Mit Project 2025 werden die liberalen USA in eine Autokratie umgebaut
Der US-amerikanische Historiker Timothy Snyder hat mit einer drastischen Warnung vor dem Project 2025 gewarnt. Eines der Ziele ist die Zerschlagung des Wohlfahrtsstaates, in den USA nicht sonderlich ausgeprägt. Die Ausdünnung der Steuern und der Sozialprogramme spüle der reichen Elite noch mehr Geld in die Kassen, ist Snyder überzeugt.
Seine Analyse von Project 2025 ergab, dass Superreiche nicht besteuert, der Finanzmarkt entgrenzt dereguliert und riesige Spekulationen erleichtert werden, Insiderhandel und sonstiger Missbrauch auf dem Aktienmarkt Spareinlagen gefährden und die Sozialleistungen sowie die Bundeseinrichtungen entsorgt werden.
Keine stabilisierenden Faktoren für eine starke Wirtschaft, befürchtet Snyder. Maßnahmen, davon scheint Donald Trump überzeugt zu sein, die den USA ein goldenes Zeitalter bescheren werden. Maßnahmen, für die es ein triumphales Votum der Bürger:innen gibt, ein Votum, den angeblichen Deep State zu zerschlagen.
Umbau des Staates
Als noch gefährlicher stuft Snyder die »Reformpläne« von Project 2025 für den Umbau des Staates ein. Die konservativen Denker:innen sprechen sich dafür aus, 50.000 der 2,9 Millionen Bundesbediensteten zu entlassen und sie durch handverlesene Vertrauensleute zu ersetzen. Diese 50.000 Bediensteten sollen sich in der ersten Trump-Ära immer wieder gegen Regierungserlässe gestellt haben. Mitläufer:innen sind jetzt erwünscht, befürchtet Snyder. Die öffentliche Verwaltung wird republikanisch, verpolitisiert, aus ihrer Neutralität entlassen. Die Behörde im Dienst des Präsidenten und seiner Partei. Autokratisch, warnt Snyder.
Die Project-Autoren werben für die Selbstverwaltung der Bürger:innen, deshalb die Abschaffung des Verwaltungsstaates, von Ministerien und die Privatisierung öffentlicher Dienste. Fachwissen und Unabhängigkeit der Beamtenschaft ist unerwünscht, deshalb sollen der geschrumpften öffentlichen Verwaltung politische Vertrauensleute vorstehen.
Die weitreichenden Kompetenzen des Kongresses — z.B. Vetos gegen die Regierung — wollen die Project-Macher spürbar beschneiden. Der Kongress künftig als Organ des Durchwinkens. Stattdessen soll die Macht des Präsidenten großzügig ausgeweitet werden.
Auf dem Weg zur Diktatur?
Die soll so weit reichen, dass der Präsident auf der Grundlage des Insurrection Act von 1807 das Militär zur Verfolgung inländischer Straftäter einsetzen und das Justizministerium beauftragen kann, Gegner zu verfolgen. Nur irre Gedankenspiele? Trump kündigte im Wahlkampf an, Joe Biden und seine Familie, Kamala Harris und Barack Obama strafrechtlich verfolgen zu lassen. Im Visier des rachsüchtigen Neo-Präsidenten auch die »radikale Linke« in der Demokratischen Partei.
Trump als Diktator? An seinem ersten Amtstag wolle er Diktator sein, ließ Trump die Öffentlichkeit wissen. Die Project-Pläne und Trumps Diktatorenwunsch passen zusammen. Die Gedankenspiele als Realität. Project 2025 ist ein konkretes Handbuch für die ersten 180 Tage der Präsidentschaft von Donald Trump. In diesen drei Monaten soll weitreichend gestaltet werden.
Blaupause »Project 2025«
Kevin Roberts von der Heritage Foundation bejubelte im Juli 2024 das Urteil des Obersten Gerichtshofs im Fall »Trump gegen die USA«. Die von Trump ernannten Richter entschieden, dass US-Präsidenten vor Strafverfolgung geschützt sind. Es ging um den unverhohlen Aufruf Trumps am 6. Jänner 2021 an seine Anhänger, das Kapitol zu stürmen.
Laut Roberts gewährt dieses Urteil die »Freiheit, Politik zu machen«. Ein Urteil, das eine zweite amerikanische Revolution ermöglicht, schwärmt Roberts, »die unblutig bleiben wird, wenn die Linke es zulässt.«
Project 2025 – Trumps Programm?
Donald Trump versuchte wenig überzeugend, sich von Project 2025 zu distanzieren. Ist ja auch schwierig, die Heritage Foundation und die Republikanische Partei sind eng verbunden. Die Stiftung sponserte den Parteitag im Juli in Milwaukee. Ihre Losung: »Es reicht nicht aus, dass die Konservativen die Wahlen gewinnen.« Es geht um deutlich mehr: »Wenn wir das Land aus dem Griff der radikalen Linken befreien wollen, brauchen wir sowohl ein Regierungsprogramm als auch die richtigen Leute, die bereit sind, dieses Programm am ersten Tag der nächsten konservativen Regierung umzusetzen.«
Es sind allesamt Trump-Leute, die am Projekt mitgeschrieben haben. Russ Vought war Trumps Direktor des Office of Management and Budget, Ben Carson, ehemaliger Trump-Minister für Wohnungsbau und Stadtentwicklung, Ken Cuccinelli, Trumps stellvertretender Minister für das Ministerium für innere Sicherheit und Diana Furchtgott-Roth war stellvertretende Staatssekretärin für Verkehr.
Zu den Autoren zählen auch Christopher Miller, Ex-Minister im Verteidigungsministerium von Trump und Peter Navarro, Trumps Handelsberater im Weißen Haus.
Projektleiter Paul Dans, ein ehemaliger Beamter der Trump-Regierung, sagte im September 2023, dass das Projekt »systematisch darauf vorbereite, ins Amt zu marschieren und eine neue Armee ideologisch ausgerichteter, geschulter und im wesentlichen einer Waffe gleicher Konservativer mitzubringen, welche bereit sind, gegen den Deep State zu kämpfen«.
Von den 34 Autoren wurden 31 von Trump während seiner Zeit als US-Präsident für eine Position in seiner Verwaltung ernannt oder nominiert.
CNN recherchierte, dass mindestens 140 Personen, die in der Trump-Regierung gearbeitet haben, an Project 2025 beteiligt waren.
»Rettet unser Land«
Die Projekt-Betreiber laden Bürgerinnen und Bürger ein, 2025 zu unterstützen, »den Verwaltungsstaat zu dekonstruieren«. Sie erinnern daran, dass mehr als 400 Wissenschaftler und Politikexperten aus der konservativen Bewegung ihr Wissen beigesteuert haben: Ehemalige Abgeordnete und Minister, weltbekannte Ökonomen und ehemalige Mitglieder von vier US-Regierungen.
Zum Anliegen von Project 2025 heißt es: »Dies ist eine Agenda, die von und für Konservative vorbereitet wurde für den ersten Tag der neuen Regierung.«
Donald Trump wird am 20. Jänner 2025 sein Amt antreten und steht vor einer einfachen Wahl, prophezeien die konservativen Denker: »Es ist die letzte Gelegenheit, unsere Republik zu retten.«
Mit der Wahl Trumps und seiner rechten Republikaner stimmten die Bürger:innen gegen die abgehobene Elite in Washington, lautet die republikanische Erzählung. Wie schon in seiner ersten Administration versammelte Milliardär Trump Milliardäre um sich. Es wird in seiner nächsten Regierung nicht anders werden, zwei Milliardäre bereiten bereits den Übergang vor. Da können sich die US-Bürger:innen darauf verlassen, ab dem 20. Jänner wird ein goldenes Zeitalter beginnen.
Serie I II
Siehe auch: Presidential Transition Project; A Promise to America, The right wing wish list, A Guide to Project 2025, Was steckt im Projekt 2025; Was verbirgt sich hinter dem Manifest?
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