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Straßennamen — ein Brief an Spagnolli.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

die Tatsache, dass in Bozen Straßen weiterhin nach ehemaligen italienischen Kolonialgebieten (Amba Alagi etc.) benannt sind, wird von Demokraten und Antifaschisten seit Jahren scharf kritisiert. Nun wird die Landeshauptstadt auch im einschlägigen Werk “Viva Mussolini! — Die Aufwertung des Faschismus im Italien Berlusconis” des Schweizer Professors Aram Mattioli erwähnt, da diese Straßennamen »bis heute von [einer] unkritischen Haltung gegenüber der eigenen Kolonialvergangenheit [zeugen]«, im Zuge derer »Massenverbrechen von genozidalen Dimensionen« verübt wurden. Was unternimmt Ihre Stadtregierung, um diese in einem antitotalitären, demokratischen Land untragbaren Namen endlich abzuändern bzw. um eine kritische Haltung der Bevölkerung gegenüber der faschistischen und kolonialen Vergangenheit Italiens zu fördern?

Bei dieser Gelegenheit möchte ich außerdem in Erfahrung bringen, wie Ihre vom »Alto Adige« kolportierte Aussage zu verstehen ist, die Ortsnamen Tolomeis seien nicht dem »schlechten« Faschismus zuzuschreiben. Gibt es für Sie einen guten Faschismus?

Schließlich möchte ich Sie höflichst daran erinnern, dass Sie meine Mail vom 5. Jänner 2010 — als ich gebeten hatte, mir zu erklären, warum ein Teil der Wassermauer den Alpini gewidmet wurde — noch nicht beantwortet haben. Vielleicht möchten Sie darauf ja noch eingehen.

Mit freundlichen Grüßen

Simon Constantini, Brixen
www.brennerbasisdemokratie.eu

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La Vetta e il fascismo buono.
Quotation

Sono arrabbiato per l’operazione dell’Avs. Non hanno il diritto di toccare il mio patrimonio culturale personale [sic], e quello dei concittadini di lingua italiana. Vetta d’Italia è un nome che fa parte della mia vita, ma il presidente Simeoni dice che non lo scriverebbe mai. Certe persone non hanno capito che gli italiani ormai fanno parte di questa terra, che non c’è più soltanto la parte “cattiva” del fascismo [sic]. Vorrebbero cancellare la nostra presenza.

Luigi Spagnolli, sindaco di Bolzano, intervista all’A. Adige, 20/07/10

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Hinterland von Venedig.

Wie die Tageszeitung in ihrer heutigen Ausgabe berichtet, hat die Landesregierung beschlossen, dass Bozen sich an der Kandidatur des Triveneto als Europäische Kulturhauptstadt beteiligt. Das Triveneto wurde im Faschismus eingeführt, u. a. um Südtirol in einen größeren, kulturell hegemonischen Kulturraum einzubetten und so leichter zu assimilieren. Dem wäre eigentlich nichts mehr hinzuzufügen — die kulturelle Konzeptlosigkeit und Leere ist derart trostlos und eklatant, dass sie von selbst zum Himmel schreit.

Seit Jahren wird über eine eigenständige Kandidatur Bozens und über eine gemeinsame Bewerbung der Europaregion debattiert, und nun degradieren wir uns mit einer Nacht- und Nebelaktion unserer Regierung freiwillig zum kulturellen Anhängsel Venedigs. »Weil wir auch als Euregio keine Chance gegen Venedig gehabt hätten«, wie der Landeshauptmann in vorauseilender Selbstunterschätzung feststellt. Bozens Bürgermeister Spagnolli ist mit dieser Lösung sehr zufrieden und bezeichnet die Landeshauptstadt (ohne Witz!) als Hinterland der Lagunenstadt. Wir machen uns die zentralistische Kulturauffassung des Faschismus zueigen und bestätigen sie noch 65 Jahre nach Kriegsende — aus freien Stücken.

Ende 2005 hatte ich davon geschrieben, dass die Floskel vom Schnittpunkt der Kulturen nichts anderes bezeichne, als Südtirols Peripherizität in zwei Kulturräumen, ohne ernstzunehmende eigenständige Produktion. Eigentlich hatte ich geglaubt, dass wir — durch das Erstarken zahlreicher hochwertiger Initiativen wie Transart, Festival Bozen und Tanz Bozen, durch die Austragung der Manifesta und die Eröffnung des Museions — die Überwindung dieser dunklen Phase anpeilen. Doch jetzt muss ich zur Kenntnis nehmen, dass zumindest die offizielle Kulturpolitik außerstande ist, diese Realität zur Kenntnis zu nehmen, aufzuwerten und zusammen mit anderen kulturellen Eigenheiten (die Dreisprachigkeit zum Beispiel) selbstbewusst in den Vordergrund zu stellen. Die Landesregierung begreift Südtirol nicht einmal mehr als Schnittpunkt der Kulturen, sondern sogar als kulturelles Hinterland nur einer davon. So präsentieren wir uns der Welt.

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Demokratiegeschädigtes Viertel.

Was bei den eben geschlagenen Gemeinderatswahlen — außer einem allgemein durchwachsenen Ergebnis für alle Beteiligten und der Glanzleistung Spagnollis — auffällt, ist die stetig sinkende Wahlbeteiligung. Einer von vier Wählern ist der Urne ferngeblieben und hat somit darauf verzichtet, die politische Zukunft seiner Gemeinde mitzugestalten. Obschon Südtirol mit diesen Zahlen international noch gut dasteht, ist die Tendenz eindeutig negativ. Dafür verantwortlich sind zahlreiche komplexe und ineinander verwobene Gründe, doch ein gravierender Punkt sollte nicht unausgesprochen bleiben: Wie glaubwürdig ist eine Regierungspartei, die die Bürgerinnen geschlossen zur Wahl aufruft, nachdem sie bei Landesreferenda offen zum Boykott aufgerufen hatte? Wie lange kann man die Wählerinnen und schlussendlich die Demokratie veräppeln, bevor sie daran Schaden nimmt?

Nimmt die Durchschnittssüdtirolerin einen Boykottaufruf bei staatsweiten Referenda vielleicht noch gelassen auf, weil das einer Nichtbeteiligung am italienischen Politsystem bedeutet, so dürfte die Bevölkerung die schlussendlich erfolgreiche Sabotage der »einheimischen« Basisdemokratie viel sensibler registriert haben. Engagierte, selbstbewusste Bürgerinnen verwandeln diesen Frust vielleicht in Ansporn, erst recht zur Wahl zu schreiten; die breitere Schicht der Wählerinnen an der Grenze zur Demokratieverdrossenheit dürfte aber eher mit Zurückhaltung und Abwendung reagiert haben.

Über die jetzige Verwunderung… kann man sich nur wundern.

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SVP sofort mit Spagnolli.

Mit der Ernennung Robert Oberrauchs zum Bürgermeisterkandidaten hat Mitterechts der SVP die Entscheidung abgenommen, Spagnolli schon beim ersten Wahlgang zu unterstützen. Die Sammelpartei konnte gar nicht anders — der gestern gefällte Beschluss ist dementsprechend erfreulich.

Als größte Partei im Gemeinderat sollte man aber nicht bedingungslose Unterstützung anbieten, sondern vielleicht noch ein paar Worte mit den künftigen Koalitionspartnern wechseln. Denn nicht Donato Seppi hat den AVS wegen der Hinweistafeln angezeigt, sondern Regierungspartner Guido Margheri.

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Bozen: Stadtregierung ohne SVP?

Laut einem Bericht der Zett (Ausschnitt) vom vergangenen Sonntag, den 10.01.2010 schließt SVP-Obmann Richard Theiner eine Koalition mit den italienischen Mitterechtsparteien in Bozen aus. Siegfried Brugger hatte sich zuvor dafür ausgesprochen, eine solche Konstellation nach den kommenden Gemeindewahlen ergebnisoffen zu prüfen. Seine Ablehnung begründete der Obmann damit, dass man nicht mit Parteien zusammenarbeiten wolle, die »für den Beibehalt faschistischer Relikte« sind.

Ausschnitt Zett.

Es ist nicht damit zu rechnen, dass die Volkspartei genügend Stimmen erhalten wird, um eine Stadtregierung ohne — oder mit einem kleinen — Koalitionspartner zu bilden. Daher könnte sich hinter dieser Aussage die Absicht verbergen, nach den Gemeindewahlen in der Landeshauptstadt erstmals in die Opposition zu gehen.

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Kaiserau? »Interesse Null.«
Casanova, Kaiserau, Neuhaus, Bivio?

Unsere Susanne hat mir einen Briefwechsel zwischen ihr und der SASA zum Gebrauch der Ortsbezeichnung »Casanova« zukommen lassen, den ich hier veröffentliche.

Betreff: Linea 3

Buona sera! Gradirei sapere perché la linea 3 porta come capolinea il nome “Casanova”. Il nome più antico della zona è “Kaiserau”, quindi sarebbe più adeguato. Ancora meglio sarebbe riportare ambedue le denominazioni. Non Vi sembra?

Distinti saluti.

[Susanne]

Antwort der SASA:

Sehr geehrte Frau [Susanne],

bezugnehmend auf Ihre Anfrage im Hinblick auf die Namensgebung “Casanova” der Endhaltestelle der Linie 3 in Bozen, teilen wir Ihnen mit, dass diese Bezeichnung nicht von unserem Unternehmen, sondern von der zuständigen Gemeinde Bozen eingeführt wurde.

Anbei übermitteln wir Ihnen die Stellungnahme des Herrn Bürgermeister Dr. Luigi Spagnolli, welche er uns anlässlich einer ähnlichen Anfrage wie der Ihrigen zukommen ließ, und hoffen, dass wir hiermit Ihrer Anfrage Genüge tun können.

Für weitere Fragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung und verbleiben

mit freundlichen Grüßen

SASA SpA-AG

Direktionssekretariat

[XXX]

Anhang (Schreiben des Bürgermeisters):

CASANOVA (auf deutsch am besten übersetzbar mit NEUHAUS) ist der Name eines Projektes, besser gesagt eines Vorprojektes. Der ehemalige Stadtrat Bassetti hat damit ein ganz innovatives Genehmigungsverfahren genannt, wobei die Vorplanung eines neuen Stadtviertels, jenes hinter der Ortlerstrasse, nicht, wie bis damals, praktisch ganz dem beauftragten Projektanten frei gelassen war, sondern mit bestimmten Bedingungen – mehr als vier Seiten, in der Ausschreibung – von der Stadtverwaltung pünktlich und ausreichend bestimmt wurde.

Dann ist es geschehen, dass dieser Name von mehereren Leute benützt wurde: von den einzelnen Bauprojektanten und -firmen, von denjenigen, die dort sich eine Wohnung gekauft, gebaut oder bekommen haben, von den Anrainern, usw ..

In einer “normalen” Stadt (wie z.B. Innsbruck, Verona, Berlin oder Paris, wo ich ähnliche Situationen persönlich gesehen habe) wäre dies genug um den neuen Name ab jetzt offiziell benützen zu dürfen, ohne besonderen Diskussionen. Nicht so in Bozen, wo die Genehmigung eines neuen Name immer nur nach ewigen Auseinandersetzungen, auf ethnischer, Parteipolitischer, persönlicher und geschichtlicher Ebenen, stattfinden kann.

Deswegen ist der Name Casanova bis dato nie offiziell geworden. Es ist aber so, dass die SASA AG, die einen Dienst leistet, wobei die Leute am besten verstehen müssen, wohin ein Bus fahrt, diesen inoffiziellen Name gebraucht: und somit wissen die Buspassagiere besser als sonst, wohin sie fahren.

Die SASA AG ist berechtigt, sowas zu machen. Das ganze hat gar keine “politische” Bedeutung. Ich bin weder für noch gegen den Name CASANOVA: bin aber für die Leute, und zwar erwarte ich mir, dass sie einen guten Busdienst bekommen. Wenn Sie nach dieser Erklärung nicht zufrieden sind, weil sie denken, dass das ganze eine heimliche Italianisierung Südtirols darstellt, kann ich Ihnen eine Reihe von Fällen zeigen, wo auf ähnlicher Weise neue Namen nur auf Deutsch neu gegeben wurden: damit es klar ist, dass solche Verfahren vielmehr für die Bestätigung des Deutschsein des Landes gebraucht werden, als für die “ItaJianisierung” desselben. Aber dieses Argument, verstehen Sie mich, hat für mich Interesse Null.

Hochachtungsvoll

Luigi Spagnolli

Letzter Akt:

Sehr geehrte Frau [XXX],

ich habe mir den Brief des Bürgermeisters durchgelesen, obwohl dies angesichts des dürftigen Deutsch nicht problemlos war. Ich will gar nicht polemisieren, da es meiner Ansicht nach ob der Vorurteile, die ich auch in besagtem Schreiben erkenne, vergebene Liebesmüh wäre. Hinweisen möchte ich nur darauf, dass für viele Bozner der Name “Casanova” gar nichts bedeutet, “Kaiserau” jedoch schon.

Mit bestem Gruß

[Susanne]

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Bürgerwehren? Nein, danke.

Kaum sind die Bürgerwehren Gesetz, ist in Bozen auch schon ein Streit darum entbrannt. Weil Bürgermeister Spagnolli nicht von vorneherein ausschließt, die Arbeit solcher Gruppen in Anspruch zu nehmen, drohen die Ökosozialen mit einer frühzeitigen Beendigung der Gemeinderatskoalition. Völlig zu Recht wie ich finde, denn Südtirol sollte nicht polizeiähnliche Einrichtungen fördern, die einer Bananenrepublik würdig sind.

Neben einer vielfach anmaßenden, überheblichen und bürgerfernen Polizei brauchen wir nicht auch noch private Rambos, die sich als Laien in den Alltag der Bevölkerung einmischen und als Richterinnen über Gut und Böse aufspielen. Erste Erfahrungen in Italien haben bereits gezeigt, dass Bürgerwehren durch Rechtsextreme unterwandert wurden und außer Kontrolle gerieten. Besonders Migrantinnen oder  »nicht Angepasste« haben mit Schikanen zu rechnen. Es ist dann zu befürchten, dass sie als verlängerter Arm der Polizei auch noch gedeckt werden.

Wennschon sollte endlich über die Einrichtung einer professionellen Landespolizei nachgedacht werden, die die staatlichen Ordnungshüter nach und nach ablöst. Damit könnten auf Landesebene bessere Effizienz und — zum Beispiel durch funktionierende Zwei- und Dreisprachigkeit — mehr Bürgernähe gewährleistet werden.

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