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Jannik Sinners reductio ad Hitlerum.

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Wie viel Hass muss eine nationale Minderheit — und stellvertretend für sie ein Spitzensportler wie Jannik Sinner — ertragen? In Italien extrem viel.

Erst kürzlich war der Tennisprofi aus Sexten massiv angegriffen worden, weil er dem Papst bei einem Vatikanbesuch ganz einfach die Wahrheit gesagt hatte: bei den Sinners wird zuhause Deutsch gesprochen. In diesem Staat kann sowas eine existenzielle Krise und unkontrollierte Reflexe hervorrufen.

Doch jetzt kommt es noch dicker: Der italienische Rapper Fedez hat heute in den sozialen Medien einen neuen Song angekündigt, in dem er Sinner als einen »reinrassigen Italiener mit dem Akzent von [Adolf] Hitler« beleidigt. In Sachen minderheitenfeindliche Hassrede fällt mir da kaum noch eine Steigerung ein. Auch wenn jetzt viele für Sinner Partei ergreifen, macht das die extreme Verunglimpfung nicht ungeschehen. Sie zeigt, was in einem intoleranten Nationalstaat immer mitschwingt, wenn man nicht — wie es erwartet wird — zu 110 Prozent dem nationalen Idealtypus entspricht.

Nicht nur für den Südtiroler Spitzensportler, sondern für die Minderheit als Ganzes sind derartige Attacken eine Dauerbelastung.

Die katalanische Ausnahmefußballerin Aitana Bonmatí hatte erst kürzlich darauf hingewiesen, dass sie in ihrer Karriere mehr für ihre Sprache als für ihr Geschlecht angefeindet wurde.

Auch Sinner selbst war schon in Vergangenheit immer und immer wieder mit nationalistischen Attacken konfrontiert, weil er sich angeblich nicht italienisch genug fühlt, weil sein Charakter — no na — nicht dem Klischee eines Italieners entspreche oder weil er eine Einladung des Staatspräsidenten ausgeschlagen hatte. Selbst die Tatsache, dass er bei einem Turnier in Wien nicht als (italienischsprachiger) Italiener behandelt worden war, wurde von italienischen Medien scharf kritisiert.

Nationalismus und Minderheitenfeindlichkeit sind Bestien, die wir mit einer Autonomie nicht besiegen werden. Sie sitzen zu tief im Fleisch des Nationalstaats und seines »totalen«, assimilierenden Anspruchs.

Cëla enghe: 01 02 03 04 05 | 06 07 08 09 10 11



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Comentârs

4 responses to “Jannik Sinners reductio ad Hitlerum.”

  1. Lukas Wegscheider avatar
    Lukas Wegscheider

    Na, zum Glück hat da der Hüter der italianità nostrana die Verhältnisse schnell wieder zurecht gerückt. Wissend, was der gute Herr Sinner wirklich ist, isst, denkt und fühlt …

    https://www.facebook.com/share/p/19dQ51q15Q/

    1. G.P. avatar
      G.P.

      Frage mich ernsthaft, wer nun schlimmer ist, Fedez oder Galateo? Würde sagen, beide auf Augenhöhe, selbes Niveau.

  2. Hartmuth Staffler avatar
    Hartmuth Staffler

    Inzwischen hat Fedez ja erklärt, dass seine Bemerkung über den Akzent Sinners nur ironisch gemeint war und dass er damit nicht Sinner, sondern den italienischen Nationalismus kritisieren wollte. Ebenso peinlich wie die Bemerkung von Fedez sind aber auch verschiedene Reaktionen darauf. Wenn die SVP-Parlamentarier nur von “Dummheit” sprechen”, dann haben sie wohl noch nicht verstanden, was Nationalismus ist. Beim Galateo fragt man sich, ob er Nationalist oder dumm ist oder beides.

  3. Martin Piger avatar
    Martin Piger

    Es ist normalerweise sehr unwahrscheinlich, dass man eine Krankheit heilen kann, wenn man sich partout auf eine Fehldiagnose versteift. “Dummheit” ist in diesem Fall ganz klar eine Fehldiagnose. So werden wir uns den aggressiven italienischen Nationalismus halt weiterhin behalten müssen.

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