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Unterschriften gegen Waffenlieferungen.
Nützliche Idioten

Ende April und im Mai sammelt die Initiative Referendum Italia per la Pace Unterschriften für ein Friedensreferendum. Ziel der Friedensbewegten ist es, die italienischen Waffenlieferungen an die Ukraine zu unterbinden. Da standen wohl die deutsche Linke Sahra Wagenknecht und die Feministin Alice Schwarzer mit ihrem Manifest Pate.

Sie, die angeblichen Friedensbewegten, gehen davon aus, dass die Ukraine ohne westliche Waffenhilfe aufgeben wird, der Krieg also endet und dann Frieden herrscht.

Die Ukraine wird auf die russisch besetzten Gebiete von der Krim bis in den Donbas wohl verzichten müssen. Die Lieferung westlicher Waffen kann dann unterbleiben, die EU-Sanktionen können wieder aufgehoben werden, der Rückkehr in die Normalität steht nichts mehr im Weg. Für den Westen, für die Italiener.

Was dann passiert geht uns nichts an, um dieser Logik zu folgen. Ob es dann sehr viele Butschas geben wird, Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung, noch mehr Kinder-Deportationen, wen kümmert es? Die Friedensbewegten nicht.

Mit anderen Worten, der waffenliefernde Westen und die sich verteidigende Ukraine sind die Kriegstreiber, nicht Russland, das vor einem Jahr die Ukraine überfallen hat.

Über die Initiative wird sich der Kreml tierisch freuen, die Friedensbewegten agieren als nützliche Idioten der russischen Kriegsmaschinerie. Sie betreiben eine unglaubliche Täter-Opfer-Umkehr. Die Friedensbewegten sind nicht mit den Opfern solidarisch, sondern mit den Aggressoren.

Die Referendums-Aktivisten fordern die italienische Regierung auf, die Bürgerinnen und Bürger über die Waffenlieferungen entscheiden zu lassen. Lieferungen, die gegen die italienische Verfassung verstoßen, warnen die »Kriegsgegner«. Sie sind überzeugt, dass eine große Mehrheit die militärische Unterstützung der Ukraine ablehnt.

Die geistigen Vorfahren der Pazifisten sammelten in den 1980er Jahren noch Spenden für den Kauf von Waffen für den sandinistischen Widerstand in Nicaragua, solidarisierten sich mit dem palästinensischen Terror, warnten vor friedlichen Grenzänderungen in Europa, noch viel mehr vor gewaltsamen, militärischen Grenzänderungen. Die Friedensbewegten scheinen dies zu akzeptieren, schweigen darüber.

Wie schon in den 1990er Jahren im Bosnien-Krieg. Das kriegsführende Serbien und seine Milizen zerschlugen das multinationale Bosnien, Teile des Westens halfen tatkräftig mit. Westeuropäische Staaten bestraften das sich wehrende Bosnien mit einem Waffenembargo. Die Friedensbewegten applaudierten. Die Folgen des Embargos sind bekannt.

Den italienischen Gegnern von westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine schwebt wohl ähnliches vor. Die Ukraine soll der russischen Aggression geopfert werden. Für den Frieden. Pazifisten, Beton-Linke, nützliche Idioten des Kremls, die widerstandsleistende Ukrainerinnen und Ukrainer als eine Gefahr für ihr Leben, ihren Widerstand als einen Angriff auf ihr Leben sehen. Das teurer empfunden wird als ukrainisches Leben.

Damit befasst sich das Trio Aleksandra Konarzewska, Schamma Schahadat und Nina Weller in Alles ist teurer als ukrainisches Leben: Texte über Westsplaining und den Krieg. Es ist ein schonungsloses Buch. Westsplaining meint die westliche herablassend-paternalistische Haltung von Intellektuellen gegenüber Europäerinnen und Europäern aus Osteuropa. Alles ist teurer als ukrainisches Leben, der Wohlstand, die eigene Freiheit, die eigene Welt, die mit der Ukraine nichts zu tun haben will.

Für diese Öffentlichkeit gilt die Ukraine als Hinterhof Russlands, nicht als Vorhof der EU. Diese Öffentlichkeit wird politisch vertreten von Teilen der Linken und der SPD, begeistert von der AfD und der großen Leugnergemeinde unterschiedlicher Couleur, in Italien von den außerparlamentarischen radikalen Linken und Rechten, von der Lega, von Forza Italia.

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Autorinnen und Gastbeiträge

»Alles ist teurer als ukrainisches Leben.«

Ein Teil der europäischen Öffentlichkeit fühlt sich keineswegs mit den überfallenen Ukrainerinnen und Ukrainern solidarisch.

Das ist auf Kundgebungen der Friedensbewegten zu hören: »Was geht uns die Ukraine an?«. Sie, Pazifisten, Beton-Linke, nützliche Idioten des Kremls, lehnen westliche Waffenlieferungen an die Ukraine ab. Sie protestieren nicht gegen den russischen Staat und seine Armee, sondern gegen die widerstandsleistenden Ukrainerinnen und Ukrainer. Ihren Widerstand empfinden die »Kriegsgegner« im Westen als einen Angriff auf ihr Leben. Das teurer empfunden wird als ukrainische Leben.

Damit befassen sich Alek­san­dra Konar­zewska, Schamma Schahadat und Nina Weller in ihrem Alles ist teurer als ukrai­ni­sches Leben: Texte über West­s­plai­ning und den Krieg (edition.fotoTAPETA). Ein schonungsloses Buch, das den grenzenlos toleranten Westlern den Spiegel vorhält. Alles ist teurer als ukrainisches Leben, ja: der Wohlstand, die eigene Freiheit, die eigene Welt, die mit der Ukraine nichts zu tun haben will.

Für diese Öffentlichkeit gilt die Ukraine als Hinterhof Russlands, nicht als Vorhof der EU. Diese Öffentlichkeit wird politisch vertreten von Teilen der Linken und der SPD, begeistert von der AfD und der großen Leugner-Gemeinde unterschiedlicher Couleur.

Keine Ahnung von Russland

Das Herausgeberinnen-Trio und die vielen Mitautoren wie Vasyl Cherepanyn, Kateryna Mishchenko, Wolodymyr Rafejenko oder Oksana Sabuschko — um nur einige zu nennen — setzten sich mit dem »Westsplaining« auseinander. Der Begriff bezieht sich auf die westliche, herablassend-paternalistische Haltung von Intellektuellen gegenüber Europäerinnen und Europäern aus Osteuropa. »Liebe westeuropäische Intellektuelle«, schreibt der polnische Schriftsteller Szczepan Twardoch

ihr habt keine Ahnung von Russland. Russland hat euch nie berührt, weder euch noch eure Vorfahren. Ihr versteht es nicht, noch weniger versteht ihr Osteuropa …

– Szczepan Twardoch

So kümmern sich westliche, besonders deutsche, Intellektuelle wenig um die russische koloniale Missachtung des Selbstbestimmungsrechts der »kleinen Nationen«. Auch dort wütete der deut­sche Kolo­nia­lis­mus des Dritten Reichs, in Polen, in der Ukraine, in Belarus. Dieser Teil der deutschen Geschichte verschwindet noch immer in der Lücke der Vergangenheitsbewältigung. Erfolgreich verdrängt wurde der Hitler-Stalin-Pakt von 1939 — von den Rechten und den Linken.

Den Fokus auf den russischen Kolonialismus richtet das FATA collective mit seiner Ausstellung in der Neuen Gesellschaft für bildende Kunst in Berlin. Es ist eine beeindruckende Dokumentation über die immer noch anhaltenden Auswirkungen des russischen Kolonialismus auf ethnische Minderheiten. Zurecht fragt sich die FAZ »macht Hass auf den Kapitalismus blind für Stalins und Putins Untaten?«. Ist Russland antikolonial, antiimperialistisch? Deutsche Linken glauben das.

Auch Pazifisten und sonstige Friedensbewegte, die aus Angst vor einem Atom­krieg bereit sind, die Kriegsverbrechen und den gezielten Terror in den von Russ­land besetz­ten Gebie­ten zu akzeptie­ren. Ihrer Friedenssehn­sucht ordnen sie den Unfrieden der Ukrainer unter, der russische Eroberungskrieg in der Ukraine wird verdrängt, nicht erwähnt, igno­riert.

Die deutsche Moskau-Connection

Intellektuelle erhöhen die russische Literatur, ihr ver­klärter Blick darauf verhindert, die auch impe­ria­len Ideen in der verherrlichten russischen Literatur zu erkennen. Russ­land wird mystifiziert, die deut­schen Sla­wis­tik konzentriert sich auf Russ­land. Angefeuert wurde dies auch von der SPD mit ihrer Ostpolitik, dokumentieren Reinhard Bingener und Markus Wehner in Die Moskau Connection – Das Schröder-Netzwerk und Deutschlands Weg in die Abhängigkeit.

Die geistige Kumpanei mit Russland führt Sebastian Christ auf das Erbe des nicht auf­ge­ar­bei­te­ten deut­schen Impe­ria­lis­mus in Ost­eu­ropa zurück. Oder auf die Idee einer »beson­de­ren Bezie­hung« zwischen den eins­ti­gen Impe­rien Deutsch­land und Russ­land. »Dieser Blick auf die Welt, der Länder und Völker in gleich­wer­tige und nicht gleich­wer­tige Gesprächs­part­ner ein­teilt, ist typisch für das Erbe des Imperialismus«, analysiert Christ auf ukraineverstehen.

Friedensbewegte, Pazifisten, Gegner von Waffenlieferungen an die Ukraine verdrängen — offenbar eine weitverbreitete deutsche Eigenschaft — in ihrem Engagement gegen die Ukraine die Vergewal­ti­gun­gen und sexu­elle Folter russischer Soldaten, Wagner-Söldner, tschetschenischer Islamisten und linksradikaler »Internationalisten« der Donbasser »Volksrepubliken«. Massenhafte sexuelle Gewalt gehört bereits seit 2014 zum Kriegs­all­tag in der Ukraine.

Eine Abtei­lung der ukrai­ni­schen Staats­an­walt­schaft ent­wi­ckelt besondere Ermitt­lungs­stra­te­gien für sexu­elle Gewalttaten. Das Netzwerk The Reckoning Project – Ukraine Testifies sammelt Informationen aus den russisch besetzten ukrainischen Regionen. Dokumentationen, die tatsächlich belegen, dass alles teurer ist als ukrainisches Leben.

Weit mehr als 400 Milliarden US-Dollar beträgt der Schaden, den die Armee des russischen Staates in der Ukraine mit ihrem Eroberungskrieg bereits verursacht hat. Der Wie­der­auf­bau­ wird noch weit teurer werden. Endlich Zeit, die ständig wachsenden Milliardenvermögen der russischen Oligarchen, die auch in den europäischen Banken deponiert sind, zu beschlagnahmen. Sie waren und sind die Nutznießer des größten Mafiastaates der Welt. Warum sollen europäischer Steuerzahlerinnen und -zahler für Schäden der russischen Invasion aufkommen? Derweil wirbt der russischen Kriegspräsident Putin für Kriegsteilnehmer, er appelliert an die »echte Männlichkeit«. Dafür bekommt er Applaus, von den AfD-Kameraden, den Wagenknecht-Genossinnen, wohl auch vom Ostausschuss der deutschen Wirtschaft.

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Pro Femina in Südtirol.

Laut UT24 hat der deutsche Beratungsverein für »Schwangere in Not« Pro Femina seinen Hauptsitz von Heidelberg nach Bozen verlegt. In Deutschland seien die Büros der Organisation des Öfteren von Linksextremistinnen attackiert, »Scheiben eingeschlagen, Hundekot in den Briefkasten gesetzt und weiteres Ungemach veranstaltet« worden. Als dann eine Regierungspartei in Berlin den habe »verbieten« wollen, sei der Hauptsitz nach Südtirol verlegt worden.

Tatsächlich gibt Pro Femina im Impressum eine Anschrift in der Altstadt von Bozen sowie eine Eintragungsnummer der Südtiroler Handelskammer an. Das Spendenkonto liegt bei der hiesigen Sparkasse.

Worum geht es? Das fundamental christliche »Sozialunternehmen« mit beschränkter Haftung, das auch unter dem Aktionsnamen 1000plus auftritt, ist seit Jahren darauf spezialisiert, Frauen »im Schwangerschaftskonflikt« vor allem online und telefonisch zu »beraten«, und zwar so, dass ein Schwangerschaftsabbruch möglichst abgewendet werden kann. Der Fokus soll dabei folgerichtig nicht auf dem Wohl der Beratenen und schon gar nicht auf einer selbstbestimmten Entscheidung liegen, sondern auf dem sogenannten »Lebensschutz«1gemeint ist das ungeborene Leben und nicht jenes der Schwangeren — wofür mit zulässigen, aber auch mit unlauteren Methoden am Rande der Legalität gearbeitet wird.

Das fängt schon beim Namen an: der sei laut Kritikerinnen so gewählt, dass er leicht mit dem etablierten Beratungsangebot von Pro Familia verwechselt werden kann. Das Original sah sich mehrfach dazu veranlasst, vor Verwechslungen zu warnen. Denn im Unterschied zu Pro Familia berät Pro Femina nicht ergebnisoffen und stellt auch keine — in Deutschland für einen Schwangerschaftsabbruch nötigen — Beratungsscheine aus. Aufgrund dieser Tatsache, auf die meist nur am Rande (bzw. im Kleingedruckten) hingewiesen wird, verlieren Betroffene oft wertvolle Zeit und können so die gesetzliche Frist für eine Abtreibung verpassen. Zudem sollen Frauen bei der Beratung übereinstimmenden Berichten zufolge psychisch unter Druck gesetzt, manipuliert und bewusst getäuscht werden, damit sie einen gewollten Abbruch nicht durchführen lassen. Sogar Geld werde ihnen angeboten, wenn sie die Schwangerschaft fortsetzen.

Bei weitem nicht nur Linksextreme sehen das Gebaren von Pro Femina äußerst kritisch. Die SPD hatte sich für eine Schließung der Berliner Büros starkgemacht. Sowohl Hessen als auch das nicht unter Linksextremismusverdacht stehende Bayern prüfen, dem Verein zumindest die Verwendung des Begriffs »Schwangerenkonfliktberatung« zu untersagen; und auch das (ehemalige) Heimatbundesland von Pro Femina, Baden-Württemberg, überlegt rechtliche Schritte.

Sogar katholische Bistümer wie jene von Augsburg, Speyer oder Freiburg i. B. haben Aktionen der umstrittenen »Lebensschützerinnen« verboten — und ihre Pfarreien vor einer Zusammenarbeit mit der Organisation gewarnt.

Der Pro-Femina-Vorsitzende Kristijan Aufiero wird mit der irreführenden und polarisierenden Aussage zitiert:

Die Massenabtreibung in Deutschland ist ein Phänomen der massenhaft unterlassenen Hilfeleistung.

Jetzt versucht er sein Glück in Südtirol — im politischen Asyl, wie es auf UT24 heißt.

Siehe auch 1›

  • 1
    gemeint ist das ungeborene Leben und nicht jenes der Schwangeren
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Autorinnen und Gastbeiträge

Europäische Heuchler.
Katar-WM

Die angebliche Wertegemeinschaft der Europäer ist nicht mehr als Schall und Rauch

Der unsympatische FIFA-Chef Gianni Infantino weiß worüber er spricht, wenn er die Europäer als Heuchler beschimpft. Infantino, Bürger Katars und Freund der dortigen elitären Oligarchen, wurde nicht von ungefähr Nachfolger des genauso unsympathischen Joseph Blatter, auch er Schweizer.

Infantino führt fort, was Blatter anstieß. Menschenrechte? Fehlanzeige. Unter der Regie von Blatter vergab die FIFA die Fußball-WM an Russland und an Katar. An zwei Staaten, die das glatte Gegenstück zur rechtsstaatlichen EU sind. Seit Februar führt Russland Krieg gegen die Ukraine, Katar hält Arbeitssklaven, verfolgt Schwule und Lesben, finanziert islamistische Terrormilizen in Syrien. Egal, so lange das Geschäft stimmt, kümmert sich im Westen weder die Wirtschaft noch ihre politischen Fürsprecher darum. Klassische Heuchelei, dokumentiert GfbV-Referent Kamal Sido die westliche Doppelmoral.

Deutschland, der Möchtegern-Musterknabe, exerzierte dies in den vergangenen 30 Jahren im Lichte der Öffentlichkeit vor. SPD wie CDU gingen vor dem russischen Präsidenten Putin in die Knie, manövrierten die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft in die energiepolitische Abhängigkeit des mafiösen russischen KGB-Staates. Auf Kosten der Osteuropäer — Deutschland verkaufte die Ukraine an Russland, primär waren für deutsche Politiker die angeblichen russischen Sicherheitsinteressen, nicht jene der Ukraine. Das gab es schon einmal, als sich Hitler und Stalin das östliche Mitteleuropa aufteilten.

Katar ist wie Russland, reich an begehrten Rohstoffen. Das Land besitzt mehr als zwölf Prozent der weltweiten Gasreserven und zählt zu den wichtigsten Exporteuren von Flüssiggas (LNG). Seine gewaltigen Einnahmen aus der Erdgasproduktion investierte Katar in den internationalen Märkten und baute damit seine wirtschaftlichen Partnerschaften aus. Gazprom lässt grüßen.

Katar ist durch und durch islamistisch, mit dem Iran und mit der Türkei befreundet, finanziert die antiisraelische palästinensische Hamas, hält Kontakte zu den afghanischen Taliban, sucht diversifizierend die diplomatische Nähe zu westlichen Staaten und kauft großzügig deutsche Rüstungsgüter. Fast ein Drittel der deutschen Rüstungsexporte ging 2019 nach Katar. Besonders schwungvoll war der Waffenhandel zwischen Deutschland und Katar in der Ära Merkel. Diese Haltung verwundert nicht: Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) polierte das Image von Katar auf. Katar, angeblich ein prowestlicher Vermittler. Eine wissenschaftliche Schönfärberei, Selbstbetrug oder — um Infantino zu zitieren — unterwürfige Heuchelei?

Heuchelei pur. Infantino kennt seine Pappenheimer, die deutsche Nationalmannschaft und die übrigen europäischen Teams. Sie kündigten großspurig an, mit Protestbinden bei den WM-Spielen auftreten zu wollen. One love, als Protestnote gegen das Hater-Regime von Katar. Die europäischen Mannschaften wollen für ihre Werte einstehen: Rechtsstaat, Demokratie, Freiheit, Menschenrechte. Die milliardenschwere und diktatorenfreundliche FIFA untersagte den Auftritt mit den Armbinden. Die Teams aus Europa knickten ein. Peinlich, zum Schämen.

Das Gegenstück dazu ist das iranische Team. Beim Abspielen der Nationalhymne schwiegen die Spieler »lautstark«, in Solidarität mit ihren protestierenden Landsleuten. Das iranische Fernsehen brach die WM-Übertragung ab. Sollten die iranischen Fußballern in ihre Heimat zurückkehren wollen, drohen ihnen harte Konsequenzen. Den mit Protestbinden auflaufenden schwerverdienenden europäischen Fußballer wäre nach ihrer Rückkehr nach Europa nichts passiert. Infantino beschimpfte die Europäer nicht zu Unrecht als doppelmoralische Heuchler.

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Z: Niedersachsen gegen Kriegssymbol.

Der Innenminister von Niedersachsen, Boris Pistorius (SPD), hat angekündigt, dass das Land gegen die Verwendung des russischen Kriegssymbols »Z« hart vorgehen werde. Sein Ministerium habe die Polizeidirektionen des norddeutschen Bundeslandes angewiesen, genau zu beobachten, ob jemand das »Z« öffentlich als Zeichen der Unterstützung des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zur Schau stelle, etwa auf Demonstrationen. Nach Pistorius’ Auffassung könne die öffentliche Billigung des russischen Überfalls als »Störung des öffentlichen Friedens« eingestuft und geahndet werden. Bei konkretem Verdacht solle die Polizei die Tat konsequent verfolgen.

Der Buchstabe »Z«, der seit Beginn des von Wladimir Putin angeordneten völkerrechtswidrigen Krieges gegen die Ukraine als Erkennungszeichen auf Panzern, Fahrzeugen und Uniformen zu sehen ist, hat sich schnell zum Symbol für die Unterstützung des russischen Angriffs entwickelt. Mit dieser Bedeutung ist das Symbol nicht nur in Russland, sondern inzwischen auch in vielen anderen Ländern aufgetaucht.

Niedersachsen nutzt nun einen autonomen Handlungsspielraum, den Südtirol nicht hat, um gegen dieses neue Kriegs- und Gewaltsymbol vorzugehen.


Nachtrag vom 26. März 2022: Bayern hat sich nun Niedersachsen angeschlossen.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3

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Berlin will enteignen.

Parallel zur Wahl des Bundestags sowie zum Abgeordnetenhaus des Landes Berlin waren die Einwohnerinnen der deutschen Hauptstadt gestern dazu aufgerufen, sich zur Überführung von Immobilien in Gemeineigentum zu äußern. Betroffen wären von dem nicht bindenden Volksbegehren sämtliche privaten Wohnungsunternehmen mit über 3.000 Wohnungen — was insgesamt rund 240.000 von etwa 1,5 Millionen Wohnungen im Land Berlin beträfe.

Das Votum der Berlinerinnen war diesbezüglich von überraschender Deutlichkeit: über 56% der Abstimmenden befürworteten die Initiative, 39% lehnten sie ab. Somit ergeht an die neue Landesregierung — den Senat — auch gleich ein klarer Auftrag, in dieser Angelegenheit tätig zu werden, um Wohnraum der Spekulation und dem Profit zu entziehen.

Im Vorfeld der Landeswahl hatte SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey noch verkündet, eine Vergesellschaftung werde es mit ihr nicht geben. Nun will die wohl baldige neue Bürgermeisterin von Berlin zumindest die rechtliche Umsetzbarkeit des Vorhabens prüfen lassen. Die knapp unterlegene Spitzenkandidatin der Grünen, Bettina Jarasch, kündigte an, das Ergebnis des Volksbegehrens in die Koalitionsverhandlungen einbringen zu wollen.

Einen von der rot-rot-grünen Koalition 2020 beschlossenen Mietendeckel hatte das Bundesverfassungsgericht im März 2021 gekippt.

Wie auch immer die konkrete Lösung aussieht, der Ausgang des Volksbegehrens zeigt klar, dass die Bevölkerung beim Wohnraum akuten Handlungsbedarf sieht.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3

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Anton-Wilhelm-Amo-Straße.

Am vergangenen Donnerstag (20. August) hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) des Stadtteils Berlin Mitte die Umbenennung der M*****straße beschlossen.

Bereits Anfang Juli hatten die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) angekündigt, der gleichnamige U-Bahnhof werde bald den Namen der nahegelegenen Glinkastraße tragen. Doch schnell wurde klar, dass auch das ein Fehlgriff war: Der russische Komponist Michail Iwanowitsch Glinka war selbst Nationalist und Antisemit.

Nun wird also nicht nur die Station, sondern gleich die ganze Straße umbenannt: in Anton-Wilhelm-Amo-Straße. Amo war im 18. Jahrhundert der erste Philosoph und Gelehrte afrikanischer Herkunft im heutigen Deutschland. Der Entscheid fiel klar, aber nicht einstimmig: CDU und AfD befürworteten die Beibehaltung der als diskriminierend empfundenen Benennung. SPD, Linke und Grüne zogen die Sache aber durch.

P. S.: In Südtirol müssten wir uns womöglich darüber unterhalten, ob nicht Mohrenstraße besser und melodischer klingt.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4

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Thüringen kriegt die Kurve.

Nach dem gestrigen Wahlskandal im bislang rot-rot-grün regierten Freistaat ist nun der mithilfe von CDU und AfD ins Amt gehievte Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) wieder zurückgetreten. Er, der die Wahl zunächst angenommen hatte, macht somit den Weg für Neuwahlen frei — oder: »Ende des tausendminütigen Reiches«, wie auf Twitter (Extra 3) sarkastisch gewitzelt wurde.

Der Rücktritt ist dabei wohl weniger auf ehrliche Einsicht in der Fünfprozentpartei, als vor allem auf die Empörung zurückzuführen, die Kemmerichs Wahl sowohl auf Bundes-, als auch auf internationaler Ebene verursacht hat. Gerade noch konnte so der thüringische Karren, der die Fahrbahn bereits verlassen hatte, zurück in eine demokratische Spur gebracht werden.

Die Abwehrkräfte haben — buchstäblich in letzter Sekunde — funktioniert. Welchen Schaden diese Entgleisung hinterlässt, wird sich aber erst noch zeigen müssen.

In Südtirol hingegen sind die Dämme längst gebrochen: Vettorato, Bessone und Mattei mögen nicht Björn Höcke sein, doch ihre Partei hat keinerlei Berührungsängste mit den äußersten Feinden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Und ihr Anführer, Matteo Salvini, reizt die Grenzen des Sagbaren schon mal gern mit einem Mussolini-Zitat aus.

Vor allem aber hat sich die SVP nicht (wie es in Thüringen im Raum stand) von den Rechtsradikalen tolerieren lassen, sondern offen mit ihnen paktiert und eine Regierung gebildet. Das hat noch einmal eine andere Dimension.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6 ‹7 ‹8 ‹9

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