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  • ÖVP und SVP: Wie man eine Partei zerlegt.


    Die ÖVP kopiert erfolgreich die selbstzerstörerische Strategie ihrer Schwesterpartei SVP.

    Doch der Reihe nach. Gab es sie nun, die Strippenzieher im Hintergrund? Manche Kommentatoren und sogenannte politische Beobachter gehen davon aus, dass der ehemalige ÖVP-Vorsitzende und Ex-Bundeskanzler Karl Nehammer zum Scheitern verurteilt war. Weil es die Mächtigen in seiner Partei so wollten. Also »die Wirtschaft«, organisiert in den Bünden, eine starke Struktur in der ÖVP, das organisatorische Rückgrat der Partei.

    Die Tageszeitung Der Standard schreibt es auch gänzlich unverblümt: Der Wirtschaftsflügel gibt in der ÖVP den Ton an. Dieser Flügel schrieb dann auch das Wirtschaftsprogramm der Volkspartei, das sich mit den freiheitlichen Vorstellungen überschneidet: Runter mit den Steuern, weg mit der Bürokratie und den vielen Verordnungen. Dieser VP-Flügel tut so, als hätte die ÖVP im vergangenen halben Jahrhundert nie regiert.

    Und die VP-Wirtschaft tönt auch ganz laut, ein Weiter wie bisher kommt nicht in Frage. Bisher zogen die Wirtschaftsbünde in Österreich die Strippen, ihr Lobbyismus förderte die grenzenlose Gier, ermöglichte erst das Benko-Abenteuer, sie dominierten die Wirtschaftspolitik der verschiedenen Regierungen. Eine Politik für die Starken und Mächtigen, die sich von der sozialen und rechtsstaatlichen Einhegung  — Eigentum verpflichtet — entbunden haben.

    Trugen die Wirtschaftsverbände im Hintergrund nicht dazu bei, dass Karl Nehammer nach mehr als hundert Tagen grandios scheiterte? Kaum steckte der Verhandlungsmarathon in der Sackgasse, wurden die Rufe von der Seitenlinie lauter. Nicht Weiter wie bisher, sondern eine Koalition mit der FPÖ.

    Wirtschaft für die Blauen

    Tierisch freuten sich diese Vertreter, als die Unterhändler für eine Regierung der Mitte entnervt aufgaben. Schon vor den zähen Verhandlungen ließ »die Wirtschaft« die eigene Partei wissen, dass die angestrebte Dreier-Koalition die falsche Alternative ist.

    Mag sein, dass sich die Geschichte nicht wiederholt. Die italienische Industrie und der Großgrundbesitz setzten in den 1920er Jahren auf Benito Mussolini, in der Weimarer Republik förderte die Schwerindustrie Adolf Hitler und seine NSDAP. Aber sie wiederholt sich, die Geschichte, in einer leicht geänderten aber nicht wesentlich abgewandelten Version.

    Besonders erfreut über das — gewollt herbeigeführte — Scheitern freute sich Georg Knill, Präsident der mächtigen Industriellenvereinigung. Österreichische Industrielle gelten als putinfreundlich, wie Knill auch. Er belieferte Russland mit kritischer Infrastruktur, unterstellt ihm Peter Pilz auf Zackzack eine wirtschaftliche Partnerschaft mit Russland. Zackzack dokumentiert, dass Knill beste Kontakte zum russischen Militär pflegte.

    Er steht damit nicht alleine da. Auch der Unternehmer Siegfried Wolf verbirgt nicht seine Russlandnähe, pflegte beste Kontakte zu den von Putin abhängigen Oligarchen. Catherine Belton bezeichnet diese Unternehmer in ihrem Buch Putins Netz als nützliche Idioten Moskaus. Davon gab es in Südtirol auch eine ganze Reihe.

    Ganz nach dem Geschmack der Freiheitlichen, die eine — inzwischen abgelaufene — verbriefte Freundschaft mit der Putin-Partei eingingen, die gegen Waffenlieferungen an die Ukraine sind, lauthals gegen die EU wettern und die NATO verunglimpfen. Die rechtsradikale FPÖ trifft sich hier — beim Thema Ukraine — reibungslos mit den verschiedenen Linksradikalen.

    Umso seltsamer mutet es an, dass sich »Österreichs Wirtschaft«, stellvertretend seien die Raiffeisenbank International und die OMV genannte, Russland in die Arme warf. Die Aussichten auf fette Gewinne verdrängten — wenn überhaupt vorhanden — Bedenken wegen der totalitären Entwicklung in Russland. Und immer hatte die ÖVP ihre Finger im Spiel, ließ sich von »der Wirtschaft« treiben, ermöglichte das Abenteurertum eines René Benko. Die Wirtschaft, das sind die Bünde, die in der ÖVP die Fäden in der Hand halten.

    Die Demontage der SVP

    Auch die kleine Schwester der ÖVP, die Südtiroler Volkspartei, treibt es ähnlich — oder wird ähnlich getrieben — wie die ÖVP. Nach den Landtagswahlen 2018 holte Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) die in Südtirol stärkste italienische Partei in die Landesregierung: die Lega. Einst föderalistisch, nach dem Abtritt der alten Garde vom »Capitano« Matteo Salvini an den rechten Rand gelotst. Simon nannte ihre Landesräte »Putins Lieblinge«.

    Der Bauernbund, die schlagkräftigste Wirtschaftsorganisation, drängte 2018 die SVP zu einer Koalition mit der Lega. Die Bauernbündler und die Leghisti sind für die »Entnahme« von Wolf und Bär, für deren Abschuss. Für eine weitreichende mediale Schützenhilfe sorgte die Tageszeitung Dolomiten. Die vom Bauernbund favorisierte Lega ließ damals die SVP lange zappeln, bevor es zu einer Einigung kam. Eine Einigung, die vom Bauernbund dementsprechend begrüßt wurde.

    Dem Bauernbund ist es damit gelungen, die SVP ins rechte Eck zu drücken. Im Europaparlament war die Lega Teil der Fraktion Identität und Demokratie, ein Sammelsurium sehr rechter bis rechtsradikaler Parteien. Seit den Europawahlen 2024 firmiert diese Fraktion als Patriots, neben der Lega gehören ihr das rechtsradikale Rassemblement National, die nicht weniger rechtsradikalen österreichischen Freiheitlichen, die Fidesz von Viktor Orbán, osteuropäische Faschisten sowie die spanische neofranquistische Partei Vox an. Die erklärte Europapartei SVP ließ sich mit EU-Feinden ein, Putins Lautsprecher.

    Lega, Südtirolfreunde?

    Diese »patriotische Fraktion« will die Union auflösen in Staaten »starker, stolzer und unabhängiger Nationen«. Als ob sie es nicht wären. Die Parteien dieser Fraktion sind gegen die liberalen Werte der EU und sie sind, das müsste die Südtiroler:inen doch interessieren, auch strikt gegen Minderheiten und Autonomie. Die Vox-Partei, eng liiert mit den Fratelli, lehnt die regionalen Autonomien der Basken, Galicier und Katalanen ab, das französische RN kennt nur das Frankreich der Franzosen, die Lega schert sich auch nicht um Minderheiten. Giuseppe Cruciani, der Lega nahestehender Radiomoderator, nannte die deutsche Sprache der Südtiroler eine »Scheißsprache«. Die österreichischen Freiheitlichen hetzen in Kärnten ungeniert gegen ihre slowenischsprachigen Landsleute.

    Im Arm der Fratelli

    Nach den Parlamentswahlen 2022 kam es aber noch schlimmer. Zuerst bot die Tageszeitung Dolomiten Giorgia Meloni von den neofaschistischen Fratelli d’Italia eine ganze Seite zur Selbstdarstellung an. Völlig schmerzbefreit warb die Athesia-Zeitung für die Fratelli, warum denn sonst konnte sich eine gesamtstaatliche Partei in den Dolomiten so ausbreiten?

    Dem Südtiroler Meloni-Fanclub schloss sich auch der Bauernbund an. Auch deshalb, weil Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida (FdI) mit harten Tönen gegen Wolf und Bär Stimmung machte. Vergessen, dass Lollobrigida als Oppositionspolitiker auch gegen Südtirol hetzte. Athesia, Bauernbund und sonstige Kräfte in der SVP sorgten für eine Neuauflage der — diesmal noch weiter nach rechts verschobenen — rechten Koalition. Die Fratelli, die politischen Enkel von Benito Mussolini, wurden in die Landesregierung geholt und mit im Boot sind auch die Freiheitlichen.

    Mächtige Kräfte an der Seitenlinie stellten für die SVP die Weichen. Landeshauptmann Arno Kompatscher verteidigt diese rechtsrechte Koalition mit dem Hinweis, die geschmälerte Autonomie werde wieder hergestellt. Wie es ausschaut, wird es ein Stück weit mehr Autonomie geben, dafür aber weniger Minderheitenschutz, um den Trentiner Universitätsprofessor Roberto Toniatti zu zitieren. Senator Meinhard Durnwalder, auch er Mitglied im Meloni-Fanclub, verteidigt die Koalition. Der Versuch sei es wert, so Durnwalder, weil es um die Autonomie gehe.

    Senatorin Julia Unterberger versteht diese Haltung nicht. Die SVP ist der italienischen Regierung weit entgegengekommen, die versprochene Gegenleistung ist noch immer in der Schwebe, sagte die Senatorin in der in der Neuen Südtiroler Tageszeitung. Die Haltung von SVP-Obmann Dieter Steger nennt Unterberger deshalb unterwürfig. Wohin führt ein unterwürfiger Obmann seine Partei, die bei jeder Wahl an Zustimmung verliert?

    Von Wendehälsen und Verbandsdemokraten

    Die beiden staatstragenden Parteien ÖVP und SVP schrumpfen. Kontinuierlich. Die ÖVP rangiert schon unter der 30-Prozent-Marke, die SVP liegt knapp darüber. Vermutete Tendenz: es wird weiter nach unten gehen. Wen wundert es? Bei den geplatzten Verhandlungen verhielten sich die ÖVP-Granden wie Wendehälse. Gier, Lügen und Pleiten zeichnen inzwischen das Handeln der einst patenten konservativen Volkspartei aus. Wie die ÖVPler es auch wenden wollen, nicht der Juniorpartner wird die Akzente setzen, sondern die Freiheitlichen. Nach Ungarn, der Slowakei, den Niederlanden und Italien wird jetzt auch Österreich wackeln, warnt der ehemalige grüne Parlamentarier Peter Pilz.

    Die Herrschaft der Bünde rächt sich, ein Schicksal, das auch die SVP teilen wird. Die verschiedenen Wahlergebnisse lassen diesen Schluss zu. »Es vergeht kein Tag, an dem Bauernbund, der Hoteliers- und Gastwirteverband, der Handwerkerverband, der Unternehmerverband oder der Handels- und Dienstleistungsverband nicht irgendwelche Forderungen stellen. Ist eine erfüllt, wird schon die nächste nachgeschoben«, kommentierte Georg Mair im Wochenmagazin ff. Die angebliche »Verbändedemokratie« kaschiert die Macht der Lobbys, manchmal seien Politik und Lobbys nicht auseinanderzuhalten, warnt die ff. Die Folge ist, dass die Wählenden sich von der SVP abwenden. Eine selbstzerstörerische Strategie, über die sich die stetig wachsenden Ränder freuen.

    Ausgerechnet Steger

    Der Obmann der gebeutelten SVP, Dieter Steger, kommentierte die laufenden blau-schwarzen Koalitionsverhandlungen in Wien — ganz im Sinne einiger altgedienter ÖVPler, z. B Franz Fischler, die in einer wahrscheinlichen Koalition aus FPÖ und ÖVP das Ende der bisherigen Volkspartei befürchten.

    Laut SVP-Obmann machen er und seine Partei sich Sorgen, wenn ein EU-Gegner und Putinfreund österreichischer Bundeskanzler wird. Ausgerechnet Steger, der nach dem Wahlsieg des rechten Bürgermeisterkandidaten Giovanni Benussi 2005 seiner SVP empfahl, das Wahlergebnis zu respektieren und die Zusammenarbeit zu suchen. Damals verweigerte die SVP dem Neofaschisten aber die Kooperation.

    Ausgerechnet die SVP zeigt sich also besorgt über eine blau-schwarze österreichische Bundesregierung, obwohl sie selbst seit 2018 mit den harten italienischen Rechten koaliert. Zuerst mit der Lega, inzwischen mit den Fratelli und den Freiheitlichen. Nicht von ungefähr hielt sich Landeshauptmann Kompatscher mit Bewertungen zurück.

    Doch ausgerechnet Steger, der sich laut Senatorin Unterberger in Rom der rechtsrechten Regierung gegenüber unterwürfig zeigt, macht auf besorgten Warner.


    Autor:innen- und Gastbeiträge spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung oder die Position von BBD wider, so wie die jeweiligen Verfasser:innen nicht notwendigerweise die Ziele von BBD unterstützen. · I contributi esterni non necessariamente riflettono le opinioni o la posizione di BBD, come a loro volta le autrici/gli autori non necessariamente condividono gli obiettivi di BBD. — ©


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  • Regierungskommissariat: Kein Anschluss unter dieser Adresse.
    Beschwerden und Anfragen werden ignoriert

    Ende August 2024 hatte ich mich mit einer zertifizierten E-Mail (ZEP) an das Bozner Regierungskommissariat gewandt, um auf die häufig einnamig italienische Angabe von Wohnadressen (Straßenbezeichnungen) auf den Identitätskarten im Kreditkartenformat (EIK) hinzuweisen und mich danach zu erkundigen, ob das Problem bekannt ist und bald einer Lösung zugeführt wird. Außerdem habe ich gefragt, ob ich das Recht habe, einen Ausweis mit — illegal — einnamiger Angabe der Anschrift austauschen zu lassen und wie ich eine formale Beschwerde einreichen kann. Nicht zuletzt habe ich auch auf die Einsprachigkeit einiger Digitalfunktionen der EIK hingewiesen.

    Seitdem sind knapp fünf Monate vergangen, ohne dass ich eine wie auch immer geartete (meinetwegen auch abweisende, ablehnende, verzögernde) Antwort zu erhalten. Als hätte ich meine Anfrage gar nicht verschickt. Das beweist für mich, wie bürgerinnenfern und dysfunktional diese eigentlich überflüssige staatliche Institution ist — und wie wenig den italienischen Staat die verbrieften Rechte, aber auch die Sorgen und Bedenken der sprachlichen Minderheiten interessieren. Alles wird ausgesessen.

    Dabei ist das Regierungskommissariat bis heute das einzige für die Ahndung von Zwei- und Dreisprachigkeitsverstößen in Südtirol zuständige Amt. Im internationalen Vergleich (Québec, Cymru/Wales, Katalonien, Baskenland, Galicien) ist es hingegen üblich, dass diese Aufgabe den mehrsprachigen autonomen Gebieten selbst übertragen wird.

    Das Schweigen des römischen Wachhunds in Bozen ist kein Zufall und keine Ausnahme. Dies bezeugt die Tatsache, dass dem Amt für Landessprachen und Bürgerrechte (AfLB) — das selbst keine Verstöße ahnden kann — Dutzende Meldungen über Missstände vorliegen und auch Daten des Astat von einer systematischen Missachtung der einschlägigen Rechte zeugen (01 02), vom Regierungskommissariat jedoch so gut wie keine Strafen verhängt werden.

    Das Kommissariat als Vetretung des Zentralstaats in Südtirol sieht seine Aufgabe ganz offensichtlich nicht darin, die amtliche Mehrsprachigkeit und somit die Rechte der Bürgerinnen zu fördern, sondern versteht sich vielmehr als eine Art Gatekeeper, der die Verantwortlichen vor berechtigten Beschwerden und nötigen Strafen schützt.

    Damit wird der Minderheitenschutz, der unserer Autonomie zugrunde liegt, ad absurdum und die Bevölkerung an der Nase herum geführt.

    Ich meinerseits hatte mich in einer anderen Angelegenheit bereits im Februar 2020 — also vor bald fünf Jahren — ans Regierungskommissariat gewandt, und zwar ebenfalls mit einer zertifizierten E-Mail. Eine Antwort ist auch diesbezüglich bis heute nicht eingetroffen.

    Zum Glück ist der Versand eines solchen digitalen Einschreibens kostenlos, denn sonst wäre das rausgeschmissenes Geld. Vom Staat verarschen lassen kann man sich jetzt gratis.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05



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  • Absurde Vorwürfe wegen Sanierung der Luegbrücke.

    Die Sanierung der Luegbrücke am Brenner vernebelt offenbar in Südtirol so manchen den Verstand. Kürzlich erhob ein Hotelier sogar den Vorwurf, Österreich wolle Touristinnen absichtlich von Südtirol fernhalten. Zudem nannte er ausgerechnet die Morandibrücke (heute: San-Giorgio-Brücke) in Genua als nachzuahmendes Beispiel, da deren Neubau nur ein Jahr gedauert habe, während die Arbeiten an der Luegbrücke zweieinhalb bis drei Jahre in Anspruch nehmen werden.1gemeint ist die Phase, in der der Verkehr zeitweise nur einspurig fließen wird

    Faktencheck: Zwischen Einsturz der alten und Eröffnung der neuen Brücke in Genua vergingen fast auf den Tag genau zwei Jahre. Die reine Bauzeit betrug rund anderthalb Jahre.

    Nun, es ist nicht zu hoffen, dass mit dem ziemlich missglückten Vergleich der Wunsch verbunden war, man möge doch einfach abwarten, bis die Luegbrücke einstürzt. Um die Arbeiten zu beschleunigen, wäre aber — wenn schon kein unkontrollierter wie in Genua — zumindest ein kontrollierter Einsturz nötig. Ein Totalabbruch mit anschließendem Neubau ist nämlich auch deshalb wesentlich schneller umsetzbar, weil während der Arbeiten kein Verkehr fließt, der schon an sich den Bau behindert, zudem aber auch noch die Logistik verkompliziert und viel stringentere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich macht. Eigentlich ein No-Brainer…

    Manchen Touristikerinnen — aber sicher nicht den Frächtern — wäre es ja vielleicht tatsächlich lieber, wenn der Verkehr über den Brenner vollständig zum Erliegen käme, dafür aber »nur« für ein Jahr (wobei es jedoch in Genua, wie gesagt, zwei Jahre waren). Die Zeit ließe sich dann ja für die eine oder andere qualitative Erweiterung nutzen.

    Die Luegbrücke, die übrigens als längste Brücke der A13 fast doppelt so lang wie die San-Giorgio-Brücke ist und auf besonders instabilem Gelände steht, soll zudem gar nicht während dem gesamten Zeitraum von voraussichtlich zweieinhalb bis drei Jahren einspurig2also eine Spur pro Fahrtrichtung befahrbar sein. Allein 2025 sind 180 Tage mit zweispuriger Verkehrsführung angekündigt — das ist im Durchschnitt fast jeder zweite Tag.

    Wenn die Strecke für die Hälfte der Zeit zwei- und für die andere Hälfte der Zeit einspurig befahrbar ist, kann sie insgesamt — wiewohl verlangsamt — rund 75 Prozent des Verkehrs führen. In Genua stand der Verkehr für knapp zwei Jahre still.

    Welches Interesse Österreich haben sollte, Südtirol vom Verkehr abzuschneiden, ist mir sowieso unverständlich. Zwar nicht in demselben Ausmaß wie Gäste aus dem Norden für Südtirol, aber trotzdem stellen auch die Italienerinnen eine wichtige Gästegruppe in Nordtirol dar — und die haben dann genau dieselben Zufahrtmöglichkeiten wie die Touristinnen, die nach Südtirol wollen. Mit einer unnötigen Verkehrsbehinderung würde man sich also auch ins eigene Fleisch schneiden.

    Anstatt immer nur zu pöbeln und sich dabei lächerlich zu machen, könnten sich Wirtschaftstreibende in Südtirol ja auch einmal Fragen, was sie selbst — und zwar konkret — zur Verkehrminderung und somit neben der Entlastung der Autobahn auch zum Klima- und Gesundheitsschutz beitragen können. Seit Jahrzehnten steigen sowohl die Gästezahlen als auch der Lkw-Transitverkehr. Die Folgen eines überhitzten Geschäftsmodells, das längst ein erträgliches Ausmaß überschritten hat, per Aufhebung der Transitbeschränkungen noch mehr als bisher auf die Allgemeinheit abzuwälzen, halte ich jedenfalls für keinen akzeptablen Vorschlag.

    Derzeit habe ich aber ohnehin den Eindruck, dass die Wehleidigkeit der Wirtschaftslobbys öfter zu Schlagzeilen geführt hat als Berichte über tatsächliches Verkehrschaos am Brenner.

    Cëla enghe: 01 02 03

    • 1
      gemeint ist die Phase, in der der Verkehr zeitweise nur einspurig fließen wird
    • 2
      also eine Spur pro Fahrtrichtung


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  • Bald auch kein Rechnungshof mehr?
    Ausgezuzelte Autonomie

    Während die Wiederherstellung der beschnittenen Zuständigkeiten kaum vom Fleck kommt und die italienischen Rechtsparteien im Gegenzug eine Schwächung des Minderheitenschutzes fordern, steht die Autonomie schon wieder unter Beschuss. So schwebt der italienischen Regierung von Giorgia Meloni (FdI) offenbar eine Zentralisierung der Rechnungshöfe vor, der unter anderem auch die Sitze von Bozen und Trient zum Opfer fallen würden. Der für Südtirol zuständige Rechnungshof wäre dann jener in Venedig. Dieses Ansinnen widerspricht einer 1988 erlassenen Durchführungsbestimmung (DFB) zum Autonomiestatut und würde den Rechnungshof sowohl der Zweisprachigkeitspflicht als auch dem Proporz entziehen. Darüber hinaus müssten sich Südtirolerinnen, die sich vor dem Rechnungshof zu verantworten haben, jedes Mal nach Venedig begeben.

    Je mehr Infrastruktur abgezogen wird, desto mehr verkommt Südtirol zur Peripherie. Nicht zuletzt gehen qualifizierte Arbeitsplätze verloren.

    Wie hierzulande zudem die Kontrolltätigkeit aussehen soll, wenn keinerlei deutsche Sprachkompetenzen mehr vorhanden sind, erscheint zudem fraglich.

    SVP-Senator Meinhard Durnwalder sagt laut Rai Südtirol, dass eine Verfassungsbeschwerde gegen die Missachtung einer DFB voraussichtlich erfolgreich wäre. Doch erstens kann man sich bei der zentralistischen Rechtssprechung des italienischen Verfassungsgerichts nie sicher sein und zweitens muss sich Südtirol dann wieder einmal Monate oder gar Jahre lang mit der (auch nicht kostenlosen) Abwehr eines Rückschritts befassen, anstatt endlich an Fortschritten in Richtung mehr Eigenregierung zu arbeiten.

    Bestenfalls ist das also ein stillstandsfördernder Zeit- und Energieverlust.

    Cëla enghe: 01 02 03



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  • In Canada ora guardano anche quanti francofoni emigrano.

    Per stabilizzare e far crescere le comunità di lingua francese fuori dal Québec, il Canada da tempo ha definito soglie minime d’immigrazione francofona — una sorta di proporzionale linguistica —, che recentemente sono anche state sensibilmente elevate. Fondamentalmente, la percentuale di persone di lingua francese nella popolazione immigrante ora dev’essere maggiore che nella popolazione residente.

    Ma ciò non basta: grazie a un’analisi commissionata dall’Istituto per la cittadinanza canadese si è ora scoperto che gli immigrati francofoni tendono a lasciare il paese in misura nettamente maggiore rispetto a quelli anglofoni e agli alloglotti, il che contribuisce al declino delle comunità di lingua francese. A lungo termine, ben il 35% dei francofoni immigrati lasciano il Canada, anche se, indipendentemente dalla lingua, il maggior numero di quelli che tornano all’estero lo fanno nei primi 2-5 anni.

    Gli autori del rapporto giungono alla conclusione che oltre ad attrarre immigrazione francofona, bisognerà lavorare per migliorare la «capacità di ritenzione», onde fermare l’esodo di queste risorse così importanti per le comunità minoritarie. E l’Istituto per la cittadinanza canadese chiede che in futuro, oltre al numero di coloro che arrivano, si guardi anche al numero di quelli che rimangono.

    Dal Ministero federale dell’immigrazione hanno già fatto sapere che studieranno con attenzione i risultati della ricerca e sono pronti a discutere di eventuali contromisure. Saranno analizzate anche le differenze tra le varie province, per capire perché in alcune di loro gli immigrati di lingua francese sono più propensi a rimanere che in altre, in modo da capire se esistano delle buone pratiche replicabili anche altrove.

    C’è già comunque chi propone che le quote di ritenzione dell’immigrazione francofona vengano rilevate annualmente e che se ne tenga conto, automaticamente, nella definizione delle soglie minime di immigrati che parlano il francese: più francofoni lasciano il paese, più elevato dovrà essere il numero di nuovi immigrati che parlano la lingua di Molière.

    Tutto questo mentre in Sudtirolo la contrazione dei gruppi linguistici tedesco e ladino non sembra interessare nessuno.



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  • Lungodegenti, fondamentale la concordanza linguistica.

    A metà novembre, l’università di Ottawa, in Canada, ha pubblicato i risultati di una ricerca sulla «concordanza linguistica e culturale» in ambito sanitario, effettuata retrospettivamente su un vasto campione di pazienti su un periodo di quasi 10 anni. Analizzando la situazione di 198.729 residenti in strutture per lungodegenti nella provincia — a maggioranza anglofona — dell’Ontario, i pazienti di madrelingua francese dimostrano una probabilità più elevata del 15% di vedersi somministrare inappropriatamente degli antipsicotici, rispetto a chi è di madrelingua inglese. Tale valore supera perfino quello dei pazienti alloglotti, la cui probabilità è «solo» dell’11% superiore a quella degli anglofoni. Gli antipsicotici si caratterizzano per degli effetti collaterali significativi (perdita di equilibrio con rischio di cadute, diabete, malattie cardiovascolari ecc.), per cui non vengono solitamente prescritti con leggerezza.

    Pur trovandosi in una provincia in cui i francofoni non arrivano al 5% della popolazione totale, secondo la ricerca il 58,7% dei pazienti di lingua francese riceveva i servizi medici nella propria lingua. Altrimenti con ogni probabilità le somministrazioni inappropriate sarebbero state molte di più.

    La concordanza linguistica tra pazienti e chi li cura è ormai riconosciuta come un fattore sociale essenziale per la salute e la buona riuscita delle terapie. Le barriere linguistiche invece rappresentano un vero e proprio pericolo di vita.

    In Sudtirolo i dati disponibili confermano che i pazienti di madrelingua tedesca — e, verosimilmente, ancor più quelli di lingua ladina — incontrano difficoltà crescenti a farsi curare nella propria lingua, il che può avere conseguenze fatali.

    Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 07



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  • Statuto, scambio a danno delle minoranze.
    Quotation

    Il negoziato in corso sulla revisione dello Statuto è impostato in modo da acquisire alcuni obiettivi determinati: il ripristino delle competenze erose dalla giurisprudenza centralista della Corte costituzionale, l’attribuzione di nuove competenze, l’introduzione del requisito della previa intesa delle autonomie per evitare che future revisioni possano essere adottate unilateralmente e imposte dal Parlamento.
    Dei tre obiettivi, quest’ultimo è il più difficile da conseguire. Le nuove competenze a vantaggio dell’autonomia territoriale (quindi di tutti) sembrano essere entrate in una logica di scambio a vantaggio formale del gruppo linguistico italiano, la cui rappresentanza politica conferma tutta la miopia istituzionale della destra e la difficoltà di un autentico riscatto dalle proprie tristi origini.

    da La chimera del terzo statuto, contributo apparso oggi sull’edizione sudtirolese del Corriere a firma di Roberto Toniatti, emerito di Diritto costituzionale all’Università di Trento

    Proprio così. L’estrema destra italiana chiede vantaggi unilateralmente a favore del gruppo linguistico italiano (maggioranza nazionale, peraltro in crescita), a svantaggio delle minoranze linguistiche — in cambio di competenze che vanno a vantaggio di tutti.

    Cëla enghe: 01 02 03 04



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