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Moschee: Islam ins Privatleben?

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Der römisch-katholische Theologe Paolo Renner, der in Brixen Islam doziert, plädiert für die Errichtung einer Moschee mit angeschlossenem Kulturzentrum in Bozen. Die rund 20.000 hier lebenden Muslime könnten sich heute in Südtirol nicht religiös weiterbilden und liefen daher Gefahr, fundamentalistischen und radikalen Ideen zu verfallen, so seine Begründung.

Auf die pünktliche Kritik der Rechten (F und STF) antwortete der Vorsitzende der Südtiroler Grünen, Felix von Wohlgemuth, auf Facebook mit einem plakativen »Der Islam ist Teil Südtirols und Europas«. Worauf Markus Lobis seinerseits mit »Der Islam gehört ins Privatleben. So wie alle anderen Religionen auch!« reagierte. Julia Unterberger (SVP) stimmte ihm zu.

Mal davon abgesehen, dass die Debatte am Vorschlag von Paolo Renner und insbesondere an seiner Begründung völlig vorbeiläuft, halte ich die Aussage, der Islam gehöre ins Privatleben, für diskriminierend.

Nicht dass ich mit der Meinung, Religionen gehörten allgemein ins Privatleben, nicht einverstanden wäre. Diese Auffassung aber just gegen die erste und einzige Moschee in Stellung zu bringen, während es in Südtirol hunderte christlicher Kirchen gibt, ist unlauter und ungerecht. Da wird das »eigene« Privileg übersehen, um anderen etwas zu untersagen.

Das ist wie wenn Sprecherinnen einer nationalen Mehrheitssprache Maßnahmen zum Minderheitenschutz ablehnen — mit dem Argument, Sprachen sollte man generell nicht schützen. Dem könnte man vielleicht in einer idealen Welt sogar zustimmen, doch die Stärke von Mehrheitssprachen beruht gerade auf dem Privileg, dass sie implizit und explizit geschützt sind und von etablierten Machtstrukturen profitieren.

Vertreterinnen von Nationen, die Völkern die Gründung eines Staates verweigern, weil Staaten angeblich obsolet und Grenzen etwas Abzubauendes seien, erliegen demselben Trugschluss.

Klar, all die genannten Argumente klingen nachvollziehbar. Dann sollen aber zuerst die christliche Religion tatsächlich ins Privatleben verbannt werden, nationale Mehrheitssprachen ihre Privilegien abgeben und Staaten ihre Staatlichkeit aufgeben. Erst dann kann auf dieser Grundlage die Errichtung einer Moschee, der Ausbau des Minderheitenschutzes oder die Gründung eines Staates abgelehnt werden.

Sonst ist es nichts anderes als eine Diskriminierung Unterprivilegierter durch Privilegierte.



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