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Grüne: 2×10 mit BBD.

Die Südtiroler Grünen haben unter dem Motto »10×10 Ideen für ein ökosoziales Südtirol« und in Hinblick auf die Landtagswahlen 2013 eine Reihe von zehn öffentlichen Veranstaltungen (Denkwerkstätten) gestartet, mittels derer jeweils zehn Ideen zu einem bestimmten Thema gesammelt werden sollen. Die Ergebnisse bilden die Grundlage für die Ausarbeitung eines Wahlprogramms.

Der Titel der zweiten Denkwerkstatt lautet Basta Autonomia? — Zur Zukunft unserer Heimat. Die Veranstaltung beginnt mit einem Impulsreferat von Thomas Benedikter und wird mit einer Podiumsdiskussion fortgeführt, zu welcher auch eingeladen wurde.

Wir suchen Ideen, um auf Fragen wie diese eine politische Antwort zu finden:

  • Welche Vorteile ergäben sich, wenn Südtirol oder die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino den Status eines eigenen Staates bekäme?
  • Wollen wir alte Grenzen abbauen oder neue Grenzen ziehen?
  • Gibt es bessere Konzepte als jenes einer multikulturellen, autonomen Region in einem friedlichen Europa?

An der Podiumsdiskussion nehmen teil:

  • Thomas Benedikter, Wirtschafts- und Sozialforscher
  • Simon Constantini, Betreiber des Blogs Brennerbasisdemokratie
  • Gabriele Di Luca, Kolumnist Corriere dell’A. Adige
  • Hans Heiss, Landtagsabgeordneter der Grünen Verdi Vërc

Moderation: Brigitte Foppa & Valentino Liberto

Ort der Veranstaltung: Römersaal, Schloss Maretsch (Bozen).
Zeitpunkt: Mittwoch, 24. Oktober um 18.00 Uhr.

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Controllare il bilinguismo.

A un’interrogazione di Giorgio Holzmann (PDL) in merito alla nuova legge sulla toponomastica sudtirolese il ministro (per i rapporti con il parlamento) Giarda ha risposto che il governo controllerà il rispetto della bilinguità. Insomma, se il governo farà sul serio, sarà praticamente impossibile togliere anche una sola delle invenzioni tolomeiane.

Non si ricorda che un governo abbia mai annunciato di voler controllare il rispetto del bilinguismo a danno del monolinguismo italiano. Ricordiamo l’annosa questione dei foglietti illustrativi dei medicinali — che rimangono una chimera, mentre in altre realtà esistono tranquillamente — o le stesse campagne informative dello stato. No, il bilinguismo a Roma interessa solo quando Pein rischia di perdere la »traduzione«: Pino.

Intanto Siegfried Brugger (SVP) ha criticato il collega Holzmann definendo il suo intervento permeato di spirito fascista, ed escludendo una collaborazione col PDL dopo le elezioni in Sudtirolo nel 2013. Anche noi: controlleremo.

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Bye bye Hans Heiss.

Am Montag, den 3. September hat Hans Heiss seinen Rückzug aus der Politik mit den nächsten Landtagswahlen verkündet. Dieser Abgang schmerzt. Mit seinem liberalen, offenen und selbstkritischen Geist nimmt Heiss eine Ausnahmestellung in der politischen Landschaft Südtirols ein.

Heiss kann sich — wie übrigens fast die gesamte grüne Mann-/Frauschaft — nicht für die -Ziele erwärmen, sogar im Abschiedsbrief findet sich folgende Aussage:

Die notwendige Entwicklung einer umfassenden Südtirol-Perspektive diesseits von Vollautonomie, Freistaat und Sezession fordert vollen Einsatz, für den zunehmend neue Ideen und Leistungsträger gefragt sind.

Nichtdestotrotz ist Hans Heiss eine herausragende Gestalt, die mich, vor allem was die Fähigkeit zur Selbstkritik anbelangt, immer an Alexander Van der Bellen, ehemaliger Vorsitzender der österreichischen Grünen, erinnert. Dieser linksliberale Geist ist in Südtirol leider unterrepräsentiert, auch in den Reihen der Südtiroler Grünen findet sich keine/r der/die ihm das Wasser reichen könnte.

Heiss mahnt in seinem Abschiedsbrief auch eine Verjüngung der Grünen an, wobei neue Visionen gefragt sind:

Vor allem sollten wir Raum schaffen für Jüngere, deren Dynamik, Ideenreichtum und Gespür für Grüne Politik im Wachsen sind. Die Grüne Kompetenz in den Bereichen Umwelt, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ist zu ergänzen um soziale, wirtschaftliche und gesellschaftliche Visionen, die Südtirol weiter bringen. Unser Land kann ein regionaler Bezugspunkt für lebendige Demokratien und Transparenz, die Zusammenarbeit von Sprachgruppen und Kulturen, für sozialen Ausgleich und wegweisende Umweltpolitik werden. Der Weg hin zu einer weltoffenen Region, ohne Polit-Filz und patriotische Kleinstaaterei, dafür mit bestechenden Lösungen auf vielen Ebenen, ist ohne die Grünen nicht denkbar.

Wie dies bewerkstelligt werden soll bleibt unklar, wird aber auch nicht mehr seine Aufgabe sein. Doch die Realität bei den Grünen sieht anders aus: Der in den letzten Jahren zunehmend verbohrt besserwisserische Ton mit einem tiefen Misstrauen gegenüber allen Initiativen für mehr Unabhängigkeit (bei gleichzeitiger vollkommener Kritiklosigkeit gegenüber den Missständen des Zentralstaates) wird bei den nächsten Wahlen sicherlich nicht hilfreich sein — auch wenn die Piraten als mögliche Konkurrenz sich bisher als Reinfall erwiesen haben.

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Autorinnen und Gastbeiträge

Versprengte Piraten.

Seit Mittwoch gibt es sie offiziell: die Piratenpartei Südtirols. Um sich einen sozialrebellischen Anstrich zu geben, hätte der Parteimitbegründer nicht unbedingt auf einen englischen Piraten des 12. Jahrhunderts zurückgreifen müssen, der den “reichen Fettsäcken an die Gurgel will”. Da läge der Michael Gaismair schon etwas näher, vielleicht mit einer inhaltlich runderneuerten “Tiroler Landesordnung”. Überhaupt scheinen Piraten in unserer Gebirgsgegend etwas deplaziert, Wilderer wären glaubwürdiger, die tatsächlich oft aus sozialer Not heraus handelten.

Doch frischen Wind in die Parteienszene bringen die Piraten allemal, auch wenn ihre politische Positionierung “nicht links noch rechts, weder oben noch unten, weder hinten noch vorne” ein Uraltspruch der Grünen ist. Eine neue Partei zu gründen, heißt sich politischer Bewusstseinsbildung zu widmen, politische Phantasie entwickeln, gemeinsam Kernthemen der Politik bearbeiten, also eine Kommunikation zu politisch relevanten Themen zu entfalten. Und die Piraten anderswo zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie einen neuen Stil entwickeln, ganz neue Kreise überhaupt für Politik interessieren, sich herkömmlichen Formen verweigern und Expertokratie verabscheuen. Das versprochene Engagement für mehr Transparenz und eine bessere direkte Demokratie ist dringend nötig.

Sich nicht inhaltlich festlegen zu wollen, kann eine neue Qualität, aber auch ein Manko bedeuten. Die neue Piraten-Basis soll die politische Wunschliste in freier Diskussion festlegen. Überhaupt könnte man nächstens eine Partei als leere Schachtel gründen: das Programm definiert man dann per Ankreuzen einer Liste mit “gefällt mir” oder “gefällt mir nicht”.

Bevor sich die Piraten überhaupt richtig formiert haben, werden sie aber schon von eifrigen Journalisten und Meinungsforschern zerklaubt. Natürlich haben Letztere immer Umfragenergebnisse und gute Argumente zur Hand, doch wie kann man (geschehen am gestrigen Donnerstag, RAI Sender Bozen) eine allgemeine Meinung zu den Perspektiven der Piraten deuten, bevor es sie überhaupt gibt? Anders gefragt: welchen Sinn macht es, die Ergebnisse einer Wählerumfrage, bei der 8% “Weiß nicht” oder “andere” geantwortet haben, hinsichtlich der Piraten zu deuten, obwohl es die Piraten bei dieser Umfrage noch gar nicht gab? Welche Themen sollen die Piraten denn besetzen, wenn die qualifizierten Beobachter der Arena nur mehr einige wenige Themen als “besetzbar” vorgeben? Sind Piraten nicht von vornherein Spezialisten im Besetzen und können alle Themen besetzen, wenn sie dazu in der Lage sind?

Allerdings muss rasch festgehalten werden, dass die neue Piratenriege wirklich mutig ist, sich mit solch kargen wie den gestern vorgestellten Thesen an die Öffentlichkeit zu wagen. “Wir stehen für Transparenz, Internet, Privacy und Datenschutz und stellen eine Alternative für die Wähler dar,” sagt die Vorstandsvorsitzende in der Tageszeitung. Braucht es für diese Anliegen eine Partei, die zu Landtagswahlen antritt? Wenn gern Alternative, warum eigentlich? Hätten die Piraten nicht zumindest das Programm der bundesdeutschen Piraten auf die Südtiroler Erfordernisse herunterbrechen können? Wie kann man sich überhaupt als politische Kraft in diesem Land präsentieren, ohne programmatische Aussagen zu zentralen Fragen zu treffen: die Weiterentwicklung der Autonomie, die Sprachenpolitik, Sozial- und Wirtschaftspolitik im Zeichen dezidierten Sparens, eine Politik der Verteilungsgerechtigkeit und Nachhaltigkeit für Südtiroler Verhältnisse durchdeklinieren und einige wenige mehr. Leider is dies etwas dünne Suppe, die die Piraten da aufkochen. Auch die GRÜNEN, in deren Teich die Piraten am stärksten fischen werden, stehen für Transparenz, Datenschutz, freies Internet und direkte Demokratie. Mit anderen Worten: diese Anliegen kann ein Arbeitskreis der Grünen mindestens genauso kompetent bearbeiten, ohne den Aufwand einer neuen Parteistruktur.

Dennoch wünsche ich den Piraten viel Glück. Sie sind Ausdruck der “liquid democracy”, der international durchs Netz wogenden Ideen und Bewegungen, die die Menschen inspirieren, was Neues zu wagen, Demokratie zu erfahren “learning by doing”, sich nicht viel um herkömmliche Wenn und Aber zu kümmern. Eine Eigenschaft, die allerdings in Südtirols Politik immer wieder verlangt wird, ist Bodenständigkeit, auf die Besonderheiten dieses Landes Bezug zu nehmen. Um die Machtverhältnisse in Südtirol tatsächlich stärker aufzurühren, bräuchte es in diesem Sinne eine sozialdemokratische Initiative, die in der hiesigen Parteienlandschaft seit 30 Jahren fehlt, und diese Lücke werden die Piraten ganz gewiss nicht schließen.

Siehe auch ‹1

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Wahlschlappen-Schönrechner.

Die Südtiroler Volkspartei hat den Gesetzesentwurf vorgelegt, mit dem für die kommenden Landtagswahlen das D’Hondt-System eingeführt werden soll. Es handelt sich dabei um ein Sitzzuteilungsverfahren, das bei gleichem Ergebnis größere Parteien bevorzugt und Kleinstparteien benachteiligt. Die Verhinderung von politischer Zersplitterung ist denn auch der vorgebliche Grund, warum die Volkspartei dieses System favorisiert. Dass sie selbst massiv davon profitieren würde, soll hingegen als Nebenwirkung dargestellt werden.

Rund ein Jahr vor der Landtagswahl würde damit ein Verfahren eingeführt, das eine sich abzeichnende Wahlschlappe der Mehrheitspartei abfangen und somit dem Wählerwillen zuwiderlaufen würde. Kein Zufall also, dass bislang alle anderen Parteien, einschließlich jener, die aufgrund ihrer Größe ebenfalls vom D’Hondt-System profitieren würden, gegen dessen Einführung Sturm laufen.

Bei der Landtagswahl 1998 konnte die Volkspartei erstmals seit ihrer Gründung nicht mehr 50% der Wählerstimmen auf sich vereinigen. Aufgrund des Zuteilungsverfahrens konnte sie sich aber die Mandatsmehrheit knapp erhalten. Mit dem für Großparteien noch vorteilhafteren D’Hondt’schen Zuteilungsverfahrens könnte sich die VP die Mehrheit im Landtag u. U. auch dann erhalten, wenn sich aufgrund zahlreicher Skandale und allgemeiner Unzufriedenheit über den Zustand der Autonomie noch mehr Wählerinnen von ihr abwenden.

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Neue sozialdemokratische Kraft.

Die Autonome Gewerkschaftsorganisation der örtlichen Körperschaften (AGO) hat am 30. Jänner beschlossen, die Gründung einer progressiven Partei zu prüfen, die bereits bei den kommenden Landtagswahlen 2013 antreten soll. Dieser Absicht liegt die Erkenntnis zugrunde, dass derzeit nicht nur keine echte sozialdemokratische Partei in Südtirol existiert, sondern auch der Arbeitnehmerflügel in der SVP so geschwächt ist, wie nie zuvor. Hinter dem Vorhaben stehen angeblich auch einige ehemalige Mitglieder der Sammelpartei.

Ob es ein ethnisches oder eine sprachgruppenübergreifendes Projekt werden soll, ist noch nicht bekannt. In jedem Fall zeichnen sich im ökosozialen Spektrum, gemeinsam mit den Piraten, mindestens zwei neue Alternativen ab. Ob dies nur zu einer weiteren Zersplitterung der Opposition beiträgt, oder ob die »Bewegung für soziale Gerechtigkeit« die SVP das Fürchten lehren wird, muss sich erst herausstellen. In jedem Fall wäre die Parteigründung zu begrüßen, da sie eine große Lücke füllt.

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Südtirols Zukunft und die SVP.

Teilweise beschleicht mich das ungute Gefühl, dass wir uns im Jahre 1912 des 21. Jahrhunderts befinden. Auch damals ahnten wohl wenige, dass schon zwei Jahre später der gesamte Kontinent in Scherben fliegen würde. Nicht, dass ich einen Krieg in Europa fürchten würde, die Geschichte wiederholt sich glücklicherweise nicht linear, trotzdem erleben wir derzeit epochale wirtschaftliche Umbrüche und weltweite Machtverschiebungen, denen wohl nicht mehr mit den üblichen Rezepten begegnet werden kann, obwohl gerade diese hilflos und alternativlos von Politik und Wirtschaft verlangt werden.

In diesem Zusammenhang ist es auch von Bedeutung ,welche Sicherheiten und Visionen von Südtirols einflussreichster Partei, der SVP, vermittelt werden. Schon seit geraumer Zeit ist die SVP leider in erster Linie hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt und nicht mit der Frage über Südtirols Zukunft. Nicht die Zähigkeit in Verhandlungen, die ein Alfons Benedikter noch par excellence beherrschte oder die Brillanz der Konzepte und Visionen scheinen derzeit zu den Kernkompetenzen unserer Mehrheitspartei zu zählen.

Es scheint der pure Trieb zum Machterhalt zu sein, der den nervösen Haufen der SVP Spitzenpolitiker zusammenschweißt.

Just in dem Moment, wo man damit rechnen muss, das Spiel nicht mehr im sportlich, fairen Schlagabtausch zu gewinnen, will man die Spielregeln ändern. Die Dreistigkeit mit der das Wahlgesetz zugunsten der SVP abgeändert werden soll, gipfelt darin, dass man nun plötzlich das Volk entdeckt, das über ein Wahlgesetz abstimmen soll, das unserer Mehrheitspartei auch mit ca 43 – 44% der Stimmen die Mehrheit der Sitze garantieren soll. Dasselbe Volk, das führende SVP Politiker bei der ersten Landesvolksabstimmung im Oktober 2009, noch aktiv zur Nicht-Teilnahme aufgerufen haben.

Just in dem Moment, wo sich die SVP inhaltlich von der Frage über Südtirols Zukunft weitgehend abgemeldet hat, erfindet man die Vollautonomie, um sich zumindest medial wieder zurückzumelden. Prinzipiell wäre ein engagiertes und zukunftsweisendes Konzept zu einer wirklichen Vollautonomie ja eine begrüßenswerte Vision, die sich im Gegensatz zur gängigen SVP Mainstream-Ansicht auch exzellent mit der Forderung nach völliger staatlicher Unabhängigkeit vereinbaren ließe. Schottland und Katalonien verfolgen genau diesen Weg erfolgreich. Wer sich nun von der SVP ein brillantes Konzeptpapier zum Thema Vollautonomie erhofft hat, bleibt ernüchtert.

Die größte Partei des Landes, mit 18 Landtagsabgeordneten, von denen selbst der letzte Hinterbänkler noch 6000 Euro netto verdient, ist nicht in der Lage zum Thema Vollautonomie ein Arbeitspapier zu verfassen, das auch nur annähernd das Niveau eines engagierten Polit-Blogs erreichen würde.

Aber klare Zukunftskonzepte, in einer Zeit, in der unsere Autonomie im Wochenrhythmus vom italienischen Zentralstaat torpediert wird, und unser gesamtes Wirtschaftssystem auf dem Prüfstand steht, sind wohl auch nicht das Ziel der SVP. Das Ziel sind 18 Mandate bei den Landtagswahlen 2013. Eine Mehrheit, nicht um ein hohes Ziel zu erreichen, sondern eine Mehrheit um so weiter zu machen wie bisher.

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Die Interpretation.
Geschäftsordnung

Kurz vor ihrem Abtritt hat Kurzzeit-Landtagspräsidentin Julia Unterberger ihre Drohung wahrgemacht: Mittels Interpretation von Artikel 92 der Geschäftsordnung versucht sie dem Landesparlament in Hinkunft weitgehend die Obstruktion zu ersparen. Diese Praxis — auch als Filibustering bekannt — zielt darauf ab, Parlamente etwa durch Einbringung von Tausenden Abänderungsanträgen oder durch Redeflut handlungsunfähig zu machen. Ein Meister darin ist der rechtsextremistische Landtagsabgeordnete Donato Seppi, der pünktlich mit Obstruktion droht, wenn es um heiße Eisen geht.

Ihr Vorgänger Dieter Steger hatte Unterberger einen mit der Opposition abgesprochenen Reformvorschlag für die Geschäftsordnung des Landtags hinterlassen, der das Parlament deutlich aufwerten soll. Artikel 92 war von dieser Vereinbarung jedoch ausgeklammert worden, weil er von einigen Oppositionellen als heilige Kuh betrachtet wird. Ohne die Zustimmung aller ist die Eindämmung der Obstruktion per Abänderung des entsprechenden Artikels nicht zu schaffen, da auch dies durch Obstruktion verhindert werden kann.

Das ist der Grund, warum die rote Julia auf den Trick mit der Auslegung ausgewichen ist. Zugegeben, womöglich ist es verfahrenstechnisch nicht ganz einwandfrei, dem Filibustering einfach per Interpretation der bestehenden Geschäftsordnung Einhalt zu gebieten (welche das Landtagspräsidium allein durchführen kann). Doch einerseits wusste Unterberger die große Mehrheit der Abgeordneten hinter sich, und andererseits ist auch die Obstruktion keine wirklich demokratische Praxis, wenn ein einzelner Abgeordneter, der wie im Fall von Donato Seppi nicht einmal über ein Vollmandat verfügt, die Arbeit aller anderen ad absurdum führen kann. Unter diesen Umständen ist kaum verwunderlich, dass die Mehrheit den Landtag nicht mehr ernstnimmt und versucht, so viele Maßnahmen wie möglich per Regierungsverordnung durchzukriegen.

Wenn gleichzeitig die Rechte der Opposition — durch Stegers Reform — tatsächlich gestärkt wurden, ist Unterbergers Maßnahme, die auf eine bessere Handlungsfähigkeit des Landtags abzielt m. E. durchaus legitim.

Wenn wir uns immer darüber beklagen, dass die Volkspartei in 40 Jahren keine Ortsnamenregelung verabschiedet hat, dann müssen wir uns auch darüber bewusst sein, dass dies aufgrund der Obstruktion nie wirklich möglich gewesen wäre. Eine Verfahrensänderung ist also die Voraussetzung, um heiße Eisen endlich anzugehen. Um Benachteiligungen zu verhindern, sind ohnehin eigene Schutzmechanismen vorgesehen, etwa die nach Sprachgruppen getrennte Abstimmung im Landtag.

Jetzt wird sich zeigen, ob die Volkspartei einen demokratisch vertretbaren Gebrauch ihres neuen Handlungsspielraums machen wird — indem sie sich konstruktiver im Landtag einbringt und auch längst überfällige Gesetze verabschiedet — oder ob sie Missbrauch und Schindluder treibt, indem sie im Alleingang ein neues Landtagswahlrecht beschließt, das ihr trotz sinkender Zustimmung auch 2013 die absolute Sitzmehrheit garantieren soll.

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