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Lokalwahl: Erdrutschsieg für Sinn Féin.
Nordirland

Zum ersten Mal überhaupt errang die irisch-republikanische Sinn Féin diese Woche bei Lokalwahlen in Nordirland die meisten Sitze — und ist somit sowohl im Landesparlament (seit 2022) als auch in den elf Verwaltungsbezirken stärkste Partei. Die jetzt erzielten Zugewinne sind spektakulär: von 23,2% in 2019 legte die Partei um gut ein Drittel auf 30,9% (+7,7 Punkte) zu. Die Anzahl ihrer Sitze erhöhte sich von insgesamt 105 um 39 auf nunmehr 144, womit sie die unionistische DUP (mit unverändert 122 Sitzen) deutlich hinter sich ließ.

Die sozialdemokratische Sinn Féin, die sowohl in Nordirland als auch in der angrenzenden Republik vertreten ist, tritt für die Wiedervereinigung der beiden Landesteile ein. Dass die Stimmung auch in der Bevölkerung in diese Richtung gekippt ist, bringen Beobachterinnen unter anderem mit dem Brexit und den langwierigen Verhandlungen um den Status von Nordirland in Verbindung. Zudem boykottiert die unionistische DUP seit den Wahlen zum Landesparlament vom Mai 2022 die Regierungsbildung und bringt somit — aus Protest gegen das Handelsabkommen mit der EU — faktisch die gesamte Landespolitik zum Erliegen. Die Macht, dies zu tun, verleiht ihr die besondere Gesetzeslage in Nordirland, die eine Zusammenarbeit zwischen unionistischen und republikanischen Kräften nach dem Konkordanzprinzip vorschreibt.

Bei den soeben abgehaltenen Lokalwahlen konnten die Kräfte, die eine Wiedervereinigung des Nordens mit Restirland wünschen, insgesamt 185 (+16) und die unionistischen Parteien 177 (-23) Mandate erringen.

Ein Plus von 14 Sitzen verzeichnete außerdem die liberale APNI, die fortan 67 Rätinnen stellt, während die Grünen in Nordirland1ein Ableger der irischen Grünen von 7 auf 5 (-2) Sitze schrumpften. Zur territorialen Zugehörigkeit äußern sich APNI und Grüne nicht, weil sie die Bevölkerung darüber in einem allfälligen Referendum frei entscheiden lassen möchten.

Als besonders überraschend strichen Medien und politische Beobachterinnen nicht nur das Ausmaß der Zugewinne der Sinn Féin hervor, das so nicht vorhergesagt worden war, sondern insbesondere die Tatsache, dass sie Durchbrüche auch in Gebieten verzeichnen konnte, in denen traditionell das unionistische Lager stark war.

Die Abstimmung über eine Wiedervereinigung mit dem Rest der Insel steht Nordirland übrigens aufgrund des sogenannten Karfreitagsabkommens zu.

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    ein Ableger der irischen Grünen
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Autorinnen und Gastbeiträge

Wann wird Schottland unabhängig?

Im Jahr 1998 hat Schottland über die Gesetzgebung zur Dezentralisierung (Devolution) sein eigenes Parlament zurückerhalten, das in einem breiten Feld von Zuständigkeiten legislativ tätig ist und die schottische Regierung wählt. Auch wenn nirgendwo im britischen Recht so definiert, verfügt Schottland damit aus verfassungstheoretischer Sicht über Territorialautonomie innerhalb des Vereinigten Königreichs. Autonomie ist im Falle Schottlands zumindest aus der Sicht eines großen Teils der Bevölkerung nur eine Übergangslösung. Es ist unumstritten, dass Schottland eine eigene Nation in freiwilliger Union mit England ist und somit nicht nur moralisch das Recht auf Selbstbestimmung beanspruchen kann: »Die Mehrheit der schottischen Bevölkerung,« schreibt Roland Sturm (APuZ Nr.12-13/2023, 26, Bundeszentrale für politische Bildung), »fühlt sich in erster Linie als ‚schottisch‘, was durch den eigenen Kommunikationsraum, ein eigenes Gesundheits-, Bildungs- und Rechtssystem, eine eigene Nationalkirche und viele weitere schottische Besonderheiten auch im Alltag beständig Bestätigung findet.« Beim Referendum vom 18. September 2014 haben die schottischen Wähler und Wählerinnen bei einer historisch hohen Wahlbeteiligung von 85 Prozent mit 55 Prozent gegen die Auflösung der seit 1707 bestehenden Union mit England gestimmt. Wie geht es mit der schottischen Autonomie und den Unabhängigkeitsbestrebungen des Landes weiter?

Neuer Auftrieb für Unabhängigkeit durch den Brexit

Die seit Langem von der Scottish National Party (SNP) geforderte Unabhängigkeit hat die Wählerschaft zwar 2014 abgelehnt. Doch beim Brexit-Referendum im Juni 2016 hat Schottland den EU-Austritt des Vereinigten Königreichs mit der deutlichen Mehrheit von 62% abgelehnt. Der dann vollzogene Brexit hat für das Land eine neue Situation geschaffen. Schottland sei gegen seinen Willen zum Austritt aus der EU gezwungen worden, so Ex-Regierungschefin Sturgeon. Allerdings erzeugte das EU-Referendum auch »Konfliktlinien, die quer zur Skala Nationalismus-Unionismuslagen« (Sturm, APuZ, 28) verläuft, denn ein Teil der SNP-Wähler würde es vorziehen, mit England außerhalb der EU zu bleiben oder ein anderes Verhältnis anzustreben. Die Zahl der Unabhängigkeitsbefürworter unter den Schotten stieg trotzdem deutlich an und bei Umfragen spricht sich seit 2019 regelmäßig um oder über die Hälfte der Befragten für die Loslösung vom Vereinigten Königreich aus.

Mehr Eigenständigkeit, sprich Autonomierechte innerhalb des Vereinigten Königreichs, hat Schottland nach 2016 auch nicht erhalten. Obwohl den Schotten nach dem Unabhängigkeitsreferendum von 2014 der Ausbau der bestehenden Autonomie versprochen worden war, ist es dazu nicht gekommen. Zudem hat sich London zwar seine Kompetenzen aus Brüssel zurückgeholt, diese aber nicht gemäß Devolution-Konzept an die autonomen Länder Wales, Nordirland und Schottland weitergegeben.

Die SNP forderte daraufhin ein zweites Unabhängigkeitsreferendum. Regierungschefin Sturgeon setzte 2022 diese Abstimmung schon für den Oktober 2023 an, was von der Tory-Regierung in London dezidiert abgelehnt wird. Die Konservative Partei (im Englischen: Conservative and Unionist Party) steht in Schottland nicht von ungefähr seit Langem auf verlorenem Posten, verkörpert sie doch das Festhalten an der schottisch-englischen Staatseinheit. Die Dauerherrschaft der Konservativen in London wirkt für die schottische Bevölkerung geradezu als permanente Abschreckung von der britischen Politik als solcher. Bezeichnenderweise war der Spruch »No more Tory governments – ever« der beliebteste Wahlslogan der Unabhängigkeitsbewegung. Auch die Labour Party, die bei den Wahlen zum Unterhaus 2010 noch 41 der 59 Schottland zustehenden Sitze errungen hatte, wird inzwischen nur mehr als »unionistisch« wahrgenommen. Die große Mehrheit der Schotten wählt seit 2007 die SNP, die sich auch bei den Kommunalwahlen von 2022 als weitaus stärkste Partei behaupten konnte.

Wie geht es weiter?

Erklärtes Ziel der SNP bleibt weiterhin ein zweites Unabhängigkeitsreferendum (Indyref 2). Dieses bedarf der Zustimmung der britischen Regierung in London. Boris Johnson und Liz Truss lehnten dieses Ansinnen ab, und auch der aktuelle Premierminister Sunak hält ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum für eine »ziemlich dumme Idee« (Sturm, APuZ, 27). Die Konservativen stehen auf dem Standpunkt, die Schotten hätten 2014 ihre Chance gehabt und dieses Votum habe jetzt für mindestens eine Generation zu gelten. Für die SNP ist der Anspruch auf Unabhängigkeit hingegen durch den aufgezwungenen EU-Austritt noch legitimer geworden.

Inzwischen hat das britische Höchstgericht die Forderung des schottischen Parlaments nach Abhaltung eines zweiten Referendums eine Absage erteilt. Es habe nicht das Recht, über die Abhaltung eines solchen Referendums abzustimmen (Sturm, APuZ, 30). Daraufhin kündigte Regierungschefin Sturgeon im Juni 2022 an, dass die SNP die nächste Parlamentswahl (regulär abzuhalten spätestens Anfang 2025) zu einem De-facto-Referendum über die Unabhängigkeit machen wolle. Mittlerweile ist Sturgeon zurückgetreten, doch auch ihr Nachfolger Humza Yousaf steht für dieses Oberziel schottischer Politik: »Niemand soll daran zweifeln: wir sind die Generation, die Schottlands Unabhängigkeit erreichen wird,« sagte der 37jährige Muslim, der einer ethnischen Minderheit angehört (NZZ, 30.3.2023).

Die große Mehrheit der politischen Vertreter und vermutlich auch der Bevölkerung Schottlands will die staatliche Eigenständigkeit, um der langfristigen politischen Grundorientierung der schottischen Bevölkerung gerecht zu werden, und um ein anderes Gesellschaftsmodell zu verwirklichen. Schottland sieht sich in enger Verwandtschaft mit den skandinavischen Sozialstaatsmodellen und steht seit Jahrzehnten in Konflikt mit den in Westminster regierenden Mehrheiten. Die Devolution, also Territorialautonomie, ist in Schottland an ihre Grenzen gestoßen, denn ein umfassendes Ausmaß an politischer Selbstbestimmung in allen wichtigen Bereichen einschließlich der Außen- und Sicherheitspolitik sowie der Mitgliedschaft in supranationalen Organisationen kann Autonomie eben nicht bieten. Dazu gesellt sich die schottische Präferenz für die Mitgliedschaft in der EU, die das Vereinigte Königreich endgültig verlassen hat.

In Schottland geht es um einen grundsätzlichen Selbstbestimmungsanspruch einer historisch gewachsenen Gemeinschaft, die sich in vielfacher Weise von der Mehrheit des Vereinigten Königreichs fremdbestimmt fühlt. Die 1998 gewährte Territorialautonomie kann diesen Anspruch nicht mehr erfüllen. Aus der vom Staatsverständnis des Vereinigten Königreichs abgeleiteten Notwendigkeit der demokratischen Legitimation der »Vereinigung« steht dem schottischen Volk als Träger dieses Rechts die freie Entscheidung darüber zu. Es hängt wohl von den Mehrheitsverhältnissen in London ab, ob Schottland das Recht auf eine zweite Volksabstimmung zur Loslösung vom Vereinigten Königreich erhält. Territorialautonomie hat eben auch Grenzen. Schottlands Vorteil in dieser geschichtlichen Phase ist, dass Großbritannien das Recht der Schotten auf Selbstbestimmung grundsätzlich anerkennt. Eine weitere Volksabstimmung scheint nur mehr eine Frage der Zeit zu sein.

Beitrag auch auf GfbV Voices veröffentlicht.

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Schottisches Unabhängigkeitsreferendum angesetzt.

In einer Rede an die Abgeordneten des schottischen Parlaments gab Regierungschefin Nicola Sturgeon (SNP) heute bekannt, dass sie die Abhaltung des zweiten Unabhängigkeitsreferendums am 19. Oktober 2023 festgesetzt habe. Die Fragestellung werde dieselbe sein wie beim Referendum von 2014 und die Befragung solle beratenden Charakter haben.

Das entsprechende Gesetz sei unmittelbar zur Klärung der Zuständigkeitsfrage freiwillig an den Supreme Court weitergeleitet worden, da es die Zentralregierung in London bislang abgelehnt hatte, wie beim ersten Referendum in Verhandlungen zu treten.

Dabei gab sich Sturgeon kämpferisch und erklärte, dass eine allfällige Abweisung des Vorhabens bei Gericht bezeugen würde, dass die Union mit England keine freiwillige sei. Die nächste Wahl zum schottischen Parlament werde dann (quasi nach katalanischem Vorbild) zu einem De-facto-Referendum über die Gründung eines eigenen Staates.

Sie wies außerdem darauf hin, dass das erste Unabhängigkeitsreferendum, genauso wie die Abstimmungen über die Devolution und zum Brexit, ebenfalls nicht bindend war. Falls die schottische Bevölkerung am 19. Oktober 2023 für die Eigenstaatlichkeit stimmen würde, müssten in London und Edinburgh nachträglich die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden.

Die Co-Vorsitzende der schottischen Grünen, Lorna Slater, begrüßte den Schritt mit den Worten, dass der Wille der schottischen Bevölkerung umzusetzen sei. Dabei gab sie ihrer Überzeugung Ausdruck, dass die Mehrheit im Land für die Gründung eines neuen Staates in Europa stimmen werde.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 | 1› 2›

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Sinn Féin gewinnt historische Nordirlandwahl.

Am 5. Mai haben vorgezogene Wahlen zur Erneuerung der nordirischen Versammlung stattgefunden. Dabei konnte mit Sinn Féin erstmals seit Gründung des Landesparlaments (1998) eine Partei die Wahl gewinnen, die sich für die Wiedervereinigung des britischen Landesteils mit der Republik Irland (Éire) einsetzt — eine Option, die Nordirland auf Grundlage des sogenannten Karfreitagsabkommens offensteht.

Nach dem Wahlsieg steht Sinn Féin der Posten der Regierungschefin zu, während die stärkste unionistische Partei Democratic Unionist Party (DUP) Anspruch auf das Stellvertreteramt hat.

Die jetzige Wahl war nötig geworden, da der Erste Minister Paul Givan (DUP) am 3. Februar 2022 aus Protest gegen das Nordirland-Protokoll zurückgetreten war, das Sonderregeln aufgrund des Brexit beinhaltet. Nordirland hatte es mehrheitlich abgelehnt, die EU zu verlassen.

Als drittstärkste Kraft ging am 5. Mai die liberale und überkonfessionelle Alliance Party aus den Urnen hervor. In Bezug auf die staatliche Zugehörigkeit von Nordirland vertritt sie keine eigene Position. Programmatisch unterstützt sie die Aufrechterhaltung des Vereinigten Königreichs mit Großbritannien, bis die nordirische Bevölkerung mehrheitlich eine Wiedervereinigung mit der Republik Irland beschließt.

Insgesamt zählen sich im neugewählten, 90 Sitze umfassenden Parlament 37 Abgeordnete zu den Unionistinnen, die einen Verbleib im heutigen Staatenverbund befürworten, während 35 Abgeordnete der Republik im Süden der Insel beitreten möchten. Die übrigen 18 ordnen sich offziell nicht zu, wenngleich manche aus ihren Präferenzen keinen Hehl machen.

Ob eine Regierungschefin aus dem Lager des Sinn Féin tatsächlich der erste Schritt in Richtung Wiedervereinigung wird, wie manche behaupten, wird sich zeigen. Zunächst stehen allerdings schwierige Verhandlungen zur Regierungsbildung bevor, die die DUP so lange hinauszögern will, bis es eine Lösung für das Northern Ireland Protocol gibt.

Die 1905 gegründete linke Sinn Féin ist die einzige bedeutende Partei, die sowohl in der Republik Irland als auch in Nordirland verteten ist.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6 | 1›

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EU-Parlament hebt Immunität von Puigdemont, Ponsatí und Comín auf.

Sie werden von der spanischen Justiz verfolgt, weil sie für das katalanische Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017 (mit-)verantwortlich sind: der ehemalige katalanische Präsident Carles Puigdemont und seine damaligen Ministerinnen Clara Ponsatí und Toni Comín (alle JxC). Alle drei sind inzwischen Mitglieder des EU-Parlaments und genießen deshalb parlamentarische Immunität. Jedenfalls war das bis gestern so, als das Plenum mehrheitlich für die Aufhebung dieses Schutzes stimmte.

Linke und Grüne sprachen sich dagegen aus — EVP, Sozialistinnen und Liberale befürworteten die Aufhebung der Immunität. Die Abstimmung selbst war aber geheim.

Vorangegangen war ein Verfahren, das das EU-Parlament noch einiges an Glaubwürdigkeit kosten könnte, da sich der zuständige Rechtsausschuss — in dem spanische Abgeordnete überrepräsentiert sind — mehrere grobe Unregelmäßigkeiten leistete: Unter anderem sickerten »geheime« Unterlagen des Berichterstatters und bulgarischen Rechtspopulisten Angel Dzhambazki vorzeitig an die Öffentlichkeit. Im Fall von Clara Ponsatí stimmte der Ausschuss sogar über falsche Tatbestände ab, die Unterlagen wurden nachträglich korrigiert. Und die Auffassung, wonach die Immunität nur für während der Amtszeit begangene Vergehen gelte, steht auch noch in klarem Widerspruch zu offiziellen Parlamentsgutachten (‹1 S. 19f. und ‹2 ).

Puigdemont, Ponsatí und Comín könnten nun eine Überprüfung des Verfahrens durch den EuGH beantragen.

Ohnehin ist eine Auslieferung der drei an Spanien alles andere als ausgemacht: darüber wird nun die Justiz in Belgien und Schottland zu befinden haben. Erstere hat bereits die Auslieferung von Lluís Puig abgelehnt und sich dabei unter anderem auf die UNO sowie auf die Verletzung der Unschuldsvermutung berufen. Die für Clara Ponsatí zuständige schottische Justiz ist seit dem Brexit erst gar nicht mehr an Europäische Haftbefehle gebunden. Dadurch wird die Prozedur erschwert.

Es ist und bleibt also spannend. Für die EU ist die Aufhebung der Immunität und die Art, wie sie erfolgt ist, aber ein abermaliges Armutszeugnis.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 | 1› 2› 3› 4› 5›

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Schottland ist draußen.
Mitgehangen…

Mitternacht hat das Vereinigte Königreich die EU nach einer Übergangsphase endgültig verlassen. Den Brexit hatte die Mehrheit der Abstimmenden am 23. Juni 2016 befürwortet, er hätte eigentlich schon 2019 vollzogen sein sollen.

Allerdings hatten sich bei dem Referendum in Schottland (62%), Nordirland (55,8%) und Gibraltar (95,9%) jeweils Mehrheiten für einen Verbleib ausgesprochen, die darüberhinaus klarer waren, als das Gesamtergebnis für den Brexit (51,9%).

Sie alle wurden nun gegen ihren demokratischen Willen aus der Europäischen Union gerissen. Selten zeigt sich Fremdbestimmung in sogenannten westlichen Ländern so punktuell und folgenschwer, wie mit dem heute in Kraft getretenen Austritt. Doch täglich sind Regionen, denen keine Möglichkeit eingeräumt wird, sich aus einem Staatsverband auszuklinken, in irgendeiner Form davon betroffen.

Schottland hatte 2014 zwar die Chance, sich auf demokratischem Wege vom Vereinigten Königreich zu trennen. Damit wäre es heute wohl noch Teil der EU. Damals jedoch war gerade der Verbleib in der Union mit England-Wales und Nordirland als Garantie für den Fortbestand der EU-Mitgliedschaft verkauft worden.

Zwar möchte die schottische Regierung schon seit Jahren ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum in die Wege leiten, die Zentralregierung in Westminster zeigt sich diesmal jedoch wenig kooperativ. Auch darüber, ob sie entscheiden dürfen, dürfen die Schottinnen nicht selbst befinden. Als wichtiger Stimmungstest und ernstzunehmendes Druckmittel wird die am 6. Mai stattfindende Wahl zum schottischen Parlament angesehen. Gewinnen die Eigenstaatlichkeitsbefürworterinnen von SNP und Grünen, steigen wohl auch die Chancen auf ein Referendum.

Zum Jahreswechsel hat Regierungschefin Nicola Sturgeon (SNP) via Twitter die optimistische Botschaft abgesetzt, Schottland werde »bald zurück sein«, Europa solle »das Licht anlassen«.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5

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Welche Pässe in Nordirland?

Im Zusammenhang mit dem in der Nacht auf gestern vollzogenen Brexit rücken auch wieder jene Gebiete stärker in den Fokus der internationalen Aufmerksamkeit, die sich eigentlich für einen EU-Verbleib ausgesprochen hatten: Gibraltar, Schottland oder Nordirland.

Dabei haben aufgrund des sogenannten Belfast- oder Karfreitagsabkommens (1998) die meisten Nordirinnen — ausschlaggebend ist der Geburtsort — neben der britischen Anrecht auf die Staatsbürgerinnenschaft der irischen Republik. So können sie, auch wenn das Gebiet, in dem sie wohnen, nicht mehr Teil der EU ist, weiterhin EU-Bürgerinnen bleiben.

Diesbezüglich ist es (gerade aus Südtiroler Sicht) interessant, die verfügbaren Zahlen zu betrachten, wiewohl die aktuellste Erhebung 2011 durchgeführt wurde. Demzufolge hatten damals 60,7% der in Nordirland ansässigen Menschen, die auch dort geboren waren, einen UK-Pass, 21,0% einen irischen, 19,9% gar keinen und 0,4% einen anderen.

Rechnerisch ergibt dies, dass nur 2% über zwei Pässe verfügten. Allerdings könnten deutlich mehr Menschen zwei Staatsbürgerinnenschaften innehaben — worüber derzeit allerdings keine genauen Daten vorliegen.

Betrachtet man die Gesamtzahl britischer und irischer Pässe als Bezugsmenge, ergibt sich ein Verhältnis von 74,3% britischen zu 25,7% irischen Pässen.

Es steht zu vermuten, dass der Run auf den irischen Pass (und auf die irische Staatsbürgerinnenschaft) nach dem Brexit-Entscheid von 2016 einen starken Aufwärtstrend erlebt hat. Diesbezüglich wird es also interessant sein, die Daten von 2011 mit denen der neuen Volkszählung 2021 zu vergleichen.

Unter dem wichtigen Vorbehalt, dass es in einem Fall um Pässe und im anderen um Staatsbürgerinnenschaften geht, kann auch eine Gegenüberstellung mit der sogenannten Doppelpassumfrage in Südtirol (Apollis) angestellt werden: Hierzulande gaben 12% (D: 13% – L: 12% – I: 9%) der Befragten an, die österreichische Staatsbürgerinnenschaft, falls sie dazu berechtigt wären, »auf jeden Fall« annehmen zu wollen, 22% (D: 23% – L: 37% – I: 17%) würden sie hingegen »unter Umständen« annehmen.

Dies war damals als großes Desinteresse bezeichnet worden.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 | 1›

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Ponsatí wird Europaabgeordnete.

Die ehemalige katalanische Bildungsministerin Clara Ponsatí (JxC) wurde jetzt von der zentralen Wahlkommission (JEC) in Spanien offiziell zu einer von fünf Nachrückerinnen ernannt, die ins EU-Parlament einziehen werden, sobald in demnächst der Brexit vollzogen sein wird. Nach wie vor vertritt die JEC die Auffassung, dass Ponsatí nach Madrid reisen müsste, um einen Schwur auf die spanischen Verfassung zu leisten, obschon der EuGH vor wenigen Wochen in den Fällen von Oriol Junqueras (ERC), Carles Puigdemont (PDeCAT/JxC) und Toni Comín (JxC) ausdrücklich das Gegenteil festgestellt hatte.

Sobald also die Abgeordneten des Vereinigten Königreichs ihr Amt aufgrund des EU-Austritts verlieren, wird Ponsatí — die derzeit in Schottland lebt, wo sie auch eine Professur innehat — wie schon zuvor ihre männlichen Kollegen aus der ehemaligen Regierung Puigdemont ihr Mandat aufnehmen können. Schon mit der nun erfolgten Proklamierung genießt sie jedoch Immunität, wie der EuGH in dem wegweisenden Urteil zu Oriol Junqueras ebenfalls entschieden hatte.

Die spanische Justiz wird dann wohl auch in ihrem Fall, wie schon bezüglich Puigdemont und Comín, die Aufhebung des parlamentarischen Schutzes beantragen.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 | 1›

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