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Autorinnen und Gastbeiträge

Das ist Hetze, keine Kritik.

Salto-Chefredakteur Fabio Gobbato hat mit einem »Kommentar« der Diskussion um eine mehrsprachige Schule ordentlich geschadet.

Fabio Gobbato hat ordentlich zugelangt in seinem A udienza solo chi sail tedesco. In seinem publizistischen Visier: die Direktorin einer Grundschule in Bozen, die SVP, Obmann Philipp Achammer und Landeshauptmann Arno Kompatscher. Allesamt populistische, ethnische Scharfmacher:innen, die auf Kosten von Kindern aus italienischen oder migrantischen Familien ihre intolerante Politik betreiben. Das klingt fast so, als würden die deutsche Schule und der zuständige Landesrat »Krieg« gegen die erwähnten Kinder und ihre Familien führen. Wäre das der Fall, hätte Gobbato treffend analysiert und kommentiert.

Applaus erhält Gobbato von der Lega und von den Fratelli d’Italia. SVP-Partner Lega schwafelt von einer Politik auf Kosten der Familien, die Fratelli — möglicherweise Partner der SVP nach den Landtagswahlen im Herbst — machten eine »ethnische Offensive« auf.

Es findet aber kein ethnischer Krieg statt, keine ethnische Offensive, die auf dem Rücken der Familien ausgetragen wird. Nicht von ungefähr findet Salto-Herausgeber Max Benedikter, dass »aus einer Mücke ein Elefant gemacht« wird. Diese »Mücke« steht in der Einladung zum Elternsprechtag:

Darin weist die Direktorin der deutschsprachigen Grundschule darauf hin, dass die Gespräche mit den Lehrpersonen »in deutscher Sprache erfolgen«. Deutsche Schule, deutsche Unterrichts- und Verkehrssprache. In welcher Sprache werden an den italienischsprachigen Schulen die Elternsprechtage abgehalten?

Die von Gobbato attackierte Grundschuldirektorin bietet nicht Deutsch sprechenden Eltern Sprachmediator:innen an. Was macht Gobbato daraus? Er legt nahe, die Direktorin wolle Eltern in Verlegenheit bringen, die die Unterrichtssprache der Schule nicht verstehen, die ihre Kinder besuchen. Ein doch starkes Stück Miesmacherei. Doch Gobbato geht noch weiter: Er vermutet, die Direktorin wolle mit ihrem angeblichen Sprachdiktat erreichen, dass nicht Deutsch sprechende Eltern dem Elternsprechtag fernbleiben. Warum sollte sie das wollen? Das ist doch eine absurde Annahme, eine weitere Unterstellung.

Ich war einige Jahre lang Klassenratmitglied und Schulratvorsitzender an einer deutschen Schule. Deutsch war die Verkehrssprache, bei Bedarf wurde selbstverständlich auch Italienisch gesprochen, dann und wann auch Englisch. Man kann davon ausgehen, dass dies die Lehrpersonen der angegriffenen Bozner Grundschule genauso halten werden.

Wenn ich richtig informiert bin, lehnte die von Gobbato kritisierte Direktorin auch nicht die Einschreibung eines migrantischen Kindes ab, sondern empfahl den Eltern eine andere Schule.

Eine ethnische Offensive?

Aus diesen beiden Fällen, der Einladung zum Elterntag und zur Empfehlung der Schulwahl, konstruierte Gobbato eine ethnische Offensive. Damit versuche die SVP Wählerstimmen zu gewinnen.

Über diese verquere Analyse freut sich die italienische Rechte.  

Der Kammerabgeordnete von Fratelli d’Italia Alessandro Urzì sieht in der Schulempfehlung eine Verletzung des verfassungsmäßigen Rechts auf Bildung. Er hält es nicht für zulässig, einen Schüler aufgrund eines Sprachtests abzulehnen. Deshalb fordert er den italienischen Bildungsminister auf, Maßnahmen zu ergreifen. Vielleicht sollte diese Grundschule in Gries dem Ministerium direkt unterstellt werden?

Sollte sich Urzì nicht darüber Gedanken machen, warum auch immer mehr italienische Eltern in Südtirol ihre Kinder an deutschen Kindergärten und Schulen einschreiben? Funktioniert das »deutsche Bildungswesen« besser als das italienische? Ist die ach so ethnisch engstirnige deutsche Schule gar weltoffener?

Drängen deshalb auch Migrantenfamilien ihre Kinder in die deutschen Kindergärten und Schulen? Mehr als elf Prozent der Kinder in den deutschsprachigen Schulen stammen aus dem Ausland. Tendenz steigend. In manchen Kindergärten und Grundschulen lag der Anteil an »Ausländer:innen« höher als jener der »Einheimischen«: Grundschulen Franzensfeste und Blumau sowie die Kindergärten Waidbruck, Meran/Fröhlich und Bozen/Weggensteinstraße. An der Grundschule Waidbruck lag der Anteil an »Ausländer:innen« bei der Hälfte. Allesamt Nicht-EU-Bürger:innen. In 30 Kindergärten und Grundschulen betrug der »Ausländeranteil« mehr als ein Drittel.

Besonders in Bozen ist das Interesse migrantischer Familien an der deutschen Grundschule groß. Mehr als die Hälfte der für das nächste Schuljahr eingeschriebenen Grundschulkinder sind migrantisch oder nicht deutschsprachig. Zweifelsohne wollen diese Familien, dass ihre Kinder die deutsche Landessprache lernen. Fakt ist inzwischen aber auch, wie die Direktor:innen der deutschen Bildungseinrichtungen beklagen, dass in Bozen kaum mehr Deutsch gesprochen wird. An den deutschen Schulen die deutsche Unterrichts- und Verkehrssprache zu erhalten ist ein schwieriges pädagogisches Unterfangen.

Wachsender »Ausländer:innen«-Anteil

Laut dem Landesinstitut für Statistik sind 10.000 Kinder zwischen drei und 18 Jahren nicht in Besitz eines italienischen Passes bzw. im Ausland geboren. In Südtirol geboren sind 5.000 »passlose« Kinder. Nur eines von fünf Kindern und Jugendlichen stammt aus einem Mitgliedsstaat der EU.

An den italienischen Kindergärten haben bereits ein Viertel aller Kinder einen Migrationshintergrund. Fast 13 Prozent der Schüler:innen der italienischen Mittelschule sind keine italienischen Staatsbürger:innen.

Je höher die Schulstufe, desto geringer ist der »ausländische« Anteil, an den italienischen Oberschulen ist er mit fast 17 Prozent deutlich höher als an den deutschen Oberschulen mit 5 Prozent.

Kinder mit ausländischem Pass scheinen eine Berufslehre zu bevorzugen. Mehr als die Hälfte aller ansässigen Ausländer:innen besuchen eine Berufsschule. Der Ausländeranteil an den deutschen Berufsschulen beträgt 11 Prozent, an den italienischen Berufsschulen liegt die Quote schon seit zwölf Jahren über 30 Prozent (2010/11 gar 38 Prozent). Die Hauptlast der Zuwanderung tragen zweifelsohne die italienischen Bildungseinrichtungen.

Die von der Bozner Stadträtin Johanna Ramoser (SVP) angeregten Sprachtests für Kinder mit Migrationshintergrund sind Ausdruck einer politischen Hilflosigkeit. Zurecht erinnerte Simon daran, dass Sprachtests die Ohnmacht offenlegen. Er wirbt hingegen für

vorgeschaltete und begleitende Sprachkurse, Integrations- und Mediationskräfte, Verkleinerung der Klassen und Kindergartengruppen, Deutschpflicht im Pausenhof — über solche Maßnahmen kann und soll man sprechen.

Die deutsche Landessprache hat offensichtlich

ausreichend Strahlkraft, um eine bedeutende Anzahl Migrantinnen dazu zu bewegen, sich und ihre Kinder »durch sie« zu integrieren; und um viele Italienerinnen von der Notwendigkeit ihres bestmöglichen Erwerbs zu überzeugen.

Diese Bereitschaft sollte die deutsche Schule offensiv nutzen, statt sich ängstlich einzuigeln und abzuschotten.  

Miesmachende Mücken

Hat Fabio Gobbato aus einer Mücke einen Elefanten gemacht, weil er den Text der Einladung zum Elternsprechtag nicht verstanden hat? Das wäre peinlich. Sein Kommentar wurde staatsweit aufgegriffen, seine Verunglimpfungen unhinterfragt verbreitet. Weder Gobbato noch die großen italienischen Zeitungen scheinen zu wissen, dass die von ihnen inkriminierten Sprachtests — wie Simon frotzelt — an den italienischen Schulen angewandt werden, um Schüler:innen herauszufiltern, die die mehrsprachigen Klassenzüge besuchen dürfen. Warum wird mit unterschiedlichem Maß gemessen? Die einen dürfen, die anderen werden dafür untergriffig beschimpft und mies gemacht. »Linke« Hetze ist auch shit.

Nachtrag vom 27. März 2023: Fabio Gobbato hat auf Salto eine Replik auf diesen Beitrag veröffentlicht. ()

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Sprachimmersion, Minderheiten und Eliten.

Eine Person, die die Einführung der mehrsprachigen Schule in Südtirol befürwortet, hat mir kürzlich via Facebook das Buch Lernen in der Fremdsprache – Grundzüge von Immersion und bilingualem Unterricht von Henning Wode (1995) empfohlen. Darin wird tatsächlich sehr differenziert, meinem Eindruck nach in manchen Punkten auch widersprüchlich, analysiert, unter welchen Umständen eine mehrsprachige Schule gut funktionieren kann. Insbesondere wird auch auf die Situation von Minoritäten und Majoritäten eingegangen.

Einige Auszüge:

Je größer die Gruppe der Sprecher einer Sprache, umso stärker ist der Sog bzw. Zwang für Sprecher einer anderen Sprache, sich bei Kontaktsituationen der Sprache der größeren Gruppe zu bedienen.

– Henning Wode

Die dominante Gruppe wird als Majorität bezeichnet, die nichtdominante als Minorität oder Minderheit. Abgesehen von Eroberung oder Kolonialisation, ist erstere in der Regel zahlenmäßig stärker als die Minderheit, besetzt vorrangig die Macht- und Führungspositionen in Staat und Wirtschaft; und die Sprache der Majorität ist meist auch die Nationalsprache des Staates.

– Henning Wode

Hervorhebung von mir

Welche Sprache zwischen Deutsch und Italienisch sich bei Kontaktsituationen meist durchsetzt, nämlich zweitere, ist erforscht (‹1 ‹2).

Und dass es sich bei Südtirol um eine Eroberung — oder Kolonialisation (‹1 ‹2 ‹3) — handelt, dürfte unstrittig sein. Das erklärt, warum die Sprachminderheit, laut obiger Definition, hierzulande zahlenmäßig in der Mehrheit ist und trotzdem eine Minorität darstellt.

[Es] hat sich die Unterscheidung von Lambert 1984 zwischen additivem und subtraktivem Bilingualismus bewährt. Mit additivem Bilingualismus ist gemeint, daß Schüler zusätzlich zu ihren L1 Fähigkeiten in der L2 erwerben, ohne daß ihre Kompetenz in der L1 geschmälert wird. Bei subtraktivem Bilingualismus hingegen lernen die Kinder zwar bis zu einem gewissen Grade eine L2, jedoch wird dadurch ihre L1-Entwicklung entweder gehemmt, oder bereits vorhandene L1-Fähigkeiten verkümmern wieder. Im Extremfall können solche Schüler in beiden Sprachen semilingual in dem Sinne sein, daß sie zwar zwei Sprachen sprechen, aber keine wirklich gut.

– Henning Wode

Auf die Unterscheidung zwischen additivem und subtraktivem Bilingualismus waren wir hier bereits eingegangen, unter anderem mit Bezug auf Forschungsergebnisse von 2021. Insbesondere auch bei Sprachminderheiten ist die Gefahr von subtraktivem Bilingualismus vorhanden. Laut Wode gibt es Möglichkeiten, um dem vorzubeugen.

Swain/Cummins 1986 bieten einen kritischen Überblick seit Peal/Lambert. Sie nennen eine Reihe von Faktoren, die die positive oder negative Wirkung von Mehrsprachigkeit bestimmen.
Dazu gehören: Die Zugehörigkeit der Kinder zu einer Minorität oder Majorität; das Prestige und der Status, den die L1 und L2 in der Familie und in der Gemeinschaft genießen; der sozio-ökonomische Status der Kinder bzw. ihrer Familien; sowie die Art des Unterrichts. Swain/Cummins heben hervor, daß die positiven Ergebnisse in der Regel bei Majoritätenkindern festgestellt wurden, die negativen bei Minoritätenkindern. Wenn die Kinder, ihre Familien und die Sprachgemeinschaft eine positive Einstellung zur L1 und L2 haben, wenn beide Sprachen ein hinreichendes Prestige genießen und aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen nützlich sind, ergeben sich in der Regel positive Ergebnisse. Günstig sind die Auswirkungen von Mehrsprachigkeit meistens bei Kindern aus höheren sozio-ökonomischen Schichten, weniger günstig bei Kindern aus niederen.

– Henning Wode

Hervorhebung von mir

Letzteres finde ich besonders interessant und aufschlussreich. Es ist ein Aspekt, der in Südtirol selten bis gar nicht thematisiert wurde — doch die mehrsprachige Schule könnte nicht nur ein Problem für die Minderheitensprachen (und somit für die Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Mehrsprachigkeit) werden, sondern auch den Graben zwischen »sozio-ökonomischen Schichten« vertiefen und zur Eliteschule werden. Dieser Vorwurf steht im Mutterland der Immersion, Kanada, schon lange im Raum und wir sollten uns fragen, ob ein solches Modell im Rahmen des öffentlichen Schulsystems Platz haben soll.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6 ‹7

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Schulkinder… zum Tode bereit.

Am »Tag der italienischen Einheit, der Verfassung, der Hymne und der Flagge« (17. März) wurden in Leifers wieder einmal mehrere hunderte Schulkinder — in Anwesenheit von Regierungskommissär, Polizeichef, Schullandesrat und LH-Vize Giuliano Vettorato (Lega), Bürgermeisterinnen (Bianchi, Leifers; Mongillo, Branzoll) und Vizebürgermeisterinnen (Parise, Pfatten; Cortella, Salurn) in Trikoloreschleife und Militär — dazu missbraucht, zur Flaggenzeremonie die blutrünstige und österreichfeindliche italienische Nationalhymne zu singen (vgl. ‹1 ‹2). Was per se schon Brechreiz erregend ist, ist es in einem Land wie Südtirol noch unendlich mehr. Einen ausdrücklich kolonialistischen Geschmack erhielt die Veranstaltung ferner dadurch, dass auch Schülerinnen der deutschsprachigen Mittelschule J. K. Franzelin ihre Bereitschaft zum Tode für Italien (siam pronti alla morte!) beschwören mussten.

Zu allem Überfluss wurde ihnen anschließend vom rechten Leiferer Bürgermeister Christian Bianchi noch eine Nationalflagge überreicht (‹1).

Geschichtsverdrehung

Bianchi hatte zuvor in einer hanebüchenen Rede unter anderem behauptet, das italienische Reich sei den »noch von Österreich beherrschten italienischen Gebieten« (vgl.‹1) ein Leuchtturm und bezüglich Demokratie ein Vorbild gewesen. An einem Tag, an dem Italien Einheit und Vaterland feiere, müsse natürlich der Ukraine gedacht werden, der — so der Leiferer Bürgermeister — ein Eindringling seit über einem Jahr Land, Freiheit, Heimat »und all das was wir heute feiern« streitig mache. Als wäre Italien für Südtirol nicht genau dieser Eindringling gewesen und als würde diese ultranationalistische Veranstaltung jenen unseligen Geist nicht wachhalten.

Einen Wahnsinn finde ich auch, wie sehr sich während der letzten Tage über die politische Instrumentalisierung von Kindern echauffiert wurde und wie nahtlos und nonchalant man dann zum Beispiel als Schullandesrat dazu übergehen kann, einer so abartigen Vereinnahmung von Kindern beizuwohnen.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3

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Bozen: Mehrsprachige Schule als Lösung?

In die laufende Debatte um den Umgang mit den vielen Kindern anderer Muttersprache an den deutschen Schulen in Bozen bringen die Grünen wieder einmal ihren Standardvorschlag ein: die Immersion mehrsprachige Schule. Wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungen (‹1 ‹2 ‹3), die im Fall von Sprachminderheiten gegen solche Modelle sprechen, ignorieren sie beharrlich, doch auch grundsätzlich erschließt sich mir die Logik hinter dem Vorstoß nicht:

  • Wenn Kinder nichtdeutscher Muttersprache Deutsch angeblich nicht einmal in einsprachig deutschen Schulen lernen: Warum sollte es dann in Schulen besser klappen, in denen weniger Deutsch (und dafür mehr Italienisch) unterrichtet wird?
  • Wenn deutschsprachige Kinder offenbar selbst in einsprachig deutschen Schulen mit ihren anderssprachigen Mitschülerinnen hauptsächlich auf Italienisch kommunizieren: Warum sollte es dann in einer Schule besser sein, in der auf Deutsch und Italienisch unterrichtet wird?
  • Ganz grundsätzlich: Warum sollten mehrsprachige Schulen ausgerechnet dort errichtet werden, wo die Minderheitensprache bereits marginalisiert und somit besonders vulnerabel ist?
  • Falls hingegen die mehrsprachige Schule vor allem die deutschen Schulen entlasten soll: Warum reichen dann mehrsprachige Klassenzüge an italienischen Schulen, wie es sie bereits gibt, nicht aus?
  • Wenn schon die bestehenden mehrsprachigen Experimente nicht die erhofften Ergebnisse zeitigen: Warum sollte es mit einem generalisierten Angebot mehrsprachiger Klassenzüge und Schulen anders werden?
  • Und nicht zuletzt: Wenn die mehrsprachige Schule gegen den (unsäglichen) Vorschlag von Stadträtin Ramoser (SVP) in Stellung gebracht wird, die an deutschsprachigen Schulen Sprachtests einführen möchte: Warum gibt es solche Sprachtests offenbar heute schon in den italienischen Schulen, um ausgerechnet Schülerinnen herauszufiltern, die die bereits existierenden mehrsprachigen Klassenzüge besuchen dürfen?

Ich bleibe dabei: Wir müssen die deutsche Schule fit machen für die Inklusion aller Schülerinnen, egal welche Sprache sie daheim sprechen und egal in welcher Anzahl. Das sind Probleme, mit denen Schulen in großen Ballungszentren (auch in Minderheitengebieten) schon lange konfrontiert sind und die nun auch auf Südtirol zukommen. Ein konservierender, einigelnder und rezessiver Minderheitenschutz führt geradeaus ins Indianerreservat — und bringt uns nicht weiter.

Siehe auch ‹1 ‹2 | 1›

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A Bolzano nessuna necessità di parlare in tedesco.
Quotation

«A noi dispiace moltissimo – hanno detto le presidi – che in città non ci sia più nessuna necessità di parlare in tedesco. Tutti parlano italiano, sanno l’italiano molto bene. Quasi più nessuno si impegna, forse non c’è neanche più la voglia».

dal quotidiano A. Adige di oggi

La citazione è riferita a un incontro tra le presidi delle scuole in lingua tedesca di Bolzano e l’assessora Johanna Ramoser (SVP), organizzato per discutere delle difficoltà didattiche legate al «travaso» di alunni dalle scuole in lingua italiana a quelle in lingua tedesca (‹1).

Purtroppo è vero che l’inesistenza di una seria politica linguistica (cfr. ‹1 ‹2 ‹3) ha fatto prevalere il laissez faire che, soprattutto laddove ad essere in netta maggioranza numerica è la lingua franca nazionale, presto o tardi porta all’egemonia linguistica. Sarebbe strano se così non fosse.

Nel capoluogo in particolare non solo non sono state attuate strategie per la promozione e il mantenimento del tedesco — con le necessarie misure asimmetriche di tutela — ma addirittura i rappresentanti politici dell’SVP (che potrebbero dare il buon esempio) si piegano all’imperante monolinguismo italiano (‹1 ‹2), dandolo ormai per scontato e relegando il tedesco a un ruolo sempre più marginale, del tutto irrilevante e di mera testimonianza.

In molti casi il problema non è più quello che non vi sia nessuna necessità di parlare il tedesco1necessità ormai inesistente in quasi tutto il Sudtirolo, ma che non vi sia nemmeno la possibilità (cfr. ‹1 ‹2). E quindi anche a chi volesse imparare la lingua manca il contesto linguistico per farlo.

Vedi anche ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6 | 1›

  • 1
    necessità ormai inesistente in quasi tutto il Sudtirolo
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Bozen: Bildungsstadträtin will Sprachtests für Schülerinnen.

Es ist wieder einmal so weit: Von den massiven Problemen, die deutsche Schulen in der Landeshauptstadt haben, weil inzwischen — wie es heißt — in vielen Klassen nur noch 30-40% der Kinder deutscher Muttersprache sind, leiten offenbar irgendwelche Politikerinnen ab, dass man mit Sprachtests ausmisten und Kinder an die italienische Schule abschieben könne.

Dies noch dazu in einer Zeit, in der die Besuchszahlen an deutschen Schulen landesweit ohnehin einbrechen.

Zeitungsberichten zufolge ist es diesmal die Bozner Bildungsstadträtin, Johanna Ramoser (SVP), die die Forderung erhebt, die Schulen auf diesem billigen Wege zu entlasten.

Ich kann gar nicht oft genug wiederholen, für wie falsch ich diese Einstellung halte: In Katalonien und Québec, in Nordtirol und im Trentino — aber auch in den ladinischen Tälern Südtirols  — gibt es die Möglichkeit schlicht und ergreifend nicht, Kinder abzuweisen. Und das ist gut so. Es mag schwierig sein, eine große Anzahl an Schülerinnen zu inkludieren, die zu Hause eine andere als die Hauptunterrichtssprache sprechen. Doch es muss unser Anspruch als nationale Minderheit sein, so viele wie möglich — bestenfalls alle — in unseren Schulen willkommen zu heißen.

Wenn dafür das Personal und die Ressourcen massiv aufgestockt werden müssen, dann ist eben alles dafür zu unternehmen, dass dies erfolgen kann. Andernfalls brauchen wir uns über einen Rückgang der Minderheit nicht zu wundern.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 | 1› 2›

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Bildungsminister gegen Antifaschismus.

Am vergangenen Samstag war es in Florenz zu einem als squadristisch bezeichneten Angriff von rechtsradikalen Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf zwei linksgerichtete Schülerinnen gekommen. Obwohl der Vorfall auf Staatsebene medial und politisch breit thematisiert wurde, entzog sich die neofaschistische Regierung um Giorgia Meloni (FdI) bislang einer verurteilenden Stellungnahme.

Stattdessen wurde bekannt, dass Vertreterinnen von Azione studentesca (AS), der die Angreiferinnen angehören, letzten Herbst im Bildungsministerium empfangen worden waren — wovon es sogar offizielle Fotos gibt.

Dass Meloni selbst 1996 Vorsitzende von Azione studentesca, damals eine offizielle Teilbewegung von Alleanza Nazionale, war, wird kaum verwundern. Gemeinsam mit der Partei von Gianfranco Fini wurde AS im Jahr 2009 aufgelöst, um allerdings 2016 als FdI-nahe Bewegung eine Wiedergründung zu erleben. In Florenz teilen sich die neofaschistische Schülerinnen- und Studentenbewegung, die Partei der italienischen Regierungschefin und das rechtsextreme Sozialzentrum Casaggì das Erdgeschoss ein und desselben Gebäudes. Vitrine an Vitrine.

In Reaktion auf den squadristischen Überfall wandte sich Annalisa Savino, Direktorin einer weiteren Oberschule in Florenz, am Dienstag dieser Woche mit einem antifaschistischen Offenen Brief an Schülerinnen, Eltern und Lehrpersonen. Unter anderem warnte sie davor, sich darauf zu verlassen, dass die rechtsextremistische Gefahr von alleine zurückweichen werde — das hätten die Menschen auch vor 100 Jahren gedacht, doch das sei dann bekanntermaßen nicht eingetreten.

Melonis Bildungsminister Giuseppe Valditara (Lega), in dessen Haus die Vertretung von AS im Herbst empfangen worden war und der zum Angriff von letzter Woche beharrlich geschwiegen hatte, reagierte diesmal prompt. Und kündigte an, gegen Savino vorgehen zu wollen. Die Warnung vor einer neuen faschistischen Gefahr sei übertrieben.

Komplizenhaftes Schweigen und Schutz für die Täter, Verfolgung von Antifaschistinnen. Wer gedacht hatte, dass eine rechtsrechte Regierung wie diese keine konkreten Folgen haben und dass schon alles gut gehen würde, muss sich ein weiteres Mal eines Besseren belehren lassen.

Siehe auch ‹1 ‹2 | 1›

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Minderheitenschutzbericht des Europarats.
Italien

Der beim Europarat angesiedelte Beratende Ausschuss für das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten hat am 13. Februar einen Bericht zum Minderheitenschutz in Italien veröffentlicht.

Darin wird der Staat dringendst dazu aufgefordert, Schutzmaßnahmen zu verbessern und auszubauen. Insbesondere seien Rundfunkprogramme in Minderheitensprachen zu erweitern und Lehrpersonen auszubilden, die den Schulunterricht in diesen Sprachen gewährleisten können. Außerdem sei eine rechtliche Grundlage für den Schutz von Roma, Sinti und Camminanti nötig, die derzeit fehlt.

Ferner müsse unter anderem

  • energisch gegen Hassrede vorgegangen werden, die Minderheiten, Migrantinnen und Geflüchtete im politischen Diskurs, in den Medien und in den sozialen Netzwerken treffe;
  • die offizielle Terminologie zur Bezeichnung von Roma und Sinti überprüft werden — was so viel bedeutet, dass Behörden diskriminierende Begriffe verwenden;
  • speziell im Fall der slowenischen Minderheit endlich sichergestellt werden, dass Vor- und Nachnamen nicht verhunzt werden;
  • der Unterricht in den Minderheitensprachen ausgebaut und besser finanziert, Schulbücher verfügbar gemacht werden;
  • die Inklusion von Mitgliedern der Roma- und Sinti-Gemeinschaften sowie ihre Arbeits- und Wohnbedingungen verbessert werden.

Insbesondere müsse der Schutz für kleinere Minderheiten verbessert werden.

Das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten ist ein sehr schwaches Schutzinstrument. Die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen hat Italien jedoch nie ratifiziert.

Siehe auch ‹1 ‹2

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