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Fall Egonu, der fromme Wunsch des Landeshauptmanns.

Die Volleyballspielerin Paola Egonu will — vorerst oder endgültig — nicht mehr im italienischen Nationalteam spielen, weil sie es satt hat, gefragt zu werden, ob sie denn überhaupt eine (»richtige«) Italienerin sei.

Rassismus und Nationalismus

Man muss weiß sein und möglichst akzentfrei Italienisch sprechen, um eine Italienerin zu sein. Und man muss eine Italienerin sein, um für Italien anzutreten.

Das sind Erwartungen, die sich mehr oder weniger direkt von der Definition eines Nationalstaats ableiten. Deshalb lassen sich die damit einhergehenden Diskriminierungen auch nur in einem gewissen Maße abschwächen und unter Kontrolle bringen, aber nicht überwinden.

Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) hat Egonu gestern in einem FacebookEintrag seine Solidarität ausgesprochen — wobei er auch auf ähnliche Erfahrungen hingewiesen hat, die Südtiroler Athletinnen immer wieder gemacht haben:

Solidarität mit Paola Egonu! Leider kommt es immer wieder vor, dass AtlethInnen, die für das italienische Nationalteam antreten, aufgefordert werden, ihre ‚italianità‘ unter Beweis zu stellen, beziehungsweise sich dazu zu bekennen. Auch SüdtirolerInnen waren in der Vergangenheit häufig davon betroffen. Dieser stumpfsinnige Nationalismus mit der unsäglichen Idee einer Nation mit einheitlicher Sprache, Kultur, Religion und ‘Rasse’ hat im 20. Jahrhundert zu Vernichtungskrieg und Völkermord geführt. Unser gemeinsames Europa baut auf den Ideen des Humanismus und der Aufklärung auf; unser Streben nach Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Demokratie kann nur funktionieren, wenn es von Offenheit, Respekt und Toleranz getragen wird. In Vielfalt durch eine gemeinsame Wertehaltung geeint zu sein, sollte und muss doch gerade in der Welt des Sports nicht nur Möglichkeit sondern vorbildhafte Selbstverständlichkeit sein.

— LH Arno Kompatscher

Schöne Worte, und ich meine das ernst, doch leider stehen sie im Widerspruch zur nationalstaatlichen Essenz. Sie lassen sich nur in dem Maße verwirklichen, wie der Nationalstaat selbst überwunden wird.

Es wäre aber natürlich schon viel erreicht, wenn uns wenigstens die schlimmsten Exzesse in Hinkunft erspart blieben.

Paola Egonu ist für ihre Konsequenz, ihre Situation öffentlich gemacht und eine Grenze gezogen zu haben, zu bewundern und zu danken. Südtiroler Athletinnen reagieren auf ähnliche Anfeindungen — voraus- oder nacheilend — häufig mit noch übertriebenerer Anpassung, Unterordnung und übersteigertem Nationalismus.

Wobei sich aber die Ausgangslage, trotz der vom Landeshauptmann festgestellten Analogie, in einem wesentlichen Punkt unterscheidet: Egonu »darf nicht« (eine »richtige«) Italienerin sein, obschon sie es möchte (da die ideelle Zugehörigkeit zum Nationalstaat auf angeborenen Merkmalen und nicht auf dem Willen beruht), während Südtirolerinnen deutscher und ladinischer Sprache nicht etwas anderes als Italienerinnen sein dürfen. Da sie aufgrund von Name und/oder Akzent häufig verdächtigt werden, im nationalstaatlichen Sinne gar nicht dazuzugehören, werden sie immer wieder dazu aufgefordert, ihre unbedingte Treue unter Beweis zu stellen.

In beiden Fällen wird über die allfälligen Wünsche und Gefühle der Betroffenen hinweg entschieden und diskriminiert.

Dass sich daran gerade in einem Land, in dem 2022 so viele Menschen eine postfaschistische Mehrheit ins Parlament wählen, in naher Zukunft etwas Wesentliches ändern wird, halte ich für einen frommen Wunsch.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6 ‹7 | 1› 2›

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Spotify dank Barça auf Katalanisch.

Noch im laufenden Oktober wird Spotify die katalanische Sprachversion seiner Webseite sowie der Apps für iOS und Android freischalten. Das kündigte der Präsident des FC Barcelona, Joan Laporta, am gestrigen Sonntag an. Der Webdienst ist seit einigen Monaten Hauptsponsor der Herren- und Damenfußballmannschaften des Vereins. Der Club habe von Anfang an betont, dass Spotify eine katalanische Version anbieten müsse, wenn das Unternehmen als Sponsor von Barça aufscheint — denn das sei die offizielle Vereinssprache. Man habe sich die Übersetzung aber auch vertraglich zusichern lassen. Erste Funktionen sollen inzwischen bereits auf Katalanisch verfügbar sein.

Das sprachliche und ganz allgemein das gesellschaftliche Engagement des Rekordvereins sind seit jeher beeindruckend, er wirft dafür immer wieder sein sportliches Renommée und seine wirtschaftliche Macht in die Waagschale.

Siehe auch ‹1 ‹2 / ‹3 ‹4

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Autorinnen und Gastbeiträge

Das andere Italien der Giorgia Meloni.

Die italienische Rechte und ihre Pläne für ein »neues«, anderes Italien

Erhält das Rechtsbündnis von und um Giorgia Meloni von den rechtsradikalen Fratelli d’Italia am 25. September die Parlamentsmehrheit, wie es die Umfragen erahnen lassen, werden die bisherigen Fundamente dieser Republik ausgetauscht.

Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi will die parlamentarische Demokratie abschaffen, umwandeln in eine Präsidialdemokratie. Nicht der vom Parlament gewählte Ministerpräsident ist der starke Mann, sondern der direkt vom »Volk« gewählte Präsident. Alle Macht dem Präsidenten, nicht light, sondern die ganze Macht an Berlusconi. Er will damit diese Republik auf dem Misthaufen der Geschichte entsorgen.

Die Frage ist, ob die Partner Fratelli und Lega bei diesen Gedanken- und Machtspielen von Berlusconi mitspielen wollen. Das käme ihrer Entmachtung gleich.

Matteo Salvini von der Lega war einmal schon ein mächtiger Mann, Innenminister von Ministerpräsident Conte. Großes bekam Salvini nicht auf die Reihe. Er löste kurzerhand Integrationsmodelle auf, Flüchtlinge und Migranten wurden aus betreuten Strukturen geworfen, führte einen juristischen Krieg gegen deutsche Seenotrettungs-NGOs im Mittelmeer. Tanto fumo, poco arrosto die Bilanz der Arbeit des ehemaligen Innenministers.

Im Netzwerk der europäischen Rechten forderte Salvini eine andere EU, die Auflösung ihrer heutigen Form, dazu gehört auch Distanz zur NATO, weniger übernationale Staatenbünde, mehr Nationalstaat. Salvini biedert sich dem ungarischen Ministerpräsidenten Orban und dessen Freund Putin an. Er suchte die Nähe zu den »Faschisten des 21. Jahrhunderts«, zu Casa Pound, seine Anhänger besuchten das Grabmal des faschistischen Diktators Mussolini in Predappio. Föderalismus ade, das alte Konzept, ab stramm nach rechts.

Auf dem Weg dorthin wurde Salvini von Meloni und ihren Fratelli überholt. Laut Umfragen pendeln die Fratelli zwischen 23 und 25 Prozent. Die politischen Enkel des alten Faschismus greifen nach der Macht. Man stelle sich vor, in Deutschland könnte die rechtsradikale AfD ähnliche Werte erreichen.

Für Meloni hingegen wird ein Wahlsieg real. Obwohl — oder weil — für sie Mussolini ein guter Politiker war (Berlusconi lobte einst Mussolini als zupackenden Staatsmann), der Faschismus — seine Bewegung — aber nicht die ihre, also kein Grund, sich zu distanzieren. Auch eine Art, mit Geschichte umzugehen. Im Parteizeichen der Fratelli flackert die Trikolore, das Erbe des Movimento Sociale MSI, gegründet von ehemaligen faschistischen Hierarchen. Das schreckt WählerInnnen nicht ab, im Gegenteil, das scheint anzuziehen. Eine Flamme, die italienische Holocaust-Überlebende fürchten.

Ungeniert trat Meloni in Andalusien bei den spanischen Neofaschisten von der Vox auf, mit lauten Tönen wetterte sie gegen die liberale Gesellschaft und liberale Demokratie, 2015 forderte Meloni pro-österreichische Südtiroler auf, nach Österreich auszuwandern. Es darf aber auch angenommen werden, dass es genügend SüdtirolerInnen gibt, die die radikale Ausländerfeindlichkeit der Meloni begeistert teilen.

Da mag viel rechtsradikaler Theaterdonner dabei zu sein, aber das autonome Südtirol wird sich nach dem 25. September warm anziehen müssen. Die rechte Allianz hat die besten Aussichten, mit einer Verfassungsmehrheit in das Parlament gewählt zu werden. Die Chance, am Autonomiestatut — ein Verfassungsgesetz — Hand anzulegen. Ein alter Wunsch der alten und neuen Faschisten. Ob Österreich als Schutzmacht mit seinen wenigen Panzern Südtirol zur Hilfe eilt, Selbstbestimmung für Südtirol?

Mit ihrer wahrscheinlichen Verfassungsmehrheit erhalten die Fratelli d’Italia das Instrument in die Hand, die Südtirol-Autonomie einzustampfen. Dafür könnte der Neo-Parlamentarier Alessandro Urzì sorgen, der für seine Fratelli in einem »sicheren« Wahlkreis kandidiert und dort deshalb wohl auch gewählt wird. Urzì kann das Erbe seines Großvaters antreten, der nach dem Ersten Weltkrieg als Exekutor des italienischen Sieges über Österreich-Ungarn nach Südtirol kam.

Wohin die italienische Reise mit Meloni gehen wird, darüber geben einige ihrer Gesetzesentwürfe von 2018 Aufschluss. Entwürfe, die darauf abzielen, die Verfassung abzuändern. Das Beispiel ganz konkret: Meloni möchte die Artikel 97, 117 und 119 aus der Verfassung streichen, Artikel, die sich auf das Rechtssystem beziehen und auf die italienischen Verpflichtungen gegenüber der EU. Im Ausschuss für Verfassungsfragen der Abgeordnetenkammer erklärte Meloni am 11., 24. und 31. Oktober 2018 ihr Anliegen mit der Wiederherstellung der angeblich eingeschränkten italienischen Souveränität.

Meloni schickte besänftigend und beruhigend voraus, dass sie nicht den Austritt Italiens aus der Europäischen Union verfolgt. Ihr geht es nur darum, für Italien die absolute Gleichberechtigung innerhalb der EU zu erreichen. Wer will das nicht, gleichberechtigtes Mitglied der Union zu sein? Die Stoßrichtung ist aber klar. Sie will den Artikel 117 kippen und die Verfassungsreform von 2001 säubern, besonders den Titel V, weil damit Italien sich laut ihrer Darstellung der EU unterwarf.

Für Meloni sind die Verpflichtungen aus den EU-Verträgen für Italien unerträgliche Zwänge. Zwänge, die die nationale und staatliche Souveränität untergraben. Ein besonderer Horror für die radikale Zentralistin. Meloni wirft den pro-europäischen italienischen Politikern vor, sich freiwillig der EU unterworfen zu haben. Eine eigenwillige Interpretation der europäischen Verträge, die letztendlich die Nationalstaaten gestärkt haben, die zu einer Re-Nationalisierung geführt haben. Dafür sorgte in den auslaufenden 1990er Jahren auch der sozialdemokratische deutsche Bundeskanzler Schröder.

Ihre Gesetzesentwürfe sehen vor, aus den Verfassungs-Artikeln 97, 117 und 119 den Verweis auf die Europäischen Union zu streichen.

Doch nicht nur Europa nervt die künftige Ministerpräsidentin, auch die bisher praktizierte Familienpolitik. Diese werde auch ferngesteuert, aus Brüssel, mit der Anerkennung von lockeren Lebensgemeinschaften als Ehe, mit der Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Für die europäische rechte Opposition, für die rechten Regierungen in Ungarn und Polen, der Untergang des christlichen Abendlandes.

Meloni strebt deshalb eine Änderung des Artikels 11 der Verfassung an, zur Stärkung der traditionellen Familie, Mutterschaft und Kindheit. In dieser Frage soll das nationale Interesse, was immer das auch ist, vor Unionsrecht gestellt werden. Künftig, unterstrich sie damals im Verfassungsausschuss, werden Europäische Verträge, die die Souveränität einschränken, dem Volk zur Abstimmung vorgelegt.

Ab dem 25. September kann Giorgia Meloni ihre 2018 abgelehnten Gesetzesentwürfe wieder dem Verfassungsausschuss vorlegen lassen. Als Regierungschefin mit einer absoluten Mehrheit.

Und noch ein Puzzle der künftigen Regierungspolitik à la Meloni. Mit Sport will sie gegen gesellschaftliche Abweichungen vorgehen. Balilla für alle, die Frauen in die fasci femminili, die Arbeitslosen in den Arbeitsdienst?

Von 2008 bis 2011 war Giorgia Meloni »Jugend«-Ministerin in der Regierung Berlusconi. Gemacht hatte sie daraus nichts. Die Mitte-Rechts-Regierung von Silvio Berlusconi betrieb einen Kahlschlag des Sozialstaates, besonders des Bildungssektors, betroffen davon war vor allem die Jugend. Federführend mit dabei, Ministerin Meloni und ihre MitstreiterInnen wie Ignazio Benito La Russa und Daniela Santanchè. Ihr Team wurde verstärkt von Giulio Tremonti, der als Finanzminister von Berlusconi der »Jugend« den Geldhahn zugedreht hatte.

Mit einer Regierung Meloni wird Italien tatsächlich ganz anders werden.

Hundert Jahre nach der faschistischen Machtergreifung durch Benito Mussolini wählen die ItalienerInnen die »Großenkelin« des Duce an die Regierung? Eine Zeitenwende, keine Frage.

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Gefeierte Assimilation.
Fabian Aichner aka Giovanni Vinci

Der Pfalzner Fabian Aichner ist Profiwrestler in der WWE, wo er den italianissimo Giovanni Vinci spielt.

In der Facebook-Gruppe #Bolzano In Comune 2.0 feiert dies der Südtiroler Journalist Marco Pugliese als »eine schöne Botschaft«, die die vielen Polemiken hier bei uns durchbreche:

Dafür erntet er bislang 22 gehobene Daumen und keinerlei Widerrede. Assimilierung im Sinne der Nazione, die zeigt, dass wir alle im selben Boot — dem italienischen — sitzen. Wunderbar!

Denn trotz deutscher Muttersprache trägt Aichner Italien im Herzen, so Marco Pugliese zufrieden.

Da können wir eben richtig froh sein, dass in dieser Form des Schaukampfs Künstlernamen möglich sind: niemand wird dazu gezwungen, trotz seines leider deutschen Namens »italianissimo« zu sein (‹1 ‹2).

Wahrscheinlich war Ettore Tolomei dann nur seiner Zeit weit voraus und wir sollten für ein endlich problemloses, vor allem polemikfreies Zusammenleben die tolle Möglichkeit wieder einführen, unsere Namen — freiwillig oder nicht — ins Italienische »zurückzuführen«.

Bleibt dann nur zu hoffen, dass Aichner nicht einfällt, ein Interview auf Deutsch zu geben. In der Nazione mag man das halt verständlicherweise nicht so gern. Das führt nur zu Polemiken.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6 ‹7

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Die »Renowierung« des Drususstadions.

Das Drususstadion in der Landeshauptstadt wurde umgebaut. Dabei blieb der von den Faschisten für die Sportstätte gewählte Name erhalten. Er war Teil ihrer Fälschung, dass Bozen eine durch und durch römische — und folglich »natürlich« italienische — Stadt sei.

Dass Geschichtsverfälschungen und -verzerrungen nicht harmlos sind, wird uns gerade in der Ukraine wieder einmal besonders eindrücklich vorgeführt.

Doch wie dem auch sei: Die Stadt Bozen hat nun in ihrem offiziellen Youtube-Kanal ein Video mit einem Timelapse (zu Deutsch: Zeitraffer) der Bauarbeiten veröffentlicht, die »931 tage« (sic) gedauert haben.

Ausschnitt aus dem Video – Hervorhebungen von mir

In dem Video, das auch das Logo des Landes ziert, ist die italienische Sprache nicht nur konsequent erstgereiht, sondern auch grafisch hervorgehoben. Doch das ist nicht alles.

Von Anfang an wird der Umbau als »Renovierung« bezeichnet.

Ausschnitt aus dem Video – Hervorhebung von mir

Dann wird angeblich eine »Erneuerung von Leuchttürmen« (zu Deutsch: Flutlichtanlage) gezeigt. Ein Leuchtturm ist laut Duden-Definition:

Turm (an oder vor einer Küste) mit einem starken Leuchtfeuer

Duden

Ausschnitte aus dem Video – Hervorhebungen von mir

Die eingangs erwähnte »Renovierung« wird im Videoverlauf zur »Renowierung«. Im Grunde sind die meisten Einblendungen fehlerhaft.

Ausschnitt aus dem Video (das Planungsbüro Von Gerkan-Marg-Partners wird interessanterweise nicht erwähnt) – Hervorhebungen von mir

Die Landeshauptstadt, die sich immer wieder so gern als capitale del plurilinguismo aufspielt, zeigt wie so oft, welchen Stellenwert sie der deutschen Sprache beimisst. Zweitgereiht, grafisch untergeordnet und vor allem: bar jeglicher Sorgfalt.

Sowas passiert nicht einfach, das hat System.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5

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Olympia: Zwei Referenda in Katalonien.

Die katalanische Regierung möchte in den Pyrenäen 2030 die Olympischen und Paralympischen Winterspiele organisieren. Dazu wird sie am 24. Juli gleich zwei Referenda abhalten, und zwar eines in den direkt betroffenen und eins in den umliegenden Gebieten (Comarques). Die Fragestellungen wurden bereits veröffentlicht.

Im Alt Pirineu und Aran lautet die Frage:

Soll die Regierung der Generalitat eine Kandidatur für die Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2030 einreichen?

A) Ja, sie soll sie einreichen – B) Nein, sie soll sie nicht einreichen

Im Ripollès, Berguedà und Solsonès lautet die Frage:

Soll Ihre Comarca in das Projekt der Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2030 einbezogen werden?

A) Ja, ich bin mit einer Einbeziehung einverstanden – B) Nein, ich bin mit einer Einbeziehung nicht einverstanden

Übersetzungen aus dem Katalanischen von mir

An den Befragungen dürfen die Bewohnerinnen der jeweiligen Comarques ab 16 Jahren teilnehmen.

Der Unterschied zu Südtirol könnte größer nicht sein. Während es inzwischen in demokratischen Ländern gang und gäbe ist, die Bevölkerung zur Abhaltung von Großveranstaltungen wie den Olympischen Spielen zu befragen und in Katalonien die nicht unmittelbar betroffenen Gebiete sogar in einer gesonderten Abstimmung entscheiden dürfen, war Südtirol quasi über Nacht Teil der Olympischen Winterspiele in Mailand und Anpezo — und finanziert sogar eine teure Bobbahn mit. Die Bevölkerung wurde nicht befragt.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5

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Ehrenamt in Not.
Petition

Eine Initiative fordert die Rückholung der Vereinsregister der ehrenamtlichen Vereine und Verbände in die Zuständigkeit des Landes. Der Text der Petition:

Vorausgeschickt

Mit Beginn der Reform des Dritten Sektors durch das italienische Parlament im Jahr 2013 und mit dem Gesetzesdekret Nr. 117 vom 3. Juli 2017, wurde die Regelung für die ehrenamtlichen Vereine und Verbände auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt.

Für die Vereine und Verbände in Südtirol, die bis dato in die Landesregister der ehrenamtlichen Vereine beim Amt für Außenbeziehungen und Ehrenamt eingeschrieben sind, ändern sich die bürokratischen und steuerrechtlichen Auflagen radikal.

Anstelle der Landesregister werden die Vereine und Verbände zukünftig in ein Staatsregister eingetragen und müssen sich somit den Richtlinien des Staates unterwerfen. Nicht mehr das Land, sondern der Staat entscheidet, welche Südtiroler Vereine und Verbände in diese Register eingetragen werden.

Mit dem Übergang und der Übermittlung der Daten der Register der ehrenamtlichen Vereine des Landes Südtirol an die Zentralverwaltung ab dem 23. November 2021 mit Übergangszeit bis am 21. Februar 2022, hat Südtirol die primäre Zuständigkeit an das Ministerium für Arbeit und Soziales in Rom abgegeben und somit einen wesentlichen Baustein der autonomen Selbstverwaltung verloren. Die lokalen Landesregister müssen nach Übermittlung in das staatliche Register vollständig gelöscht werden.

Problemstellung

Die damit verbundene Gleichstellung der kleinen Südtiroler Ortsvereine mit gesamtstaatlichen Großvereinen und Verbänden, die Gebäude verwalten und Betriebsstrukturen führen, ist nicht trag- und umsetzbar.

Neben dem bürokratischen Mehraufwand durch digitale Unterschriften, SPID[-]Zugänge usw., stellt insbesondere die neue Rechnungslegung mit den staatlichen Vorgaben der Kassenführung des Dritten Sektors für die allermeisten kleinen Vereine ein existenzgefährdendes Problem dar.

Die Bilanzen können nicht mehr von den Vereinen selbst eingereicht werden, sondern müssen über einen Steuerberater bzw. Dienstleister nach Rom übermittelt werden. Ab einem bestimmten Jahresumsatz sind die Vereine sogar zu einer doppelten Buchführung (Journal und Bilanz) verpflichtet und müssen diese zudem von einem unabhängigen zugelassenen Rechnungsprüfer begutachten lassen, der den Vereinen viel Geld kosten wird.
Da bei Fehlern und Verstößen gegen diese Bestimmungen Strafen zwischen 5.000 [und] 20.000 Euro für den gesetzlichen Vertreter vorgesehen sind, werden sich zukünftig kaum noch Personen finden, die dieses Risiko auf sich nehmen und sich für die Arbeit als Vereinsvorstand zur Verfügung stellen.

Auch die neuen staatlichen Finanzbestimmungen sind für die Vereine in Südtirol so nicht umsetzbar. Gemäß staatlichen Vorgaben dürfen ehrenamtliche Vereine nur mehr 30 Prozent des Vereinsbudgets aus einer kommerziellen Tätigkeit erwirtschaften. Viele Vereine finanzieren sich aber größtenteils durch Einnahmen, die sie bei Festen, Konzerten usw. erwirtschaften und nur zu einem kleinen Teil aus öffentlichen Beiträgen.

Viele Südtiroler Vereine würden somit nicht mehr die Kriterien zur Eintragung in das staatliche Register erfüllen oder aufgrund der nicht umsetzbaren Bestimmungen erst gar nicht mehr darum ansuchen. Dies hätte wiederum negative Auswirkungen für die Dachverbände, da diese ebenfalls aus dem Register ausscheiden, wenn nicht über 50 Prozent ihrer Vereinsmitglieder im staatlichen Register eingetragen sind.

Südtirols Autonomie muss verteidigt werden! Eine Autonomie[,] die scheibchenweise ihre Kompetenzen abgibt, geht langfristig vollständig verloren.

Forderung

Da das einheitliche Register in Rom bereits Realität ist, gilt dringender Handlungsbedarf. Die Landesregierung und die parlamentarischen Vertreter in Rom sollten daher für die Provinz Bozen – Südtirol folgende Änderungen mit dem Ministerium für Arbeit und Soziales verhandeln und einfordern:

[Das] Register für die in Südtirol tätigen ehrenamtlichen Vereine und Verbände muss im Sinne des Autonomiestatuts*, der Subsidiarität und des Bürokratieabbaus, wieder von der autonomen Provinz Bozen als primäre Zuständigkeit wahrgenommen werden. Die Voraussetzungen zur Eintragung in diese Landesregister bzw. Austritt oder Ausschluss, sowie alle damit zusammenhängenden Bestimmungen und Kontrolltätigkeiten müssen autonom vom Land Südtirol selbst definiert und verwaltet werden.

Diese Sonderbestimmungen zur Regelung des Vereinswesens sollten durch einen Briefwechsel zwischen Wien und Rom abgesichert werden, gleich wie beim Finanzabkommen.

Am 21. Februar 2022 endet die Übergangsfrist für die Eintragung in das staatliche Register, sobald das Transferfenster abgeschlossen ist, beginnen weitere 180 Tage für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der eingetragenen Vereine. Die Zeit drängt somit, da eine Lösung für die über 1.000 eingeschriebenen Vereine offen ist. Viele werden mit der endgültigen Frist am 20. August 2022 dem „offiziellen“ Ehrenamt, welches einen Grundpfeiler zum Schutz unserer Kultur und Volksgruppe darstellt, den Rücken kehren, wodurch unserem Land ein nicht wiedergutzumachender Schaden entsteht.

*) Art. 100 des Einheitstextes für den Dritten Sektor sieht eigene Schutzklauseln für Südtirol vor.

Die Promotoren dieser Initiative sind: Heimatpflegeverband, Imkerbund, Bauernjugend, Verband der Kirchenmusik, Verband der Sportvereine VSS, Südtiroler Chorverband, Theaterverband, Südtiroler Volksmusikkreis, Alpenverein AVS, Arbeitsgemeinschaft Volkstanz, Verband Südtiroler Musikkapellen, Jagdverband, Schützenbund.

Siehe auch ‹1 ‹2 / ‹3

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Atreju: Reingewaschener Rechtsextremismus.

Bei Atreju, Veranstaltung der neofaschistischen Rechten von FdI, gaben sich vom 6. bis zum 12. Dezember wieder besonders viele Weißwäscherinnen die Klinke in die Hand — also Personen, die selbst nicht oder nicht klar dem rechtsradikalen bis -extremen Lager zuzurechnen sind, es mit ihrer Anwesenheit jedoch verharmlosen, legitimieren und normalisieren. Damit zeigt sich der Erfolg einer Entwicklung, die vor allem von Silvio Berlusconi geboostert wurde, der nunmehr sogar für das Amt des Staatspräsidenten im Gespräch ist.

Auch die jüngsten Recherchen und Enthüllungen von Fanpage konnten dieser Dynamik offenbar nichts anhaben.

Hier zum Staunen eine unvollständige Liste der Teilnehmenden und Mitwirkenden:

  • Francesco Alberoni (Soziologe und Universitätsprofessor)
  • Claudio Barbaro (Asi-Präsident)
  • Gian Carlo Blangiardo (Istat-Präsident)
  • Emanuele Boffi (Direktor der Zeitschrift Tempi)
  • Carlo Bonomi (Präsident von Confindustria)
  • Marina Calderone (Vorsitzende des Rats der Arbeitsberaterinnen)
  • Franco Cardini (Historiker und Universitätsprofessor)
  • Marta Cartabia (Ministerin der Regierung Draghi, Justiz)
  • Sabino Cassese (Jurist, ehemals Verfassungsrichter)
  • Tommaso Cerno (PD-Senator)
  • Lorenzo Cesa (Parteisekretär UDC)
  • Gian Marco Chiocci (Direktor von Adnkronos)
  • Roberto Cingolani (Minister der Regierung Draghi, Umwelt)
  • Massimo Clementi (Leiter Mikrobiologie und Virologie des San-Raffaele-Krankenhauses von Mailand)
  • Giuseppe Conte (5SB-Vorsitzender)
  • Luigi Contu (Ansa-Direktor)
  • Paolo Corsini (Vizedirektor von Rai Due)
  • Guido Crosetto (Präsident von AIAD-Confindustria)
  • Claudio Descalzi (Eni-Geschäftsführer)
  • Patrizia De Luise (Präsidentin von Confesercenti)
  • Paolo Del Debbio (Journalist)
  • Luigi Di Maio (5SB-Minister der Regierung Draghi, Äußeres)
  • Dror Eydar (Israelischer Botschafter in Italien)
  • Luciano Fontana (Direktor des Corriere della Sera)
  • Massimo Giletti (Journalist, Moderator)
  • Massimo Ginsanto (Präsident von Confagricoltura)
  • Mario Giordano (Mediaset)
  • Giancarlo Giorgetti (Lega-Minister der Regierung Draghi, Wirtschaftsentwicklung)
  • Maria Rita Gismondo (Leiterin Mikrobiologie und Virologie am Sacco-Krankenhaus in Mailand)
  • Marco Granelli (Präsident von Confartigianato)
  • Alessia Lautone (Direktorin von LaPresse)
  • Enrico Letta (PD-Parteisekretär)
  • Giovanni Malagò (Coni-Präsident)
  • Roberto Mancini (Trainer der italienischen Fußball-Nationalmannschaft)
  • Alfredo Mantovano (Staatsanwalt, Vizepräsident des Centro Studi Livatino)
  • Marco Marin (Olympiasieger im Fechten, Coraggio Italia)
  • Massimo Martinelli (Direktor des Messaggero)
  • Angelo Mellone (Vizedirektor von Rai Uno)
  • Mario Menichella (Physiker)
  • Giovanni Minoli (Journalist)
  • Carlo Nordio (Staatsanwalt)
  • Marco Perissa (Opes-Präsident)
  • Fabio Pietrella (Präsident von Confartigianato Moda)
  • Stefano Pontecorvo (Botschafter, Nato-Vertreter in Afghanistan)
  • Ettore Prandini (Präsident von Coldiretti)
  • Federico Rampini (Corriere della Sera)
  • Nicola Rao (Vizedirektor der Rai-Regionalnachrichten)
  • Matteo Renzi (Gründer von Italia Viva)
  • Luca Ricolfi (Soziologe und Universitätsprofessor)
  • Giorgio Romiti (Le Iene)
  • Gennaro Sangiuliano (TG2-Direktor)
  • Margaritis Schinas (EU-Kommissar)
  • Mario Sechi (Agi-Direktor)
  • Paolo Serapiglia (Endas-Präsident)
  • Roberto Sommella (Direktor von Milano Finanza)
  • Giorgio Spaziani Testa (Präsident von Confedilizia)
  • Lino Stoppani (Vizepräsident von Confindustria)
  • Irene Tinagli (EU-Abgeordnete und PD-Vizesekretärin)
  • Leonardo Tricarico (General, vormals Stabschef der italienischen Luftwaffe)
  • Gianni Trovati (Journalist, Il Sole 24 Ore)
  • Francesco Vaia (Gesundheitsdirektor des Spallanzani-Instituts)
  • Bruno Vespa (Rai-Journalist)
  • Luciano Violante (PD, ehemaliger Kammerpräsident)

Alle Angaben stammen von der offiziellen Webseite der Veranstaltung

Atreju wurde von der jetzigen FdI-Chefin Giorgia Meloni 1998 gegründet, als sie Chefin von Azione Giovani (Jugendorganisation von Alleanza Nazionale) war.

All die genannten Personen waren neben Jorge Buxadé (von der spanischen Vox), Radoslaw Fogiel (PiS), Rudoph Giuliani (Ex-Bürgermeister von New York und Trump-Anwalt), Marion Le Pen (Rassemblement National), Matteo Salvini (Lega), Antonio Tajani (FI) sowie den vielen FdI-Mitgliedern (wie die erklärte Faschistin Daniela Santanchè oder Ignazio Benito La Russa) zugegen, um nur einige zu nennen.

Es ist unvermeidlich, dass solche Veranstaltungen nicht nur die Neofaschistinnen in den Augen der Öffentlichkeit weißwaschen, sondern auch die Antikörper bei den Geladenen selbst schwächen, die FdI als normalen politischen Akteur und Gesprächspartner einordnen.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 | 1› 2›

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