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Sprachverbot in Korsika.

Schon seit Jahren nutzen die korsischen Institutionen selbstbewusst die korsische Sprache und sind dabei manchmal sogar mutiger als die Südtiroler Vorzeigeautonomie.

So werden auch im Französischen sehr häufig nur noch die korsischen statt der in der Staatssprache gebräuchlichen italienischen Ortsnamen1kolonialistische Erfindungen wie in Südtirol gibt es erst gar nicht genutzt (Aiacciu statt Ajaccio, Portivechju statt Porto-Vecchio) und der offizielle Webauftritt ist unter www.isula.corsica (statt www.ile-de-corse.fr o. ä.) zu finden.

Nun aber gab es für den amtlichen Gebrauch der Landessprache einen Rückschlag: Das Verwaltungsgericht von Bastia urteilte, die Gleichstellung von Korsisch und Französisch im korsischen Parlament, wo tatsächlich regelmäßig Korsisch gesprochen wird, widerspreche Artikel 2 der Verfassung, der Französisch als Sprache der Republik festlegt.

Eingeführt worden war die Gleichstellung vom Landesparlament sogar mit einstimmigem Votum, dennoch fühlte sich der damalige Präfekt, Pascal Lelarge, als Wachhund des Zentralstaats dazu berufen, die Neuerung gerichtlich anzufechten. Das Urteil stellt den wiederholten »Missbrauch« von Artikel 2 durch die französische Justiz dar, war dieser doch eingeführt worden, um den wachsenden Einfluss der englischen Sprache zu bremsen und nicht, um die Minderheitensprachen zu schwächen — was dazumal sogar ausdrücklich versprochen worden war.

Der Präsident der Insel, Gilles Simeoni, und die Präsidentin der Assemblea di Corsica, Marie-Antoinette Maupertuis, veröffentlichten eine gemeinsame Stellungnahme zu dem Urteil, in der sie darauf hinweisen, dass den Abgeordneten die Verwendung ihrer eigenen Sprache verboten würde und die Umsetzung des Sprachverbots als »undenkbar« bezeichnen.

Wer nun dazu geneigt wäre, den Vorfall als »typisch französisch« abzutun, hätte zwar vielleicht nicht ganz unrecht. Dennoch ist in den meisten italienischen Regionalparlamenten — anders als zumindest bislang in Korsika oder Bretagne — der Gebrauch von Minderheitensprachen untersagt (vgl. ‹1). Meines Wissens machen da nur Aoste und Südtirol-Trentino eine Ausnahme, wobei auch in unserem Landtag bis heute die Verwendung des Ladinischen nicht vorgesehen ist.

  • 1
    kolonialistische Erfindungen wie in Südtirol gibt es erst gar nicht
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Tag+Nacht: Eiskanal Anpezo oder Igls.
Olympia 2026

Der Geschäftsführer der Infrastrukturgesellschaft für die Olympischen Winterspiele 2026, Luigivalerio Sant’Andrea, hat der Austragung von Wettbewerben im Eiskanal von Igls bei Innsbruck eine endgültige Absage erteilt. Die Renovierung der Bahn dort würde 50 Millionen Euro kosten, weshalb sich diese Alternative zur neuen Bobbahn in Anpezo nicht gelohnt hätte.

Ähnlich hatte sich beim Pro&Contra von Rai Südtirol am 10. Jänner auch der Südtiroler NOK-Chef Alex Tabarelli geäußert:

Übrigens muss ich hinzufügen, Innsbruck ist fast in derselben Situation [wie Anpezo], müsste jetzt auch die Bahn neu machen und überarbeiten. Die Kosten in Innsbruck würden sich auf ca. 50 Millionen belaufen, sie haben jetzt ein kleines Projekt um 30 Millionen gemacht, die Kosten in Turin [sic, gemeint ist Anpezo] betragen 80-85 Millionen.

— Alex Tabarelli (10. Jänner 2023)

Transkription von mir

Ferner sagte er:

Die Tatsache ist, dass Igls überhaupt nicht zur Diskussion gestanden ist — nie, das heißt nicht ein einziges Mal.

— Alex Tabarelli (10. Jänner 2023)

Transkription von mir

Interessant, dass Sant’Andrea etwas eine Absage erteilt, was kein einziges Mal zur Diskussion gestanden haben soll.

Nun erfahren wir aber dank Dolomiten vom Freitag, die in Igls nachgefragt haben: Den dortigen Eiskanal olympiatauglich zu machen kostet 30 Millionen, doch die Investition ist ohnehin geplant und die Finanzierung durch Bund, Land und Stadt bereits gesichert.

Weitere 20 Millionen wolle man investieren in Maßnahmen, die nichts mit der Wettkampftauglichkeit der Bahn zu tun hätten. Die Homologierung soll zudem bis 2025 abgeschlossen sein, die Bahn wäre also mit einem Jahr Vorlauf vor Olympia wieder einsatzbereit. “Wir haben das Angebot gemacht, dass die olympischen Bewerbe hier stattfinden können, eine Beteiligung an den Renovierungskosten ist keine Voraussetzung dafür”, so [der Geschäftsführer der Innsbrucker Olympia World Matthias] Schipflinger. Im Klartext: Die Olympia-Veranstalter bekämen die Bahn zum Nulltarif.

— Dolomiten (20. Jänner 2023)

Zudem macht Schipflinger darauf aufmerksam, dass man eine Bobbahn nicht kostendeckend führen könne, es sei mit einem jährlichen Dezifizit von über einer halben Million Euro zu rechnen.

Herr Tabarelli hatte dazu bei Pro&Contra behauptet:

Man muss a bissl vorsichtig sein, wenn man von Ziffern [sic] und Daten spricht, weil die Kosten einer Bobbahn belaufen sich im Jahr zwischen 700.000 und 800.000 Euro und man hat heute viele Einnahmen. Jede einzelne Fahrt, die ein Rodler auf irgendeiner Bahn macht, kostet 35 Euro, für einen Bobfahrer 70 Euro — brauchen wir uns nur ausrechnen, da wird zehn bis zwölf Stunden auf jeder Bahn gefahren, die derzeit auf der Welt ist und dann rechnen wir uns aus, also es gibt keine Bob- und Rodelbahnen, die passiv sind auf der Welt. Alle arbeiten aktiv.

— Alex Tabarelli (10. Jänner 2023)

Transkription von mir

Zumindest auf Igls trifft dies somit nicht zu, denn diesbezüglich liegen Herrn Schipflinger mit Sicherheit genaue Daten vor.

Letztendlich werde ich den Eindruck nicht los, dass das einzige stichhaltige Argument für Anpezo das nationalistische bleibt, dass eben ein Eiskanal auf italienischem Staatsgebiet unbedingt her muss. Für das höhere Ziel darf die Bevölkerung schon einmal bewusst in die Irre — und an der Nase herum — geführt werden.

Das laut NOK-Vertreter Tabarelli nicht existierende (nicht zu erwartende) Führungsdefizit des nationalistischen Größenwahns muss dann via Grenzgemeindenfonds unter anderem Südtirol stemmen.

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Ladinia: Ein Jahrhundert divide et impera.

Heute jährt sich sich die Teilung des ladinischen Sprachgebiets zum hundertsten Mal. Per Dekret ordnete Diktator Benito Mussolini am 21. Jänner 1923 den Anschluss von Souramont (Anpezo, Col und Fodom) an Belluno und somit seine Abtrennung von Südtirol an. So endete, wie vom Ultranationalisten Ettore Tolomei gefordert, die Jahrhunderte währende politische Einheit der Ladinerinnen. Erklärtes Ziel war die sprachliche und kulturelle Assimilierung — ein Prozess, der bis heute nicht gestoppt wurde.

Wenige Jahre später wurde das Faschistenwerk der Dreiteilung vollendet, als Fascia bei Gründung der Provinz Bozen unter Trient verblieb.

Nach dem Ersten Weltkrieg hatte sich der Gemeinderat von Anpezo noch unmissverständlich gegen eine Abtrennung vom restlichen Sprachgebiet — und vom deutschsprachigen Tirol südlich des Brenners — ausgesprochen, eine demokratische Willensbekundung, die den Faschistinnen nichts galt. Doch auch das republikanische Italien machte sich die faschistischen Argumente zueigen, als es die immer wieder vorgebrachte, im Oktober 2007 auch in einem amtlichen Referendum eindrucksvoll bestätigte Forderung nach Wiedervereinigung beharrlich ignorierte.

Genauso wie etwa das faschistische Ortsnamensdekret (Nr. 800/1923) von Benito Mussolini noch immer gültig ist, entfaltet auch Dekret Nr. 93/1923 bis heute seine schä(n)dliche Wirkung. Höchste Zeit, dies endlich zu ändern.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4

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Eiskanal »in Italien« muss unbedingt sein.

Beim gestrigen Pro&Contra ging es auf Rai Südtirol um die Bobbahn für die Olympischen Winterspiele 2026. Das Team K und auch andere schlagen alternativ zur Errichtung einer neuen Anlage in Anpezo die Nutzung der bereits bestehenden im Nordtiroler Igls vor.

Alex Ploner (TK) diskutierte hierzu mit dem Präsidenten des Südtiroler Landeskomitees im NOK (CONI), Alex Tabarelli. Der wartete unter anderem mit folgender Aussage auf:

Die Olympischen Spiele organisiert Italien, wir werden ganz sicher in Italien eine Bahn bauen.

— Alex Tabarelli

Transkription von mir

Darum geht es also hauptsächlich. Ein neuer Eiskanal, der die Landschaft zerstört, der Umwelt schadet und Millionen verschlingt muss unbedingt her, weil für die nationalistischen Vertreterinnen des angeblich völkerverbindenden Sports eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Europaregion unvorstellbar ist. Dass da selbst der Südtiroler Ableger des NOK mitmacht und ein heimischer Sportfunktionär solche Töne anstimmt, ist schwer enttäuschend.

Bezüglich der Bau- und Führungskosten machte Tabarelli widersprüchliche Angaben. Einerseits soll sich die Anlage in Anpezo ganz sicher selbst tragen, andererseits gebe es aber gar keine offiziellen Daten zu den Kosten, da die Berechnungen nicht abgeschlossen seien.

Die zentrale Botschaft ist deshalb wohl diese:

Wir dürfen jetzt nicht anfangen, [darüber] zu reden, was dann mit öffentlichen Geldern [passiert].

— Alex Tabarelli

Transkription von mir

Im Vorfeld wurden noch ökologisch und wirtschaftlich nachhaltige Spiele versprochen, doch jetzt sind die Prioritäten — wie so oft — ganz andere.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6 | 1›

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Ladinische Ansagen in Bus und Bahn.

Seit heute werden die fünf Bahnhöfe Bruneck/Bornech, Bruneck/Bornech Nord, St. Lorenzen/S. Laurenz, Waidbruck/Pruca und Klausen/Tluses — aber offenbar nicht Bozen/Bulsan — in den Landeszügen auch auf Ladinisch angekündigt.

Im Laufe der kommenden Wochen und Monate sollen dann einer Ankündigung des zuständigen Landesrats Daniel Alfreider (SVP) zufolge auch für sämtliche rund 350 Bushaltestellen in Ghërdeina, Badia una Fascia Ansagen in ladinischer Sprache hinzukommen. Anscheinend gilt dies aber nicht für Anpezo, wohin ebenfalls Südtiroler Busse (Linie 445) fahren.

Mit dieser Neuerung wird der ältesten und kleinsten Landessprache im öffentlichen Nahverkehr fortan etwas mehr Präsenz und Gleichberechtigung verliehen.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 | 1› 2›

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Phōnē – eine Stimme für Minderheiten.
Theaterprojekt

Gemeinsam mit dem Fryske Toaniel Stifting Tryater (Friesisch), dem Deutsch-Sorbischen Volkstheater – Bautzen (Sorbisch), Teatrul Evreiesc de Stat – Bukarest (Jiddisch),
 Teatr Piba – Brest (Bretonisch), Kvääniteatteri – Storslett (Kven),
 Centro Dramático Galego – Santiago de Compostela (Galicisch) und Fíbín (Irisch-Gaelisch) nimmt das Stadttheater Bruneck mit Ladinisch an phōnē – Giving minority languages a voice teil. Das Projekt soll sich — von Juli 2022 bis März 2025 — über insgesamt mehr als zwei Jahre entwickeln und wird von der Hochschule Groningen und der Universität Leipzig wissenschaftlich begleitet.

Erklärtes Ziel des Projekts ist die Schaffung eines Netzwerks zwischen Künstlerinnen, die eine Minderheitensprache sprechen — um sprachliche und kulturelle Grenzen zu überwinden. Zur Vitalisierung der gefährdeten Sprachen sollen ihnen eine Stimme und eine Bühne gegeben werden, Künstlerinnen und Werke ausgetauscht werden.

Jede der teilnehmenden Theaterkompanien wird eine spezifische Produktion entwickeln und umsetzen, die von der eigenen Minderheit erzählt. Anschließend wird jedes Stück in mindestens eine der anderen Projektsprachen übersetzt und in der jeweiligen Region vorgestellt.

Für das Stadttheater Bruneck sind der ladinische Künstler, Autor und Journalist Iaco Rigo und die aus Bruneck stammende Komponistin und Musikerin Maria Craffonara an dem Projekt beteiligt.

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Zwei Drittel der Minderheiten schrumpfen.
Autonomie und Standardsprache wichtig

Im Rahmen der Diskussion am Ende der Annual Minority Rights Lecture von Fernand de Varennes vorgestern in Bozen meldete sich aus dem Publikum auch Paul Videsott, Ladinist und Dekan der Fakultät für Bildungswissenschaften der Uni Bozen, zu Wort. Er habe die Gelegenheit gehabt, über die 360 Minderheiten in Europa zu forschen. Zwei Drittel davon seien im Laufe der letzten 30 Jahre drastisch geschrumpft. Daneben gebe es eine Gruppe von Minderheiten, über die man nichts sagen könne, da keine Daten verfügbar sind und nur 30-40 Minderheiten, die wachsen konnten.

Wenn man sich die Rahmenbedingungen für diese 30-40 Minderheiten ansehe, verfügten sie erstens über eine spezielle (auf sie zugeschnittene) Autonomie und hätten zweitens — soweit es sich dabei um sprachliche Minderheiten handelt — eine Standardsprache.

◊ ◊

Das sind freilich keine hinreichenden, aber doch sehr wichtige Bedingungen für die gedeihliche Entwicklung von Minderheiten. Und deshalb wäre es auch so dringend nötig, dass die ladinische Sprachgemeinschaft in Südtirol (und darüber hinaus) Möglichkeiten zur Selbstverwaltung bekommt und dass ihre Standardsprache endlich ernstgenommen, politisch anerkannt und angewandt wird.

Der UN-Sonderberichterstatter bat Videsott um Übermittlung seiner Forschungsergebnisse.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 | 1›

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Scharfe Kritik für »Ladins Dolomites«.

Auf Seite eins ihrer neuen Ausgabe befasst sich die Usc di Ladins damit, dass Alessandro Urzì (FdI) angeblich von den Ladins Dolomites zum Ansprechpartner im italienischen Parlament erkoren worden sein soll. Das findet das ladinische Wochenblatt alles andere als lustig. Die Bewegung, die diese Anerkennung ausgesprochen haben will, existiere faktisch nicht mehr, so wie es auch ganz allgemein keine unabhängige politische Vertretung der Ladinerinnen mehr gebe. In dem Leitartikel wird denen, die mit dem in Venetien gewählten italienischen Rechtsradikalen kuscheln, folgerichtig die Legitimität abgesprochen, dies im Namen der Ladinis Dolomites zu tun, einer historischen Bewegung, die — so die Redaktion — vielleicht eines Tages wieder auferstehen könnte.

Nicht nur weist die Usc in diesem Zusammenhang auf die »faschistische Flamme« im Parteisymbol von FdI hin; sie stellt auch klar, dass der Vorfall keineswegs nur als Provokation verstanden werden könne. Vielmehr handle es sich bei der Stellungnahme der angeblichen Ladins Dolomites um eine handfeste Beleidigung für alle Aktivistinnen, die sich in der seit dem Faschismus zerrissenen Ladinia leise engagieren.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3

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