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Autonomie im Tarnanzug.
Angst vor römischen Querschüssen

‘Bewegt euch nicht, lasst alles wie es ist, sonst wird noch jemand auf uns aufmerksam und kippt die »autonomen« Befugnisse’. So oder ähnlich könnte man die Warnung von Manfred Schullian (SVP) in einem Salto-Interview zusammenfassen.

Der Parlamentarier und Rechtsanwalt habe im Landwirtschaftsausschuss seiner Partei von einer Reform des Landschaftsschutzes abgeraten, weil damit das Risiko einer Anfechtung vor dem römischen Verfassungsgericht einhergehe, welches eine Einschränkung der autonomen Regelungsbefugnisse dekretieren könnte.

»Querschnittkompetenz« nennt Schullian eine Erfindung der Verfassungsrichterinnen, mit der sie ihre Zentralisierungswut rechtfertigen. Und diese Querschnittkompetenz könnte noch weitere Zuständigkeiten des Landes gefährden.

Regungslosigkeit und Unauffälligkeit sind schon länger zwei wichtige Maximen der Südtiroler Autonomiepolitik: So hatte Senator Karl Zeller (SVP) vor einiger Zeit darauf hingewiesen, dass er fast nie im Plenum des Senats spreche, um andere nicht auf Südtirol aufmerksam zu machen. Auch vor Bestrebungen, Südtirol und Trentino in Regionen zu verwandeln, warnte Zeller — aus Angst vor Verschlechterungen.

Wahrlich ermutigende Voraussetzungen für die Zukunft der Autonomie.

Siehe auch 1› 2›

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SVP sichert sich Monopol auf Panikmache.

Man kann getrost von einem historischen Durchbruch sprechen, den die SVP-Parlamentarier da in Rom erzielt haben. Zusammen mit Landeshauptmann Arno Kompatscher und Obmann Philipp Achammer wurde heute bei einer Pressekonferenz in der Brennerstraße der jüngste Verhandlungserfolg präsentiert. Karl Zeller und Co. ist es offenbar gelungen, beim italienischen Patentamt für die SVP das Monopol auf Panikmache zu erstreiten. “Das ist ein autonomiepolitischer Meilenstein und ein Freudentag für alle Südtirolerinnen und Südtiroler”, frohlockt Obmann Achammer, während er eine Träne zer- und ein Marillenmarmeladegipfele vom eigens angerichteten Festbuffet verdrückt.

SVP

Landeshauptmann Kompatscher pflichtet ihm bei und fügt hinzu: “Wenn einer das Volk verunsichern darf, dann sind wir das. Das haben wir nun auch schriftlich.” Zur nunmehrigen Abmachung soll es auch einen Briefwechsel zwischen dem österreichischen und dem italienischen Patentamt geben. “Unser Monopol ist somit international abgesichert”, weiß Rechtsexperte und Senator Karl Zeller zu berichten. “Aber nicht nur das: Die Südtirolfreunde Giorgio Napolitano, Edmund Stoiber und der Petzi-Bär haben versprochen, für die Einhaltung des Abkommens zu garantieren, solange sie einmal jährlich mit ihren Familien in Südtirol Urlaub machen dürfen.” Diese Kosten, sowie jene für die Anmeldung des Patents und des eigens angerichteten Festbuffets übernehme das Land natürlich gerne.

Auf die Panikmache der Dolomiten und der Altmandatare will die Volkspartei umgehend reagieren. “Der Launch einer landesweiten, flächendeckenden Imagekampagne steht unmittelbar bevor,” berichtet Renate Gebhard. Für die neue Plakatserie konnte der renommierte österreichische Grafikdesigner und Südtirolfreund Stefan Sagmeister gewonnen werden. Erste Entwürfe sind bereits durchgesickert und wurden auf der Pressekonferenz präsentiert.

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“Sagmeister ist es hervorragend gelungen, den Bogen zu einer unserer vorangegangenen Panikattacken zu spannen,” analysiert der Abgeordnete und Schöngeist Manfred Schullian. Da die Südtirolerinnen und Südtiroler bei den Parlamentswahlen mehrheitlich brav die SVP gewählt hätten, hätten die damals geäußerten Gefahren jedoch locker entschärft werden können, so Schullian weiter.

“Dem weiteren Entzug von Millionen und Abermillionen durch den Staat sind wir zuvorgekommen, indem wir freiwillig auf ein paar Milliarden verzichtet haben. Dieser Schachzug traf die Römer völlig unvorbereitet,” erläutert Albrecht Plangger die geniale SVP-Strategie. Eine ähnliche Taktik wurde in Sachen Staatskontrollen angewandt. “Auch in dieser Angelegenheit hat Südtirol seine Entscheidungsfreudigkeit und Flexibilität unter Beweis gestellt. Im Rahmen des Sicherheitsgipfels haben wir einfach auf eine vermehrte Präsenz der staatlichen Exekutive bestanden und nicht etwa gewartet, bis sie uns aufgedrängt wird,” wirft Landeshauptmann Kompatscher ein. Und auch die IMU-Steuer auf Südtiroler Eigentum habe man erfolgreich abwehren können. “Das Geld fließt zwar immer noch an den Staat, aber die Steuer heißt jetzt nicht mehr IMU sondern GIS. Die IMU-Gefahr ist also gebannt,” meint wiederum Plangger nicht ganz ohne Stolz. Das Toponomastikgesetz und die Handelsordnung sind hingegen noch vor dem Verfassungsgericht anhängig, aber auch da gibt es Licht am Ende des Tunnels. “Nachdem in Südtirol die Bezirksgerichte geschlossen wurden, ist es realistisch, dass früher oder später auch das Verfassungsgericht geschlossen wird. Dann treten unsere Gesetze automatisch in Kraft,” schlussfolgert Karl Zeller messerscharf. Die Bezirksgerichte waren somit das notwendige Bauernopfer um die anderen Regelungen durchzubringen. Der wohl größte Coup gelang aber in der Causa “Krankenbetten”: “In Innichen wird kein einziges Krankenbett abgebaut. Es ist eine Schweinerei, dass Schwangere als krank bezeichnet werden,” wettert Jungmutter Renate Gebhard, freut sich aber gleichzeitig über die zufriedenstellende und bürgernahe Lösung.

Einziger Wermutstropfen: Das Südtiroler Placet zum römischen Zentralismus, der mittlerweile – wie auch der Politologe Günther Pallaver und der Verfassungsexperte Francesco Palermo bestätigen – ja keine akute Gefahr für die Entwicklung Südtirols mehr darstellt, vergraulte alle anderen nach Autonomie strebenden Provinzen. “Wir haben hier keine Freunde mehr,” gibt ein etwas zerknirschter Daniel Alfreider zu.

Für “Mr. 110 Prozent”, Karl Zeller, bedeutet aber nicht einmal der nunmehrige Erfolg beim Patentamt das Ende der Fahnenstange. “Wir sind drauf und dran, uns auch das Monopol für die Deutungshoheit über die Realität zu sichern. Mehr kann ich dazu aber noch nicht sagen.”

Die Dolomiten und die Altmandatare wolle man jedenfalls sogleich mit Klagen bezüglich der Nichtbeachtung des Panikmonopols eindecken. “Es sei denn, die Ebners und der Durni zahlen unsere Schulden. Dann ziehen wir die Klagen sofort zurück”, erfährt hinter vorgehaltener Hand und zwischen Tür und Angel beim Hinausgehen von Senator Hans Berger.

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Ergebnis Parlamentswahl.

Parlamentswahl 2013.

In Südtirol hat die SVP deutlich besser abgeschnitten, als die Umfragen annehmen ließen. Sie konnte trotz der jüngsten Skandale im Wesentlichen ihr Ergebnis der Parlamentswahl 2008 wiederholen. Die dreiste Wahlkampagne hat angeblich gut funktioniert.

Im Senatswahlkreis Bozen-Unterland fuhr der gemeinsame Kandidat von SVP und PD, Francesco Palermo, mit 51,8% der Stimmen ein deutlich besseres Ergebnis ein, als Oskar Peterlini im Jahr 2008 (46,1%). Hans Berger (55,4%) und Karl Zeller (53,5%) konnten die Ergebnisse von Helga Thaler Außerhofer (59,0%) und Manfred Pinzger (53,7%) nur knapp nicht wiederholen.

Der prognostizierte freiheitliche Durchbruch trat nicht ein, obschon sich die Blauen in der Kammerwahl deutlich von 9,4% auf 15,9% verbessern konnten. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass diesmal die Union nicht angetreten war, die im Jahr 2008 4,2% der Stimmen auf sich vereinigen konnte. Der erhoffte siebte Senatssitz, der in der Region vergeben wird, ging an den PDL im Trentino.

Das Gesamtergebnis jener Südtiroler Parteien, die nicht einer Staatspartei angehören, hat sich in der Wahl zum Abgeordnetenhaus von 57,9 (2008) auf 60,1% (2013) verbessert.

Im Senatswahlkreis Brixen-Pustertal gingen 83,3% der Stimmen an Südtiroler Parteien (SVP, Freiheitliche und Grüne), im Wahlkreis Meran-Vinschgau 78,8% — im Jahr 2008 waren es hingegen nur 77,3% respektive 71,1% gewesen.

Die Kandidatur der Grünen mit SEL zur Abgeordnetenkammer war in Südtirol kein Erfolg. Die Liste erlangte hierzulande nur 5,2% der Stimmen und liegt damit hinter SVP, Freiheitlichen, PD, 5SB, PDL und Monti an siebter Stelle.

Nur aufgrund des Mehrheitsbonusses, der Mittelinks in der Kammer von rund 30% auf über 50% schnellen lässt, schafften Florian Kronbichler (SEL) und mit Manfred Schullian sogar ein vierter SVP-Mandatar den Einzug ins römische Parlament. Eine Stimme für Mittelinks (einschließlich SEL und SVP) war in der Kammer fast doppelt so viel wert, wie eine Stimme für eine andere Partei oder Koalition.

Trotz Mehrheitsbonus bleibt der Staat voraussichtlich unregierbar. Den klaren Verhältnissen in der Kammer, die auf den erwähnten Mehrheitsbonus zurückzuführen sind, steht ein Senat gegenüber, der gleichmäßig zwischen Mittelinks, Mitterechts und Beppe Grillo gespalten ist. Eine breite Mehrheit für Mittelinks ist sich — ein Jahr, nachdem Berlusconi aufgrund offensichtlicher Unfähigkeit zum Rücktritt gezwungen wurde — wieder nicht ausgegangen. Ausschlaggebend dürfte neben den überraschend guten Ergebnissen für das Mitterechtsbündnis insbesondere das Abschneiden des Populisten Beppe Grillo sein, der ein Regierungsbündnis mit anderen Parteien noch in der Nacht grundsätzlich ausschloss. Deutlich mehr als die Hälfte der Italiener wählten mit Mitterechts und Grillos Fünfsternbewegung antieuropäische Marktschreier.

Wird Bersani nicht Ministerpräsident, bleibt abzuwarten, wie sich die Aufgabe der Blockfreiheit für die SVP auswirkt.

Zu den Ergebnissen der Parlamentswahlen:

Südtirol: Senat [grafisch] | Abgeordnetenhaus [grafisch]
Italien: Senat | Abgeordnetenhaus

1) Im Vergleich zur Regenbogenliste

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Fällt die Raumordnung in Stücke?

Mit Urteil 114 vom 7. Mai 2012 hatte das Verfassungsgericht die abweichende Festlegung von Gebäudeabständen durch ein Landesgesetz gekippt. Bis heute herrscht vor allem eines: große Rechtsunsicherheit. Auch eine diesbezügliche Informationsveranstaltung von Land, Gemeindenverband und Berufskammern am 22. November änderte daran wenig, wie die Südtiroler Wirtschaftszeitung (SWZ) in ihrer dieswöchigen Ausgabe bestätigt. Der auf Baurecht spezialisierte Rechtsanwalt Manfred Schullian, der während der Veranstaltung einen Überblick über die derzeitige Rechtslage gab, wird vom Blatt wie folgt zitiert:

Er schloss mit einem Hinweis, den man salopp mit dem Hinweis “nix ist fix” zusammenfassen könnte […]

In einem aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht bedeutenden Sektor herrscht also seit nunmehr einem halben Jahr völlige Verunsicherung — und das inmitten der Wirtschaftskrise.

Noch besorgniserregender ist aber folgende Aussage der SWZ:

Was nicht gesagt wurde: Die Bestimmungen zur Landesraumordnung kommen immer öfter auch in Konflikt mit einem anderen staatlichen Gesetzgebungsmonopol, nämlich mit dem Wettbewerbsrecht. Auf dem Prüfstand des Verfassungsgerichts steht dabei derzeit die einschränkende Landesregelung für den Einzelhandel in Gewerbegebieten — und Fachleute gehen davon aus, dass auch die Konventionierung und darüber hinaus jedwede Bindung ins Visier der römischen Regierung kommen könnten.

Wahrlich, es ist nicht mehr weit bis zur Vollautonomie.

Siehe auch ‹1 ‹2

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