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Rückzug von BBD.

Am heutigen Mittwoch, 21. Juni 2017 wird der neue Obmann der Freiheitlichen, Andreas Leiter Reber um 10:30 Uhr auf einer Pressekonferenz im Garten des Hotel Mondschein in Bozen, mich (Wolfgang Niederhofer) als Koordinator der Arbeitsgruppe Autonomie und Selbstbestimmung der Öffentlichkeit präsentieren.

Meiner Zusage ging ein wochenlanges Abwägen der Für und Wider voraus. Und ich muss zugeben, dass mir kaum eine Entscheidung mehr Bauchschmerzen bereitet hat als diese.

Den Ausschlag zu meiner Zusage gaben letztendlich folgende Gründe:

  1. Eine berechtigte Hoffnung, dass es gelingt — so wie Andreas Leiter Reber auch mehrmals angekündigt hat —  die Freiheitlichen verstärkt als bürgerlich/liberale politische Kraft in der Mitte der Gesellschaft zu positionieren.
  2. Die Möglichkeiten dieses Referates zu nützen, um Themen wie den konsequenten Ausbau der Autonomie zur Vollautonomie und langfristig eine Weiterentwicklung zur vollen Eigenstaatlichkeit, verstärkt in der Mitte der Gesellschaft zu verankern.
  3. Die Entwicklung eines glaubwürdigen Projektes in den Bereichen Autonomieausbau und Eigenstaatlichkeit für italienischsprachige SüdtirolerInnen mit der entsprechenden Öffnung in diese Richtung

Der Abschied von fällt mir schwer. Dieser ist allerdings notwendig um die Plattform Brennerbasisdemokratie parteipolitisch unabhängig zu halten. Seit über 10 Jahren werden auf dem für mich wichtigsten Politblog Südtirols Ideen, Konzepte und Denkanregungen entwickelt, die eine Eigenstaatlichkeit Südtirols im gesamtgesellschaftlichen Sinne, das heißt unter Beteiligung und Inklusion aller in Südtirol lebenden Menschen, entwickelt.
Es ist dies für mich nach wie vor der einzige Ansatz der eine Diskussion über eine volle Eigenstaatlichkeit auf eine glaubwürdige und erfolgversprechende Basis stellt. Für mich werden die auf in den letzten Jahren entwickelten Ideen und Leitlinien weiterhin den wesentlichen Orientierungspunkt darstellen.

Ich wünsche der Plattform Brennerbasisdemokratie weiterhin viel Erfolg bei der Arbeit. Die Beiträge werden für mich weiterhin eine qualitativ hochwertige Quelle für Inspirationen und Denkanregungen sein.

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Autonomiekonvent — quo vadis?

Wie von mehreren Medien berichtet, hat Riccardo dello Sbarba (Grüne) während der Sitzung des K33 am Freitag, den 2. September 2016, der auch ich beiwohnte, den Verfassungsgesetzentwurf Nr. 2220 erwähnt. Es war Altlandeshauptmann Luis Durnwalder, der dies aufgriff und durch diese Initiative die Arbeiten des Konvents völlig konterkariert sieht.

Der Ärger des Altlandeshauptmannes ist durchaus nachvollziehbar, wurden die Arbeiten im Konvent der 33 in der Tat nie explizit mit anderen autonomiepolitischen Initiativen koordiniert oder abgesprochen. In puncto Informationsfluss zwischen Landesregierung, Landtag, Südtirols Parlamentariern im römischen Parlament und der Schutzmacht Österreich besteht noch beträchtlich Luft nach oben. So ist es vielleicht auch symptomatisch, dass ein Antrag vom K33-Mitglied Heinold Rottensteiner, die Schutzmacht Österreich verstärkt in den Informationsfluss über die Arbeiten im Konvent einzuknüpfen, vom Präsidium des K33 gar nicht zugelassen wurde.

Andererseits ist es allseits bekannt, dass der Inhalt des aktuellen Konvent-Eklats genau die Arbeitsweise ist, die auf römischem Parkett schon lange angewandt wird. Die Entwicklung der Südtirolautonomie folgt schon seit Jahren keinem nachvollziehbaren Konzept oder einer in einen geordneten Zeitplan eingebetteten Zielsetzung. In Hinterzimmerverhandlungen und langwierigen Feilschereien wird versucht, immer wieder etwas für Südtirol rauszuholen. Diese Vorgangsweise hat bis zu einem bestimmten Punkt durchaus ihre Berechtigung, allerdings ersetzen diese römischen Polit-Gepflogenheiten kein autonomiepolitisches Gesamtprojekt. Ein Gesamtprojekt, über das weder die derzeitige Landesregierung noch die Mehrheitspartei(en) verfügen.

Genau darin liegt auch nach dem jüngsten Eklat die Chance des Autonomiekonvents. In der Ausarbeitung der Grundlagen, die bei entsprechendem politischen Willen zu einem autonomiepolitischen Gesamtkonzept führen. Bei der Erarbeitung dieser Grundlagen darf es keine Tabus geben. Die Arbeiten müssen sich daran orientieren, was für die gesellschaftliche, soziale, wirtschaftliche und ökologische Entwicklung Südtirols erstrebenswert und wünschenswert ist.

In den letzten Monaten konnte sich durchaus der Eindruck verfestigen, dass die Wertschätzung der Arbeiten im Konvent vonseiten der Landesregierung und den Mehrheitsparteien nicht sonderlich ausgeprägt ist. Einer der Initiatoren des Konvents, Francesco Palermo, hat sich gar wie ein beleidigtes Kleinkind zurückgezogen, seitdem im Rahmen des Autonomiekonvents auch über Themen diskutiert wird, die seiner Meinung nach eine reine Zeitverschwendung darstellen. Zusätzlich haben die Mainstreammedien, insbesondere die sogenannten alternativen Medien, die Arbeiten im Konvent nicht inhaltlich kritisch und konstruktiv begleitet, sondern, wie so häufig bei autonomiepolitischen Themen, ihre Berichterstattung in erster Linie mit Polemik darüber garniert, dass anscheinend bestimmte Kreise die Agenda des Konvents dominieren.

Da verwundert es doch einigermaßen, wenn Alexandra Aschbacher im Leitartikel der ff Nr. 36/2016 unter anderem folgendes über den Konvent schreibt:

Einer Veranstaltung, deren partizipativen und ergebnis­offenen Charakter viele noch immer nicht verstehen wollen oder können.

Fragt sich, ob Südtirols Medien, einschließlich ff, verstanden haben, was partizipativ und ergebnisoffen bedeutet? Partizipativ und ergebnisoffen bedeutet, dass es bei den Arbeiten im Konvent keine Tabuthemen geben darf. Die Südtiroler Mainstreammedien haben in den letzten Jahren keinen großen Beitrag zur Aufarbeitung südtirolspezifischer Reizthemen, wie z.B. Vollautonomie oder Selbstbestimmung geleistet. Allzu häufig werden nicht einmal die Begrifflichkeiten richtig verwendet.

In diesem Zusammenhang gilt es vielleicht auch zu erwähnen, dass Altlandeshauptmann Luis Durnwalder beileibe nicht das erste Mitglied des Konvents der 33 ist, das mit Rückzug droht. Landtagspräsident Roberto Bizzo drohte schon am 13. Juni 2016 über die Zeitung A. Adige, er würde sich vom Konvent zurückziehen, wenn dort über die Selbstbestimmung diskutiert wird. Einen Tag vorher, am 12.06.2016 kam Claudio Corrarati, ebenfalls Mitglied des K33, im A. Adige zu Wort und mokierte sich darüber, dass im Konvent über das Thema Selbstbestimmung gesprochen wird, dass dies die Kompetenzen überschreite und die Diskussionen mehr von den “tecnici”, also Juristen, bestimmt werden sollten. Kein sonderlich ergebnisoffener Ansatz.

Sollten sich die Diskussionen im Konvent der 33 tatsächlich lediglich auf die juristische Ebene und Gepflogenheiten römischer Hintergrundverhandlungen beschränken, kann man die Arbeiten tatsächlich beenden. Es ist dies das Terrain, das die SVP einigermaßen beherrscht und abdeckt.

Es war unter anderem der Altlandeshauptmann Luis Durnwalder, der hier ein Plädoyer für mehr politische Visionen hielt und ebenfalls anmerkte, dass man sich im Zuge der Arbeiten im Konvent auch zum Thema Selbstbestimmung äußern müsse. Im Übrigen animierte auch Landeshauptmann Arno Kompatscher in seinem Impulsreferat vom 10. Juni 2016 im Konvent der 33 durchaus zu Vorschlägen, die über das Klein-Klein der Tagespolitik hinausgehen.

Der Autonomiekonvent kann unter folgenden Umständen durchaus noch zu einem Erfolg werden:

  1. Die Arbeiten im Konvent der 33 sollen nicht mit einem juristischen Proseminar verwechselt werden, sondern es soll ergebnisoffen über sämtliche autonomen Zuständigkeiten und neu einzufordernden Kompetenzen diskutiert werden, die für eine wünschenswerte gesellschaftliche, soziale, wirtschaftliche und ökologische Entwicklung Südtirols notwendig sind.
  2. Formell handelt es sich beim Konvent um ein Hilfsorgan des Südtiroler Landtages. Abgesehen davon obliegt es den Migliedern des Konvents und vor allem auch dem Präsidium des Konvents, die Aufgaben visionär zu interpretieren oder sehr einschränkend und restriktiv auszulegen. Letzteres wäre in der Tat wenig zielführend, ersteres verspricht Frischluft für die autonomiepolitische Stagnation in der sich Südtirol befindet.
  3. Die Hauptrolle des Konvents ist die eines Ideengebers. Es ist durchaus vorstellbar, dass sich aus den Arbeiten im Konvent neue autonomiepolitische Dynamiken entwickeln. Warum sollte der Südtiroler Landtag morgen nicht ebenso einen Vollautonomiekonvent oder Selbstbestimmungskonvent einsetzen, der auf Grundlage eines gesellschaftlich breit angelegten Prozesses über die Zukunft Südtirols diskutiert und Wege auslotet, die Ergebnisse auch umzusetzen?
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Stellungnahme zu meiner Wahl in den K33.

Nach der Polemik um die gestrige Wahl meiner Person in den Konvent der 33 folgende Klarstellungen:

  1. Über die nicht sehr wahrscheinliche, aber trotzdem mögliche Nominierung meiner Person im Landtag, zur Wahl für den Konvent der 33, habe ich die Mitautoren des Blogs Brennerbasisdemokratie nicht informiert. Hierfür übernehme ich die Verantwortung.
  2. Am Montag, 4. April 2016, fand am späten Nachmittag ein kurzes Kaffeehaustreffen mit Roland Tinkhauser (Landtagsabgeordneter der Südtiroler Freiheitlichen) statt. Dieser fragte mich, ob mich eine Mitarbeit im Konvent der 33 (K33) reizen würde. Die Minderheitenfraktionen hätten die Möglichkeit 5 KandidatInnen zu nominieren und diese müssten nicht zwingend MadatarInnen sein. Er schränkte die Wahrscheinlichkeit einer Nominierung und Wahl dahingehend stark ein, dass diese davon abhänge wieviel gewählte MandatarInnen letztendlich Interesse am K33 hätten und wie die Zusammensetzung der Geschlechter und Sprachgruppen aussieht.
  3. Zu keinem Zeitpunkt des Gesprächs gab es auch nur ansatzweise eine Andeutung den parteiunabhängigen Charakter meiner Person zu konditionieren oder in Frage zu stellen. Ich stellte auch klar, dass ich mich im Falle einer Wahl als parteiunabhängiger, freier Bürger Südtirols verstehen würde.
  4. Die Nominierung hatte nur eine äußerst geringe Chance und rückblickend erfolgte sie nur deshalb, da einige Parteien der politischen Minderheit auf die Nominierung eigener MandatarInnen verzichteten.
  5. Es muss in diesem Zusammenhang den Einbringern meiner Nominierung und einigen Vertretern der Minderheitsfraktionen des Südtiroler Landtages hoch angerechnet werden, dass sie durch diese Nominierung zusätzlich einem parteiunabhängigen Bürger Südtirols die Mitarbeit im K33 ermöglicht haben.
  6. Den vielen Gratulanten zu meiner Wahl in den K33 möchte ich danken. Dies soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass vielen BürgerInnen Südtirols der Autonomiekonvent völlig unbekannt ist. In diesem Sinne sollten wir uns als Mitwirkende an diesem Prozess auch nicht zu wichtig nehmen und in erster Linie konstruktiv die Möglichkeiten nützen an einem Zukunftsentwurf für Südtirol mitgestalten zu können.
    Bei der Mitarbeit im K33 handelt es sich um ein ehrenamtliches, sehr zeitintensives, politisches Engagement. Neben den voraussichtlich zweiwöchentlich am Samstag stattfindenden Treffen, verlangt dieses Engagement auch viel Zeit für eine seriöse Vorbereitung. Eine zeitliche Planung, die es mit meiner Familie und meinem Betrieb zu koordinieren gilt.
    Nichtsdestotrotz freue ich mich sehr auf diese Herausforderung und verstehe dies als einen Beitrag für die Entwicklung Südtirols im Rahmen der Überzeugungen, Werte und Ideale, die mein Handeln auch in der Vergangenheit geprägt haben.
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Generalangriff auf das Südtiroler Genossenschaftswesen.

Zwischen Selbsthilfe und Marktlogik, so lautet der Titel eines Buches über die Geschichte des Südtiroler Genossenschaftswesens, herausgegeben vom Raetia-Verlag. Das gut funktionierende und bestens organisierte Genossenschaftswesen ist eine der Säulen der Südtiroler Wirtschaft. Schon ab 1870 entstanden im historischen Tirol die ersten Genossenschaften.  Man orientierte sich während der Boomphase, die bis etwa 1900 anhielt, an den Grundideen von Friedrich Wilhelm Raiffeisen. Mit dem ersten Weltkrieg begann eine Krise, die in Südtirol mit der vehementen Bekämpfung des Genossenschaftswesens durch das faschistische Regime gipfelte. Die Erholung setzte erst in der Nachkriegszeit ein.

Genossenschaften kombinieren in gewisser Weise die Vorzüge des marktwirtschaftlichen Modells mit den Anforderungen nach sozialem Ausgleich und Umverteilung. Das Konzept der Selbsthilfe ohne Gewinnabsicht in dem Sinne, dass keine Gewinne ausgewiesen werden dürfen, vermeidet einerseits die Auswüchse des globalisierten, neoliberalen Raubkapitalismus und andererseits die totalitäre Versuchung sozialistisch/kommunistischer Ideologien. Ein Modell, das für die alpine Welt, mit seinem alten System der “Allmende”, dem alten germanischen Gemeinbesitz an Grund und Boden, mit einem vorbildhaft funktionierenden Vereinswesen, das beispielsweise in der Lage ist, ein mustergültig organisiertes, freiwilliges Feuerwehrwesen auf die Beine zu stellen oder mit dem alten Prinzip der dörflichen Nachbarschaftshilfe, wo die DorfbewohnerInnen kleiner Tiroler Bergdörfer auch schon mal in kürzester Zeit das abgebrannte Wohnhaus eines Nachbarn wiederaufbauten, geradezu prädestiniert ist.

Dieses Südtiroler Modell der Genossenschaften sieht sich zusehends existentiellen Angriffen aus Rom ausgesetzt. Besonders die Raiffeisenkassen werden derzeit akut in ihrer Unabhängigkeit und wirtschaftlichen Existenz bedroht.

So ist es derzeit mehr als unsicher, ob die 47 Südtiroler Raiffeisenbanken ihre Eigenständigkeit behalten können und im Zuge der italienischen Genossenschaftsbankreform eine eigene Landesgruppe gründen können. Der römische Ministerrat um Ministerpräsident Matteo Renzi hat den Südtirol-Passus bekanntlich aus dem Gesetzesdekret zur Reform der Genossenschaftsbanken gestrichen. Sollte es hier nicht in letzter Sekunde doch noch auf dem Verhandlungswege eine eigenständige Lösung geben, wäre dies für Südtirols Raiffeisenkassen und für die Südtiroler Wirtschaft eine Katastrophe.

Noch zwei weitere Ereignisse sollen hier in Erinnerung gerufen werden: Im Herbst 2015 mussten Südtirols Raiffeisenbanken im Zuge der wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Banca Marche, Banca Popolare dell’Etruria, Cassa di Risparmio di Ferrara und Cassa di Risparmio di Chieti 7,5 Millionen Euro zur Sanierung beisteuern. Allein die Raiffeisenkasse Bruneck musste innerhalb weniger Tage eine halbe Million Euro flüssig machen. Letztendlich zahlen Südtirols BankkundInnen die Zeche für römische Raubrittermethoden.

Erst kürzlich hat die italienische Wettbewerbsbehörde das im Jahr 2014 gegen einige Lokalbanken eröffnete Verfahren abgeschlossen. Sie ist dabei laut Südtirol News vom 04.03.2016 zum Schluss gekommen, dass einzelne Raiffeisenkassen zusammen mit dem Raiffeisenverband und der Raiffeisen-Landesbank ein Kartell gebildet und damit gegen die Bestimmungen zum Schutz des Wettbewerbs verstoßen haben.

Die Wettbewerbsbehörde leitete daraufhin gegen die genannten Banken Ermittlungen ein, die Anfang 2015 auf den Raiffeisenverband Südtirol, die Raiffeisen Landesbank und 14 Raiffeisenkassen ausgedehnt wurden. Der Vorwurf der Absprache zur Anwendung eines einheitlichen Mindestzinssatzes zwischen den Lokalbanken konnte nicht bestätigt werden. Dem Raiffeisenverband, der Raiffeisen Landesbank und einigen Raiffeisenkassen wird hingegen ein nicht wettbewerbskonformer Informationsaustausch mit dem Ziel der Koordinierung der Marktpolitik und damit Kartellbildung vorgeworfen, dies insbesondere bei der Bepreisung von Wohnbaudarlehen.

Herbert von Leon, Obmann des Raiffeisenverbandes, dazu: “Die Entscheidung der Wettbewerbsbehörde trifft uns hart und ist nach unserem Verständnis nicht nachvollziehbar. Mit dieser Entscheidung wird das genossenschaftliche Prinzip an sich in Frage und an den Pranger gestellt. Was wir tun, ist nichts anderes als eine genossenschaftliche Zusammenarbeit im Sinne des Subsidiaritätsprinzips, die wir seit über 100 Jahren pflegen und die auch im deutschsprachigen Ausland ähnlich funktioniert”.

Die einzelnen Raiffeisenkassen bieten ihre Bankdienstleistungen der Bevölkerung in ihrem Tätigkeitsgebiet an, eine Zusammenarbeit gibt es bei Diensten, die für einzelne Raiffeisenkassen zu komplex oder kostspielig sind. Die Preise der Bankprodukte werden jedenfalls von den einzelnen Raiffeisenkassen individuell festgelegt, was die unterschiedlichen Zinsstrukturen beweisen. Die verhängten hohen Geldstrafen seien deshalb umso verwunderlicher, weil Raiffeisen mehrfach nachweisen konnte, dass die in Südtirol angewendeten Konditionen italienweit zu den besten zählen

So der Sachverhalt laut Südtirol News vom 04.03.2016.

Der Raiffeisenverband führt unter anderem für Südtirols Raiffeisenbanken das Rechenzentrum. Ein Rechenzentrum, das unter anderem auch den Südtiroler Bedürfnissen nach Mehrsprachigkeit nachkommt. Andere Südtiroler Banken haben diesen Dienst längst nach Norditalien ausgelagert. Jedenfalls ist es ein Widerspruch, dass man einerseits Südtirols Raiffeisenbanken über eine gesamtstaatliche Holding gleichschalten will und andererseits genossenschaftliche Zusammenarbeit auf Landesebene von der Wettbewerbsbehörde drakonisch bestraft wird.

Letztere hat Verwaltungsstrafen um die 26 Millionen Euro verhängt. Sollte es hier beim zuständigen Verwaltungsgericht zu keiner Revision des Urteils kommen, bezahlt wiederum Südtirols Wirtschaft die Zeche.

Alle drei Episoden belegen, dass mit diesem Staat kein Staat zu machen ist und kontinuierlich wertvolle Ressourcen damit vergeudet werden müssen, um die Auswüchse des römischen Zentralismus soweit abzuschwächen, dass er nicht den Kern des Südtiroler Gesellschaftsmodelles zerstört.

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Berbersprache nun auch in Algerien offiziell.

Nach Marokko hat nun auch Algerien das Berberische zur offiziellen Amtssprache erklärt. Vor der islamisch/arabischen Expansion, die im 7. Jh. begann, gab es in Nordafrika ein berberisches Dialektkontinuum. Heute vermutet man, dass noch etwa 40 Millionen Menschen in Nordafrika Berberdialekte sprechen. Die regionalen Varianten der Berbersprachen in Marokko und Algerien werden unter dem Sammelbegriff Tamazight bezeichnet. In Marokko schätzt man die Sprecher auf 12 bis 15 Millionen in Algerien auf 6 bis 13 Millionen.

Die Ureinwohner Marokkos und Algeriens erhalten damit erstmals kulturelle und sprachliche Rechte. Während der französischen Kolonialzeit wurde das Berberische zurückgedrängt und in der Phase des algerischen Unabhängigkeitskampfes gab man sich eine arabisch-islamische Identität, die keinen Raum für andere Sprachen, Religionen oder Kulturen ließ. Engagement zugunsten des Berberischen wurde gar als Neokolonialismus bekämpft.
Erst mit dem Beschluss des algerischen Parlamentes Anfang Februar 2016 kann nun neben Marokko auch in Algerien Tamazight in offiziellen Dokumenten verwendet werden, wie auch als Schulsprache und in staatlichen Radio- und Fernsehsendern.

Tamazight ist somit in Algerien oder Marokko rechtlich bessergestellt als etwa das Sardische auf Sardinien, das lediglich als Minderheitensprache anerkannt ist, aber nicht den Status einer offiziellen Amtsprache hat.

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Bargeldlos volle Kraft in die Postdemokratie.

Mittlerweile häufen sich die Forderungen zur Abschaffung des Bargeldes. Beschränkungen bei der Bezahlung mit Bargeld bestehen schon in verschiedenen Ländern und immer häufiger wird die völlige Abschaffung des Bargeldes von den USA bis Europa in den buntesten Farben als Fortschritt geschildert. Was da nicht alles versprochen wird. Von der Abschaffung der Schwarzarbeit ist die Rede, die organisierte Kriminalität würde wirksam bekämpft und im übrigen ist es sowieso schneller, bequemer, sicherer und kostengünstiger ohne Bargeld zu verkehren.

Wer schon mal an der Supermarktkassa warten musste bis Vorderfrau/Vordermann die Bancomatkarte aus der Brieftasche kramt, diese in das entsprechende Lesegerät einführt und den Pin-Code eintippt, um einen Betrag von 5 Euro 90 zu bezahlen, mag den Geschwindigkeitsvorteil schon mal ernsthaft anzweifeln, der hier angepriesen wird. Dieses Argument fällt sowieso in die Kategorie der peanuts, wenn wir die gesamte Dimension einer bargeldlosen Welt beleuchten. In Zukunft soll ja mit dem Smartphone kontaktlos bezahlt werden. Alles wird virtuell, der Bezug zu Zahlen geht vollends verloren. Während Ebbe in der Brieftasche noch eine nachvollziehbare Größe darstellt, verlieren sich die Bytes, die zwischen Banken hin und hergeschoben werden, völlig im Virtuellen.

Selbst die flächendeckende Bekämpfung der Schwarzarbeit ist volkswirtschaftlich nur oberflächlich betrachtet der große Wurf. Schon vor Jahrzehnten beschrieb die renommierte Wirtschaftszeitung The Economist, dass Schwarzarbeit bis zu einer bestimmten Größenordnung volkswirtschaftlich sogar ein Vorteil ist und zwar immer dann, wenn es sich um Mikro-Transaktionen handelt, die sonst nicht stattfinden würden. Diese Gelder kommen häufig den unteren Einkommensschichten zugute und werden schon beim übernächsten Schritt wieder Teil des legalen Wirtschaftskreislaufes, da sie 1 zu 1 in den Konsum fließen. Zudem kann, wie die FAZ schon vor etlichen Monaten aufgezeigt hat, auch in einer bargeldlosen Welt Schwarzarbeit vergütet werden, etwa durch Tauschgeschäfte, Fremdwährungen oder Kreativbezahlungen, wie z.B. Amazon-Gutscheine.

Die organisierte Kriminalität beeindruckt dies sowieso nicht. Die programmieren sich notfalls, immer laut FAZ, ihre eigenen Zahlungssysteme. Zudem, ganz glaubwürdig klingt der Aktionismus pro Abschaffung des Bargeldes in dieser Hinsicht ohnehin nicht. Steueroasen und kriminelle Geldströme könnte man bereits heute bei entsprechendem politischen Willen wirksamer austrocknen.

Ob bargeldlose Zahlungsmethoden mehr Sicherheit als Geldscheine bieten und kostengünstiger sind ist ebenfalls mehr als unsicher. Bis heute werden Bancomatkarten geklont, Kreditkartendaten missbraucht und Kontodaten geklaut. Mir wurden innerhalb 6 Wochen zwei Kreditkarten, da jemand meine Daten verwendete, automatisch gesperrt. Einmal als ich in Siebenbürgen (Rumänien) unterwegs war. Glücklicherweise verlasse ich mich als alter Globetrotter sowieso am liebsten auf Bargeld und ich geriet in keinen Engpass.
Die zu erwartenden Bankgebühren für den lückenlosen bargeldlosen Zahlungsverkehr dürften wohl ebenfalls kaum kostengünstiger sein als das heutige Bargeldsystem. Auch wenn der Konsument davon direkt nichts merkt. Irgendwo müssen auch heute schon die Kreditkarten- und POS-Gebühren in den Endpreis eingerechnet werden.

Trotzdem sind die Argumente zu mehr Sicherheit, mehr Bequemlichkeit und wirksamer Bekämpfung der Kriminalität reine Ablenkungsmanöver vom großen, geplanten Wurf unserer »Eliten« aus Politik und Großfinanz.

Die eigentliche Gefahr besteht in der Durchleuchtung unseres gesamten Zahlungsverhaltens und in der Möglichkeit der Zentralbanken und Finanzministerien zum totalen Durchgriff.

Stichwort gläserner Bürger: Schon heute hinterlassen wir eine Unmenge an Spuren, die unser Leben beinahe lückenlos nachverfolgen lassen. Durch die völlige Abschaffung des Bargeldes bewegen wir uns in eine neue Dimension. Jede auch noch so kleine Zahlung lässt sich nachvollziehen. Und von jedem Menschen lässt sich problemlos ein Konsumprofil erstellen. Schon heute besteht kein wirksamer Datenschutz. Auch in Zukunft gäbe es keine Garantie, dass diese hochsensiblen Daten nicht Akteuren in die Hände fallen, die daraus den größten Nutzen ziehen.

Stichwort Zentralbanken: Es ist ein offenes Geheimnis, dass die meisten westlichen Industriestaaten nicht in der Lage sind ihre exorbitanten Staatsschulden mit herkömmlichen Methoden (Reduzierung der Staatsausgaben, Erhöhung der Steuereinnahmen, Steigerung des Wirtschaftswachstums) zu tilgen. Da braucht es nun kreativere Methoden. Negativzinsen heißt das Zauberwort. Die FAZ vom 2.02.2016, »Wem nützen Negativzinsen?« bringt die Sache folgenderweise auf den Punkt:

Ein Negativzins ist nichts anderes als eine Art Geschenk: Nicht der Schuldner muss für den Kredit einen Zins zahlen, sondern der Anleger muss dafür zahlen, dass der Schuldner Geld von ihm annimmt. Negative Zinsen verteilen Vermögen von Gläubigern zu Schuldnern um.

Würden Vermögen auf Bankkonten nun durch Negativzinsen bestraft, würden die Sparer massiv auf Bargeld ausweichen. Das Horrorszenarium des Bankensystems. Und nun klingelt es. Wenn es kein Bargeld mehr gibt, kann auch niemand mehr darauf ausweichen.
Die Wirtschaftswoche beschreibt den Mechanismus wie folgt:

Weil die Zinssätze schon nahe null sind, könnte die Geldhaltung auf Konten mit negativen Zinsen bestraft werden. Wer Geld bei der Bank parkt, zahlt eine Gebühr. Normalerweise würden die Menschen dann auf Bargeld ausweichen, der Negativzins würde wirkungslos. Können sie aber nicht mehr bar bezahlen, würde das Geld auf die Konten getrieben – oder ausgegeben. So könnte der Konsum angekurbelt werden.

Der moderne Bürger wird zur gläsernen Konsummaschine, während unsere politische Elite mit den Steuergeldern noch leichtsinniger umgehen kann. Negativzinsen fressen auch die Staatsschulden auf.

Und was passiert, wenn man gegen diese Orwell’sche Überwachung aufbegehrt? Ja, dann steht dem Staat eine sehr wirksame Methode zur Verfügung. Entweder es wird das Konto oder das Smartphone gesperrt, und der unbequeme Bürger ist enteignet.

Klingt nach Verschwörungstheorie. Um es nicht soweit kommen zu lassen, braucht es wieder ein geschärftes Bewusstsein für die demokratisch-freiheitlichen Errungenschaften, die in den letzten Jahrhunderten mühevoll erarbeitet und erkämpft wurden. Schon heute entscheiden nicht mehr die Parlamente (z.B. TTIP Verhandlungen) über die wesentlichen Entscheidungen, und ohne wirksame direktdemokratische Mechanismen haben die BürgerInnen ohnehin nur alle 4 bis 5 Jahre die Möglichkeit, indirekt mitzubestimmen. Und selbst die sogenannte vierte Gewalt gefällt sich zusehends in der Rolle als Regierungsprecher, anstatt wirksam Kontrolle auszuüben.
Postdemokratie ante portas?

Übrigens, Bargeld ist in Münzen geschlagene Freiheit. Jeder Bürger kann ohne großen Aufwand durch mehr Bargeldzahlungen einen Beitrag zur Verteidigung dieser bürgerlichen Freiheit leisten.

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Verwaltungsgericht gegen Sprachgleichstellung.

Die Tageszeitung berichtete am 21. Jänner 2016 darüber, dass Cristian Kollmann von der STF zweimal beim Verwaltungsgericht mit einem Rekurs gegen Einsprachigkeit bei der italienischen Post abgeblitzt ist.

Vorvergangenes Jahr (Urteil 236/2014) hatte das Verwaltungsgericht Kollmanns Rekurs gegen eine Reihe einsprachiger Formulare, die der Aktivist der Südtiroler Freiheit in einem Postamt aufgelesen hatte, als unzulässig abgewiesen. “Es fehlte ihm jegliches aktuelles Interesse auf Nichtigkeitserklärung der mitgenommenen Formulare”, hieß es in der Urteilsbegründung.

Das Gericht entdeckte zudem keinen Nachweis, dass Kollmann ein Telegramm verschicken wollte – er hatte auch einen ausschließlich italienischen Telegramm-Vordruck angefochten.

In der Folge reichte Kollmann immer laut TAZ einen zweiten Rekurs ein:

Das Gericht sprach im Urteil 236/2014 von einem “Missbrauch der Nichtigkeitsklage” und verdonnerte Kollmann zur Zahlung von 500 Euro.

Kollmann bemängelte mit seinem zweiten Rekurs die Einsprachigkeit der Zahlungsaufforderung und beantragte ihre Nichtigkeit. “Im Anlassfall handelt es sich um eine Zahlungsaufforderung, die nicht mit dem Postdienst im Zusammenhang steht. Eine rein zivilrechtliche Angelegenheit zwischenzwei privaten Rechtsträgern, aber keine hoheitliche Verwaltungsmaßnahme”, heißt es dazu im nun ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts, das Kollmanns Rekurs gegen die Zahlungsaufforderung folglich abgewiesen hat.

Nun, was lehrt uns diese Geschichte:

  1. Artikel 99 des Autonomiestatuts schreibt fest, dass die deutsche und die italienische Sprache in Südtirol gleichgestellt sind. Dies scheint in vielen Bereichen nach wie vor lediglich ein Papierartikel zu sein und immer wieder versucht die italienische Gerichtsbarkeit diese Gleichtstellung einzuschränken. So etwa als der EuGH Italien dazu verurteilte, die Gleichstellung der Sprachen auch für alle EU-Bürger und in Folge auch für Nicht EU-Bürger herzustellen. ‹1 ‹2
  2. Nun argumentiert das Verwaltungsgericht dahingehend, dass Kollmann kein Anrecht auf zweisprachige Formulare hätte, da ihm jegliches aktuelle Interesse fehle und auch kein Nachweis erbracht wurde, dass Kollmann tatsächlich ein Telegramm versenden wollte.
    Mit anderen Worten: Wenn jemand in Südtirol in einem öffentlichen Gebäude die Gebrauchsanweisung für den Feuerlöscher nur auf Italienisch vorfindet, wäre dies dann auch kein Verstoß gegen die Gleichstellung der Sprachen. Es liegt ja kein aktuelles Interesse vor. Dieses liegt erst dann vor, wenn der Dachstuhl lichterloh brennt und der Feuerlöscher tatsächlich verwendet werden muss.
    Ein höchst sonderbarer Ansatz unseres Verwaltungsgerichtes.
  3. Das zweite Urteil befreit die Post von der Verpflichtung, eine Zahlungsaufforderung auch auf Deutsch zuzusenden, weil das nicht zum Kerngeschäft der Post zählt.
    Auch dies ein höchst sonderbarer Ansatz, der die deutsche Sprache in Südtirol zur Sprache der 2. Liga degradiert und die Gleichstellung der Sprachen nicht neuen Erfordernissen anpasst.
  4. Es fällt auf, dass Verstöße gegen die Zweisprachigkeit vorwiegend von Parteien aufgeworfen werden, die laut einer These des Politologen Günther Pallaver — deren wissenschafliche Begründung wohl nur er selber kennt und sich jeglicher objektiver und seriöser Grundlage entziehen dürfte — autonomiefeindlich sind.
  5. Der SVP scheinen diese Verstöße ziemlich gleichgültig zu sein. Erst kürzlich erklärte Landeshauptmann Kompatscher, dass ihn die Verletzung der Zweisprachigkeit nerve. Fast klang dies so, als ob er offenlassen wollte, ob ihn mehr die Verstöße oder das beherzte Engagement der STF nerve.
  6. Den sogenannten Autonomieparteien wie PD und Grüne usw. — immer laut Günther Pallavers abenteuerlicher Einteilung in autonomiefreundliche und autonomiefeindliche Parteien — scheinen diese Verstöße sowieso völlig egal zu sein. Man philosophiert in diesen Kreisen lieber über den plurilinguismo und über die Immersionsschule. Damit dürfte man das Kind dann vollends mit dem Bade ausschütten.
  7. Ein wesentlicher Teil des Engagements der sogenannten Selbstbestimmungsparteien gilt Themen, die eigentlich zum Kernbereich der sogenannten Autonomieparteien zählen, die aber von letzteren in keiner Weise wahrgenommen werden.

Langer Rede kurzer Sinn: Die lingua franca nazionale spielt in Südtirol in der Champions League und Deutsch muss sich in wesentlichen Bereichen immer noch mit der Kreisliga begnügen. All dies 27 Jahre nachdem mit dem DPR 574/1988 die Durchführungsbestimmungen zur Gleichstellung der Sprachen erlassen wurden.
Und anstatt diese Durchführungsbestimmungen progressiv neuen Entwicklungen anzupassen, versucht die Gerichtsbarkeit, den Anwendungsbereich laufend einzuschränken.

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Tag der Trikolore.

Am 7. Jänner begeht Italien den »Tag der Trikolore«. Der Südtiroler Schützenbund und die Rechtsparteien rebellieren. Der Landeshauptmann beschwichtigt: Alles halb so wild.

So der Aufmacher von Südtirol Online am 6. Jänner.

Wenn es um die nationalstaatliche Symbolik geht, gleichgültig ob es um die Trikolore oder um Südtiroler SportlerInnen im italienischen Nationalteam geht, ist immer alles halb so problematisch. Es wird relativiert und das Problem als unbedeutend dargestellt. Die Gefühle derjenigen SüdtirolerInnen, die mit der nationalstaatlichen Symbolik ein Problem haben, werden bagatellisiert oder lächerlich gemacht.

Nicht so umgekehrt. Als vor etlichen Jahren einige Unterlandler Gemeinden die Andreas-Hofer-Hymne, die die offizielle Tiroler Landeshymne ist, zur Gemeindehymne erheben wollten, waren die Befindlichkeiten derjenigen SüdtirolerInnen, die damit ein Problem haben könnten, plötzlich von großer Bedeutung.

Wobei man beide Symbole nicht einmal direkt vergleichen kann: Hier die italienische Trikolore als Symbol, das einen nationalstaatlichen Narrativ verkörpert, also für einen Teil der SüdtirolerInnen immer ausschließend wirkt; und dort die Tiroler Landeshymne, für die es sogar eine italienische Variante gibt und die somit zumindest vom historischen Kontext unser mehrsprachiges Land verkörpert, auch wenn zeitgemäßere Südtiroler Symbole durchaus wünschenswert wären.

Wenn wir in den nationalstaatlichen Narrativen gefangen bleiben wollen, könnten wir ebensogut am 26. Oktober die österreichische Flagge auf allen öffentlichen Gebäuden hissen, da Österreich ja schließlich die Schutzmacht Südtirols ist; oder gar am 3. Oktober, wenn wir es ganz nationalstaatlich machen wollen, die deutsche Flagge, da Südtirol ja in bestimmter Weise Teil des deutschen Kultur- und Sprachraumes ist. Mal sehen, was da unsere Relativierer vom Dienst so von sich geben würden und ob da etwaige Befindlichkeiten auch bagatellisiert bzw. lächerlich gemacht würden.

Das Online-Portal Salto hat zu diesem Thema etliche Bürgermeister befragt: Merans Bürgermeister Paul Rösch hätte, wäre er schon im Amt gewesen, die Trikolore sogar zum 100-jährigen Eintritt Italiens in den 1. Weltkrieg gehisst. Der Hoffnungsträger Rösch überspringt die sich bietenden Fettnäpfchen nur ungern.
Ansonsten wird bei den drei befragten Bürgermeistern abgewiegelt: Man habe wichtigeres zu tun. Bleibt noch die Frage, wie das Regierungskommissariat, das die Gemeinden zum Trikolore-Hissen ja immer penibel auffordert, reagieren würde, wenn der eine oder andere Bürgermeister, da es ja anscheinend ein »problema di secondo piano« (Salto) ist, dem Hissen der Trikolore nicht nachkommen würde?
Da wäre dann wohl Schluss mit lustig und die Carabinieri würden einschreiten, wie damals bei den Wanderschildern.

Noch eine Frage: Wie gedenkt denn unser Landeshauptmann Fortschritte im Bereich Autonomie-Patriotismus zu erreichen, wenn im Zweifelsfall immer die nationalstaatlichen Symbole zum Zug kommen? Den Vorschlägen in Richtung Südtiroler Symbolik, wie z.B. eigenständige Südtiroler Sportmannschaften, erteilt die Autonomie-Patriotismuspartei ja immer eine Absage.

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