollkommener Kritiklosigkeit gegenüber den Missständen des Zentralstaates) wird bei den nächsten Wahlen sicherlich nicht hilfreich sein — auch wenn die Piraten als mögliche Konkurrenz sich bisher als Reinfall erwiesen haben.

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Autorinnen und Gastbeiträge

Versprengte Piraten.

Seit Mittwoch gibt es sie offiziell: die Piratenpartei Südtirols. Um sich einen sozialrebellischen Anstrich zu geben, hätte der Parteimitbegründer nicht unbedingt auf einen englischen Piraten des 12. Jahrhunderts zurückgreifen müssen, der den “reichen Fettsäcken an die Gurgel will”. Da läge der Michael Gaismair schon etwas näher, vielleicht mit einer inhaltlich runderneuerten “Tiroler Landesordnung”. Überhaupt scheinen Piraten in unserer Gebirgsgegend etwas deplaziert, Wilderer wären glaubwürdiger, die tatsächlich oft aus sozialer Not heraus handelten.

Doch frischen Wind in die Parteienszene bringen die Piraten allemal, auch wenn ihre politische Positionierung “nicht links noch rechts, weder oben noch unten, weder hinten noch vorne” ein Uraltspruch der Grünen ist. Eine neue Partei zu gründen, heißt sich politischer Bewusstseinsbildung zu widmen, politische Phantasie entwickeln, gemeinsam Kernthemen der Politik bearbeiten, also eine Kommunikation zu politisch relevanten Themen zu entfalten. Und die Piraten anderswo zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie einen neuen Stil entwickeln, ganz neue Kreise überhaupt für Politik interessieren, sich herkömmlichen Formen verweigern und Expertokratie verabscheuen. Das versprochene Engagement für mehr Transparenz und eine bessere direkte Demokratie ist dringend nötig.

Sich nicht inhaltlich festlegen zu wollen, kann eine neue Qualität, aber auch ein Manko bedeuten. Die neue Piraten-Basis soll die politische Wunschliste in freier Diskussion festlegen. Überhaupt könnte man nächstens eine Partei als leere Schachtel gründen: das Programm definiert man dann per Ankreuzen einer Liste mit “gefällt mir” oder “gefällt mir nicht”.

Bevor sich die Piraten überhaupt richtig formiert haben, werden sie aber schon von eifrigen Journalisten und Meinungsforschern zerklaubt. Natürlich haben Letztere immer Umfragenergebnisse und gute Argumente zur Hand, doch wie kann man (geschehen am gestrigen Donnerstag, RAI Sender Bozen) eine allgemeine Meinung zu den Perspektiven der Piraten deuten, bevor es sie überhaupt gibt? Anders gefragt: welchen Sinn macht es, die Ergebnisse einer Wählerumfrage, bei der 8% “Weiß nicht” oder “andere” geantwortet haben, hinsichtlich der Piraten zu deuten, obwohl es die Piraten bei dieser Umfrage noch gar nicht gab? Welche Themen sollen die Piraten denn besetzen, wenn die qualifizierten Beobachter der Arena nur mehr einige wenige Themen als “besetzbar” vorgeben? Sind Piraten nicht von vornherein Spezialisten im Besetzen und können alle Themen besetzen, wenn sie dazu in der Lage sind?

Allerdings muss rasch festgehalten werden, dass die neue Piratenriege wirklich mutig ist, sich mit solch kargen wie den gestern vorgestellten Thesen an die Öffentlichkeit zu wagen. “Wir stehen für Transparenz, Internet, Privacy und Datenschutz und stellen eine Alternative für die Wähler dar,” sagt die Vorstandsvorsitzende in der Tageszeitung. Braucht es für diese Anliegen eine Partei, die zu Landtagswahlen antritt? Wenn gern Alternative, warum eigentlich? Hätten die Piraten nicht zumindest das Programm der bundesdeutschen Piraten auf die Südtiroler Erfordernisse herunterbrechen können? Wie kann man sich überhaupt als politische Kraft in diesem Land präsentieren, ohne programmatische Aussagen zu zentralen Fragen zu treffen: die Weiterentwicklung der Autonomie, die Sprachenpolitik, Sozial- und Wirtschaftspolitik im Zeichen dezidierten Sparens, eine Politik der Verteilungsgerechtigkeit und Nachhaltigkeit für Südtiroler Verhältnisse durchdeklinieren und einige wenige mehr. Leider is dies etwas dünne Suppe, die die Piraten da aufkochen. Auch die GRÜNEN, in deren Teich die Piraten am stärksten fischen werden, stehen für Transparenz, Datenschutz, freies Internet und direkte Demokratie. Mit anderen Worten: diese Anliegen kann ein Arbeitskreis der Grünen mindestens genauso kompetent bearbeiten, ohne den Aufwand einer neuen Parteistruktur.

Dennoch wünsche ich den Piraten viel Glück. Sie sind Ausdruck der “liquid democracy”, der international durchs Netz wogenden Ideen und Bewegungen, die die Menschen inspirieren, was Neues zu wagen, Demokratie zu erfahren “learning by doing”, sich nicht viel um herkömmliche Wenn und Aber zu kümmern. Eine Eigenschaft, die allerdings in Südtirols Politik immer wieder verlangt wird, ist Bodenständigkeit, auf die Besonderheiten dieses Landes Bezug zu nehmen. Um die Machtverhältnisse in Südtirol tatsächlich stärker aufzurühren, bräuchte es in diesem Sinne eine sozialdemokratische Initiative, die in der hiesigen Parteienlandschaft seit 30 Jahren fehlt, und diese Lücke werden die Piraten ganz gewiss nicht schließen.

Siehe auch ‹1

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