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Die EU-Wahl in Souramont.
Schlappe für die SVP

Nach einem legalen Referendum warten die drei ladinischen Gemeinden Anpezo, Col und Fodom — die im Faschismus von Südtirol getrennt wurden — seit bald zwölf Jahren auf die Rückgliederung. Dass es für unser Land bei Europawahlen (noch) keinen eigenen Wahlkreis gibt, hat genau einen Vorteil, nämlich den, dass die Bürgerinnen in Souramont auch eine klassische Südtiroler Partei wie die SVP* wählen können. Daran lassen sich politische Stimmungen zumindest erahnen.

Gde.SVP '19SVP '14SVP '09Lega '19Lega '14Lega '09
Anpezo7,0%14,8%14,1%50,6%11,6%23,1%
Col30,5%57,8%31,1%40,7%5,2%25,6%
Fodom40,6%55,7%30,1%40,2%8,2%29,5%

Bei der ersten EU-Wahl nach dem Referendum, mit dem die drei Gemeinden ihren eindeutigen Wunsch auf Zugehörigkeit zu Südtirol kundgetan hatten, war die SVP 2009 in Anpezo mit 14,1% hinter PDL (39,2%) und Lega (23,1%) drittstärkste Kraft geworden. Sowohl in Col (31,1%), als auch in Fodom (30,1%) lag sie sogar in Führung.

Das war ein riesiger Anstieg gegenüber 2004, als die SVP in Anpezo 2,3%, in Col 5,6% und in Fodom 4,3% der Stimmen erreicht hatte. Irgendwas hatte sich offenbar mit der konkreter werdenden Aussicht auf Angliederung an Südtirol verändert.

Im Jahr 2014 verlief die Wahl aus Sicht der Sammelpartei sogar noch erfreulicher: In Anpezo konnte sie ihren Anteil leicht auf 14,8% (+0,7) steigern und den dritten Platz halten — diesmal hinter PD (30,4%) und Forza Italia (19,5%). In Col baute sie ihre führende Position massiv auf 57,8% (+26,7) aus, in Fodom auf 55,7% (+25,6). Damit hatte sie sich in zwei von drei Gemeinden die absolute Mehrheit gesichert.

Bei der soeben geschlagenen Europawahl 2019 hingegen kam es zur Ernüchterung: In Anpezo schrumpfte die SVP auf 7,0% (-7,8) zusammen und liegt nunmehr hinter Lega (50,6%), PD (11,0%), FI (8,9%) und FdI (8,9%) an fünfter Stelle. In Col ist sie mit 30,5% (-27,3) hinter der Lega (40,7%) nur noch zweitstärkste Kraft. Ausschließlich in Fodom ist sie mit 40,6% (-15,1) auch weiterhin an der Spitze — allerdings ohne absolute Mehrheit und ganz knapp vor den Rechtsradikalen.

Für dieses Ergebnis kann es viele Gründe geben. Einerseits ist da sicher die Sogwirkung der rechtsradikalen Lega, andererseits die Enttäuschung über den noch immer nicht vollzogenen Regionswechsel. Aber auch das wohl nicht berauschende Engagement der SVP für die Belange von Souramont hat wohl zu dieser Schlappe beigetragen.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4

*) Von den südtirolspezifischen Parteien tritt aufgrund des maßgeschneiderten Wahlgesetzes traditionellerweise nur die SVP »sichtbar«, also mit dem eigenen Symbol, zur Europawahl an. Es erstaunt jedoch, dass weder die SVP, noch STF, F, Südtiroler Grüne oder TK bislang je einen Ableger im historisch und wohl auch politisch affinen Souramont gegründet haben.

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Wahlen in Südtirol ’98-’14 (III).

Und hier ist der dritte und vorerst letzte Teil der grafischen Darstellung aller Wahlergebnisse in Südtirol von der Landtagswahl 1998 bis zur Europawahl 2014:

Aufschlüsselung:
Grüne: Grüne, il Girasole, Enrosadira, Federazione dei Verdi, Linke Regenbogen, Grüne-Bürgerlisten, SEL, Tsipras, Green Italia
F: Freiheitliche, Lega-Freiheitliche
Union: Union für Südtirol, BürgerUnion, Wir Südtiroler – Ladins Dolomites
Linksparteien: Centrosinistra, Rifondazione Comunista, Comunisti italiani, DS, Socialisti Democratici, Frieden und Gerechtigkeit, Ulivo, Rosa nel Pugno, Sinistra Critica, PS Boselli, PC Lavoratori, Rivoluzione Civile, Fare
Mitteparteien: Popolari – AA Domani, il Centro-UDA, i Democratici, PPI, CCU, CCD, PRI, Margherita, Lista Di Pietro, IdV, Democrazia Europea, Unione Autonomista, UDC, UDEUR, Democrazia Cristiana, PLI, Scelta Civica, Scelta Europea
Rechtsparteien: AN – i Liberali, Lista Civica-FI-CCD, Unitalia-Fiamma Tricolore, Forza Italia, Patto Segni – AN, MS-Fiamma Tricolore, Unitalia, Alternativa Sociale con A. Mussolini, PDL, la Destra, Forza Nuova, MIR – Rosa Tricolore, Alto Adige nel Cuore, Fratelli d’Italia, NCD, Lega Nord, Liga Repubblica Veneta, Lega per l’autonomia
Fehlende Prozente: Andere.

Siehe auch ‹1 ‹2

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Wahlen in Südtirol ’98-’14 (II).

Der zweite Teil meiner Analyse der Wahlergebnisse in Südtirol ist eine Gegenüberstellung der sogenannten (oder empfundenen) »italienischen« Parteien. Zum Vergleich wurden auch die SVP und die Grünen angegeben, die bei Südtirolern italienischer Muttersprache ebenfalls wichtige Wähleranteile erringen:

Aufschlüsselung:
it. Links: Centrosinistra, Rifondazione Comunista, Comunisti italiani, DS, Socialisti Democratici, Frieden und Gerechtigkeit, Ulivo, Rosa nel Pugno, Sinistra Critica, PS Boselli, PC Lavoratori, PD, Rivoluzione Civile, Fare
it. Mitte: Popolari – AA Domani, il Centro-UDA, i Democratici, PPI, CCU, CCD, PRI, Margherita, Lista Di Pietro, IdV, Democrazia Europea, Unione Autonomista, UDC, UDEUR, Democrazia Cristiana, PLI, Scelta Civica, Scelta Europea
it. Rechts: AN – i Liberali, Lista Civica-FI-CCD, Unitalia-Fiamma Tricolore, Forza Italia, Patto Segni – AN, MS-Fiamma Tricolore, Unitalia, Alternativa Sociale con A. Mussolini, PDL, la Destra, Forza Nuova, MIR – Rosa Tricolore, Alto Adige nel Cuore, Lega Nord, Fratelli d’Italia, NCD, Lega Nord, Liga Repubblica Veneta, Lega per l’autonomia
Grüne: Grüne, il Girasole, Enrosadira, Federazione dei Verdi, Linke Regenbogen, Grüne-Bürgerlisten, SEL, Tsipras, Green Italia

Siehe auch ‹1 ‹2

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Wahlen in Südtirol ’98-’14 (I).

Die jüngsten Europawahlen und die in den Medien immer wieder veröffentlichten Vergleiche haben mich dazu veranlasst, eine Analyse aller Wahlergebnisse zu Landtags- (LW), Parlaments*- (PW) und Europawahlen (EW) in Südtirol von 1998 bis heute zu präsentieren. Das erste interaktive Diagramm zeigt die Entwicklung der Parteien nach Ideolgie oder, besser gesagt, nach dem zugegebenermaßen sehr groben Links-Rechts-Schema** (ausnahmsweise — für Südtirol ungewohnt — ohne Unterscheidung nach Sprachgruppen bzw. »italienischen« und »deutschen« Parteien):

Seit 2004 lagen die Linken bei Europawahlen immer vor den Rechten, wenngleich nie so deutlich wie diesmal — was auf den schon länger andauernden Sinkflug der italienischen Rechtsparteien und auf den Absturz der Freiheitlichen zurückzuführen ist.

*) bei den Parlamentswahlen wurden nur die Daten des Abgeordnetenhauses berücksichtigt, da die Senatoren in Einmannwahlkreisen ermittelt werden.
**) die SVP wurde zum Zwecke dieser Darstellung als Partei der Mitte eingestuft, die Grünen und der PD als Linkspartei, 5SB und STF wurden als »andere« klassifiziert. Die genauen Daten werden angezeigt, wenn man mit dem Mauszeiger über die Datenpunkte streift.

Siehe auch ‹1 ‹2

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Einen EU-Wahlkreis für Südtirol.

Die EU-Wahl ist geschlagen, die Ergebnisse liegen vor und wurden bereits lang und breit diskutiert. In diesen Chor möchte ich nicht einstimmen — noch jedenfalls. Dafür hat diese Wahl m. E. ein anderes Problem deutlich gemacht: Die jetzige Sonderlösung für Sprachminderheiten ist völlig unbefriedigend und sollte so rasch wie möglich abgeändert werden. Südtirol braucht dringend einen eigenen EU-Wahlkreis, in dem — unabhängig von der staatlichen 4%-Hürde — mindestens zwei Kandidaten fürs Europaparlament ermittelt werden. Zum Vergleich: Malta entsendet mit weniger Einwohnerinnen als unser Land fünf Repräsentantinnen.

Folgende Gründe sprechen meines Erachtens für eine dringende Änderung des Wahlrechts:

  • Die derzeitige Regelung ist auf die SVP maßgeschneidert, Parteien ohne römische Parlamentarierinnen profitieren nicht davon;
  • Listen, die — wie die SVP — in den Genuss der Sonderregelung kommen, darf man nur eine Vorzugstimme geben, was auch den parteiinternen Wettbewerb einschränkt;
  • die staatsweite 4%-Hürde ist ein enormes Handycap für ein Gebiet, dessen Parteienlandschaft sich von der staatlichen grundlegend unterscheidet, denn
  • die Vielfalt dieser Parteienlandschaft — und dadurch die Demokratie — wird drastisch eingeschränkt, wichtige politische Akteure bleiben ausgeschlossen;
  • das restliche Staatsgebiet entscheidet über die 4%-Hürde, ob die Südtirolerinnen ggf. trotz klaren Votums etwa eine Grüne nach Brüssel entsenden dürfen oder nicht;
  • die Verteilung der Vorzugsstimmen in Südtirol zeigt dabei ohnehin, dass kein Interesse an einer staatlichen Ankoppelung besteht: nirgendwo anders lagen lokale Kandidaten wie Schedereit, Janek oder Kusstatscher so klar vor staatsweiten Zugpferden wie Di Pietro und Bossi;
  • Südtiroler Parteien sind gezwungen, in für sie völlig unnatürlichen Bündnissen anzutreten, die zudem (einsprachige) Symbole mit Staatsbezug aufweisen und daher für die Bürgerinnen schwer erkennbar, z.T. sogar unwählbar sind: dies war der Fall der Grünen und wäre bei den Freiheitlichen nicht anders gewesen, wenn sie auf der Lega-Liste angetreten wären;
  • die Demokraten mussten aus Kalkül ganz auf eine Südtiroler Kandidatin verzichten und konnten dadurch hierzulande kaum punkten; den Wählerinnen wurde de facto eine Option genommen.

Die Schaffung eines eigenen Südtiroler EU-Wahlkreises würde eine echte Wahlmöglichkeit sicherstellen und gleichzeitig allen Parteien eine richtige Chance geben, den Bürgerinnen ein Angebot zu machen. Der aktuelle Wahlmodus entspricht, wenn überhaupt, der Südtiroler Realität der Vergangenheit. Der jetzigen Situation, in der die Bürgerinnen sich nicht mehr nur einer einzigen Partei anvertrauen, wird er nicht gerecht. Da darf es auch nicht verwundern, dass viele die EU-Wahl so unattraktiv finden, dass sie den Wahllokalen fernbleiben.

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