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Südtirolerin forscht zu Sprache im Gesundheitswesen.

Sie absolviert ein Doktorat an der University of Ulster (Ollscoil Uladh) in Belfast und stellte ihr Projekt Sociolinguistic Justice and Language Barriers: Exploring Linguistic Unease in Healthcare Context am 23. Mai an der Universitat de Barcelona (UB) vor: die in Südtirol geborene und aufgewachsene Forscherin Nicole Marinaro. Darin befasst sie sich mit einem Thema, das auch hierzulande stets aktuell ist — den Sprachbarrieren im Gesundheitswesen. Konkret vergleicht und analysiert Marinaro die Lage in Südtirol, Katalonien und Nordirland.

Für die katalanische »Sprachzeitung« Diari de la llengüa wurde die Forscherin von Raül G. Aranzueque interviewt.

Sowohl in Katalonien als auch in Südtirol, so Marinaro, müssten Ärztinnen und Krankenpflegerinnen Sprachkenntnisse nachweisen, wenn sie im öffentlichen Dienst arbeiten wollen. Die irische Sprache hingegen verfüge derzeit in Nordirland über kein solches Schutzniveau, obwohl kürzlich ein neues Sprachgesetz erlassen wurde.

In ihrer Arbeit gehe es aber neben den autochtonen Minderheitensprachen auch um die Sprachen der Immigration.

Einer Person in ihrer eigenen Sprache begegnen zu können, sei im Gesundheitsbereich von großer Wichtigkeit. Spreche eine Ärztin die Sprache der Patientin, fühlte diese sich bereits besser versorgt. Zudem könnten Patientinnen ihre Anliegen besser vorbringen und die Anweisungen der Ärztinnen besser verstehen — was ja, etwa wegen der Fachterminologie, selbst in der eigenen Sprache manchmal nicht leicht sei.

Zahlreiche Studien, so Marinaro in dem Interview, wiesen auf die positiven Auswirkungen einer guten Verständigung mit der Ärztin hin. Dies könne auf kommunikativer wie auf symbolischer Ebene stattfinden — in Bezug auf den Wert, den man der Sprache beimisst und auf die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit (Anzahl der Hospitalisierungen, Anzahl vermeidbarer Untersuchungen usw.).

In Befragungen, die sie mit Menschen im katalanischen Sprachraum geführt hat, gaben viele an, viel mehr Nähe zur Ärztin zu spüren, wenn sie sich auf Katalanisch an sie wende. Patientinnen befänden sich in einer vulnerablen Lage, und die Sprache versetze sie in eine bessere Situation.

Manche Menschen gäben zwar an, dass es Personalmangel gebe und nichts passiere, wenn Ärztinnen auf Kastilisch (Spanisch) sprächen, doch laut Marinaro dürfe die Bedeutung der eigenen Sprache nicht unterschätzt werden.

Es gibt Gesetze, die angewandt werden müssen, und man muss zudem sicherstellen, dass sich das gesamte Gesundheitspersonal der Wichtigkeit bewusst ist, Patientinnen in ihrer Sprache zu betreuen.

— Nicole Marinaro

Übersetzung von mir

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5

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Rai-Information gleichgeschaltet.

Nach der Übernahme des öffentlich-rechtlichen italienischen Rundfunks durch die rechtsrechte Regierung schreitet die Besetzung von Schlüsselpositionen in großen Schritten voran. So wurde nun Gian Marco Chiocci, seit Ende 2018 Verantwortlicher Direktor der Nachrichtenagentur Adnkronos, die Führung der wichtigsten TV-Nachrichtensendung Tg1 übergeben. Seine Berufung soll Medienberichten zufolge direkt von Premierministerin Giorgia Meloni (FdI) durchgesetzt worden sein. Daneben wurde Antonio Preziosi zum Direktor von Tg2 ernannt — auf Wunsch von Silvio Berlusconis Forza Italia.

Entscheidend für das Gelingen dieses weiteren Gleichschaltungsschritts soll im Verwaltungsrat die Enthaltung von Alessandro Di Majo gewesen sein, der der 5SB nahesteht.

In seiner Rolle als Chefredakteur der rechten Zeitung Il Tempo hatte Chiocci den faschistischen Diktator Benito Mussolini Ende 2017 zum Mann des Jahres gekürt. Die Faschistinnen würden in Italien verfolgt, während die Gräuel des Kommunismus vergessen worden seien, hieß es damals in einem surrealen und wehleidigen Leitartikel von Marcello Veneziani. Das ist so sehr der Fall, dass Chiocci fünf Jahre später das Informationsflaggschiff der Rai übernimmt.

Zuvor hatte er unter der Führung von Vittorio Feltri (heute FdI-Regionalabgeordneter in der Lombardei) auch für Berlusconis Giornale gearbeitet.

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Die Autonomie — des Verfassungsgerichts.
Primarstellen

Das Arbeitsgericht in Trient gab dieser Tage einem Primariatsanwärter recht, der eine Stelle in Bozen nicht bekommen hatte, und verurteilte das Land Südtirol unter anderem dazu, ihm 37.950 Euro Schadenersatz plus 3.450 Euro monatlich bis zur Wiederholung des Stellenwettbewerbs zu zahlen. In erster Instanz war der Arzt mit seinem Rekurs noch abgeblitzt.

Der Fall zeigt, welch unberechenbare Zeitbombe das italienische Verfassungsgericht, bei dem Südtirol keinerlei Repräsentanz hat (vgl. ‹1), sowie das Damoklesschwert der »grundlegenden Bestimmungen der wirtschaftlich-sozialen Reformen der Republik« darstellen.

In einem Präzedenzfall1Verfassungsgerichtsurteil Nr. 139/2022 war das traditionell zentralistisch urteilende Verfassungsgericht nämlich 2022 zum Schluss gelangt, dass das in Südtirol übergangsweise geltende Verfahren zur Vergabe von Primariaten2seit 2021 gilt ein neues Verfahren (gem. DLH 29/2021) nicht rechtens sei — und auf dieser Grundlage urteilte nun auch das Trienter Arbeitsgericht.

Doch warum hatte das Verfassungsgericht entschieden, dass das damalige Verfahren nicht in Ordnung war? Nicht etwa, weil die Südtiroler Norm an sich klar verfassungswidrig gewesen wäre. Dies bestätigten die Richter um Giuliano Amato in ihrem Urteil sogar ausdrücklich. Stattdessen beschloss das Gericht kurzerhand, dass das staatsweit geltende Auswahlverfahren ein »grundlegendes Prinzip« darstelle — und ein solches »sticht« per Definition jede autonome Kompetenz aus (auch primäre).

Eine Krux dabei ist, dass diese »grundlegenden Bestimmungen« keine bestimmte Form aufweisen müssen — dass da also nirgends draufsteht: »dieses Gesetz stellt eine grundlegende Bestimmung dar« — und somit der Landesgesetzgeber auch wenig Anhaltspunkte hat, sich diesbezüglich von vorn herein unterordnen (!) zu können, wie es von ihm verlangt wird.

Vielmehr kann sich das zentralistisch ausgerichtete Verfassungsgericht bei der Beurteilung von Landesgesetzen aus den Fingern saugen, ob das jeweilige Staatsgesetz (bzw. Teile davon), von dem sie abweichen, ein »grundlegendes Prinzip« darstellt. Auch das stellten die Richter in oben genannten Urteil3mit Verweis auf weitere Urteile, z.B. Nr. 170/2001 ausdrücklich fest. Genauso übrigens, wie sich das Verfassungsgericht die sogenannten staatlichen »Querschnittkompetenzen« aus den Fingern gesaugt hat, mit denen es die Zuständigkeiten von Regionen und Ländern (zum Beispiel im Umweltbereich) im Laufe der Jahre auf eigene Faust massiv ausgehöhlt hat. Für die Rechtssicherheit ist diese unvorhersehbare Praxis fatal, und Einspruchmöglichkeit gegen eine einseitige Einstufung als »grundlegendes Prinzip« bzw. als »grundlegende Bestimmung« gibt es keine.

Wenn das eine Autonomie ist, dann vor allem eine des Verfassungsgerichts gegenüber allem und jedem.

  • 1
    Verfassungsgerichtsurteil Nr. 139/2022
  • 2
    seit 2021 gilt ein neues Verfahren (gem. DLH 29/2021)
  • 3
    mit Verweis auf weitere Urteile, z.B. Nr. 170/2001
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Integration… im Alpenzoo.

Neulich waren wir mit der ukrainischen Frau und ihren beiden Kindern im Pflichtschulalter, die im Frühling 2022 vom Krieg nach Südtirol geflüchtet waren und über die ich hier ab und an geschrieben habe, in Innsbruck.

Es geht dabei um jene Frau, die vom italienischen Staat bis Ende Oktober 2022 genau 900 Euro an finanzieller Unterstützung erhalten hatte, obschon ihr 1.800 Euro zugestanden hätten. Nicht monatlich, sondern in Summe wohlgemerkt. Inzwischen sind auch die fehlenden 900 Euro eingetroffen, womit sich die Unterstützung auf schwindelerregende 42,86 Euro im Monat (1.800 Euro ÷ 14 Monate ÷ 3 Personen) beläuft.

Dass mit diesem Budget keine großen Sprünge möglich sind, selbst wenn die Unterkunft kostenlos ist und der in der Ukraine nach wie vor einer Arbeit nachgehende Ehemann und Vater finanziell unterstützen kann, liegt auf der Hand.

Alpenzoo

Mehrmals konnten wir sie wenigstens zu Ausflügen überreden — so wie diesmal eben nach Innsbruck, wo wir den Kindern unter anderem den Alpenzoo zeigen wollten.

Als wir dort an der Kassa die Eintritte bezahlen wollten, fragte die freundliche Angestellte nach dem Alter der Kinder. Da selbst der Jüngere knapp über der Altersgrenze für eine Ermäßigung lag1was ich bei nachträglicher Überprüfung auf der Webseite des Alpenzoos nicht nachvollziehen kann, fiel mir noch ein, zu erwähnen, dass sie ukrainische Flüchtlinge sind.

Wenn sie ihre Aufenthaltserlaubnis dabei hätten — und das hatten sie — gäbe es da schon was. »Sie leben aber in Südtirol«, wandte ich noch ein, doch das erwies sich als unerheblich: die Mutter und beide Kinder konnten völlig kostenlos in den Zoo. Mit einem strahlenden Gesicht wie in diesem Moment habe ich die Mutter in diesen Monaten entsetzlicher Anspannung und Ungewissheit noch selten gesehen.

Sie hat uns dann noch mehrmals erzählt, wo in Südtirol sie schon überall nach einer Ermäßigung — von einem vollständigen Preisnachlass gar nicht zu reden — gefragt und nicht erhalten hatte. In der Gemeinde, in der sie in Südtirol gemeldet ist, hat sie meist noch nicht einmal Zugang zu den Ermäßigungen, die grundsätzlich allen Ansässigen zustehen. Als ihr einmal trotzdem eine gewährt wurde, hat man ihr sogar ins Gewissen geredet, dass das Geld jetzt für andere fehlen würde.

Diese Knausrigkeit hier bei uns finde ich beschämend und im Vergleich zur unbürokratischen Großzügigkeit, die wir in Innsbruck erleben durften (wiewohl sie vielleicht nicht repräsentativ ist), herzzerreißend.

Wieder einmal habe ich mich aufrichtig für unser Land geschämt.

Der kleinere Sohn hat irgendwann gefragt, ob Nordtirol viel reicher sei als Südtirol, weil sie »eingeladen« worden seien. Dies ist zwar auf dem Papier nicht der Fall, doch die Institutionen in Südtirol scheinen mir in vielen Fällen tatsächlich häufiger von Gier und Kaltherzigkeit geleitet zu sein.

Ein Land, dem bewusst ist, dass die Teilhabe aller am kulturellen, sportlichen und gesellschaftlichen Leben für eine funktionierende Gemeinschaft essenziell ist, macht hingegen schon vieles richtig. Und spart vielleicht unterm Strich sogar noch Geld.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3

  • 1
    was ich bei nachträglicher Überprüfung auf der Webseite des Alpenzoos nicht nachvollziehen kann
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EU: Audiovisuelle Vielfalt umfasst Minderheitensprachen.

Kürzlich hat das EU-Parlament eine Entschließung zur Umsetzung der 2018 aktualisierten Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste verabschiedet. Der genehmigte Text beinhaltet auch mehrere Punkte, die für Sprachiminderheiten von Interesse sind.

Nicht nur wird in den Prämissen der Entschließung ausdrücklich auf die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats Bezug genommen, die von mehreren Mitgliedsstaaten — einschließlich Italien — nie ratifiziert wurde. Auch im Beschließenden Teil sind Forderungen enthalten, die im Falle ihrer Umsetzung konkrete Fortschritte mit sich bringen würden.

So wird darin hervorgehoben

wie wichtig es ist, die Zugänglichkeit (Synchronisation, Untertitel, Audiodeskriptionen und andere) in allen Sprachen des Gebiets zu erleichtern, in denen der audiovisuelle Mediendienst erbracht wird[.]

– Punkt 16 der Entschließung

Hervorhebung von mir

Der darauffolgende Punkt stellt klar, dass die audiovisuelle Vielfalt auch die Minderheitensprachen umfasst:

[Das EU-Parlament] fordert verstärkte Anstrengungen zur Verbreitung europäischer Werke, die die gesamte Bandbreite der europäischen Sprachenvielfalt repräsentieren, wobei sowohl die Amtssprachen als auch die Regional- und Minderheitensprachen berücksichtigt werden sollten; hält es daher für unerlässlich, Daten über die sprachliche Verbreitung audiovisueller Mediendienste zu erheben, einschließlich Informationen über die sprachliche Vielfalt bei der Synchronisation, Untertitelung und Audiodeskription, die damit verbunden sind und zusammen mit diesen Diensten zur Verfügung gestellt werden, um gezielter handeln zu können[.]

– Punkt 17 der Entschließung

Hervorhebungen von mir

Beide Punkte gehen in dieser Form auf Änderungsanträge der katalanischen EU-Abgeordneten Diana Riba i Giner (ERCGrüne/EFA) zurück. Ob sie von Kommission und Rat, an die die Entschließung gerichtet ist, beziehungsweise von den Mitgliedsstaaten in irgendeiner Form berücksichtigt werden, bleibt fraglich. Das EU-Parlament hatte sich zum Beispiel auch in Bezug auf die Minority-Safepack-Initiative (MSPI) deutlich minderheitenfreundlicher gezeigt, als es die Kommission letztendlich war.

Bei den audiovisuellen Mediendiensten, mit denen sich die Richtlinie befasst, geht es neben klassischen TV-Angeboten unter anderem auch um Streamingdienste wie Netflix, Apple TV oder Amazon.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4

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Rom legt Abfallgebühren auch für Südtirol fest.

So eine Autonomie, die man bei der UNO in New York als Musterbeispiel für Minderheitenschutz und Selbstverwaltung vorstellen darf, ist wirklich was Feines. Damit einher geht — selbstverständlich — eine weitgehende Steuerhoheit. Gut: Eigentlich ist sie nicht so weitgehend, und es ist auch keine Steuerhoheit. Doch bei lokalen Steuern und Gebühren: da kann man gestalten und Akzente setzen.

Bei den Abfallgebühren zum Beispiel, so berichtet der Corriere in seiner heutigen Südtirolbeilage, sind dem Bürgermeister der Landeshauptstadt die Hände gebunden. Komponenten und Berechnungsmethode werden nun nämlich direkt von der zentralstaatlichen, nicht gewählten Regulierungsbehörde Arera festgelegt und die Kommunen — auch im autonomen Südtirol — haben sie im Großen und Ganzen einfach anzuwenden. Dabei kommt in Bozen eine Steigerung von fünf Prozent heraus, die aber, wegen der Nähe zum Verbrennungsofen, laut Bürgermeister Renzo Caramaschi (und Arera) noch immer eine deutlich geringere Gebühr ergibt  als etwa in Trient.

Die Tarife sind nicht mehr Zuständigkeit der Gemeinden. […] Wir mussten uns an das neue, auf Staatsebene geltende System anpassen, jetzt entscheidet Arera über die Komponenten. Auf diese Normen können wir nicht einwirken, ob sie uns gefallen oder nicht.

– BM Renzo Caramaschi

Bisher hatte die Gemeinde die vollständige Zuständigkeit zur Festlegung der Tarife, womit der erforderliche Ermessensspielraum vor Ort gegeben war. Jetzt werden die Lokalkörperschaften entmachtet.

– Giulio Angelucci, Direktor des Amtes für Abfallwirtschaft beim Land

Übersetzungen von mir – Quelle: Corriere

Subsidiaritätsprinzip — was ist das?

Das mit den autonomen Steuern und Gebühren war also nix, aber wer möchte schon das unfassbare Glück missen, dass sich die von römischen Bürokratinnen erdachten Regeln zufällig »zu unseren Gunsten« auswirken?

Ich sag mal so: Hauptsache in New York (und beim Kompetenzzentrum für weltbeste Autonomien in Bozen) kriegen sie keinen Wind von dieser kleinen Peinlichkeit. So wie sie auch das mit der Bushaltestelle nicht unbedingt wissen sollten. Sonst ist womöglich Schluss mit dem Tokenismus — und das wäre freilich äußerst schade.

Siehe auch ‹1 ‹2

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Nach rechts verschobene Politlandschaft.
Quotation

Schlein spricht mit viel mehr Glaubwürdigkeit über Ökologie und Feminismus als es Matteo Renzi tat, der so weit gegangen ist zu sagen, dass die Umweltschützer übertreiben und den Fortschritt aufhalten — und sich selbst als Anführer der ersten feministischen Partei Italiens bezeichnet hatte. Schlein verteidigt auch ohne Vorbehalte die Rechte der LGBTI-Gemeinschaft (der sie angehört). Das scheint eine Mindestvoraussetzung [für eine Linke] zu sein, ist es aber in Italien nicht, wo es selbst bei Mittelinks keinen Konsens zur Ehe für alle gibt. In der Tat hat es Jahrzehnte gedauert, um zu einer gemeinsamen Linie zu finden, damit gleichgeschlechtliche Paare [wenigstens] nichteheliche Lebensgemeinschaften eingehen — das heißt: rechtlich existieren — konnten. Diese Herausforderung wurde 2016 gemeistert und ist durch die Regierung von Giorgia Meloni [FdI] wieder in Gefahr. Bei Mittelinks gibt es auch keinen Konsens zum Adoptionsrecht homosexueller Paare — das derzeit in Italien nicht existiert.

Schlein, die von Prekariat und Arbeitsrechten spricht und — eine weitere Neuheit — einen Mindestlohn vorschlägt, ist eine moderate Progressistin, die die PD an die übrigen europäischen sozialdemokratischen Parteien wie die PSOE annähern will. Die italienische Politlandschaft ist aber so weit nach rechts verschoben, dass sowohl die Medien als auch ihre eigenen Parteigenossen sie als eine Radikale darstellen. In Wirklichkeit definieren sie ihre politischen Vorbilder ideologisch ziemlich gut: Barack Obama und Romano Prodi.

Auszug aus Digues alguna cosa que soni d’esquerres von Alba Sidera, erschienen in der katalanischen Tageszeitung El Punt Avui (23. Mai 2023). Sidera, Journalistin und Expertin für Rechtsextremismus, lebt seit 2007 als Korrespondentin in Rom. Übersetzung von mir.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5

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Grönländische Abgeordnete weigert sich Dänisch zu sprechen.

Die Abgeordnete zum dänischen Parlament (Folketing) Aki-Matilda Høegh-Dam hat kürzlich für Aufsehen gesorgt, weil sie eine sieben Minuten lange Rede ausschließlich auf Grönländisch gehalten hat. Die Vertreterin der sozialdemokratischen Siumut ist eines von nur zwei grönlandischen Mitgliedern des Folketings. Mit ihrem Engagement und der bewussten Konfrontation will sie auf die Minorisierung der Sprache aufmerksam machen und ihr mehr Würde und Gleichberechtigung verschaffen.

Grönländisch ist seit 2009 alleinige Amtssprache Grönlands und mit dem Dänischen nicht verwandt. In den Schulen der Insel ist Grönländisch Hauptunterrichtssprache, Dänisch wird nur als Fremdsprache gelehrt.

Høegh-Dam, die in Dänemark geboren und in Grönland aufgewachsen ist, will eigenen Angaben zufolge nicht weiter hinnehmen, dass sie im Folketing nicht die Sprache ihres Wahlbezirks sprechen darf. Dementsprechend folgte sie der Einladung des Parlamentsvorsitzenden nicht, ihre Stellungnahme wie in solchen Fällen üblich auf Dänisch zu wiederholen.

Die grönländische Partei Siumut setzt sich für die staatliche Unabhängigkeit der heute unter dänischer Hoheit stehenden Insel ein. Eine allfällige dahingehende Entscheidung will Dänemark respektieren.

Aki-Matilda Høegh-Dam (*1996), die zwei dänische und zwei grönländische Großeltern hat, ist die jüngste Abgeordnete zum Folketing. Im Alter von 15 Jahren wurde sie ehrenamtliches Mitglied des UNICEF-Projekts Nakuusa zur Unterstützung grönländischer Kinder.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6

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