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Reisepass, sechs Monate und mehr.
Faktencheck

Kürzlich wurde uns hier ja vorgeworfen, ungeprüft die »Falschinformation« weitergegeben zu haben, dass man in Südtirol derzeit über ein halbes Jahr auf einen Termin zur Beantragung eines Reisepasses warte.

Gestern habe ich mir also noch einmal die Mühe gemacht, der Sache auch selbst nachzugehen.

Nachdem ich mich mit dem einsprachigen ÖSDI eingeloggt hatte, wurde mir dank übersichtlicher »Liste dervererfügbaren bezugstellen« sofort aufgezeigt, dass an drei von sieben Standorten in der Provinz »Bolzano« gar keine Termine verfügbar (oder »vererfügbar«) sind:

Genauer gesagt: Am »sportello passaporti presso polizia stradale di brunico«, am »Commissariato Malles Venosta« und am »Commissariato Brennero« heißt es von vornherein »No«, nur in »Bolzano«, »Merano«, »San Candido« und »Bressanone« ja.

Knapp die Hälfte der potenziellen Standorte fiel also gleich aus.

Und bei den anderen sah es gestern so aus:

Terminkalender Bozen (am 24. Februar 2023)

Frühestmöglicher Termin in der »Questura di Bolzano« war der 25. September, also in so gut wie 7 Monaten. Von den »nuovi appuntamenti per la settimana successiva«, die laut eingeblendeter Information genau am »venerdì« freigeschaltet werden sollen, war leider keine Spur.

Terminkalender Meran (am 24. Februar 2023)

Noch viel schlimmer sah es am »Commissariato Merano« aus, wo erst in neun Monaten — Anfang Dezember — wieder Termine angeboten werden.

Terminkalender Innichen (am 24. Februar 2023)

Am »Commissariato San Candido« konnte man gestern mit etwas Glück noch einen Termin im Oktober ergattern. Doch das große Los war am »Commissariato Bressanone« zu ziehen:

Terminkalender Brixen (24. Februar 2023)

Schon Mitte September und somit früher als überall sonst im Lande waren hier noch ganze vier Termine verfügbar — in unter sieben Monaten also.

A propos Lose ziehen: Auch unter dem Menüpunkt Open Days gab es gestern in der »Provinz Bolzano« leider nichts zu holen.

Vielleicht auch besser so, denn die öffentliche Verwaltung sollte sich meiner Meinung nach nicht zu sehr der Gewinnspiel- oder Happy-Hour-Logik hingeben, sondern einfach nur ordentlich funktionieren. Aber, nun ja: darum ist es eben gerade nicht so gut bestellt.

Zumindest zum gestrigen Stichtag ließ sich also belegen, dass die Aussage »über ein halbes Jahr für einen Reisepass« genau zutrifft. Und je nach bevorzugtem Standort ist das sogar noch untertrieben — die Zeit, die zwischen Antrag und Ausstellung vergeht, nicht eingerechnet.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4

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Tag+Nacht: Eiskanal Anpezo oder Igls.
Olympia 2026

Der Geschäftsführer der Infrastrukturgesellschaft für die Olympischen Winterspiele 2026, Luigivalerio Sant’Andrea, hat der Austragung von Wettbewerben im Eiskanal von Igls bei Innsbruck eine endgültige Absage erteilt. Die Renovierung der Bahn dort würde 50 Millionen Euro kosten, weshalb sich diese Alternative zur neuen Bobbahn in Anpezo nicht gelohnt hätte.

Ähnlich hatte sich beim Pro&Contra von Rai Südtirol am 10. Jänner auch der Südtiroler NOK-Chef Alex Tabarelli geäußert:

Übrigens muss ich hinzufügen, Innsbruck ist fast in derselben Situation [wie Anpezo], müsste jetzt auch die Bahn neu machen und überarbeiten. Die Kosten in Innsbruck würden sich auf ca. 50 Millionen belaufen, sie haben jetzt ein kleines Projekt um 30 Millionen gemacht, die Kosten in Turin [sic, gemeint ist Anpezo] betragen 80-85 Millionen.

— Alex Tabarelli (10. Jänner 2023)

Transkription von mir

Ferner sagte er:

Die Tatsache ist, dass Igls überhaupt nicht zur Diskussion gestanden ist — nie, das heißt nicht ein einziges Mal.

— Alex Tabarelli (10. Jänner 2023)

Transkription von mir

Interessant, dass Sant’Andrea etwas eine Absage erteilt, was kein einziges Mal zur Diskussion gestanden haben soll.

Nun erfahren wir aber dank Dolomiten vom Freitag, die in Igls nachgefragt haben: Den dortigen Eiskanal olympiatauglich zu machen kostet 30 Millionen, doch die Investition ist ohnehin geplant und die Finanzierung durch Bund, Land und Stadt bereits gesichert.

Weitere 20 Millionen wolle man investieren in Maßnahmen, die nichts mit der Wettkampftauglichkeit der Bahn zu tun hätten. Die Homologierung soll zudem bis 2025 abgeschlossen sein, die Bahn wäre also mit einem Jahr Vorlauf vor Olympia wieder einsatzbereit. “Wir haben das Angebot gemacht, dass die olympischen Bewerbe hier stattfinden können, eine Beteiligung an den Renovierungskosten ist keine Voraussetzung dafür”, so [der Geschäftsführer der Innsbrucker Olympia World Matthias] Schipflinger. Im Klartext: Die Olympia-Veranstalter bekämen die Bahn zum Nulltarif.

— Dolomiten (20. Jänner 2023)

Zudem macht Schipflinger darauf aufmerksam, dass man eine Bobbahn nicht kostendeckend führen könne, es sei mit einem jährlichen Dezifizit von über einer halben Million Euro zu rechnen.

Herr Tabarelli hatte dazu bei Pro&Contra behauptet:

Man muss a bissl vorsichtig sein, wenn man von Ziffern [sic] und Daten spricht, weil die Kosten einer Bobbahn belaufen sich im Jahr zwischen 700.000 und 800.000 Euro und man hat heute viele Einnahmen. Jede einzelne Fahrt, die ein Rodler auf irgendeiner Bahn macht, kostet 35 Euro, für einen Bobfahrer 70 Euro — brauchen wir uns nur ausrechnen, da wird zehn bis zwölf Stunden auf jeder Bahn gefahren, die derzeit auf der Welt ist und dann rechnen wir uns aus, also es gibt keine Bob- und Rodelbahnen, die passiv sind auf der Welt. Alle arbeiten aktiv.

— Alex Tabarelli (10. Jänner 2023)

Transkription von mir

Zumindest auf Igls trifft dies somit nicht zu, denn diesbezüglich liegen Herrn Schipflinger mit Sicherheit genaue Daten vor.

Letztendlich werde ich den Eindruck nicht los, dass das einzige stichhaltige Argument für Anpezo das nationalistische bleibt, dass eben ein Eiskanal auf italienischem Staatsgebiet unbedingt her muss. Für das höhere Ziel darf die Bevölkerung schon einmal bewusst in die Irre — und an der Nase herum — geführt werden.

Das laut NOK-Vertreter Tabarelli nicht existierende (nicht zu erwartende) Führungsdefizit des nationalistischen Größenwahns muss dann via Grenzgemeindenfonds unter anderem Südtirol stemmen.

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Katalonien: Papst für Ergebnisoffenheit.

Papst Franziskus hat der konservativ-monarchistischen spanischen Tageszeitung ABC ein langes Interview gewährt. In dem Zusammenhang wurde er auch zu Katalonien befragt. In Südtirol wird berichtet, er habe unser Land als Vorbild genannt oder gar »gelobt« (Rai Südtirol). In Wirklichkeit hat er jedoch einfach mehrere Möglichkeiten (von Autonomie bis Eigenstaatlichkeit) erwähnt, den Ball sehr flach gehalten und angegeben, dass sich die Kirche nicht für eine bestimmte Lösung einsetzen sollte. Vielmehr findet er, dass sie die Bevölkerung in ihrer Entscheidung ergebnisoffen begleiten sollte.

Jorge Bergoglio hält also die Sezession für eine gleichwertige und so ungefährliche Option, dass er es nicht etwa für nötig hält, klar Position dagegen zu beziehen.

Hier eine Übersetzung der betreffenden Stelle im Interview:

Welche Rolle sollte die Kirche in dieser Angelegenheit [die katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen] spielen?

Spanien ist nicht der einzige solche Fall auf der Welt. Jedes Land muss seinen eigenen Weg in der Geschichte beschreiten, um derartige Probleme zu überwinden. Es gibt nicht nur eine einzige Lösung. Einige Gebiete haben Sonderstatuten erhalten, um solche Probleme zu lösen, in anderen kam es zu Teilungen, aus denen ein neues Land hervorging. Ist jetzt die Zeit für eine endgültige Lösung für Katalonien gekommen? Ich weiß es nicht. Das müssen Sie selbst entscheiden. Vor ein paar Jahren haben wir den Mut zweier Premierminister erlebt, die Frage in Mazedonien und Nordmazedonien zu lösen. In Italien gibt es ein Gebiet im Norden, Trentino-Südtirol, mit einem eigenen Statut, wo Deutsch und Italienisch gesprochen wird…. Die Engländer hatten eine sehr »englische« Lösung für die Forderungen der Schotten.

Katalonien genießt bereits eine sehr weitgehende rechtliche Autonomie, und das Problem ist, dass ein sehr großer Teil der Bevölkerung die Abspaltungsbewegung ablehnt.

Das ist kein außergewöhnliches Problem. Es ist eines, das im Laufe der Geschichte und in der Gegenwart immer wieder aufgetreten ist, und in anderen Ländern ist es häufig gelungen, es ganz oder teilweise zu lösen. Es kann Jahre oder Jahrzehnte dauern, dieses Problem zu lösen. Aber Sie sollten einen Weg finden, es zu lösen.

Sollte die Kirche eine Rolle spielen oder sollte sie sich heraushalten?

Die Kirche muss leibhaftig sein. Wenn die Kirche nicht leibhaftig ist, geht es nicht gut, sie muss ihre Menschen begleiten. Was die Kirche nicht tun darf, ist, sich auf die eine oder andere Seite zu schlagen; sie muss die Menschen begleiten, um eine endgültige Lösung zu finden.

Das hat manchmal zu Problemen geführt, weil die Priester die Unabhängigkeit unterstützt haben. Im Baskenland gab es in der Vergangenheit sogar Priester, die den Terrorismus gedeckt haben.

Wenn ein Priester die Orientierung über seine wahre Identität verliert, kann er leider in die Politik abdriften. Und wenn ein Priester in die Politik abrutscht, ist das nicht gut… er ist ein Hirte. Es gilt den Menschen zu helfen, gute Entscheidungen zu treffen. Wir sind da, um zu begleiten, nicht um Politik zu machen. Wenn Sie Politik machen wollen, treten Sie als Priester zurück und gehen in die Politik.

Ich bin übrigens trotzdem nicht der Meinung, dass ein kirchliches Oberhaupt in einer solchen Frage eine Instanz sein sollte.

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Lernstandserhebung Deutsch 2021/2022.

Die vor wenigen Tagen veröffentlichten Ergebnisse der Lernstandserhebungen (2021/22) haben für Schlagzeilen gesorgt. Der fast einhellige Tenor war, dass die Schülerinnen an deutschsprachigen Schulen in Englisch »spitze« (TAZ), in Deutsch und Italienisch aber mies seien.

Laut Südtirolbeilage des Corriere vom 15. Dezember (Titelseite) soll das angeblich schlechte Abschneiden in Deutsch auf den Dialekt zurückzuführen sein.1Originaltitel: »Effetto dialetto: scuole sudtirolesi male in tedesco«

Um der Sache auf den Grund zu gehen, habe ich mir die Mühe gemacht, den 161 Seiten umfassenden Bericht zu lesen — und möchte hier zunächst kurz auf die Ergebnisse zur Erstsprache Deutsch eingehen.

Die Deutschkenntnisse der Schülerinnen an Südtirols deutschsprachigen Schulen wurden 2021/22 nur in den ersten und in den dritten Klassen der Mittelschule erhoben. Ab dem laufenden Schuljahr 2022/23 soll dann auch ein Test in der Maturaklasse dazukommen.

Ich werde mich hier in erster Linie auf die Ergebnisse der dritten Klasse Mittelschule (Bericht S. 53ff.) konzentrieren, weil sie — im Unterschied zu jenen der ersten Klasse (S. 45ff.) — mit Bezug auf die Kompetenzstufen K1 bis K5 des Invalsi2Italienisches Institut für die Evaluation des Bildungssystems für die Erstsprache Italienisch durchgeführt wurden.

Ergebnisse

Die sogenannte Lösungshäufigkeit bei dem Test betrug 62,73%, wobei 71,5% der Teilnehmenden die Kompetenzstufe K3 erreichten oder überschritten, die von Invalsi als Mindestanforderung »für die Bewältigung der alltäglichen Anforderungen« definiert wurde.

Dabei gab es signifikante3im Sinne von »statistisch signifikant« Unterschiede zwischen den Geschlechtern, da zwar 78,1% der Mädchen, aber nur 65,4% der Jungen Kompetenzstufe K3 oder mehr schafften.

Anders als bei der ersten Klasse Mittelschule wurde in diesem Fall leider nicht die zuhause gesprochene Sprache der Teilnehmenden erhoben. Dort hatte sich gezeigt, dass bei den Gesamtergebnissen der untersuchten Domänen4Leseverständnis, Hörverständnis und Sprachgebrauch diejenigen deutlich vorn lagen, die daheim nur Deutsch sprechen, der Reihe nach gefolgt von den — in Bezug auf die Familiensprache — Zweisprachigen5Deutsch und Italienisch, Italienisch- und Anderssprachigen. Wobei es zwischen den beiden letzteren keine signifikanten Unterschiede gab.

Doch zurück zur dritten Klasse Mittelschule.

Die durchschnittliche Lösungshäufigkeit6Die Lösungshäufigkeit ist nicht mit dem Erreichen der Kompetenzstufe K3 zu verwechseln. war bei denen, die in einem anderen Land geboren sind, deutlich niedriger (48,56%) als bei im Inland Geborenen (63,74%).

Was tatsächlich stimmt, ist, dass im Vergleich zum Schuljahr 2020/21 die durchschnittliche Lösungshäufigkeit (von 67,36% auf 62,73%) gesunken ist.

Dass dies jedoch auf den Dialekt zurückzuführen sein könnte, halte ich für Humbug, da es den ja auch schon in den Jahren zuvor gegeben hat.

Ob es allerdings eine strukturelle Erstsprachenschwäche der Schülerinnen an den deutschsprachigen Schulen gibt, lässt sich so nicht sagen.

(Etwas Gewagter) Vergleich

Durch die Kompetenzstufen, wenn auch die für die Erstsprache Deutsch nicht eins zu eins mit denen des Invalsi für die Erstsprache Italienisch übereinstimmen mögen, ergibt sich immerhin eine gewisse Vergleichbarkeit.

Wie erwähnt erreichten in Südtirol 71,5% der teilnehmenden Mittelschul-Drittklässlerinnen die Kompetenzstufe K3 oder höher.

Aus dem Invalsi-Bericht für dasselbe Testjahr geht hervor, dass für die Erstsprache Italienisch in der dritten Mittelschule auf dem gesamten Staatsgebiet im Durchschnitt nur 61% der Teilnehmenden dieses Mindestniveau erreichten. In Nordwest- und Nordostitalien, die die besten makroregionalen Werte erzielten, waren es jeweils 66%.

Die beste Region war Aosta, wo 72,4% K3 oder höher schafften, gefolgt von Umbrien mit 69,8%. Die italienischsprachige Schule in Südtirol lag gar nur bei 55,8%.

Bezüglich der Erstsprache Deutsch lagen in Südtirol sogar 16,7% der Schülerinnen in der höchsten Kompetenzstufe K5. Das ist ein Wert, der für die Erstsprache Italienisch in keiner italienischen Region erreicht wird.

Obwohl also die unmittelbare Vergleichbarkeit durch die unterschiedliche Erstsprache nicht gegeben ist, traue ich mich doch zu behaupten, dass das Abschneiden der deutschsprachigen Schulen diesbezüglich solide ist. Umso mehr, wenn wir die Minderheitensituation berücksichtigen.

Serie I II

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3

  • 1
    Originaltitel: »Effetto dialetto: scuole sudtirolesi male in tedesco«
  • 2
    Italienisches Institut für die Evaluation des Bildungssystems
  • 3
    im Sinne von »statistisch signifikant«
  • 4
    Leseverständnis, Hörverständnis und Sprachgebrauch
  • 5
    Deutsch und Italienisch
  • 6
    Die Lösungshäufigkeit ist nicht mit dem Erreichen der Kompetenzstufe K3 zu verwechseln.
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Gehört das KH Bozen »zu den besten der Welt«?

Laut einer Pressemeldung des Gesundheitsbetriebs findet sich das Krankenhaus Bozen dieses Jahr in der »renommierten Liste« der weltbesten Krankenhäuser, die vom US-Magazin Newsweek erstellt wird. Generaldirektor Florian Zerzer wird mit folgenden Worten zitiert:

Unter den ausgezeichneten Krankenhäusern finden sich klingende Namen wie die Mayo Clinic aus Minnesota, die Cleveland Clinic, das Johns Hopkins Hospital oder die Charit[é]-Universitätsmedizin Berlin. Dass sich das Krankenhaus Bozen unter den Ausgezeichneten befindet, ist für mich ein Beweis, dass sich unser medizinischer und pflegerischer Standard auf welthöchstem Niveau bewegt. Diese Anerkennung ist das Verdienst aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern [sic] des Sanitätsbetriebes und insbesondere des Krankenhauses Bozen für ihren tagtäglichen Arbeitseinsatz.

– Florian Zerzer

Was ist an der Geschichte dran? Nicht ganz so viel, wie hier suggeriert wird. In der allgemeinen Wertung der World’s Best Hospitals (Top 250) befindet sich etwa die Universitätsklinik Innsbruck auf Rang 57, das Krankenhaus Bozen sucht man dort jedoch — im Umfeld der von Zerzer erwähnten »klingenden Namen« — vergeblich.

Neben der Hauptwertung gibt es noch für jeden einzelnen der 27 berücksichtigten Staaten eine Landesliste. Erst dort »befindet sich 2022 das Landeskrankenhaus Bozen auf dem beachtenswerten 22. Platz von den 125 Krankenhäusern Italiens«, wie der Sabes auch richtig schreibt.

Doch »beachtenswert«? Nun ja, das liegt im Auge der Betrachterin. Wir reden von Rang 22 in Italien. Bei 19 Regionen plus zwei autonomen Ländern bedeutet dies, dass jede Region und jedes Land ein Krankenhaus unter den ersten 20 haben sollte, wenn die Gesundheitsversorgung überall gleichmäßig gut wäre. Wahr ist aber auch, dass vor allem große Krankenhäuser gut abschneiden, nur nord- und mittelitalienische Spitäler vor Bozen liegen und dass das Südtiroler Zentralkrankenhaus vor dem von Trient (Platz 28) liegt.

Ein insgesamt solides und okayes Ergebnis im inneritalienischen Vergleich, für das mir die triumphale Aussendung des Gesundheitsbetriebs dann aber doch ein paar Nummern zu groß — und irreführend — scheint. Von Südtiroler Medien wurde sie aber quasi eins zu eins übernommen, samt Rechtschreibfehler und falschem Link.

Genauso wie ich regelmäßig widerspreche, wenn Südtirols Gesundheitssystem zu Unrecht miesgemacht wird, gilt es in diesem Fall auch die übertriebene Überschwänglichkeit des Sabes etwas zu dämpfen.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4

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Mediterranes Klima.
Daten und Fakes

Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Autonomiestatuts von 1972 hat das Land eine Sonderpublikation herausgegeben. Gleich am Anfang (S. 10ff.) ist darin ein Abschnitt angeblichen Daten und Fakten gewidmet, worunter zum Beispiel fällt, dass Südtirol von einem »mediterranen bis alpinen Klima« geprägt sei.

Autonomiebroschüre (S. 10f.), Hervorhebung von mir

Vermutlich hätte mich die Formulierung »alpines bis mediterranes Klima« gar nicht so neugierig gemacht. »Mediterranes bis alpines Klima« habe ich aber subjektiv so wahrgenommen, als läge Südtirol hauptsächlich in der mediterranen und nur sekundär in der alpinen Klimazone — was mir merkwürdig erschien.

Um es kurz zu machen: Auch die umgekehrte Reihung hätte es nicht besser gemacht. Dass Südtirol von Mittelmeerklima geprägt sei, scheint nichts als eine dieser dreisten (touristischen) Marketinglügen zu sein, die es schaffen, ins allgemeine Bewusstsein vorzudringen und zur »Wahrheit« zu werden. Jedenfalls habe ich bei einer Internetrecherche von Wikipedia bis hin zu wissenschaftlichen Quellen keinen einzigen Hinweis gefunden, dass Südtirol auch nur in die Nähe der mediterranen Klimazone kommt. In den kartographischen Darstellungen liegen das Trentino und meist auch große Teile der Poebene nicht darin.

Solange solche Fake News in Werbekampagnen verbreitet werden, kann man ja ein Auge zudrücken, wiewohl sie eben auch die Realität mitprägen. Doch hier wird nun etwas von einer öffentlichen Institution ausdrücklich als Fakt verbreitet, was es — bis zum sehr unwahrscheinlichen Gegenbeweis — nicht ist. Das ist bedenklich, denn gerade in der noch immer nicht ausgestandenen Pandemie wurde uns schmerzlich vor Augen geführt, wie wichtig Daten und Fakten und das Vertrauen in ihre Richtigkeit sein können.

Dass das Land in der Broschüre ganz allgemein nicht sonderlich sorgsam mit der Wahrheit umgeht, zeigt sich übrigens auch auf Seite 12: Dort wird behauptet, neun Zehntel der in Südtirol erwirtschafteten Steuereinnahmen blieben im Land — doch das ist schon lange nicht mehr der Fall.


Nachtrag vom 19. Februar 2022: Per Twitter kam bestätigende Aufklärung unter anderem durch den aus Algund stammenden Ö3-Meteorologen Daniel Schrott:

Auch die 300 Sonnentage werden in der Broschüre (s. Abb. weiter oben) als Faktum angeführt — eine weitere Falschinformation. Diesbezüglich sieht es Landesmeteorologe Dieter Peterlin, auf dessen Tweet von 2014 wir hingewiesen wurden, genauso:

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Auch online keine Packungsbeilagen auf Deutsch.
Medikamente

Muss man eine sehr große Region oder ein unabhängiger Staat sein, um von Pharmakonzernen so weit ernstgenommen zu werden, dass die eigene Sprache auf den Packungsbeilagen berücksichtigt wird? Zu diesem Schluss könnte man gelangen, wenn man die Antwort von Gesundheitslandesrat Thomas Widmann (SVP) auf eine Anfrage der STF liest.

Demnach habe zwar Unifarm eine App entwickelt, über die sich deutschsprachige Arzneimittelinformationen abrufen lassen — doch die Inhaber und rechtlich Verantwortlichen, Farmaindustria und Assogenerici, geben die Inhalte der Beipackzettel für eine solche App nicht frei.

Natürlich bräuchte es die Zustimmung und Freigabe aller und nicht nur einzelner Pharmakonzerne.

Da es sich hierbei vor allem um multinationale amerikanische Großkonzerne handelt, ist es schwierig, diese für eine kleine Realität wie unsere zu interessieren bzw. zu motivieren, ihr Einverständnis zu geben.

– Landesrat Thomas Widmann

Sind wir also wirklich zu klein? Der Blick ins Ausland zeigt uns etwas anderes: In Finnland sind die Packungsbeilagen für rund 250.000 Schwedischsprachige auf Schwedisch, in Belgien für knapp 80.000 Deutschsprachige auf Deutsch und in der Schweiz für 350.000 Einwohnerinnen der Svizzera italiana auf Italienisch.

Kleinstaaten wie Island oder Luxemburg haben garantiert auch keine Schwierigkeiten, ihre Rechte durchzusetzen.

Nein, um die Größe geht es also definitiv nicht. Es geht darum, dass Italien nie ernsthaft an der Umsetzung dieses Grundrechts für die deutschsprachigen Südtirolerinnen interessiert war, weshalb wir nunmehr seit Jahrzehnten an der Nase herumgeführt werden. Deshalb brauchen wir womöglich doch einen eigenen Staat, um von den Pharma- und anderen Konzernen ernstgenommen zu werden.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 | 1›

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Weihnachten ist gerettet.
Fake News

Mit einer neuen Stilfibel wollte die Europäische Kommission (EU-K) die Inklusivität der öffentlichen Kommunikation steigern. Rechte italienische Tageszeitungen, insbesondere Berlusconis Giornale, und Politikerinnen wie Giorgia Meloni (FdI) fabrizierten daraus einen Skandal, dem europaweit — und auch in Südtirol — viele auf den Leim gegangen sind.

So hieß es, dass der Leitfaden den Bezug auf Weihnachten verbieten und durch ein gleichmacherisches Festtage hätte ersetzen wollen. Namen christlichen Ursprungs wie Maria und Josef wären fortan ebenso verpönt gewesen.

Aufgrund des riesigen Wirbels hat Gleichstellungskommissarin Helena Dalli den Entwurf vorerst zurückgezogen, obwohl die Absichten ganz andere waren, als von vielen Medien behauptet. Es sollte vor allem die Sensibilität für die verschiedenen Sprachen und Traditionen in Europa gesteigert werden, weshalb auch niemals geplant war, Weihnachten aus dem Wortschatz der Beamten zu streichen. Im Gegenteil: Ausdrücklich wurde in dem Leitfaden empfohlen, nicht nur Weihnachten zu erwähnen, sondern daneben etwa auch das jüdische Chanukka.

Ausschnitt S. 19 des Leitfadens

Ebenso sollte den Verfasserinnen von Texten und Reden ins Bewusstsein gerufen werden, dass Weihnachten nicht überall in der EU im Dezember, sondern teilweise auch erst im Jänner gefeiert wird. Die Folge wäre gerade nicht Gleichmacherei, sondern mehr Differenzierung und gegenseitiger Respekt.

Nicht von Maria und Josef — schon gar nicht im Kontext von Weihnachten — war in dem Entwurf die Rede, sondern von Maria und John. Die Empfehlung war, fiktiven Personen (zum Beispiel in Informationsbroschüren) nicht immer ausschließlich Namen zu verleihen, die einer einzigen Religion entstammen, sondern — mit ausdrücklichem Bezug auf ein internationales Paar — auch einmal andere wie Malika und Julio.

Ausschnitt S. 19 des Leitfadens

Wer daraus den Untergang des Abendlandes und quasi ein Weihnachtsverbot ableiten will, braucht schon eine große Portion negativer Energie.

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