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Grundrechte katalanischer Politiker verletzt.
Amtsenthebungen waren nicht rechtens

Spanien hat mit der Amtsenthebung von katalanischen Politikern im Anschluss an das Referendum vom 1. Oktober 2017 ihre politischen Rechte verletzt. Dies stellte der UN-Menschenrechtsausschuss nun auf Antrag des damaligen Vizepräsidenten Oriol Junqueras und der Minister Raül Romeva (beide ERC), Josep Rull und Jordi Turull (beide PDeCAT) fest. Im Juli 2018 waren sie aus ihren Funktionen als Regierungs- und Parlamentsmitglieder entlassen worden, was nur in Zusammenhang mit dem Straftatbestand der Rebellion möglich gewesen sei. Zum damaligen Zeitpunkt habe es jedoch noch gar keine Verurteilung gegeben, die schlussendlich zwar für Aufruhr, aber nicht wegen Rebellion zustandekam.

Diese Vorgehensweise habe die politischen Rechte der Betroffenen gemäß Artikel 25 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte verletzt, so der Menschenrechtsausschuss.

Die Anklage unter Berufung auf den Straftatbestand der Rebellion, die in der Folge zur Amtsenthebung führte, habe einer vernünftigen und objektiven Grundlage entbehrt, da die vier Beschwerdeführer die Öffentlichkeit dazu aufgerufen hatten, sich beim Referendum unbedingt friedlich zu verhalten.

Mit anderen Worten: Spanien hat die katalanischen Politiker bewusst der Rebellion bezichtigt, um sie ihrer Ämter entheben zu können, obwohl eine Verurteilung wegen dieses Tatbestandes unwahrscheinlich war.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3

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Die politischen Häftlinge sind frei — aber bedingt.

Vorgestern hatte der spanische Regierungschef Pedro Sánchez (PSOE) die Strafnachlässe angekündigt — schon heute wurden die neun politischen Gefangenen aus der Haft entlassen. Sie wurden vom aktuellen Präsidenten der Generalitat, Pere Aragonés (ERC) und der katalanischen Parlamentspräsidentin Laura Borràs (JxC) empfangen.

Ihre Vorgängerin Carme Forcadell (ERC) sagte nach der Entlassung, ohne die weiteren Wahlsiege der separatistischen Parteien, ohne die vielen gerichtlichen Erfolge in Europa und ohne den zivilgesellschaftlichen Druck hätte es auch keine Strafnachlässe gegeben.

Unisono ließen die ehemaligen Häftlinge wissen, dass es im Tausch gegen die vorzeitigen Entlassungen kein Schweigen und keine Aufgabe ihrer Ideale geben werde — und forderten auch unverzüglich eine vollwertige Amnestie. Ihr Austritt aus dem Gefängnis sei, so Jordi Sànchez (JxC), eine Hommage an den ehemaligen Präsidenten Carles Puigdemont (JxC), der nach wie vor im Exil lebt.

Teilnachlässe auf Bewährung

Die von Sánchez gewährten Strafnachlässe umfassen nur die restliche Haftstrafe und sind weder eine Aufhebung der Urteile noch eine vollständige Rehabilitierung. Die Maßnahme erstreckt sich nicht einmal auf die Ämterverbote, die aufrecht bleiben. Und zudem gilt sie auf Bewährung: Falls die nun aus der Haft entlassenen während der nächsten Jahre eine schwere Straftat begehen, kann das Höchstgericht (Tribunal Supremo) den Strafnachlass wieder rückgängig machen. All diese Details und Einschränkungen wurden von der spanischen Regierung so festgelegt.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5

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Strafnachlässe für politische Gefangene.
Katalonien

Heute kündigte der spanische Regierungschef Pedro Sánchez (PSOE) medienwirksam in Barcelona an, den neun zu langen Haftstrafen verurteilten politischen Gefangenen (Jordi Sànchez, Jordi Cuixart, Oriol Junqueras, Carme Forcadell, Dolors Bassa, Joaquim Forn, Raül Romeva, Josep Rull und Jordi Turull) Strafnachlässe gewähren zu wollen. Einen formalen Beschluss gibt es noch nicht.

Kein Mitglied der im Mai angelobten neuen katalanischen Regierung von Pere Aragonès (ERC) war bei der Veranstaltung im Gran Teatre del Liceu anwesend. Aragonès stellte in einer Ansprache klar, dass die Strafnachlässe allein keine befriedigende Lösung seien.

In seiner heutigen Rede ließ Sánchez offen, ob Teilmaßnahmen geplant sind oder ob der Strafnachlass sämtliche Tatbestände umfassen wird, für die die politischen Gefangenen einsitzen. Er betonte jedoch, dass er nur die neun tatsächlich in Haft befindlichen Katalaninnen berücksichtigen wird, die schon mehrere Jahre abgebüßt haben, während für den ehemaligen Präsidenten Carles Puigdemont (JxC) und die anderen per Haftbefehl gesuchten Politikerinnen keine Lösung angedacht sei.

NROs und internationale Organisationen wie die UNO hatten schon mehrmals die sofortige Freilassung der Inhaftierten gefordert.

Im Vorfeld der heutigen Ankündigung des spanischen Regierungschefs stellte Amnesty International in einer Jordi Sànchez und Jordi Cuixart betreffenden Aussendung klar, dass die Nachlässe zwar zu begrüßen seien, aber nur die (Rest-)Strafen umfassten — während nur die völlige Aufhebung der Urteile eine zufriedenstellende Lösung sein könne.

Siehe auch 1› 2›

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Dialog für Katalonien.
Amnestie und Selbstbestimmung

Der Brüsseler Ableger der katalanischen Kulturorganisation Òmnium Cultural hat ein Manifest für die Freilassung der politischen Häftlinge und für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts veröffentlicht, das von 50 Persönlichkeiten unterzeichnet wurde.

In seiner Klarheit und in der Prominenz der Unterzeichnerinnen — unter anderen Elfriede Jelinek, Yoko Ono, Dilma Rousseff, Ai Weiwei, Joshua Wong und Jean Ziegler — übertrifft es wohl alle bisherigen Aufrufe.

Der Text:

Eine Mehrheit der Menschen in Katalonien hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass sie ihr Recht, über die politische Zukunft zu entscheiden, auf demokratische Art und Weise ausüben will. Die Präzedenzfälle in Québec und Schottland zeigen, dass die beste Form zur Lösung derartiger Konflikte die Anwendung des grundlegendsten Verfahrens ist, das die Demokratie kennt: abstimmen.

Der Einsatz der Justiz zur Lösung einer politischen Krise hat jedoch nur zu wachsender Repression, nicht aber zu einer Lösung geführt. Am 14. Oktober 2019 hat das spanische Höchstgericht zwei zivilgesellschaftliche Aktivisten und sieben politische VertreterInnen zu Gefängnisstrafen zwischen neun und dreizehn Jahren — insgesamt einhundert Jahre — verurteilt, verschärft diesen Konflikt nur noch weiter. Die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen hat in Verteidigung der Rechte auf Versammlungsfreiheit und auf freie Meinungsäußerung die sofortige Freilassung der Gefangenen sowie das Fallenlassen der Anschuldigungen gefordert. Die wichtigsten Menschenrechtsorganisationen weltweit haben diese Gerichtsentscheidungen, ebenso wie die vielen Menschenrechtsverletzungen, scharf kritisiert.

Der Moment des Dialoges und eines verantwortungsbewussten Vorgehens beider Seiten ist nun gekommen. Die Unterzeichnenden fordern die spanischen und katalanischen Behörden dazu auf, sich zu einem bedingungslosen Dialog zusammenzusetzen, um eine politische Lösung zu finden, die es den katalanischen BürgerInnen ermöglicht, über ihre politische Zukunft zu entscheiden. Für einen erfolgreichen Dialog muss die politische Repression beendet und allen Angeklagten eine Amnestie gewährt werden.

Übersetzung und Verlinkungen:

Die Unterzeichnerinnen:

  1. Gerry Adams, irischer Politiker, Förderer des Friedensabkommens in Nordirland
  2. José Eduardo Agualusa, angolanischer Schriftsteller, Vertreter der neuen afrikanischen Literatur
  3. Joan Baez, amerikanische Sängerin, Songwriterin und Bürgerrechtlerin
  4. Mirta Baravalle, argentinische Aktivistin, Begründerin der Madres de la Plaza de Mayo
  5. Lana Bastasic, bosnische Schriftstellerin, ausgezeichnet mit dem Literaturpreis der Europäischen Union 2020
  6. Sergio Blanco, französisch-uruguayischer Dramatiker und Theaterleiter
  7. Jose Bové, französischer Antiglobalisierungsaktivist, Gewerkschaftler und Abgeordneter des Europäischen Parlaments (2014-2019)
  8. Craig Calhoun, nordamerikanischer Soziologe und Leiter der London School of Economics (2012-2016)
  9. Clayborne Carson, amerikanischer Historiker, Leiter des Institutes Martin Luther King, Jr. an Universität von Stanford
  10. Ivan Cepeda, kolumbianischer Menschenrechts- und Friedensverteidiger
  11. Mairead Corrigan, nordirische Friedensaktivistin, Friedensnobelpreis
  12. Can Dundar, türkischer Journalist, ehemaliger politischer Gefangener, lebt im Exil in Deutschland
  13. Shirin Ebadi, iranische Rechtsanwältin, Friedensnobelpreis
  14. Carolin Emcke, deutsche Kriegsberichterstatterin, Friedenspreis des deutschen Buchhandels
  15. Ben Emmerson, britischer Rechtsanwalt, UN-Sonderberichterstatter (2011-2017)
  16. Silvia Federici, italienisch-amerikanische Schriftstellerin und Philosophin
  17. Michel Forst, französischer Rechtsanwalt, UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte (2014-2020)
  18. Ramin Jahanbegloo, iranischer Philosoph und Leiter des Mahatma Gandhi Friedenszentrums
  19. Elfriede Jelinek, österreichische Schriftstellerin, Nobelpreis für Literatur 2004
  20. Jaan Kaplinski, estnischer Lyriker und Philosoph, Mitglied der Weltakademie der Kulturen
  21. Ronald Kasrils, südafrikanischer Minister (2004-2008) und Anti-Apartheid-Kämpfer
  22. Osman Kavala, türkischer Unternehmer, Sozialaktivist und politischer Gefangener
  23. Milan Kucan, slowenischer Präsident (1991-2002)
  24. Neil Labute, amerikanischer Regisseur, Dramatiker und Drehbuchautor, ausgezeichnet beim Sundance-Festival
  25. António Lobo Antunes, portugiesischer Schriftsteller
  26. Paul Mason, britischer Journalist und Schriftsteller
  27. Ambler Moss, ehemaliger Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika
  28. Holger K. Nielsen, Außenminister von Dänemark (2011-2012)
  29. Yoko Ono Lenon, japanische Künstlerin, Sängerin und Friedensaktivistin
  30. Rémy Pagani, Schweizer Politiker, Bürgermeister von Genf (2009, 2012 und 2017)
  31. Adolfo Pérez Esquivel, argentinischer Pazifist, Friedensnobelpreis
  32. Paul B. Preciado, spanischer Philosoph und Schriftsteller
  33. Dilma Rousseff, Präsidentin von Brasilien (2011-2016)
  34. Dimitrij Rupel, Außenminister von Slowenien (1990-1991 und 2000-2004)
  35. Saskia Sassen, holländische Soziologin, Lehrkraft an der Universität von Columbia
  36. Bill Shipsey, irischer Rechtsanwalt, Begründer von Art for Amnesty International
  37. Burhan Sönmez, türkischer Schriftsteller und Menschenrechtsjurist, ausgezeichnet mit dem Preis Disturbing the Peace
  38. Boaventura de Sousa Santos, portugiesischer Wirtschaftswissenschaftler und Lehrkraft an der Universität von Coimbra
  39. Rafael Spregelburd, argentinischer Dramatiker, Theaterleiter und Schauspieler
  40. Guy Standing, britischer Wirtschaftswissenschaftler, Mitbegründer des Basic Income Earth Network (Globales Netzwerk für ein Bedingungsloses Grundeinkommen)
  41. Simon Stephens, englischer Dramatiker, ausgezeichnet mit dem Tony-Preis
  42. Charles Taylor, emeritierter Professor der Philosophie der McGill University in Montreal
  43. Colm Tóibín, irischer Schriftsteller und Lehrkraft an der Universität von Columbia
  44. Ivo Vajgl, Außenminister von Slowenien 2004 und ehemaliger Abgeordneter des Europaparlaments
  45. Ai Weiwei, Chinesischer Künstler und Aktivist, lebt im Exil in Deutschland
  46. Irvine Welsh, schottischer Schriftsteller, Autor des Romans Trainspotting
  47. Jody Williams, amerikanische Menschenrechtsaktivistin, Friedensnobelpreis
  48. Joshua Wong, politischer Aktivist und führender Kopf der Demokratiebewegung in Hongkong
  49. Lorena Zárate, argentinische Aktivistin, Vorsitzende der Habitat International Coalition
  50. Jean Ziegler, Schweizer Soziologe, emeritierter Professor der Universität Genf und Abgeordneter für die Sozialdemokratische Partei (1981-1999)

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6 ‹7

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Spanien-Italien und die Menschenrechte.
Umsetzung von EGMR-Urteilen

Den Anführerinnen der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung steht nach der — womöglich menschenrechtswidrigen — Verurteilung zu insgesamt rund 100 Jahren Haft innerstaatlich keine weitere Instanz mehr offen, wiewohl noch eingeschränkte Rekursmöglichkeiten vor dem Höchstgericht selbst und vor dem Verfassungsgericht bestehen.

Oriol Junqueras, Carme Forcadell, Jordi Sànchez, Jordi Cuixart, Raül Romeva, Josep Rull, Jordi Turull, Dolors Bassa und Joaquim Forn können jetzt aber auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hoffen, wiewohl dort ein Urteil noch Jahre auf sich warten lassen könnte. Falls er die Haftstrafen als übertrieben lang oder gar unzulässig einstuft, kann er die sofortige Freilassung und auch eine Entschädigung anordnen. Spanien wird dem — statistisch gesehen — mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachkommen:

Doch während Madrid EGMR-Urteile fast ausnahmslos (zu 95,3%) umsetzt, hinkt Rom (60,6%) in der Statistik weit, weit hinterher. Nur Aserbaidschan und die Ukraine setzen einen noch geringeren Anteil der Urteile um, während selbst unvollständige Demokratien wie Russland und die Türkei klar besser abschneiden.

Damit ist Italien auch einer der wichtigsten Akteure bei der Aushöhlung der Autorität des EGMR, der maßgeblich auf die Mitarbeit der einzelnen Staaten angewiesen ist, um der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zum Durchbruch zu verhelfen.

Erschreckend demnach: Wären die Separatistinnen in Italien verurteilt worden — oder geschähe etwas Ähnliches in Südtirol — müsste die Hoffnung auf das Straßburger Gericht (und somit auf die Menschenrechte!) wohl deutlich bescheidener ausfallen.

Gleichzeitig ist das auch eines von vielen Beispielen für Abspaltungsgründe, die Südtirol nützen würden, ohne Italien zu schaden (win – no lose): Wären wir unabhängig, könnten wir uns dafür engagieren, EGMR-Urteile schneller und zuverlässiger umzusetzen. Was nicht schwierig wäre. Für das restliche Italien würde sich dadurch kaum etwas verändern.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6 ‹7 | 1›

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100 Jahre für ein Referendum.
Tribunal Supremo beschließt hohe Haftstrafen

Heute früh gab das spanische Höchstgericht sein Urteil gegen die politischen Häftlinge aus Katalonien bekannt.

  • Insgesamt rund 100 (um genau zu sein: 99,5) Jahre betragen die verhängten Haftstrafen, dazu kommen Amtsverbote und Geldstrafen. Der siebenköpfige Senat entschied einstimmig.
  • Schon im Vorfeld waren Details des Urteils durchgesickert, mehrere Verteidigerinnen kündigten Beschwerden an.
  • Zwischen 9 und 13 Jahren Freiheitsentzug wurden im Einzelnen verhängt:
    • Oriol Junqueras (ERC): 13 Jahre (Aufruhr und Veruntreuung)
    • Dolors Bassa, Raül Romeva (ERC), Jordi Turull: je 12 Jahre (Aufruhr und Veruntreuung)
    • Carme Forcadell (JxC): 11,5 Jahre (Aufruhr)
    • Joaquim Forn, Josep Rull: je 10,5 Jahre (Aufruhr)
    • Jordi Cuixart (Òmnium Cultural), Jordi Sànchez (ANC): je 9 Jahre (Aufruhr)
  • Die katalanischen Ex-Ministerinnen Carles Mundó, Meritxell Borràs und Santi Vila wurden wegen Ungehorsams zu Geldstrafen verurteilt.
  • Den Vorwurf der Rebellion (Hochverrat) machte sich der Senat nicht zueigen, für den anerkannten Tatbestand des Aufruhrs ist das Strafmaß jedoch außergewöhnlich hoch.
  • Für Urteile des Höchstgerichts gibt es keine weitere innerstaatliche Instanz. Aller Voraussicht nach werden sich die Verurteilten an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wenden.
  • Im Fall des ERC-Vorsitzenden und ehemaligen stv. Regierungschefs Oriol Junqueras hatte sich das Höchstgericht an den EuGH gewandt, um dessen Immunitätsstatus als EU-Abgeordneter klären zu lassen. Beobachterinnen zufolge stellt es eine Anomalie dar, dass die Antwort des EU-Gerichts nicht abgewartet wurde.
  • In Katalonien kam es nach Bekanntwerden des Urteils zu massiven spontanen Kundgebungen, die zur Stunde andauern. Hochgeschwindigkeitsstrecken wurden lahmgelegt.
  • Auch in València, auf den Balearen und im zu Frankreich gehörenden Nordteil Kataloniens gingen die Menschen auf die Straße.
  • Die Bewegung Tsunami Democràtic rief (wohl nach Hongkonger Vorbild) zur Besetzung des Flughafens von Barcelona auf. Mehr als 100 Flüge mussten gestrichen werden.
  • Der katalanische Gemeindenverband (AMC) und die Vereinigung der Gemeinden für die Unabhängigkeit (AMI) riefen die Kommunen auf, die institutionelle Tätigkeit für 72 Stunden einzustellen.
  • Premierminister Pedro Sánchez (PSOE) schloss sich dem Urteil in einer ersten Stellungnahme entschieden an. Die Verurteilten hätten gegen die Interessen der nicht separatistischen »Mehrheit« gehandelt. (Es ging jedoch gerade um die Ermittlung eines mehrheitlichen Willens). Begnadigungsforderungen erteilte er eine erste Absage, wofür er von Podemos-Chef Pablo Iglesias postwendend kritisiert wurde.
  • Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon (SNP) twitterte: »These politicians have been jailed for seeking to allow the people of Catalonia to peacefully choose their own future. Any political system that leads to such a dreadful outcome needs urgent change. My thoughts and solidarity are with all of them and their families.«
  • Die Europäischen Grünen veröffentlichten eine Stellungnahme. Eine politische Lösung der Katalonienfrage könne es nicht geben, solange politische Anführerinnen im Gefängnis sitzen.
  • Der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis schrieb auf Twitter: »I have no right to comment on Catalan independence. It is for the Catalans to decide. BUT, the rest of us must rise up against politicians being sentenced to long prison stretches in the heart of Europe for pursuing political agendas mandated by voters«
  • Den einst von Spanien empört aufgenommenen Entscheiden ausländischer Gerichte, dass (etwa im Fall des ehemaligen Präsidenten Puigdemont) kein Hochverrat vorliege, stimmte das Gericht mit dem Urteil indirekt zu.
  • Richter Pablo Llarena erließ bereits einen neuen Europäischen Haftbefehl gegen Puigdemont (diesmal wegen Aufruhr und Veruntreuung, nicht aber wegen Rebellion).
  • Die Zentrale Wahlkommission (JEC) veranlasste umgehend die Streichung der Verurteilten von den Wahllisten der Kongresswahl vom 10. November.
  • Die Sprecherin der EU-Kommission Mina Andreeva bezeichnete das Urteil in der täglichen Pressekonferenz einmal mehr als interne Angelegenheit Spaniens.
  • Die Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau (BenC) rief die vom Urteil »verletzten« Unabhängigkeitsbefürworter- und -gegnerinnen auf, gemeinsam die Stimme zu erheben.
  • Der katalanische Präsident Quim Torra (JxC) verlangte ein unverzügliches Treffen mit Premier Sánchez und dem König.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6 | 1› 2› 3› 4› 5› 6› 7› 8› 9› 10› 11› 12›

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UNO fordert erneut Ende der willkürlichen Haft.
Junqueras musste Eröffnungssitzung des EU-Parlaments fernbleiben

Die Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen der UNO fordert die unverzügliche Freilassung der katalanischen Politikerinnen Dolors Bassa, Josep Rull, Jordi Turull und Raül Romeva. Der spanische Staat soll ihnen außerdem eine Entschädigung zahlen. Dass dies geschieht, ist unwahrscheinlich: Ende Mai hatte die Arbeitsgruppe schon ein ähnliches Gutachten zur Situation von Oriol Junqueras, Jordi Cuixart und Jordi Sànchez veröffentlicht, ohne dass dies das spanische Höchstgericht (Tribunal Supremo) beeindruckt hätte. Im Gegenteil — in einem Schreiben bezeichnete es die Schlussfolgerungen der Arbeitsgruppe als »unlogisch«, Spanien verlangte darüberhinaus personelle Veränderungen in dem unabhängigen Gremium.

Indes konnte Oriol Junqueras, ähnlich wie der ehemalige katalanische Präsident Carles Puigdemont und Toni Comín, am 2. Juli nicht an der Eröffnungssitzung des EU-Parlaments teilnehmen, obschon er bei der Europawahl als Spitzenkandidat der EFA einen Sitz errungen hatte.

Die Sprecherin der gemeinsamen Fraktion von EFA und Grünen, Ska Keller, verlangte in ihrer Rede im Plenum die Unterstützung des Parlamentspräsidiums, um diese untragbare Situation zu beenden. Gleichzeitig wurde die Eröffnungssitzung von einer massiven Kundgebung katalanischer Wählerinnen begleitet, die vor dem Straßburger Parlamentssitz für ihre Repräsentation protestierten. Junqueras, Puigdemont und Comín vertreten gemeinsam über zwei Millionen Bürgerinnen.

Siehe auch 1› 2›

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Autodeterminazione e principio democratico.
Quotation

Ieri, nell’ambito del processo politico contro il movimento indipendentista catalano, è stato interrogato anche l’ex ministro agli affari esteri del governo di Carles Puigdemont (PDeCAT), Raül Romeva (ERC), dalla cui deposizione voglio qui citare alcuni passaggi che considero fondamentali:

Sono diplomato in scienze economiche e dottore in relazioni internazionali con una tesi di dottorato sul ripristino postbellico in Bosnia-Erzegovina, entrambi i titoli conseguiti presso l’Università Autonoma di Barcellona.

Ho iniziato a militare sin dall’inizio nel Movimento per la Pace, infatti sono obiettore di coscienza al servizio militare obbligatorio, e a partire da lì la mia carriera professionale è sempre stata legata alla prevenzione di conflitti, alla risoluzione di conflitti e alla cultura della pace. Difatti ho lavorato come ricercatore sulla pace nel Centro UNESCO in Catalogna, poi nella scuola di cultura della pace dell’Università Autonoma di Barcellona, sono stato coordinatore di campagna per il disarmo e la prevenzione di conflitti Intermón-Oxfam, responsabile dell’ufficio in Bosnia-Erzegovina dell’UNESCO, ho lavorato per vari anni in campi per rifugiati nei Balcani e sono stato supervisore in vari processi elettorali per l’OCSE, sempre nei Balcani. Inoltre sono stato professore di relazioni internazionali, cultura della pace, risoluzione di conflitti soprattutto presso l’Università Autonoma di Barcellona, ma anche in altre università.

Personalmente ho sempre compreso il diritto all’autodeterminazione come un diritto che si evolve, un diritto che come tutti i diritti non rimane circoscritto solamente a un dato momento, ma che si evolve col [passare del] tempo. E infatti è vero — ed è stato un dibattito che giudico interessante svolgere, lo ha fatto notare anche il pubblico ministero settimana scorsa quando è intervenuto — in relazione al fatto che il diritto all’autodeterminazione è un diritto che è circoscritto esclusivamente […] ai casi di decolonizzazione. E certamente questo è vero in parte, ma in quanto diritto che si evolve è un diritto che ha acquisito nuove accezioni attraverso la sua applicazione.

Inoltre è evidente […] che non c’è nemmeno un unico trattato internazionale, un unico trattato europeo che vieti esplicitamente l’esercizio del diritto all’autodeterminazione. Non esiste. E nemmeno nel caso della costituzione spagnola esiste una disposizione specifica che vieti tale diritto. Dirò di più: è stato menzionato […] l’articolo 1 del Patto sui diritti civili e politici delle Nazioni Unite dell’anno ’66, che la Spagna ha firmato e ratificato nel ’77 [e che] dice esplicitamente che i popoli hanno diritto a decidere il loro futuro. E visto che la Spagna è firmataria e ha ratificato tale trattato, intendo che incorpora questa visione nel suo ‘acquis’ legislativo. Ma per ultimo in relazione a questo punto: se qualcuno crede che l’esercizio del diritto all’autodeterminazione sia una chimera, o perfino qualcosa di aneddotico, mi piacerebbe semplicemente mettere sul tavolo un dato […]: dal 1900, ossia in tutto il 20° secolo e in quel che è trascorso del 21°, ci sono stati 106 referendum di autodeterminazione. 106. Di questi 106, 54 si sono tenuti a partire dall’anno 1991, cioè negli ultimi 25-30 anni; di questi 54, 26 sono avvenuti senza e 28 con l’autorizzazione dello stato di appartenenza. Con ciò intendo dire che in nessun modo si può considerare l’esercizio del diritto di autodeterminazione come qualcosa di aneddotico. Si è verificato in numerose occasioni e in contesti molto differenti — molto differenti, questo è vero, e sicuramente alcuni non si possono comparare fra di loro, ma si è verificato. E pertanto è normale, dal punto di vista di chi, come noi, l’ha sostenuta e la sostiene, pensare che questa non sia un’utopia […] bensì qualcosa di perfettamente fattibile, e che inoltre — ribadisco — non è vietata esplicitamente da nessun testo giuridico né internazionale né europeo.

Quando dico che sono europeista, lo dico fondamentalmente perché difendo un progetto europeo basato sui diritti e le libertà, basato sulla non discriminazione per ragioni di genere, di identità sessuale, di orientamento sessuale, di età, di origine, di razza, di lingua, di religione. Lo dico perché credo in un’Europa basata sull’uguaglianza, la fraternità… tutti valori repubblicani.  Per questo sono repubblicano. Quando sostengo la Repubblica catalana… difendendo i valori in Catalogna li si difende anche con quelle popolazioni in Spagna e in Europa che li condividono. E quindi è un progetto che non va contro nessuno. Quando dico che sono un democratico, repubblicano ed europeista lo dico perché esprimo dei valori al di sopra di una circostanza temporanea.

Questa per me è la chiave, la chiave intesa come la pietra che porta tutta la struttura: […] la chiave del nostro posizionamento, del nostro comportamento, delle nostre intenzioni ha a che fare con il principio democratico. Principio democratico che nei termini della costituzione spagnola significa che, posto che la costituzione in nessuno dei suoi articoli vieta esplicitamente di esercitare il diritto all’autodeterminazione, è questione di volontà politica trovare la formula per esercitarlo. Questo è il principio democratico come lo vediamo noi. Ma questo principio democratico non lo abbiamo inventato noi, bensì emerge da [considerazioni fatte da] Vostri colleghi, se mi permettete — dal Tribunale Supremo del Canada, che in una sentenza dell’anno ’98 in relazione al Québec, dice esplicitamente: quando una parte significativa della popolazione in maniera civile, pacifica, reiterata e persistente sollecita, in base al principio democratico, che sia trattata una questione che considera importante e fondamentale per la sua vita, l’obbligo e il dovere del potere costituito è quello di mettere a disposizione i meccanismi necessari perché tale questione possa venire trattata. Pertanto, ciò che abbiamo fatto è basarci fondamentalmente sul principio democratico. E inoltre nel trattato dell’Unione Europea, ed è una cosa che conosco un po’, è una cosa che si trova in termini di eguaglianza — non di più, ma neanche di meno — rispetto al principio di legalità: uguali, il principio democratico e il principio legale.

Affermo che rifiutare [sic] le proposte che fanno le cittadine e i cittadini catalani per poter trattare una questione che li riguarda o che considerano fondamentale per la loro vita, non solo non si può considerare incostituzionale, perché ciò è contrario a quello che potremmo considerare la moralità costituzionale o il principio di legittimità democratica; ma è perfettamente compatibile con ciò che dovremmo intendere come dialogo costituzionale continuo. Perché in realtà, per noi che consideriamo le costituzioni non come dei testi sacri iscritti nel marmo […], per noi che pensiamo che le costituzioni sono testi dinamici, che devono evolversi come si evolvono le società, il dialogo costituzionale è uno strumento che fondamentalmente rafforza la legittimità della costituzione. Le democrazie più consolidate sono precisamente quelle in cui la costituzione si è riformata e si è evoluta col tempo, adattandosi ai cambiamenti.

Trascrizione, traduzione e evidenziazioni:

Vedi anche ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6 | 1›

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