Rechtsrechts ist sprachübergreifend homophob
Nuancen trennen Lega, Fratelli d’Italia, Freiheitliche und STF, wenn es gegen »die Ausländer« geht. Reflexartig schieben sie dann immer die Erklärung nach, um ihren Rassismus »abzuschwächen«, wenn es um ausländische Straftäter geht.
Ähnlich interethnisch operieren die Rechtsrechten gegen die Queeren. Die Diskussionen im Vorfeld um die Südtirolo Pride Ende Juni lieferten dafür entsetzliche Kostproben.
Der inzwischen zurückgetretene Bozner Fratelli-Gemeinderat Diego Salvadori geriet wegen der Regenbogenflagge an öffentlichen Gebäuden so in Rage, dass er auf seiner Facebook-Seite deftig lospolterte: »Die Fahne folgt nicht dem Volk, sondern das Volk muss der Fahne folgen. Joseph Goebbels, Propagandaminister des Dritten Reichs«, zitierte der kommunale Meloni-Mann den Chefhetzer des Hitler-Regimes.
Sein Fratelli-Kamerad Marco Galateo, Landesrat und Vize-Landeshauptmann, freute sich laut Salto über diesen Post und likte ihn. Nachträglich distanzierte sich Galateo von seinem like, er sei an der Maus ausgerutscht, äh es sei Tippfehler, ein technischer Fehler. Die AfD-Frontfrau Beatrix von Storch empfahl 2016 den Einsatz von Schusswaffen gegen Flüchtlinge. Später »korrigierte« sie sich, sprach von einem »technischen Fehler«, sie sei auf ihrer »Maus ausgerutscht«. Rutschen an der Maus aus und wollen Staaten regieren.
Galateo gegen das »linke Spektrum«
Galateo verteidigte seinen Bozner Kameraden Salvadori und solidarisierte sich mit ihm. Kommentar der Neuen Südtiroler Tageszeitung: »Ist es die Hitze? Oder provoziert er bewusst?« Galateo stufte die Kritik an Salvadori als eine »Instrumentalisierung« ein. Er werde »von allen Seiten zerrissen, ohne den geringsten Respekt für die menschliche Würde«, hielt Galateo entgegen. Welche menschliche Würde vertreten Salvadori und Galateo gegenüber den Queeren?
Die Kritiker verortete Galateo, der nicht mehr Kreide frisst, im »linken Spektrum«, das beleidige und bedrohe.
In einem Punkt ist Galateo zuzustimmen, bei Pride-Paraden gibt es bedauerlicherweise im Übermaß palästinensische und auch iranische Flaggen, antiisraelische Hetze und antiisraelische Hassreden.
Freiheitliche gegen die Schirmherrschaft
Der neue rechtsrechte Bozner Bürgermeister Claudio Corrarati befeuerte mit seiner Nichtgewährung der Schirmherrschaft für die Regenbogenparade die hitzige Debatte. Diese Entscheidung verdiene Respekt und sei Ausdruck eines liberalen, sachlichen Amtsverständnisses, lobten die Freiheitlichen. Laut Otto Mahlknecht brauche Südtirol keine »aggressive, linke Genderpolitik«, die unter dem »Banner der Vielfalt politische Forderungen« stelle, die mit »liberalem Gedankengut« nichts zu tun haben.
F-Obmann Roland Stauder präzisierte die Kritik an der Regenbogenallianz und an ihrer Forderung nach Freiheit und Liebe. Grundsätzlich nichts Falsches, sagte Stauder auf Rai Südtirol, doch die Pride sei für ihn eine »Mogelpackung«, unter der links-ideologische Inhalte transportiert würden. So sehen es auch der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, sein Männerfreund, der russische Kriegspräsident Wladimir Putin und auch US-Präsident Donald Trump, der das Militär von Queeren »säubern« lässt.
»Kommunistisches Manifest 2.0«
Stauder geht in seiner Fundamentalkritik noch einige Schritte weiter. Aus den Regenbogen-Reihen kommen laut Stauder Forderungen wie Abschiebestopp und »Kampf gegen die weiße Vorherrschaft«, für ihn nicht anderes als ein »kommunistisches Manifest 2.0«.
In den USA sind es Kirchen, die vehement gegen die Abschiebung angeblicher und tatsächlicher illegaler Migranten protestieren, liberale Demokraten, die für demokratische Teilhabe der »Farbigen« werben und den Völkermord an den amerikanischen Indianern aufarbeiten wollen. Was ist daran kommunistisch?
Und Stauder zieht noch eine rote Linie: Die Queeren tragen ihre Ideologie in die Schulen, nicht Freiheit und Liebe, sondern Linksideologisches und das berüchtigte »kommunistische Manifest 2.0«. Stauder sieht homosexuelle Umtriebe an den Schulen, Angriffe auf die zwei Geschlechter männlich und weiblich, mit dem Ziel Geschlechtsumwandlung.
»Der Schutz der Kinder geht vor«, bekräftigte Stauder auf Rai Südtirol und warnte vor medizinischen Eingriffen bei Jugendlichen in der Pubertät. Das klingt so, als ob an Südtirols Schule medizinische Eingriffe bei Jugendlichen vorgenommen würden. Hä?
Männer im pinken Bikini
Sven Knoll von der Süd-Tiroler Freiheit überholt in seinen Attacken Roland Stauder ganz weit rechts. Er empfindet die Regenbogenflagge an öffentlichen Gebäuden als eine Provokation, wie Galateo und Salvadori auch. Diese Flagge sei ideologisch aufgeladen und würde viele Bürger vor den Kopf stoßen. Ihn stören nicht die Werte wie Gleichberechtigung oder Nichtdiskriminierung, gibt sich Knoll liberal, sondern die klare »ideologische Botschaft«.
Geht’s genauer? Knoll stören die politischen Forderungen — ähnlich wie Stauder — die unter dieser Flagge mittransportiert werden. Diese angeblichen politischen Forderungen packt Knoll in einen Satz, nachzulesen in der Neuen Südtiroler Tageszeitung: »Wie will man den Menschen erklären, dass da Männer im pinken Bikini auftreten?« Da muss ja das Abendland zusammenbrechen.
Zurück zum Ausgangspunkt, zur Regenbogenflagge. Vize-Landeshauptmann Galateo findet sie »spaltend und nicht inklusiv«. Und eine weitere Erklärung fügte er dazu an:
Ehrlich gesagt glaube ich, dass eine Flagge weder für mich noch für die Personen, die sie repräsentiert, etwas ändert. Die Menschen haben andere Probleme: Sicherheit, Lebenshaltungskosten, Wohnkosten, Arbeit. Eine Flagge dient nur dazu, das eigene Gewissen reinzuwaschen.
– Marco Galateo (FdI)
Seine Flagge, die Trikolore eint also, ist inklusiv? Das Hissen der Fahne oder das Tragen der Trikoloreschleife ändert etwas? Also sie sorgt für Sicherheit, senkt Lebenshaltungs- und Wohnkosten und gibt Arbeit? Dem wird wohl nicht so sein. Um nochmals Galateo zu Wort kommen zu lassen: »Eine Flagge dient nur dazu, das eigene Gewissen reinzuwaschen.«
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