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Autorinnen und Gastbeiträge

Das ist Hetze, keine Kritik.

Salto-Chefredakteur Fabio Gobbato hat mit einem »Kommentar« der Diskussion um eine mehrsprachige Schule ordentlich geschadet.

Fabio Gobbato hat ordentlich zugelangt in seinem A udienza solo chi sail tedesco. In seinem publizistischen Visier: die Direktorin einer Grundschule in Bozen, die SVP, Obmann Philipp Achammer und Landeshauptmann Arno Kompatscher. Allesamt populistische, ethnische Scharfmacher:innen, die auf Kosten von Kindern aus italienischen oder migrantischen Familien ihre intolerante Politik betreiben. Das klingt fast so, als würden die deutsche Schule und der zuständige Landesrat »Krieg« gegen die erwähnten Kinder und ihre Familien führen. Wäre das der Fall, hätte Gobbato treffend analysiert und kommentiert.

Applaus erhält Gobbato von der Lega und von den Fratelli d’Italia. SVP-Partner Lega schwafelt von einer Politik auf Kosten der Familien, die Fratelli — möglicherweise Partner der SVP nach den Landtagswahlen im Herbst — machten eine »ethnische Offensive« auf.

Es findet aber kein ethnischer Krieg statt, keine ethnische Offensive, die auf dem Rücken der Familien ausgetragen wird. Nicht von ungefähr findet Salto-Herausgeber Max Benedikter, dass »aus einer Mücke ein Elefant gemacht« wird. Diese »Mücke« steht in der Einladung zum Elternsprechtag:

Darin weist die Direktorin der deutschsprachigen Grundschule darauf hin, dass die Gespräche mit den Lehrpersonen »in deutscher Sprache erfolgen«. Deutsche Schule, deutsche Unterrichts- und Verkehrssprache. In welcher Sprache werden an den italienischsprachigen Schulen die Elternsprechtage abgehalten?

Die von Gobbato attackierte Grundschuldirektorin bietet nicht Deutsch sprechenden Eltern Sprachmediator:innen an. Was macht Gobbato daraus? Er legt nahe, die Direktorin wolle Eltern in Verlegenheit bringen, die die Unterrichtssprache der Schule nicht verstehen, die ihre Kinder besuchen. Ein doch starkes Stück Miesmacherei. Doch Gobbato geht noch weiter: Er vermutet, die Direktorin wolle mit ihrem angeblichen Sprachdiktat erreichen, dass nicht Deutsch sprechende Eltern dem Elternsprechtag fernbleiben. Warum sollte sie das wollen? Das ist doch eine absurde Annahme, eine weitere Unterstellung.

Ich war einige Jahre lang Klassenratmitglied und Schulratvorsitzender an einer deutschen Schule. Deutsch war die Verkehrssprache, bei Bedarf wurde selbstverständlich auch Italienisch gesprochen, dann und wann auch Englisch. Man kann davon ausgehen, dass dies die Lehrpersonen der angegriffenen Bozner Grundschule genauso halten werden.

Wenn ich richtig informiert bin, lehnte die von Gobbato kritisierte Direktorin auch nicht die Einschreibung eines migrantischen Kindes ab, sondern empfahl den Eltern eine andere Schule.

Eine ethnische Offensive?

Aus diesen beiden Fällen, der Einladung zum Elterntag und zur Empfehlung der Schulwahl, konstruierte Gobbato eine ethnische Offensive. Damit versuche die SVP Wählerstimmen zu gewinnen.

Über diese verquere Analyse freut sich die italienische Rechte.  

Der Kammerabgeordnete von Fratelli d’Italia Alessandro Urzì sieht in der Schulempfehlung eine Verletzung des verfassungsmäßigen Rechts auf Bildung. Er hält es nicht für zulässig, einen Schüler aufgrund eines Sprachtests abzulehnen. Deshalb fordert er den italienischen Bildungsminister auf, Maßnahmen zu ergreifen. Vielleicht sollte diese Grundschule in Gries dem Ministerium direkt unterstellt werden?

Sollte sich Urzì nicht darüber Gedanken machen, warum auch immer mehr italienische Eltern in Südtirol ihre Kinder an deutschen Kindergärten und Schulen einschreiben? Funktioniert das »deutsche Bildungswesen« besser als das italienische? Ist die ach so ethnisch engstirnige deutsche Schule gar weltoffener?

Drängen deshalb auch Migrantenfamilien ihre Kinder in die deutschen Kindergärten und Schulen? Mehr als elf Prozent der Kinder in den deutschsprachigen Schulen stammen aus dem Ausland. Tendenz steigend. In manchen Kindergärten und Grundschulen lag der Anteil an »Ausländer:innen« höher als jener der »Einheimischen«: Grundschulen Franzensfeste und Blumau sowie die Kindergärten Waidbruck, Meran/Fröhlich und Bozen/Weggensteinstraße. An der Grundschule Waidbruck lag der Anteil an »Ausländer:innen« bei der Hälfte. Allesamt Nicht-EU-Bürger:innen. In 30 Kindergärten und Grundschulen betrug der »Ausländeranteil« mehr als ein Drittel.

Besonders in Bozen ist das Interesse migrantischer Familien an der deutschen Grundschule groß. Mehr als die Hälfte der für das nächste Schuljahr eingeschriebenen Grundschulkinder sind migrantisch oder nicht deutschsprachig. Zweifelsohne wollen diese Familien, dass ihre Kinder die deutsche Landessprache lernen. Fakt ist inzwischen aber auch, wie die Direktor:innen der deutschen Bildungseinrichtungen beklagen, dass in Bozen kaum mehr Deutsch gesprochen wird. An den deutschen Schulen die deutsche Unterrichts- und Verkehrssprache zu erhalten ist ein schwieriges pädagogisches Unterfangen.

Wachsender »Ausländer:innen«-Anteil

Laut dem Landesinstitut für Statistik sind 10.000 Kinder zwischen drei und 18 Jahren nicht in Besitz eines italienischen Passes bzw. im Ausland geboren. In Südtirol geboren sind 5.000 »passlose« Kinder. Nur eines von fünf Kindern und Jugendlichen stammt aus einem Mitgliedsstaat der EU.

An den italienischen Kindergärten haben bereits ein Viertel aller Kinder einen Migrationshintergrund. Fast 13 Prozent der Schüler:innen der italienischen Mittelschule sind keine italienischen Staatsbürger:innen.

Je höher die Schulstufe, desto geringer ist der »ausländische« Anteil, an den italienischen Oberschulen ist er mit fast 17 Prozent deutlich höher als an den deutschen Oberschulen mit 5 Prozent.

Kinder mit ausländischem Pass scheinen eine Berufslehre zu bevorzugen. Mehr als die Hälfte aller ansässigen Ausländer:innen besuchen eine Berufsschule. Der Ausländeranteil an den deutschen Berufsschulen beträgt 11 Prozent, an den italienischen Berufsschulen liegt die Quote schon seit zwölf Jahren über 30 Prozent (2010/11 gar 38 Prozent). Die Hauptlast der Zuwanderung tragen zweifelsohne die italienischen Bildungseinrichtungen.

Die von der Bozner Stadträtin Johanna Ramoser (SVP) angeregten Sprachtests für Kinder mit Migrationshintergrund sind Ausdruck einer politischen Hilflosigkeit. Zurecht erinnerte Simon daran, dass Sprachtests die Ohnmacht offenlegen. Er wirbt hingegen für

vorgeschaltete und begleitende Sprachkurse, Integrations- und Mediationskräfte, Verkleinerung der Klassen und Kindergartengruppen, Deutschpflicht im Pausenhof — über solche Maßnahmen kann und soll man sprechen.

Die deutsche Landessprache hat offensichtlich

ausreichend Strahlkraft, um eine bedeutende Anzahl Migrantinnen dazu zu bewegen, sich und ihre Kinder »durch sie« zu integrieren; und um viele Italienerinnen von der Notwendigkeit ihres bestmöglichen Erwerbs zu überzeugen.

Diese Bereitschaft sollte die deutsche Schule offensiv nutzen, statt sich ängstlich einzuigeln und abzuschotten.  

Miesmachende Mücken

Hat Fabio Gobbato aus einer Mücke einen Elefanten gemacht, weil er den Text der Einladung zum Elternsprechtag nicht verstanden hat? Das wäre peinlich. Sein Kommentar wurde staatsweit aufgegriffen, seine Verunglimpfungen unhinterfragt verbreitet. Weder Gobbato noch die großen italienischen Zeitungen scheinen zu wissen, dass die von ihnen inkriminierten Sprachtests — wie Simon frotzelt — an den italienischen Schulen angewandt werden, um Schüler:innen herauszufiltern, die die mehrsprachigen Klassenzüge besuchen dürfen. Warum wird mit unterschiedlichem Maß gemessen? Die einen dürfen, die anderen werden dafür untergriffig beschimpft und mies gemacht. »Linke« Hetze ist auch shit.

  • Nachtrag vom 27. März 2023: Chefredakteur Fabio Gobbato hat auf Salto eine Replik zu diesem Beitrag veröffentlicht. ()
  • Nachtrag vom 29. März 2023: Max Benedikter, Präsident von Demos 2.0, hat auf Salto ebenfalls auf diesen Beitrag geantwortet. ()
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Komplexität als Schutz vor dem Verfassungsgericht.

Die rechtsrechte Regierung von Giorgia Meloni (FdI) will Südtirol angeblich die in Vergangenheit vom Verfassungsgericht beschnittenen autonomen Zuständigkeiten zurückgeben. LH Arno Kompatscher und Landesrat Philipp Achammer (beide SVP) haben sich zu diesem Zweck mit der Neofaschistin kürzlich auf die Einrichtung eines Arbeitstisches mit Vertreterinnen von Staat und Land geeinigt.

Wie Rai Südtirol berichtet, fordert der Verfassungsrechtler Francesco Palermo in diesem Zusammenhang

klarere, komplexere und unmissverständliche Formulierungen.

– Rai Südtirol

Das kann dann auch zur Folge haben, dass die Texte nicht nur länger, sondern auch komplexer werden.

– Francesco Palermo

In modernen Demokratien wird grundsätzlich versucht, Gesetzestexte klar, aber auch so einfach wie möglich zu formulieren1vgl. z.B. § 42 Absatz 5 Satz 1 GGO in Deutschland, sodass sie möglichst nicht nur von Juristinnen verstanden werden. In Italien und speziell im Kontext der Autonomie ist aber offenbar das Gegenteil erforderlich: Da das Verfassungsgericht in Vergangenheit bewiesen hat, dass es nicht versucht, loyal dem Geist von Bestimmungen, also der Intention der Gesetzgebenden, zu folgen, sondern jeden Interpretationsspielraum nutzt und sich gar Neuerungen (wie die Querschnittkompetenzen) aus den Fingern saugt, um den Zentralstaat zu stärken und die Autonomien zu schwächen, sind nun »längere« und »komplexere« Formulierungen nötig.

Was aber ist eine Autonomie wert, die nach Punkt und Beistrich nicht nur gegen die Zentralregierungen, sondern auch gegen den Schiedsrichter verteidigt werden muss? Man wird Autonomiebestimmungen wohl nie so komplex formulieren können, dass Richterinnen mit einer politischen Agenda sie nicht wider ihren eigentlichen Sinn auslegen können. Und: Je komplexer und detaillierter das Autonomiestatut verfasst sein muss, desto weniger wird es auf künftige (rechtliche, gesellschaftliche, technologische) Entwicklungen vorbereitet sein, die heute noch nicht vorhersehbar sind.

Vielleicht wäre es wirklich an der Zeit, dem Verfassungsgericht die Zuständigkeit für das Autonomiestatut weitgehend zu entziehen und sie einem eigenen Gericht zu übergeben.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5

  • 1
    vgl. z.B. § 42 Absatz 5 Satz 1 GGO in Deutschland
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Autorinnen und Gastbeiträge

Der Toni, der Herbert und der Meini.

Ein Trio für Giorgia Meloni und die Fratelli d’Italia

Der Chefredakteur des Tagblatts von Giorgia Meloni, Toni Ebner, reibt sich die Augen. Warum? Über den angeblichen Dilettantismus des Landeshauptmannes, des SVP-Obmannes — der nun in Ungnade gefallen ist — und der gewählten SVP-Parlamentarier Julia Unterberger, Manfred Schullian und Dieter Steger. Sie haben sich erdreistet, ohne Genehmigung des Medienhauses Athesia eine ablehnende Haltung gegen die wahrscheinliche Regierung Meloni und ihr rechtsrechtes Bündnis einzunehmen.

Es ist erstaunlich, was der Chefredakteur der Dolomiten alles weiß. Nur sechs Prozent der Meloni-WählerInnen seien traditionell faschistisch, die übergroße Mehrheit habe mit dem Faschismus nichts am Hut. Diese übergroße Mehrheit wolle nur eine politische Änderung, damit der auf Grund gelaufene italienische Staat wieder flott gemacht werde. Milano Finanza stellt hingegen fest, dass die WählerInnen von Rechtsrechts die alte Kaste wiedergewählt haben.

Im Spiegel-Interview sagte der ehemalige Regierungschef und Präsident der EU-Kommission Romano Prodi über Meloni, »ihre Losung ‘Gott, Familie, Vaterland’ ist eins zu eins Mussolini«. Diese Losung brüllte sie auf einer Veranstaltung der spanischen Vox — eine Partei von Neofranquisten — laut heraus.

»Wer ist Prodi?«, wird sich Toni Ebner denken und behauptet, dass sich eine Ministerpräsidentin Meloni keine faschistische Politik leisten könne. Beruhigend. »Ob die neue Regierung für die Interessen Südtirols gut oder schlecht ist, kann erst festgestellt werden, wenn die Koalition um Giorgia Meloni das Regierungsprogramm vorlegt«, philosophiert der Chefredakteur und kanzelt die erwähnten Akteure mit seiner Analyse ab, dass es der falsche Weg sei, »wenn einzelne SVP-PolitikerInnen für den schnellen Applaus ihrer Klientel die künftige Regierung brüskieren«. Welche Interessen bewegen Ebner und seine gehätschelten, einzelnen SVP-PolitikerInnen wie Meinhard Durnwalder, Renate Gebhard und Herbert Dorfmann, die in der SVP für das »politische Einschleimen« bei den rechtsrechten Wahlsiegern werben?

Toni Ebner sieht die dramatische Gefahr aufziehen, dass die Lega aus der Landesregierung auszieht, weil sich »einzelne SVP-PolitikerInnen« gegenüber Meloni völlig unverständlich kurzsichtig verhielten und so das Land in die Sackgasse führten.

Das Tagblatt der Fratelli geht aber davon aus, dass das letzte Wort in der Frage noch nicht gesprochen ist. Das schmeckt nach einer deutlichen Aufforderung aus dem Weinbergweg in die Brennerstraße, die »einzelnen PolitikerInnen« zurückzupfeifen — auf Wunsch von Toni Ebner und auch seines Bruders Michl, Präsident der Handelskammer. Toni Ebner erhebt sich gar zum Siegelverwalter der SVP und erinnert daran, dass über die Koalitionsfragen in Bozen und in Rom »sicher nicht Abgeordnete mit dem Parteiobmann und dem Landeshauptmann allein bestimmen«. Nein, das macht der Weinbergweg, der also gar empfiehlt, eine Koalition mit den siegreichen Rechten in Rom einzugehen.

Hoffentlich rotiert bei dieser unsäglichen politischen Anbiederung der Athesia-Übervater Kanonikus Michael Gamper in seinem Grab.

Im Tagesrhythmus haut die Tageszeitung Dolomiten ihre Empfehlungen an die SVP hinaus. Vor den Parlamentswahlen durfte Meloni auf einer ganzen Seite für ihre Fratelli werben. Unverhohlen kündigte sie an, dass die Autonomie sich »ins Gesamtspektrum der nationalen Einheit« eingliedern müsse. Es gebe Bereiche von strategischem Interesse, ergänzte Meloni, von der Infrastruktur bis hin zur Energie. Südtirol müsse diese der Führung der Zentralregierung überlassen, warb sie für die Beschneidung der Südtirol-Autonomie. Spätestens hier wird sich wohl Toni Ebner sen. — hoffentlich — für seine Nachfahren erbrechen.

Nochmals Romano Prodi im Spiegel: Meloni sei ganz sicher nicht konservativ. Wenn er sich ihre politische Tradition anschaue, »dann macht mir das große Sorgen«, so Prodi, ein »linker« Christdemokrat, vergleichbar mit dem ehemaligen CDU-Politiker und Arbeitsminister Norbert Blüm.

Toni Ebner reiht sich ein in die Phalanx von HistorikerInnen und PolitikwissenschaftlerInnen, hier wie anderswo in Italien, die von der ideologischen Reinwaschung der Meloni schwafeln. Wenn die Freiheitlichen in Österreich rechtsradikal sind, stellt diese Phalanx fest, und die AfD Neonazis, sind Giorgia Meloni und ihre Fratelli Post- bzw. Neofaschisten. Doch um Toni Ebner zu ziterten: Keine Angst, Meloni ist keine Faschistin. Wie tönte Meloni 2015 anlässlich des italienischen Kriegsbeitritts 100 Jahre zuvor? Pro-österreichische SüdtirolerInnen sollten Italien verlassen und nach Österreich auswandern.

Der Statthalter von Meloni in Südtirol, der in Vicenza in die Abgeordnetenkammer gewählte Alessandro Urzì, demonstrierte auf Facebook seine Geisteshaltung, indem er behauptete, die deutschsprachige Rai fördere »ideologischen Terrorismus«. »Hinter der Betonung, dass er nicht in Südtirol gewählt wurde, vermutet er einer Vorgabe der SVP, weshalb Urzì zudem von einem ‘Propagandasystem’ nach DDR Muster und gar von einem ‘Einschüchterungsversuch’ der Rai faselt, die ihm nichts weniger als den Wohnsitz streitig mache«, fasst Simon Constantini die Attacke des ehemaligen Landtagsabgeordneten hier zusammen. »Wenn die Stellungnahme von Urzì ein Vorgeschmack auf die kommende Regierungszeit ist, die ja noch gar nicht begonnen hat, können wir uns auf einiges gefasst machen«, warnt er.

Das scheint die konservativen Freunde im Edelweiß nicht sonderlich zu berühren. Toni Ebner zitiert lieber die Bedenken von Renate Gebhard und Meinhard Durnwalder gegen eine Ablehnung der zukünftigen Regierung Meloni. Durnwalder pflegt, wie sein Onkel Luis vor ihm, beste Beziehungen zur Lega. Kürzlich durfte sich im Tagblatt schon SVP-Europaparlamentarier Herbert Dorfmann über die regierungskritische Linie seiner Parteispitze auslassen.

Die Haltung von Dorfmann ist kohärent. Er wurde bei den letzten Europawahlen im Bündnis mit Forza Italia gewählt. Die Berlusconi-Partei, zwar gehörig geschrumpft, ist Teil des rechtsrechten Wahlbündnisses von Meloni. Dorfmann wolle wieder gewählt werden, analysierte Salto, deshalb sein Werben zumindest für eine Stimmenthaltung für die Regierung Meloni im Parlament.

Offensichtlich plagen Dorfmann keine Bedenken, der rechtsrechten Meloni-Regierung einen Blankoscheck auszustellen. Meloni zählt in der EU zu den Fans des ungarischen Rechtsradikalen Viktor Orban, der trotz Brüsseler Milliarden ein EU-Feind und trotz NATO-Mitgliedschaft ein Freund des russischen Kriegspräsidenten Putin ist.

Dorfmann kritisierte die FUEN, europäische Dachorganisation der sprachlichen und nationalen Minderheiten, weil sie sich von Ungarn sponsern lässt. Es dürfe nicht verwundern, sagt Dorfmann, dass FUEN-Präsident Vincze Lorant (Angehöriger der ungarischen Minderheit in Rumänen) auf dem FUEN-Kongress eine ungarnkritische Resolution verhinderte. Er hänge nämlich am Gängelband von Orban.

Der illiberale Nationalist Orban zählte zu den ersten aus der europäischen EU-feindlichen Rechten, die Meloni zum Wahlsieg gratulierten. Herbert Dorfmann — gegen Orban, aber für Meloni?

Trotz der Meloni-kritischen Haltung der SVP-Spitze wurde die Partei bereits vom Meloni-Schwager und Südtirolbesessenen Francesco Lollobrigida kontaktiert, der bisher Fraktionschef der Fratelli im Abgeordnetenhaus war. Direkt, nicht auf dem Umweg über die Dolomiten.

Urzì, möglicherweise bald Unterstaatssekretär für Südtirol oder gar Regionenminister, zeigte sich erfreut, dass SVP-Obmann Philipp Achammer mit der Regierung Meloni das Gespräch suchen wird. Das wurde bisher immer so gehandhabt. Gespräche der Landesregierung mit der italienischen Regierung, auf Augenhöhe. Ohne Anweisung aus dem Weinbergweg.

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Autorinnen und Gastbeiträge

Demonstrieren als Provokation?

Für den Koordinator der neofaschistischen Fratelli d’Italia war der Schützenaufmarsch nahezu ein Anschlag auf die staatliche Einheit.

Marco Galateo, bisher Gemeinderat der Fratelli im Bozner Gemeinderat, empfindet den Fackelzug der Schützen in Erinnerung an den faschistischen Marsch auf Bozen als eine Provokation. Diese »paramilitärische« Organisation (O-Ton Galateo) wagte es, gegen den demokratisch errungenen Wahlsieg seiner Parteichefin Giorgia Meloni zu demonstrieren.

Wie auch immer man/frau zu den Schützen stehen mag, laut geltender republikanischer Verfassung sind Kundgebungen und Demonstrationen Teil demokratischer Teilhabe. Für Galateo sind sie hingegen eine gegen seine Parteiführerin gerichtete Provokation. Offensichtlich übt sich Galateo ganz im Sinne seines Vorbildes im Südtirolbashing, tritt er doch in die breiten Fußstapfen seines Vorgängers im Landtag, Alessandro Urzì. Der wurde bei den Parlamentswahlen in Vicenza in die Abgeordnetenkammer gewählt und Galateo rückt stattdessen in den Landtag nach.

Er wiederholt Urzìs Kritik in Richtung Schützen, sie seien kein kultureller Verein, sondern eine paramilitärische Organisation. FdI-Koordinator Galateo fordert daher Landeshauptmann Kompatscher (SVP) und die Gemeinden auf, »die Millionenbeiträge an die Schützen« zu stoppen. Fake News der Marke Fratelli d’Italia: Laut Kulturlandesrat Philipp Achammer (SVP) beträgt der jährliche Landesbeitrag für die Schützen 100.000 Euro.

Galateo machte in den Reden und auf den Transparenten eine eindeutige Sprache aus: Sezession, die Ablösung von Rom und gar eine Rückkehr zum Faschismus sollen die Schützen gefordert haben. Damit hätten sie »die Grenze des von der Verfassung vorgesehenen Rechts auf freie Meinungsäußerung überschritten«. Das stellt ein »Postfaschist« fest, dessen Partei diese Verfassung abändern will. Der Schützenmarsch sei keine »wichtige, historische Gedenkveranstaltung« gewesen, sondern eine Militärparade und eine Provokation gegen die neue Regierung. Wahrscheinlich wird Alessandro Urzì, Kammerabgeordneter der Fratelli von Vicenza, ein Verbot der Schützen fordern.

Im Visier von Fratelli d’Italia sind aber nicht nur die Schützen, sondern auch der deutschsprachige Nachrichtendienst von Rai Südtirol. So warf Urzì Chefredakteurin Heidy Kessler vor, in Absprache mit der SVP »ideologischen Terrorismus« zu betreiben. Warum? Weil Kessler die neofaschistischen Fratelli als nationalistisch, zentralistisch und egoistisch beschrieb, weil sie Urzì als Kammerabgeordneten von Vicenza bezeichnete, um ihm angeblich seinen Südtiroler Wohnsitz abzustreiten. Kessler sei damit einer Vorgabe der SVP gefolgt, die mit ihrem Propagandasystem nach DDR-Muster politische Gegner einzuschüchtern versuche. Auf Facebook drohte der Neo-Parlamentarier aus Vicenza gar mit Konsequenzen.

Das widerspricht den gefälligen Darstellungen von Giorgia Meloni in der in der Tageszeitung Dolomiten. Jetzt nach den Parlamentswahlen machen ihre Männer vor Ort den Ton. Sie stehen in der Tradition ihrer Chefin, die pro-österreichischen Südtirolern die Auswanderung empfahl, auf einer Veranstaltung der spanischen Vox-Faschisten gegen die liberale Gesellschaft hetzte. Meloni findet außerdem »Duce« Benito Mussolini einen ernsthaften Politiker, der für sein Volk engagiert war.

Historiker Hannes Obermair kritisierte den Fackelumzug der Schützen als »schräg«, er habe bei ihm für Befremden gesorgt. »Weil er sich einerseits gegen den Faschismus richtet, aber andererseits für Tirol und den nationalistischen, letzten deutschen Bürgermeister Julius Perathoner«, sagte er Rai Südtirol. Warum ist ein Bekenntnis zu Tirol schräg? Obermair bedauerte, dass es keinen etablierten Antifaschismus in Südtirol gebe, denn gegen den Faschismus müssten andere demonstrieren.

Andere Kräfte müssten uns in Erinnerung rufen, was vor einer Woche in den Wahlurnen geschah und durchaus bedenkliche Züge trägt.

– Hannes Obermair

Bedenklich ist doch, dass auch Freiheitliche beim Fackelumzug der Schützen mit dabei waren. Die freiheitliche Landtagsabgeordnete Ulli Mair sagte auf Salto über Meloni:

Das große Schreckgespenst sehe ich allerdings nicht in ihr, … ich kann mir durchaus vorstellen, dass man auch unter Meloni Positives für Südtirol erreicht“.

– Ulli Mair (F)

Reinwaschung der Meloni von Mair. Schräg oder?

Doch auch Mitglieder der Süd-Tiroler Freiheit waren beim Fackelzug der Schützen mit dabei. In Erinnerung an den Marsch auf Bozen. Gudrun Kofler, Nichte von Eva Klotz, kandidierte bei den Landtagswahlen in Tirol für die Freiheitlichen. Die österreichischen Rechtsaußen zählten nach den Parlamentswahlen in Italien zu den ersten Gratulanten von Giorgia Meloni.

FPÖ-Europaparlamentarier Harald Vilimsky twitterte:

Italiener holen sich ihr Land zurück, bravissimo!

– Harald Viliminsky

und

Jetzt wird in Italien endlich eine Frau ohne jegliche Quote Regierungschefin und den ganzen Linken und Emanzen hier passt es wieder nicht. Da soll sich jemand auskennen. #bravo Italia.

– Harald Viliminsky

Die Landesparteiobfrau der FPÖ Salzburg und Stellvertreterin von Parteichef Herbert Kickl, Marlene Svazek, freute sich riesig über den Wahlerfolg von Meloni:

Eine starke Frau an der Spitze Italiens. Ganz ohne Quote und mit der Unterstützung von Männern wie Matteo Salvini im Rücken. In Italien hat man trotz mehrerer rechter Parteien erkannt, dass dieses Lager geeint auftreten und die Beste an die Spitze muss. Dann ist offenbar alles möglich.

– Marlene Svazek

Echt: Schräger geht es nimmer.

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Hundert Jahre Marsch auf Bozen.

Heute vor genau hundert Jahren fand der Marsch auf Bozen statt, in dessen Rahmen faschistische Schlägertrupps unter anderem für die Absetzung des gewählten Bürgermeisters Julius Perathoner sorgten und eine deutsche Schule besetzten, um ihre Umwandlung in eine italienische Schule zu erzwingen. Beides wurde niemals rückgängig gemacht.

Weniger als einen Monat später, am 27. Oktober 1922, fand der Marsch auf Rom statt.

Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) fordert, die damaligen Geschehnisse sollen uns eine Lehre sein. Wir müssten stets wachsam sein und unsere demokratischen Werte und Grundregeln verteidigen. Das ist nach dem Ergebnis der jüngsten Parlamentswahl wohl mehr denn je nötig. Die rechtsradikale Lega, Koalitionspartnerin der SVP in Südtirol, wird voraussichtlich bald eine Regierung unter Führung der Postfaschistin Giorgia Meloni (FdI) unterstützen.

SVP-Obmann Philipp Achammer erinnert daran, dass nur ein Jahr nach dem Marsch auf Bozen die deutschsprachige Schule in Südtirol abgeschafft wurde. Es sei unsere Verantwortung, dass nie wieder passiert, was unsere Vorfahren erleiden mussten. Diesbezüglich regt er auch die Umbenennung der Amba-Alagi-Straße in Bozen an, wo die deutsche Bildungsdirektion ihren Sitz hat.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4

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Autorinnen und Gastbeiträge

Melonis Tagblatt.

Die Athesia-Medien machen sich zum Sprachrohr der neofaschistischen Fratelli d’Italia (FdI)

Stolz präsentierten Stol und Dolomiten heute das Schreiben von Giorgia Meloni zu den Parlamentswahlen am Wochenende. Begeistert zeigt sich Athesia auch darüber, dass das Meloni-Schreiben in »tadellosem Deutsch« abgefasst sei. Hallo, es gibt Deepl.

Meloni wirbt in ihrem Schreiben für eine »starke Autonomie in einem starken Staat«. Ergänzend fügt sie hinzu, eine Autonomie brauche nicht geschützt werden. Was will Meloni damit den Leserinnen und Lesern von Stol und Dolomiten sagen?

Sie wiederholt auch ihre Aussage vom »Blitz-Besuch« in Bozen, dass die Autonomie »nicht nur für Bürger deutscher oder ladinischer Muttersprache gilt«. Laut Meloni behaupten das einige, oder noch schlimmer, spitzt sie ihre Kritik zu, die Autonomie gelte nur für eine einzige Partei. Billigste Polemik der möglichen künftigen Ministerpräsidentin.

Offensichtlich hat sich Meloni nie das Zweite Autonomiestatut angeschaut, kennt nicht den Pariser Vertrag mit seiner Formulierung, dass die deutschsprachigen Bewohner der Provinz Bozen »im Rahmen besonderer Maßnahmen zum Schutze der völkischen Eigenart und der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung der deutschen Sprachgruppe« gefördert werden. Der Pariser Vertrag ist die internationale Grundlage des Autonomiestatuts.

Meloni ergänzt, die Autonomie müsse sich »ins Gesamtspektrum der nationalen Einheit« eingliedern. Es gebe nämlich Bereiche, die von strategischem Interesse seien, ergänzt Meloni in ihrem Schreiben an die Dolomiten, von der Infrastruktur bis hin zur Energie. Südtirol müsse in diesen Bereichen die Führung der Zentralregierung überlassen, wirbt Meloni im Tagblatt der Südtiroler, vom Tagblatt unwidersprochen, für die Beschneidung der Südtirol-Autonomie. Spätestens hier drehen sich Silvius Magnago und eine Reihe weiterer Autonomiepioniere in ihren Gräbern um.

Meloni gendert, mit Sternchen, und stellt fest, dass in Südtirol über sie Fake News verbreitet würden. Sie strickt ihrerseits an Fake News weiter. Unwidersprochen darf Meloni in den Athesia-Medien ihre Erzählung verbreiten. Ihre Botschaft an die Wähler*innen aus Südtirol — die Genderszene wird sich freuen —, »wenn Italien wächst, dann wächst auch Südtirol und wenn Südtirol wächst, dann wächst auch Italien«. Das ist ja beruhigend.

Stichwort Fake News: In einem Video empfiehlt Meloni pro-österreichischen Südtirolerinnen und Südtirolern, nach Österreich auszuwandern. Auf einer Veranstaltung der neofaschistischen Vox in Spanien hetzte sie entgrenzt gegen die liberale Gesellschaft. Keine Fake News, kann man Giorgia Meloni entgegenhalten, sondern harte Fakten. Weder Stol noch Dolomiten scheinen davon Kenntnis zu haben — oder verschweigen es einfach.

Giorgia Meloni, eine Gefahr für Südtirols Autonomie? Laut den Athesia-Medien nicht, die Meloni und ihre Fratelli d’Italia auf diese Art und Weise wohl auch als Koalitionspartner der SVP empfehlen, nach den Landtagswahlen im nächsten Jahr. Teile der SVP sind ja inzwischen soweit schmerzfrei entideologisiert, um den grünen Senatskandidaten Hans Heiss zu zitieren, dass sie sich auch mit den Fratelli ins Koalitionsbett legen würden.

Die SVP regiert seit den letzten Landtagswahlen mit der Lega, die ideologisch gar nicht so weit von den Fratelli entfernt ist. Nicht von ungefähr sind sie Partner in der rechten Wahlallianz.

In der Tageszeitung Dolomiten erhielt Meloni fast eine ganze Seite für ihre Anbiederung an Südtirol. Dieses Glück hatte der Landeshauptmann bisher nicht. Meloni hingegen darf ihre Fake News unkommentiert verbreiten. So greifen laut Meloni nur »linke Regierungen« die Autonomie an. Diese angeblichen autonomiefeindlichen linken Regierungen erließen aber seit 1992 mehr als 50 weitreichende Durchführungsbestimmungen, zählt der langjährige SVP-Parlamentarier Karl Zeller auf. Die restlichen 30 Autonomie-Bestimmungen stammen aus der Berlusconi-Ära, meist nur technische Anpassungen. Keine großen Würfe. Rechts steht nicht für Autonomie.

Völlig absurd klingt das Angebot von Meloni, den »Südtiroler*innen« »einen einheimischen Parlamentarier« zu geben. Und zwar Alessandro Urzì. »Es wird von großer Bedeutung für die künftigen Beziehungen zwischen der Landesregierung und dem Staat sein, im Parlament einen Mann aus der Gegend zu haben«, schreibt Meloni an den »sehr geehrte/r Frau/Herr Direktor«. Urzì als Unterstaatsekretär für Südtirol, spottete bereits Hans Heiss — oder wird er Regionenminister?

SVP-Obmann Philipp Achammer reagierte entrüstet auf die Meloni-Sager auf Seite 15 der Dolomiten. Die freiheitliche Oppositionelle Ulli Mair verteidigt Meloni und ihre Fratelli vor der SVP. Auf Salto sagte Mair, »grundsätzlich hat sich die SVP vor jeder Parlamentswahl ein Feindbild gesucht und die Autonomie war vor jeder Wahl in Gefahr. Wegen des Erstarkens von Giorgia Meloni trauert die SVP dem PD nach, obwohl diese Partei alles andere als autonomiefreundlich ist«. Als ein solches Negativbeispiel zitiert sie die Regierung Renzi, eine glatte Fake News, ganz in der Spielart von Giorgia Meloni.

Mit der Regierung Renzi konnten laut Zeller wichtige autonomiepolitische Erfolge erzielt werden. Viele Punkte, die im 2013 zwischen der SVP und dem PD ausgehandelten Autonomieabkommen für Südtirol vorgesehen sind, seien bereits eingelöst und es gelte nun die noch ausstehenden Punkte umzusetzen, begründete Zeller damals die SVP-Unterstützung für Renzi. Er verweist auf die Übertragung der primären Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz in den Bereichen Lokalfinanzen und Gemeindesteuern, den Sicherungspakt zur finanziellen Absicherung des Landes.

Die SVP müsse nun beweisen, dass sie in der Lage ist, auch mit einer Giorgia Meloni verhandeln zu können, sagte Ulli Mair auf Salto. »Das große Schreckgespenst sehe ich allerdings nicht in ihr, … ich kann mir durchaus vorstellen, dass man auch unter Meloni Positives für Südtirol erreicht«. Mair will nicht begreifen, »wie man die Wähler für eine Wahl begeistern will, wenn man von Vornherein nur negative Stimmung und Angst verbreitet«.

Wie schrieb Giorgia Meloni, eine Schwester im Geiste von Ulli Mair, im Tagblatt der Südtiroler? Südtirol muss sich ins Gesamtspektrum der nationalen Einheit eingliedern. Und dieser Satz klingt recht unverhohlen als eine Drohung: »Im Unterschied zu vielen anderen hat FdI eine übernommene Verpflichtung noch nie unerfüllt gelassen«. Womöglich wird für die Eingliederung Südtirols ins Gesamtspektrum der nationalen Einheit Unterstaatsekretär oder Regionenminister Urzì sorgen.

Siehe auch 1›

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Auslandswahlzettel ohne Minderheiten.

Während sich die geballte Wissenschaft darum sorgt, wie gereizt der Nationalstaat reagieren könnte, wenn die italienische Minderheit in Italien ihren 195. Senatssitz — von insgesamt 200 — verlieren sollte, können Südtirolerinnen im Ausland offenbar keine Südtiroler Parteien und Kandidatinnen wählen, weil sie auf den Wahlzetteln schlicht und ergreifend fehlen. Neben F und STF ist laut gestriger Ausgabe der Dolomiten auch die SVP mit dieser Tatsache nicht sehr glücklich:

Mit der bestehenden Regelung können wir als Minderheitenparteien in den Auslandswahlkreisen gar nicht antreten. Die Regelung ist nicht schlüssig, denn wenn ich aus einem Minderheitengebiet komme, muss ich die Möglichkeit haben, die Minderheitenvertretung auch außerhalb des Gebietes wählen zu können.

– LR Philipp Achammer laut Dolomiten

Vielleicht sollte man bei der italienischen Minderheit nachfragen, wie sie es geschafft hat, ihre Parteien auf den Auslandswahlzetteln zu platzieren.

Siehe auch ‹1 ‹2

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Die Zerstörung der SVP.

Am Freitag hat die SWZ wieder das Ergebnis einer sogenannten Sonntagsfrage veröffentlicht, bei der abgefragt wurde, was die Wählerinnen ankreuzen würden, wenn am Wochenende ein neuer Landtag gewählt würde. Wie immer handelt es sich auch bei dieser Erhebung des Sozialforschungsinstituts Apollis um eine Momentaufnahme und nicht um eine Prognose, da sich bis zum tatsächlichen Wahltermin noch einiges ändern könnte, insbesondere auch Meinungen und Prioritäten der Befragten.

Dennoch zeichnen solche Umfragen ein wichtiges Stimmungsbild, und das ist in diesem Fall gerade für die Mehrheitspartei wenig schmeichelhaft. Nur noch 37% würden demnach heute das Edelweiß ankreuzen1Ergebnis LTW 2018: 41,9% – Sonntagsfrage Juni 2021: 43% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 42%, während vor allem die Grünen — auf sage und schreibe 17% — zulegen könnten2Ergebnis LTW 2018: 6,8% – Sonntagsfrage Juni 2021: 13% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 14%. Sie wären dann, begünstigt auch durch die Sorge um den Klimawandel, schon fast halb so stark wie die SVP.

Verbessern würden sich auch die Freiheitlichen (auf 8%)3Ergebnis LTW 2018: 6,2% – Sonntagsfrage Juni 2021: 4% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 6% und FdI (auf 6%)4Ergebnis LTW 2018: 1,7% – Sonntagsfrage Juni 2021: 2% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 4%. PD5Ergebnis LTW 2018: 3,8% – Sonntagsfrage Juni 2021: 6% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 4% und 5SB6Ergebnis LTW 2018: 2,4% – Sonntagsfrage Juni 2021: 2% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 1% könnten das magere Ergebnis der letzten Landtagswahl in etwa halten, während TK7Ergebnis LTW 2018: 15,2% – Sonntagsfrage Juni 2021: 9% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 8%, STF8Ergebnis LTW 2018: 6% – Sonntagsfrage Juni 2021: 7% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 7% und Lega9Ergebnis LTW 2018: 11,1% – Sonntagsfrage Juni 2021: 10% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 8% die Werte von 2018 nicht mehr erreichen könnten.

Eine derart geschwächte Volkspartei wäre zwar nach innen — also in Südtirol — ein Beitrag zur Pluralisierung; nach außen hin, insbesondere auf staatlicher Ebene, könnte ein Absturz der großen Minderheitenpartei, wie wohl auch Oppositionelle einräumen würden, mitunter als Zeichen missverstanden werden, dass den Südtirolerinnen die Autonomie nicht mehr so wichtig ist. Umso besorgniserregender wäre dies, falls Italien demnächst tatsächlich eine weit rechte Regierung erhielte.

Dafür trägt die SVP, die

  • sich zu sehr mit sich selbst beschäftigt;
  • immer öfter als Freunderl-, Selbstbedienungs- und Lobbypartei wahrgenommen wird;
  • das Soziale ebenso häufig vernachlässigt wie ihre einstigen Kernthemen (Autonomieausbau, Minderheitenschutz…) und
  • noch nicht einmal eine klare Abgrenzung zur postfaschistischen FdI auf die Reihe kriegt

allerdings die fast alleinige Schuld. Genausowenig wie Rezo damals als Überbringer der schlechten Nachricht für die »Zerstörung« der CDU verantwortlich war, sind hierzulande Journalistinnen, die wenig erbauliche Machenschaften und Skandale in der Volkspartei aufdecken, für deren Zerstörung verantwortlich — wiewohl sich das offenbar einige in der Sammelpartei einreden wollen.

Bei der SVP-Landesversammlung vom Samstag waren zumindest schon einige Töne zu vernehmen, die man als Schritt in die richtige Richtung werten könnte. Ob den Worten auch Taten folgen werden und welche Linie sich schlussendlich durchsetzt, muss sich aber erst zeigen.

Spätestens im Herbst 2023 steht dann aber keine Sonntagsfrage mehr an. Wenn beim Ergebnis der Volkspartei auch dann noch eine drei vorne steht, wird es für Arno Kompatscher10sofern er noch einmal antritt, Philipp Achammer und alle anderen in der Partei ungemütlich.

Siehe auch ‹1 ‹2

  • 1
    Ergebnis LTW 2018: 41,9% – Sonntagsfrage Juni 2021: 43% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 42%
  • 2
    Ergebnis LTW 2018: 6,8% – Sonntagsfrage Juni 2021: 13% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 14%
  • 3
    Ergebnis LTW 2018: 6,2% – Sonntagsfrage Juni 2021: 4% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 6%
  • 4
    Ergebnis LTW 2018: 1,7% – Sonntagsfrage Juni 2021: 2% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 4%
  • 5
    Ergebnis LTW 2018: 3,8% – Sonntagsfrage Juni 2021: 6% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 4%
  • 6
    Ergebnis LTW 2018: 2,4% – Sonntagsfrage Juni 2021: 2% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 1%
  • 7
    Ergebnis LTW 2018: 15,2% – Sonntagsfrage Juni 2021: 9% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 8%
  • 8
    Ergebnis LTW 2018: 6% – Sonntagsfrage Juni 2021: 7% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 7%
  • 9
    Ergebnis LTW 2018: 11,1% – Sonntagsfrage Juni 2021: 10% – Sonntagsfrage Jänner 2022: 8%
  • 10
    sofern er noch einmal antritt
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