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Moschee: Islam ins Privatleben?

Der römisch-katholische Theologe Paolo Renner, der in Brixen Islam doziert, plädiert für die Errichtung einer Moschee mit angeschlossenem Kulturzentrum in Bozen. Die rund 20.000 hier lebenden Muslime könnten sich heute in Südtirol nicht religiös weiterbilden und liefen daher Gefahr, fundamentalistischen und radikalen Ideen zu verfallen, so seine Begründung.

Auf die pünktliche Kritik der Rechten (F und STF) antwortete der Vorsitzende der Südtiroler Grünen, Felix von Wohlgemuth, auf Facebook mit einem plakativen »Der Islam ist Teil Südtirols und Europas«. Worauf Markus Lobis seinerseits mit »Der Islam gehört ins Privatleben. So wie alle anderen Religionen auch!« reagierte. Julia Unterberger (SVP) stimmte ihm zu.

Mal davon abgesehen, dass die Debatte am Vorschlag von Paolo Renner und insbesondere an seiner Begründung völlig vorbeiläuft, halte ich die Aussage, der Islam gehöre ins Privatleben, für diskriminierend.

Nicht dass ich mit der Meinung, Religionen gehörten allgemein ins Privatleben, nicht einverstanden wäre. Diese Auffassung aber just gegen die erste und einzige Moschee in Stellung zu bringen, während es in Südtirol hunderte christlicher Kirchen gibt, ist unlauter und ungerecht. Da wird das »eigene« Privileg übersehen, um anderen etwas zu untersagen.

Das ist wie wenn Sprecherinnen einer nationalen Mehrheitssprache Maßnahmen zum Minderheitenschutz ablehnen — mit dem Argument, Sprachen sollte man generell nicht schützen. Dem könnte man vielleicht in einer idealen Welt sogar zustimmen, doch die Stärke von Mehrheitssprachen beruht gerade auf dem Privileg, dass sie implizit und explizit geschützt sind und von etablierten Machtstrukturen profitieren.

Vertreterinnen von Nationen, die Völkern die Gründung eines Staates verweigern, weil Staaten angeblich obsolet und Grenzen etwas Abzubauendes seien, erliegen demselben Trugschluss.

Klar, all die genannten Argumente klingen nachvollziehbar. Dann sollen aber zuerst die christliche Religion tatsächlich ins Privatleben verbannt werden, nationale Mehrheitssprachen ihre Privilegien abgeben und Staaten ihre Staatlichkeit aufgeben. Erst dann kann auf dieser Grundlage die Errichtung einer Moschee, der Ausbau des Minderheitenschutzes oder die Gründung eines Staates abgelehnt werden.

Sonst ist es nichts anderes als eine Diskriminierung Unterprivilegierter durch Privilegierte.

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Verfälschte Stolpersteine.
Meran

In letzter Zeit beschäftigt sich Markus Lobis eigenen Angaben zufolge intensiv mit der Operationszone Alpenvorland, in deren Rahmen es in Südtirol zu Verfolgung und Deportation jüdischer Mitbürgerinnen gekommen ist.

Dabei weist er unter anderem darauf hin, dass in Meran bei der Konzeption und Verlegung der sogenannten Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig eine »historische Unkorrektheit« begangen worden sei, die die darauf angeführten Menschen doppelt zu Opfern mache. Bei der Vorbereitung der Verlegung hätten die Initiatorinnen in fast allen Fällen die von Amts wegen italianisierten Vornamen der Meraner Jüdinnen aufgeschrieben worden, die dann auch so auf den Stolpersteinen aufscheinen.

Wie vielen anderen Südtirolerinnen seien diese Namen auch ihnen

vom rassistischen und totalitären faschistischen Regime aufgezwungen [worden], das die Listen mit den in Meran lebenden Jüdinnen und Juden akribisch genau führte und somit auch die Vorarbeit für das SOD-Kommando leistete, das die Deportationsaktion am 15./16. September 1943 durchführte.

Markus Lobis

In einer begleitenden Publikation von 2013 seien bei der Wiedergabe der Opferbiographien sogar die Namen ihrer Vorfahren italianisiert, von denen die meisten vermutlich nicht in der Zeit des Faschismus in Italien gelebt haben. Lediglich auf der Webseite des Projekts — deren Internetadresse übrigens den von den Faschistinnen aufgezwungenen Stadtnamen führt — scheinen laut Markus Lobis die richtigen Namen der Meraner Opfer auf.

Seinem Aufruf, die historische (Ver-)Fälschung zu beseitigen, kann ich mich nur anschließen. Schließlich ist ein Hauptsinn des Stolpersteinprojekts der, der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken. Dies mit Namen zu tun, die ihnen von ihren Peinigerinnen (bzw. deren Verbündeten) aufgezwungen worden waren, ist völlig absurd und liefert sie ihnen auch noch im Gedenken aus.


Nachtrag vom 3. Februar 2022: Wir haben einen Hinweis auf die Webseite der Jüdischen Gemeinschaft von Meran bekommen, wo die einzelnen Stolpersteine beschrieben werden. Zwischen dem was auf den Messingplatten und in der Erläuterung auf der Webseite steht, gibt es dabei mitunter große Unterschiede. Nicht nur die Namen unterscheiden sich, sondern teils auch die Angaben zu Datum, Ort und Umständen von Deportation und Ermordung.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 / ‹5

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Die Recherche kommt nur schleppend voran.
Bauchgefühle, Chauvinismus und Beißreflexe

Ich hab es nicht leicht im Moment. Auf der einen Seite würde ich gerne – wie bereits an dieser Stelle öfters getan ‹1 ‹2 ‹3 – die Südtiroler Verantwortlichen für ihr Corona(miss)management schelten, da unser Land im Vergleich zu anderen europäischen Regionen eine schlechte bis grottenschlechte Performance abliefert. Auf der anderen Seite sehe ich mich gezwungen, die Landesregierung gegen nunmehrige Angreifer zu verteidigen, da diese meist ausschließlich die Tatsache geißeln, dass Südtirol einen eigenen Weg gegangen ist, anstatt sich an den römischen Vorgaben zu orientieren. Dabei ist nicht der “Südtiroler Sonderweg” an sich das Problem – denn auch der “Römische Weg” ist im Vergleich zu anderen Ländern schlecht bis grottenschlecht – sondern dass auf diesem Sonderweg des Öfteren falsch abgebogen wurde. Das wäre zu kritisieren.

Zudem würde ich gerne – wie bereits an dieser Stelle öfters getan ‹1 ‹2 ‹3 – die wertvolle journalistische Arbeit von Qualitätsmedien hervorheben und sie gegen die Schwurbler und Verschwörungsgläubigen verteidigen, die in jedem, der nicht bei drei auf einem Baum ist, einen Vasallen der Pharmaindustrie oder von Bill Gates erkennen wollen und die ganzen “Schlafschafe” unermüdlich auffordern, doch endlich aufzuwachen und sich “im Internet” zu informieren, wie wir alle belogen, betrogen und manipuliert werden. Dabei wird in vielen Redaktionen unter schwierigen Bedingungen Großartiges geleistet und tapfer gegen die Fake-News-Schleudern angekämpft. Doch dann kommt ein Oliver Meiler mit einem vor Chauvinismus triefenden sowie mit Bauchgefühlen und unbelegten bis falschen Behauptungen gespickten Artikel in der Süddeutschen und dem Tagesanzeiger daher, dass einem ganz schwindelig wird. Solche Artikel sind Wasser auf die Mühlen der Querdenker, weil sie deren obskure Auffassung befeuern, dass die Massenmedien ohnehin nur Propaganda und Falschnachrichten verbreiten würden. Tatsächlich habe ich auf meinen Facebook-Kommentar beim Tagesanzeiger, in dem ich auf die Unkorrektheit der folgenden Behauptung aufmerksam gemacht hatte, sofort Zuspruch einer Person bekommen, die meinte, dass man den Massenmedien ohnehin nicht glauben könnte und dass dies wiederum ein Beweis wäre. Woraufhin ich mich wieder bemüßigt fühlte, dem zu widersprechen.

Die Impfkampagne kommt nur schleppend voran, was vielleicht auch daran liegt, dass es in Südtirol traditionell viele Impfgegner gibt.

Woran der Autor diese Behauptung festmacht, ist unklar. Tatsache ist, dass in Südtirol bislang 6.410 Dosen pro 100.000 Einwohner verimpft wurden. Das ist der höchste Wert aller Regionen/Provinzen Italiens. In Deutschland liegt man bei 3.700 pro 100.000 Einwohner. Allzu sehr können die Impfgegner, die es zweifelsfrei gibt (ein großer Prozentsatz an Pflegekräften wollte sich nicht impfen lassen), nicht gebremst haben. Oder sie bremsen halt andernorts noch viel mehr. Oder es liegt an der Organisation. Was aber wiederum hieße, dass Südtirol seine Impfkampagne dann doch nicht so schlecht organisiert hat, wenn man vor allen anderen in Italien und vor Deutschland liegt.

Ich habe übrigens beide Zeitungen auf diese – zumindest irreführende – Behauptung aufmerksam gemacht. Der Schweizer Tagesanzeiger hat reagiert und die Passage etwas umformuliert.

Überhaupt wollten die Südtiroler in dieser Pandemie mal wieder alles nach dem eigenen Kopf machen, um sich selbst und der Welt zu beweisen, dass man die Dinge nun mal besser im Griff hat als Rom.

Eine auf regionale Gegebenheiten angepasste Reaktion hat sich in dieser Pandemie oftmals als erfolgbringende Strategie erwiesen. Auch geben die ausschlaggebenden Kennzahlen (Todesopfer, Auslastung Gesundheitssystem, Wirtschaft) in dieser Krise den Befund nicht her, dass man mit einer unhinterfragten Übernahme der römischen Vorgaben notwendigerweise besser gefahren wäre. Im Vergleich zu den anderen Regionen/Provinzen Norditaliens hat Südtirol die geringste – wenngleich immer noch hohe – Todesrate seit Pandemiebeginn. Es kann auch gut sein, dass der immer wieder getätigte Widerstand gegen den römischen Sparzwang im Gesundheitssystem dem Land nun in dieser Situation zum Vorteil gereicht.

Auch die allgemeine Disziplin war in Südtirol immer etwas lockerer als in anderen Teilen Italiens. […] In einem bekannten Lokal im Val Gardena (sic) unterbrach die Polizei neulich eine Party – mit 155 Gästen. Vor allem in den kleinen Berggemeinden hielt man sich nicht so gern auf mit dem lästigen Maskentragen und dem Abstandhalten.

Sollte es tatsächlich belastbare Daten den vermeintlich lockereren Umgang der Südtiroler im Vergleich zu anderen italienischen Regionen betreffend geben, fresse ich einen Besen. Andernfalls sind das alles dumpfe Bauchgefühle, die als solche kein Südtiroler Alleinstellungsmerkmal sind und schon gar nicht als “Beleg” für irgend etwas gelten können. Corona-Partys gab und gibt es überall. Menschen, die auf AHA-Regeln pfeifen auch. Was den organisierten Widerstand gegen die Coronaregeln betrifft, ist Südtirol sogar sehr spät dran. Erst am vergangenen Wochenende gab es die erste ernstzunehmende nicht ernstzunehmende Kundgebung in Bozen, während in andern Teilen Italiens, in Deutschland, Österreich, Frankreich und anderen Ländern seit Monaten zu Tausenden demonstriert wird.

In Südtirol selbst schlagen manche Vielkommentierer in die gleiche Kerbe und garnieren das Ganze auch noch mit bizarren Kriegsphantasien.

Es ist wirklich schade, dass wir es offenbar nicht schaffen, einen vernünftigen Diskurs zu führen, den gefährlichen Irrläufern nüchterne und vor allem korrekte Argumente entgegenzuhalten und die Verantwortlichen in der Sache zu kritisieren, anstatt mit primitivem Chauvinismus oder absurden Schlussfolgerungen aufzufahren.

Siehe auch 1› 2›

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Ich möchte nicht dürfen können.
Ein differenzierter Blick auf die Diskussion zur "mehrsprachigen Schule"

Wenn in Südtirol über Bildungspolitik diskutiert wird, ist in gefühlt 99 Prozent der Fälle der Sprachunterricht das Thema. Ganz so, als ob alles andere was in der Schule passiert keine Rolle spielt und eh wunderbar läuft. Egal.

Unlängst ist das Thema “mehrsprachige Schule” durch einen Beschlussantrag der Grünen im Südtiroler Landtag (der mehrheitlich abgelehnt wurde) wiederaufgeflammt. Die Diskussion im Anschluss war lebhaft und nicht ganz untypisch, wie ich finde. Was für die einen der Untergang der Autonomie ist, hat für die anderen nur Vorteile. Beides Diagnosen, bei denen ich für gewöhnlich sofort skeptisch bzw. hellhörig werde. Dann werden von den Befürwortern gerne auch genau jene Argumente ins Treffen geführt, die man in anderen Kontexten (Unabhängigkeit, doppelte Staatsbürgerschaft usw.) als nichtig abtut. Die Gegner hingegen lehnen meist schon jegliche Diskussion über eine Veränderung des derzeitigen Systems kategorisch ab.

Daher suche ich an dieser Stelle exemplarisch die Diskussion mit drei Befürwortern des Vorschlags, die nicht verstehen können/wollen, wie man als halbwegs klar denkender und weltoffener Mensch gegen den Vorschlag der Grünen sein kann.

Markus Lobis kommentiert auf Facebook:

Ich finde es gut, dass die Grünen diesen langjährigen Wunsch engagierter Eltern wieder aufgreifen, der seit Alexander Langers Zeiten von vielen als Schlüssel für Südtirols gute Zukunft gesehen wird. Bitte mutig dranbleiben!

Es gibt KEIN vernünftiges Argument GEGEN diese Wünsche aus der Südtiroler Elternschaft.

Michael Keitsch von den young greens southtyrol (sic) schreibt:

Neuer Putz für alte Mauern

[…] „Das ist ein Armutszeugnis für Südtirol. Sind wir in einem mehrsprachigen Land nicht in der Lage neben den einsprachigen Schulen auch mehrsprachige Alternativen anzubieten?“, sagt Michael Keitsch von den young greens southtyrol.
Die Begründung von Landesrat Achammer sowie den Landtagsabgeordneten Mair (Freiheitliche) und Knoll (STF) gegen die Einführung einer zusätzlichen mehrsprachigen Schule, war die Ablehnung einer Zweiklassenschule. Das ist doch an Peinlichkeit kaum zu überbieten: man fürchtet scheinbar darum, dass die etablierte einsprachige (deutsche) Schule gegenüber einer mehrsprachigen Schule das Nachsehen hätte. „Alle Achtung, aber dass ein Bildungslandesrat der eigenen Schule so schlechte Noten gibt, ist wirklich allerhand!“, empört sich Keitsch.
Ganz nebenbei ist es doch offensichtlich, dass viele Schüler*innen und Eltern das Bedürfnis nach einer mehrsprachigen Schule haben. Spätestens, wenn man sieht wie viele Kinder und Jugendliche den Kindergarten oder die Schule in ihrer jeweiligen Zweitsprache besuchen, wird das sichtbar.

„Statt Brücken zu bauen und den Südtiroler*innen in der Bildung mehr Wahlfreiheit zu geben, verputzt man die alten Mauern munter weiter.“ schließt Keitsch.

Und Alexandra Aschbacher stellt im dieswöchigen Leitartikel der ff fest:

Beispiel Nummer 1, mehrsprachige Schule. […] Ein „Mehr“, sagte Schullandesrat und SVP-Obmann Philipp Achammer im Anschluss ins Mikrofon von Südtirol Heute, bringe nicht automatisch mehr Sprachkenntnisse. Der italienische Schullandesrat (Lega) meinte: Ein schöner Vorschlag der Grünen, aber derzeit nicht umsetzbar.

Mmh, möchte man da grummeln, wann bitte wäre denn der richtige Zeitpunkt für die Umsetzung? Seit zwanzig Jahren wird über die mehrsprachige Schule diskutiert. Zig Beispiele zeigen, dass eine mehrsprachige Erziehung eine Bereicherung ist. Zig Untersuchungen belegen, dass wir beim Erlernen von Deutsch beziehungsweise Italienisch nicht viel weiter gekommen sind. […]

Worauf bitte warten wir noch? Warum verschließt die Mehrheit der Politiker die Augen vor der Realität? Einer Realität, in der immer mehr Eltern ihre Kinder bewusst auf anderssprachige Schulen schicken, beziehungsweise in den Kindergarten der jeweils anderen, der zweiten Sprache.

Wozu präsentiert sich die SVP als Europapartei und plädiert für ein weltoffenes Südtirol, wenn sie nach wie vor in den verkrusteten, starren Bildungs- und Sprachmustern verharrt?

Wovor hat man Angst? Seine Identität zu verlieren, wie immer behauptet wird? Mehrsprachigkeit festigt die Identität, bietet die Chance, die eigene Identität neu zu definieren. Klar, das Thema ist ein heikles. Aber deshalb muss man es nicht beharrlich vor sich herschieben. Mut zeigt sich nicht im Beharrungsvermögen, sondern in der Kompromissbereitschaft, die, wenn es wirkliche Kompromisse werden, freilich auch wehtut.

Interessant wird Aschbachers Artikel dann, wenn man “mehrsprachige Schule” bzw. Mehrsprachigkeit durch “Doppelpass” oder Selbstbestimmung ersetzt. Da tauchen auf einmal bekannte Argumente unter umgekehrten Vorzeichen auf. Aber das sei hier nur am Rande erwähnt.

Meine Position zur “mehrsprachigen Schule” ist so klar wie paradox: Ich würde meine Kinder sofort in eine solche Schule schicken, möchte aber nicht, dass ich unter den derzeitigen Rahmenbedingungen die Möglichkeit dazu habe.

Und zwar weil ich glaube, dass der gesamtgesellschaftliche Aspekt in diesem Fall (wie in so vielen anderen Fällen auch) den individuellen überwiegt. Ein ziemlich sozialistischer Ansatz – ich weiß. Würden beispielsweise Flugreisen gratis sein, würde ich (noch einmal) die ganze Welt bereisen. Sofort. Gleichzeitig möchte ich aber nicht, dass ich (oder andere) diese Möglichkeit haben. Es geht hier um zwei Ebenen – die individuelle (die persönliche Horizonterweiterung durch Reisen respektive den Sprachfortschritt jedes einzelnen) und die gesellschaftliche (den Klima- und Umweltschutz bzw. den Erhalt einer kulturellen und sprachlichen Vielfalt innerhalb eines Nationalstaates).

Die Gründe, warum für mich der gesamtgesellschaftliche Nachteil den individuellen Vorteil überwiegt, sind schnell erklärt:

  1. Trotz Autonomie leben wir in einem Staat, der sich als Nationalstaat definiert und eine lingua franca immer wieder durchzusetzen versucht (siehe momentane Situation im Gesundheitswesen oder im Konsumentenschutz).
  2. Solange die drei Sprachen in Südtirol nicht auch de facto gleichgestellt sind und Ladinisch und Deutsch rechtlich benachteiligt werden, ist für mich eine sprachliche Begegnung auf Augenhöhe nicht gegeben. Diese wäre aber meines Erachtens Voraussetzung für ein solches Modell.
  3. Die Tendenz in Südtirol immer alles paritätisch zu machen, stärkt automatisch die Staatssprache. Wenn, dann müsste man asymmetrische Modelle andenken bzw. Immersion wie in jenem Land betreiben, in dem dieses Modell erfunden wurde (Kanada). Denn Erkenntnisse aus nicht-mehrsprachigen Gebieten, können nicht eins-zu-eins auf Südtirol übertragen werden.
  4. Solange wir keine professionelle, auf normierten Tests basierende, laufende Erhebung der Sprachkenntnisse und vor allem der Sprachentwicklung in Südtirol haben (das Sprachbarometer basiert auf Selbseinschätzung), halte ich solche Vorstöße für hemdsärmelig und dilettantisch. Wir brauchen parallel dazu belastbare Daten und eine sprachwissenschaftliche Begleitung und Erhebung.
  5. Und zuguterletzt: die immer wieder betonte “Alternative” zur derzeitigen deutsch- und italienischsprachigen Schule würde mit ziemlicher Sicherheit keine solche bleiben. Da der individuelle Vorteil einigermaßen sicher gegeben ist, würde die “einsprachige Schule” relativ bald zum Sammelbecken der “Ewiggestrigen” (abgestempelt) werden und der Zug (oder gesellschaftliche Druck) in Richtung neues Modell unwiderstehlich sein.

Man kann trotzdem anderer Meinung sein, aber völlig unvernünftig erscheinen mir diese Gründe jedenfalls nicht.

Siehe auch ‹1 ‹2 | 1› 2› 3›

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Ancóra Sudtirolo.

Markus Lobis su Facebook scrive «Sudtirolo». Al consigliere comunale di Bressanone Antonio Bova (AAnC) non va giù e protesta.

Gli argomenti sono i soliti:

  1. «Sudtirolo» non va bene perché in italiano non esistono la «d» e la «t» attaccate.
  2. Inoltre, semmai, si dovrebbe dire «Tirolo del Sud», in quanto «in italiano si usano le preposizioni».
  3. «Alto Adige» non è un’imposizione fascista, esiste già dall’epoca napoleonica.
  4. «Rispetto» e «cultura» e poco altro, ché di vere ragioni — se non politiche — non ce ne sono.

E allora vediamo:

  • (1) Può darsi che la «d» e la «t» in italiano non si usino comunemente, ma
    • è l’uso che determina quel che è corretto o meno e non viceversa e
    • sia la Treccani sia il dizionario Garzanti contemplano l’aggettivo «sudtirolese» che (fino a prova contraria contiene la «d» e la «t» attaccate.
  • (2) Questo viene contraddetto da «Sudafrica», «Sud-Tirolo» e «Sud America» che non contengono la «d» e la «t» attaccate ma non usano le preposizioni.
  • (3) Un’imposizione fascista rimane tale anche se l’oggetto dell’imposizione è un nome inventato da qualcun’altro. E un’ingiustizia non è meno ingiusta solo perché viene perpetrata due volte.
  • (4) Non so che dire.
    • Qual’è il rispetto nei confronti di chi si è visto imporre non un nome frutto della fantasia, bensì migliaia? E che sino ad oggi non solo qualcuno usa in ambito privato, ma che sono gli unici ad avere carattere ufficiale?
    • Cultura… cultura? Davvero

Vedi anche ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6 | 1› 2› 3› 4› 5›

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Meran auf den Spuren seiner jüdischen Gegenwart.

Meran war und ist Heimat von Juden. Ohne ihre wirtschaftlichen Investitionen und geistig-kulturellen Impulse ist die Entwicklung Merans vom “Kuhstädtchen” zum internationalen Kurort und zur liberalen Kulturstadt nicht vorstellbar.

Mit verschiedenen Bildungsformaten wie Plakat- und Postkartenaktionen (Ein Stück Meran?), der Beflaggung von Gebäuden, welche früher in jüdischem Besitz waren, Stadtspaziergängen und Filmabenden begeben wir uns auf Spurensuche und möchten die Meranerinnen und Meraner auf dieses wichtige Stück Stadtgeschichte aufmerksam machen.

— urania meran

Am Dienstag, den 20. Dezember findet am Sitz der Urania Meran ab 19.00 Uhr eine Podiumsdiskussion zum Thema

Alle Opfer? Meran und seine Juden

statt. Es beteiligen sich am Podium und aus dem Publikum:

  • Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems
  • Sabine Mayr, Philologin und Buchautorin
  • Joachim Innerhofer, Direktor des Jüdischen Museums Meran
  • Leopold Steurer, Historiker
  • Arnaldo Loner, Rechtsvertreter der Gde. Bozen im Mischa-Seifert-Prozess
  • Federico Steinhaus, ehem. Präsident der Jüdischen Gemeinde Meran
  • Mirko Wenter, Vizepräsident der Jüdischen Gemeinde Meran
  • Marko Feingold, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg, KZ-Überlebender und Zeitzeuge
  • Paul Rösch, Bürgermeister der Gde. Meran

Musikalische Einleitung und Ausklang durch die Gruppe Stellerranti:
Cinzia Bauci, Vokal – Lydia Cevidalli, Geige – Pierantonio Gallesi, Ziehharmonika.

In der Podiumsdiskussion wollen wir die Vergangenheit lebendig werden lassen und wichtige Kapitel der Meraner Stadtgeschichte neu erzählen. Gemeinsam mit Historikern,Zeitzeugen und Politikern wollen wir aber auch Täterschaft, Schweigen und Passivität der Meraner Bevölkerung thematisieren und die Frage nach der Zukunft der jüdischen Gemeinde Meran stellen.

Moderation: Markus Lobis.

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Markus Lobis schafft den Rassismus ab.

Markus Lobis, ehemaliger Gemeinderat der Grünen Bürgerliste und von Demos Brixen sowie rühriger Moderator und Mitorganisator interessanter politischer Debatten, hat Weltbewegendes geschafft: Der Rassismus ist endlich Geschichte, genauso wie der Kreationismus und einige Dutzend weitere -ismen.

Eine Welt ohne Rassismus? Jetzt und sofort? Wie geht das? Ganz einfach: Mit bestechender Logik!

Aber (wie man so schön sagt) der Reihe nach: Ein Blogleser hat in seinem Facebookprofil den -Artikel über Marco Timperios Ausfälle gepostet. Diesen Hinweis auf das undemokratische Verhalten des PD-Kandidaten und Mix-Ling-Vorsitzenden bezeichnete Markus Lobis in einem ersten Facebook-Kommentar kurzerhand als »dünnhäutig«. Pöbeleien, die mit einem demokratischen Diskurs nichts zu tun haben, sondern eher an »gute alte Zeiten« erinnern, muss man also kommentarlos hinnehmen.

Doch als ein weiterer Kommentator Lobis vorwirft, »Rassisten« zu verteidigen, wird die Sache ordentlich skurril. Lobis schreibt:

Gibt es eine deutsch [sic] Rasse? Ich dachte, das hätten wir hinter uns…

Nun hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass ich Timperios Aussagen keineswegs als »antideutsch«, sondern eben als »undemokratisch« bezeichnen würde.

Aber dass Lobis den Rassismus abschafft, weil es keine [deutsche] Rasse gibt, ist eine fette Schlagzeile wert. Kryptofaschistinnen behaupten ja auch immer wieder, sie hätten mit der Ideologie der Mussolinidiktatur nichts zu tun, weil diese ja schon 1945 geendet habe. Voll logisch. Und: Denken wir Lobis’ Ansatz zu Ende, gibt es weder den Kreationismus noch den Perfektionismus oder den Satanismus. Verschwunden. Ebenso wie der Surrealismus und der Nihilismus.

Einen Antirassisten darf man sich dann in Zukunft halt leider auch nicht mehr nennen.

Siehe auch 1›

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Open Spaces: Kommet doch all’.

Wie Markus Lobis (Demos Brixen) war auch ich am Samstag bei der Konventveranstaltung in Bruneck, weil ich den Termin in Brixen nicht wahrnehmen kann. Anders als der ehemalige Gemeinderat bin ich aber leider außerstande, genaue (und despektierliche) Angaben zu geografischer Herkunft und Vereinszugehörigkeit der Teilnehmerinnen zu machen.

Doch Lobis’ Einschätzung, dass Selbstbestimmungsgegnerinnen und Progressive (zu) dünn gesät waren, teile ich voll und ganz — wobei ich wohltuend feststellen konnte, dass diese beiden Gruppen nicht deckungsgleich sind. Nicht nur wegen der Anwesenheit von lern.

Ob Bruneck für die weiteren Veranstaltungen des Konvents repräsentativ war, kann man natürlich nicht voraussagen. Die Vielfalt an Positionen, die in der Südtiroler Gesellschaft zweifelsfrei vorhanden sind, war am Samstag jedoch ganz sicher nicht angemessen abgebildet. Das gilt übrigens auch:

  • für die unterschiedlichen Sprachgruppen, wobei wenigstens mehrere Ladinerinnen aus dem unteren Gadertal ihren Weg nach Bruneck gefunden haben;
  • für die Geschlechter, da nur sehr wenige Frauen anwesend waren.

Die Teilnehmenden ob ihrer angeblichen oder tatsächlichen »Organisiertheit« zu verurteilen, halte ich für keine wirklich gute Idee. Wäre die Gruppe der, nennen wir es konservativen Selbstbestimmungsbefürworterinnen, nicht gekommen, hätte man die Brunecker Veranstaltung ohne weiteres in einer Telefonzelle abhalten können.

Erstaunlich und bedauerlich ist vielmehr, dass sich die Befürworterinnen von mehrsprachigen Schulexperimenten, der Beibehaltung faschistischer Ortsnamen oder des Verbleibs beim Nationalstaat Italien offenbar kaum aus ihren warmen Stuben locken lassen, um in einem partizipativ-demokratischen Prozess mit Andersdenkenden in einen konstruktiven Dialog zu treten.

Es wäre schön, wenn sie diese nahezu einmalige Gelegenheit in Brixen, Meran, Neumarkt, La Ila und Bozen wahrnehmen würden.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3

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