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Vierte Gewalt unter Kuratel.

Für die Demokratie ist ein funktionierender und unabhängiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk von kaum zu überschätzender Bedeutung. Den italienischen — die Rai — leitet fortan mit Giampaolo Rossi ein direkter Vertrauensmann von Regierungschefin Giorgia Meloni (FdI), deren rechtsrechte Mehrheit seit Monaten an der Gleichschaltung der Medien gearbeitet hatte. Wichtige Persönlichkeiten haben die öffentliche Sendergruppe inzwischen unter zunehmendem Druck von Rechts verlassen und somit Platz gemacht für die unverhohlenen Ambitionen der neofaschistischen Regierung.

Wer ist der Mann?

Als FdI-Mitglied war der neue Generaldirektor der Rai, Giampaolo Rossi, federführend an der Organisation des Parteifests Atreju beteiligt. Zudem war er noch 2021 als Verfasser eines »konservativen Manifests« für den rechten römischen Bürgermeisterkandidaten Enrico Micchetti in Erscheinung getreten. Und bis 2018 schrieb er einen Blog für die Berlusconi-Zeitung il Giornale.

Regelmäßig schoss er sich, auch mit antisemitischem Vokabular, in Vergangenheit auf George Soros und seine Open Society Foundations ein. Vor dem ungarischen Philanthropen, aber auch vor der Neuen Weltordnung und der Umvolkung, so Rossi, könne Europa nur der autoritäre russische Präsident Wladimir Putin retten. Neben Feministinnen gehörten ferner auch Seenotretterinnen zu den Lieblingszielen seiner Verbalattacken, »Nigerianer und Gutmenschen« stempelte er zu »Abschaum«.

Als Verschwörungstheoretiker tat sich Rossi auch während der Corona-Pandemie hervor. Er outete sich als Impfgegner und beschimpfte den italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella als »Dracula«, weil der sich für die Impfkampagne stark gemacht hatte.

Seit einer Reform von Matteo Renzi (PD) wurde ab 2016 der Einfluss des Parlaments auf die Rai zurückgedrängt — und der der Regierung gestärkt. Dies machen sich Meloni und ihre Spezln nun rücksichtslos zunutze, um neben Legislative und Exekutive auch die vierte Staatsgewalt unter ihre Kontrolle zu bringen. Wer die Berichterstattung kontrolliert, hat natürlich auch massiven Einfluss auf Interpretation und Rezeption der Regierungsarbeit.

Mit drin hängt freilich auch diesmal wieder Südtirol, das den eigenen öffentlichen Rundfunk nicht von der Rai entkoppeln wollte. Mehrere Landtagsabgeordnete — einschließlich Alessandro Urzì (FdI) — begründeten ihre damalige Gegenstimme übrigens damit, dass sie den politischen Einfluss auf den Sender gering halten wollten.

Siehe auch 1›

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Autorinnen und Gastbeiträge

SVP-FdI: Operation Weichspülen.
Teil 2

Es wächst zusammen, was nicht zusammengehört. SVP und Fratelli d’Italia. Wirklich nicht?

Das Unternehmen Athesia hat der SVP mit der Meloni-Wahlpropaganda den Hinweis gegeben, mit einem großen Zaunpfahl, wohin es nach den Landtagswahlen im Herbst gehen soll.

Wolkig äußerte sich dazu — ganz in diesem Sinn — Landeshauptmann Arno Kompatscher im Corriere della Sera.

Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber zu sprechen  […] Mit wem wir reden können, hängt dann auch vom Wahlverhalten der Bürger ab.

— LH Arno Kompatscher (SVP)

Vor fünf Jahren wurde die Lega zur stärksten italienischen Partei, laut SWZ-Umfrage werden aber die Fratelli die Lega ablösen. Die Italiener in Südtirol wählen meist nach dem gesamtstaatlichen Trend. Der liegt laut Umfragen für Fratelli d’Italia derzeit bei 30 Prozent der Stimmen.

Die Operation Weichspülen ist deshalb schon voll im Gange. Die SVP-Parlamentarier enthielten sich bei der Abstimmung über die Bildung der Regierung Meloni der Stimme. Meloni versprach, die angeknabberte Autonomie wieder herzustellen. Ein ernsthaftes Unterfangen? Als wohlwollend galt auch die Stimmenthaltung der SVP-Vertreter in der Sechserkommission, die damit die Wahl von Alessandro Urzì, gewählt im Kammerwahlkreis Vicenza, zum Präsidenten ermöglichten. Diese Kommission ist für den Ausbau der Autonomie zuständig.

Ohne sich mit dem zuständigen Landesrat abzusprechen, sicherte Landeshauptmann Arno Kompatscher dem Landtagsabgeordneten Marco Galateo von den Fratelli zu, den Ordnungs- und Streitkräften sowie den Bediensteten des Zivilschutzes Wohnungen billiger zur Verfügung zu stellen. Außerdem sollen sie den öffentlichen Personennahverkehr kostenlos nutzen können. Warum dieses Privileg? Das hätte sich das Pflegepersonal wohl auch verdient.

Landesrat Massimo Bessone von der Lega fühlt sich zurecht übergangen, ist er doch für den Bau von vergünstigten Wohnungen zuständig. Vom Deal Kompatscher-Galateo erfuhr Bessone aus den Medien. Respektvoll ist das keineswegs. Der Mohr hat offensichtlich seine Schuldigkeit getan, um den großen englischen Literaten Shakespeare zu zitieren.

Galateo kann gleichzeitig beim Besuch des Südtirol-Ausschusses in Wien gegen die österreichische Schutzmacht poltern und deren Aufhebung fordern. Weil — ja weil Südtirol eine inneritalienische Angelegenheit sei. Der Widerspruch der Volkspartei blieb aus.

Wahrscheinlich wird die SVP den Wunsch von Galateo unterstützen, das faschistische Siegesdenkmal bombastisch zu beleuchten. Möglicherweise wird diesem Anliegen auch die geschrumpfte italienische Linke zustimmen. Galateo möchte auch, dass in den 115 Gemeinden des Landes — dem Beispiel Bozens folgend — Gedenkstätten an die jugoslawischen Karsthöhlenmassaker an den italienischen Istriern nach 1945 errichtet werden.

In seiner Eigenschaft als Vertreter der italianità versuchte Galateo auch, die Vorstellung des Buches »Kann Südtirol Staat?« des Vereins Noiland Südtirol-Sudtirolo im Landtag zu verhindern.  Galateo bezeichnete die Studie über eine mögliche Eigenstaatlichkeit Südtirols als »Schlag für die Autonomie und das friedliche Zusammenleben«. Als besonders verstörend empfand er die Tatsache, dass der Verein für sein Buch eine Landesförderung erhielt.

Galateo, ein ethnischer Einpeitscher? Urzì, inzwischen ein Südtirol-Versteher? In mehreren Interviews mit der Tageszeitung skizzierte Urzì seine Grundzüge für ein Koalitionsprogramm mit der SVP. Er gibt sich autonomiefreundlich — die Autonomie ist ja immerhin in der italienischen Verfassung verankert. Kein Wort aber zum Pariser Vertrag, zur internationalen Dimension der Autonomie. Urzì lässt die SVP wissen, dass die Autonomie nicht ihr gehört, sondern allen. Wer kann da auch schon was dagegen haben?

Urzì und seine Thesen

Urzì wirbt auch mit angeblich alle verbindenden Werten wie Familie, unternehmerische Freiheiten, Wettbewerb und weniger Steuern. »Wir treten für eine stolze Idee ein: den Wiederaufbau Italiens«, sagte Urzì in einem Interview mit der Tageszeitung.

Die unverblümten Worte von Urzì vor den Parlamentswahlen scheinen in der Brennerstraße angekommen sein. Er ließ die SVP in der Tageszeitung wissen, wenn sie ihr Verhalten nicht ändere, seien die Bedingungen für eine Zusammenarbeit schlecht, falls FdI in Rom regieren sollte. Eine Zusammenarbeit, um das von der SVP unterstützten Mitte-Links-Regierungen heruntergewirtschaftete Land wieder aufzubauen, schob er hinterher. Diese Töne freuen hier im Land besonders die Wirtschaft, wie schon Professor Pallaver auf Salto angedeutet hatte.

Urzì sucht zwar die Nähe zur SVP, wirft ihr aber gleichzeitig Opportunismus vor. Hätte seine Partei bei den Landtagswahlen vor fünf Jahren mehr Mandate erhalten als die Lega, gäbe es bereits eine Koalition aus SVP und FdI.

Grundlage für eine solche Koalition müsste eine Vereinbarung sein, ergänzte Urzì in der Tageszeitung, »die nicht nur in der Brennerstraße geschrieben werden darf«. Als eine weitere Grundlage beschreibt der rechte Rechtspolitiker eine mehrsprachige Schule, gegen die sich die SVP noch versperrt.

Und Urzì rammte im Tageszeitungs-Gespräch eine weitere Leitplanke ein: Einen Ausbau der Autonomie wird es nicht geben, sondern eine Verbesserung der Autonomie, eine unmissverständliche Botschaft an den möglichen Koalitionspartner SVP.

Die Autonomie muss allen Bürgern Möglichkeiten bieten, unabhängig von der Sprachgruppe. Derzeit wird die italienische Sprachgruppe aufgrund von ideologischen Vorurteilen benachteiligt. Wir brauchen kein System von Herren und Sklaven, sondern gegenseitigen Respekt. Damit dies gelinget, muss die SVP, was ihr demokratisches Bewusstsein betrifft, reifen.

— Alessandro Urzì (FdI) in der Tageszeitung

Urzì stellt der SVP ein undemokratisches Zeugnis aus, sie diskriminiere mit ihrem Sklavensystem die italienische Sprachgruppe. Warum will Urzì mit einer solchen Partei unbedingt in eine Koalition? Magnago wird angesichts dieser Entwicklung die Reste seines Sarges vollkotzen.

Serie I II

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Galateos bedrohliche Heiterkeit.

Dieser Facebook-Eintrag des heutigen Landtagsabgeordneten von Fratelli d’Italia, Marco Galateo, ist schon etwas älter, aber nach wie vor auf seinem Profil zu finden:

Eintrag von Marco Galateo (FdI) auf Facebook, Mai 2019; Querbalken von mir

Darin beklagt er, dass sein Facebook-Konto gesperrt (und später wieder freigeschaltet) worden sei, weil er »einen Sezessionisten« als Angehörigen einer »Bergziegenrasse« bezeichnet habe — und schenkt »jenen Typen« ein Lächeln und etwas »vom guten Rizinusöl«. Das soll vermutlich witzig sein.

Das Rizinusöl war aufgrund seiner abführenden Wirkung ein bei den italienischen Faschisten und — vermutlich weniger bekannt — auch bei den Nazis beliebtes Mittel, um politische Gegnerinnen einzuschüchtern, zu bestrafen, zu demütigen, gefügig zu machen und zu foltern. Je nach Dosierung konnte das unter Zwang verabreichte Mittel auch zum Tod führen.

Wenn ein heutiger Politiker glaubt, mit sowas scherzen zu können, sollte auch geklärt sein, wes Geistes Kind er ist.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4

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Schön das Siegesdenkmal beleuchten.

Was könnte der Landtagsabgeordnete einer neofaschistischen Partei so machen, außer in jeder Gemeinde Südtirols einen Erinnerungsort für die angeblichen »Märtyrerinnen« des italienischen Imperialismus zu fordern? Zum Glück gibt es da noch ein weiteres, dem angeblichen Sieg im Ersten Weltkrieg gewidmetes Denkmal, das sich ebenfalls stets der Aufmerksamkeit faschistoider Kräfte erfreut, weil es so schön mit Mussoliniköpfen und Liktorenbündeln verziert ist.

Geht es nach den Wünschen von Marco Galateo (FdI), soll das Bauwerk, das nicht nur die deutsch- und ladinischsprachige Bevölkerung beleidigt, sondern auch den Verstand und die demokratische Grundordnung, schöner beleuchtet werden.

In einer Landtagsanfrage (Nr. 2529/23) bezeichnet er das Faschistenwerk als eine »Attraktion« für Touristinnen und Bürgerinnen, die es sicher gern auch einmal nach Sonnenuntergang »genießen« möchten, da tagsüber nicht genug Zeit dafür ist — und weil Skulpturen eben im Dunkeln eine besondere »Faszination« entwickelten.

Für Energieeinsparung und Maßnahmen gegen die Lichtverschmutzung hat der Recke zwar großes Verständnis, doch: die Kunst! Und nicht zuletzt: die Sorge um die Sicherheit!

Außerdem — meint er — könnte man doch die Beleuchtung auf der Rückseite des Bauwerks ausschalten und stattdessen die Vorderseite beleuchten. Daraus schließe ich Schelm, dass die Sicherheitslage auf der Talferbrückenseite wesentlich besorgniserregender sein muss als im Park hinter dem Denkmal.

Wäre FdI nicht staatsweite Regierungspartei mit gar nicht schlechten Aussichten auf einen Eintritt in die nächste Landesregierung, könnte man diese kaum verschleierten Wiederbetätigungsversuche auch mit einem Lachen quittieren. So aber muss man sie mit zunehmender Sorge betrachten.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 | 1›

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FdI will Karsthöhlendenkmale in allen Südtiroler Gemeinden.
Revisionistische Agenda

Marco Galateo von den neofaschistischen Fratelli d’Italia (FdI), der für seinen Parteikollegen Alessandro Urzì in den Landtag nachgerückt ist, will, dass in jeder Südtiroler Gemeinde ein Gedenkort für die Opfer der Karsthöhlen und für die Vertriebenen aus Julien und Dalmatien errichtet wird. Dazu hat er jetzt im Landtag eine Anfrage (Nr. 2538/23) an die Landesregierung hinterlegt.

Für FdI sind die Opfer der Karsthöhlen geradezu eine Obsession, da ihnen die damit verbundenen Geschichtsverdrehungen die Möglichkeit bieten, Opfer des Faschismus und Opfer des Widerstands (und somit auch Faschismus und Widerstand selbst) auf eine Stufe zu stellen (vgl. ‹1).

Galateo kann sich nicht nur auf die höchst fragwürdige Anerkennung des »Karsthöhlenmassakers« durch den italienischen Staat berufen, sondern beispielsweise auch auf die Tatsache, dass die von Mittelinks geführte Südtiroler Landeshauptstadt seit Jahren viel Geld und Aufmerksamkeit in den Karsthöhlen-Revisionismus investiert.

Im Vorspann zu seiner Anfrage gibt der FdI-Mann zudem bekannt, dass auch die Stadt Meran auf Vorschlag der Neofaschisten beschlossen habe, den »Märtyrerinnen« und den Vertriebenen eine Stele oder eine Erinnerungstafel zu widmen — wohingegen Brenner und Neumarkt ähnliche Vorschlägen von Rechts abgelehnt hätten.

Hierzu bemängelt der Landtagsabgeordnete, dass es weiterhin erst- und zweitklassige Opfer gebe, was tief in seine eigentlichen Absichten blicken lässt (vgl. ‹1). Auf der anderen Seite stellt er in den Prämissen seiner Anfrage »Kriminelle, Partisanen und titinische Kommunisten« auf eine Stufe — und bringt auch noch geschickt die bei Rechtsextremen beliebte, um ein Vielfaches aufgeblasene Opferzahl von 20.000 unter, die keiner wissenschaftlichen Überprüfung standhält.

Auf die Antwort der Landesregierung darf man gespannt sein.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 | 1› 2›

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Sechserkommission: Grüne über Wahl von Urzì entrüstet.

Die Südtiroler Grünen sind — wie ich auch — über die gestern erfolgte Wahl von Alessandro Urzì (FdI) zum Vorsitzenden der Sechserkommission und die »wohlwollende« Enthaltung der SVP bei der entsprechenden Abstimmung empört.

Das überrascht mich zugegebenermaßen ein wenig, da die Grünen erst kürzlich im Landtag nicht nur die angeblichen Rechte des Neofaschisten verteidigt, sondern auch aktiv für Urzì gestimmt hatten, als es darum ging, den Vorsitzenden des U-Ausschusses WirNëusNoi zu wählen.

Man könnte nun natürlich sagen, dass der U-Ausschuss nicht so sensibel für die Autonomie ist wie die Sechserkommission. Das ist richtig. Andererseits ist die Sechserkommission aber auch ein paritätisches Gremium zwischen römischer Zentral- und Südtiroler Landesregierung. Erstere steht nunmal — wofür man Südtirol kaum verantwortlich machen kann — unter rechtsrechter Führung und hat die Personalie Urzì nicht nur ernannt, sondern nach anfänglicher Uneinigkeit letztendlich auch für den Vorsitz vorgeschlagen.

Damit will ich keineswegs sagen, dass die SVP keine Möglichkeiten gehabt hätte, sich stärker von dem Rechtsaußen abzugrenzen, gegen ihn zu stimmen oder gar die (für mich unverständliche) Gepflogenheit in Frage zu stellen, wonach der Vorsitz einem von Rom ernannten Mitglied der italienischen Sprachgruppe zusteht — was die Auswahl auf nur zwei der sechs Vertreterinnen einengt.

Ganz im Gegenteil: Ich hätte mir ein solches widerständiges Vorgehen von der Sammelpartei nicht nur erhofft, sondern aufgrund ihrer Geschichte eigentlich auch erwartet. Die Kuschelei mit den Faschistinnen ist meiner Meinung nach gänzlich inakzeptabel und insbesondere für ein Land wie Südtirol besorgniserregend.

Allerdings verstehe ich eben auch nicht, wie sich all jene, die Urzì schon im Landtag nicht Einhalt gebieten und isolieren wollten, nun (künstlich) über seine Wahl zum Vorsitzenden der Sechserkommission echauffieren können. Für mich wirkt es leider etwas unglaubwürdig, aufgesetzt und vorgeschoben.

Aber vielleicht irre ich mich und nicht nur die Grünen haben ihre Einstellung zu diesem Thema tatsächlich und grundsätzlich geändert. Dann hoffe und wünsche ich mir, dass sie zumindest im Umgang mit dem Nachfolger von Urzì im Landtag anders verfahren als sie es mit ihm selbst (auch kürzlich) vorgemacht hatten.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 | 1›

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Erstsprache: Bitte nicht verteidigen.

Die Grünen haben im Landtag einen Beschlussantrag eingereicht, um einmal mehr die Einführung der mehrsprachigen Schule zu fordern. Zu dieser Idee haben wir uns auf schon oft geäußert (vgl. ‹1 ‹2).

Der Antrag beinhaltet jedoch noch ein Anliegen, das mir neu zu sein scheint — nämlich:

In der Landesgesetzgebung und der Beschließungstätigkeit [sic] der Landesregierung zum gesamten Thema der Sprachdidaktik in Südtirol das Konzept der „Muttersprache“ durch das Konzept der (auch mehrfachen) „Erstsprache“ zu ersetzen.

— Beschlussantrag Nr. 700/23

Das finde ich interessant, da das Konzept der »Muttersprache« tatsächlich nicht unumstritten ist und sich zu Missverständnissen eignet, wiewohl ihn zum Beispiel die UNESCO (»Internationaler Tag der Muttersprache«) verwendet.

Dann allerdings lese ich auf Salto, mit welchen Argumenten die Grünen diesen Vorschlag begründen:

Das Konzept der „Muttersprache“ sei mittlerweile ein ebenfalls überholter bzw. ein emotional sehr aufgeladener Begriff, so Foppa, welche als Beispiel die Frage in den Raum warf: „Wer würde nicht seine Muttersprache verteidigen wollen?“ Sinnvoller sei es daher technische Fachbegriffe zu verwenden, die eine rationalere Herangehensweise ermöglichten.

— Salto

Ist der Gedanke hinter der Ersetzung also tatsächlich, dass damit die Verteidigung der Minderheitensprachen gebrochen werden soll — und dies ausgerechnet, während eine neofaschistisch geführte Regierung auf Staatsebene weitere Angriffe vorbereitet, die die italienische Sprache auch zu Lasten der Minderheitensprachen weiter stärken werden?

Mit diesem Einblick in ihre eigentlichen Absichten bieten die Einbringerinnen doch tatsächlich gute Argumente, um ihren Vorschlag — zumindest — äußerst kritisch zu beäugen.

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Die kolonialen Prioritäten von PD und CAI.

Kürzlich veröffentlichte der PD-Landtagsabgeordnete Sandro Repetto auf Facebook folgendes Posting:

Dass auch ich oft kein Freund der Schützen und ihrer Aktionen bin, ist kein Geheimnis.

Trotzdem ist es immer schön, wenn Vertreterinnen der nationalen Mehrheit so genau wissen, was die Prioritäten einer Minderheit zu sein haben — und welche Mentalität ihr gut anstünde.

Vertreterinnen übrigens

Da können noch so viele Ärztinnen, Pflegekräfte und Busfahrerinnen fehlen.

Lustig und aufschlussreich bezüglich dieser ganzen Heuchelei ist ohnehin, dass es, wenn im Faschismus erfundenen und oktroyierten Ortsnamen die Abschaffung droht, plötzlich für ganz Italien — Medien, Justiz, Zentralregierung, Verfassungsgericht und »Intelligenz« — keine größere Priorität zu geben scheint, als todesmutig für deren Erhalt zu kämpfen. Das Verfassungsgericht wird sogar eingeschaltet, wenn neu entstandene Ortsnamen nicht unmittelbar italianisiert werden.

Wenn sich Regierungen unter PD-Führung nicht partout geweigert hätten, die Anfechtung des vom Landtag — sprachgruppenübergreifend! — demokratisch beschlossenen Ortsnamengesetzes zurückzunehmen, wäre das Thema zudem längst nicht mehr so relevant.

Man könnte fast meinen, der PD betrachte es inzwischen als eine seiner Hauptaufgaben, durch die Annahme nationalistischer Positionen möglichst viele Wählerinnen entweder an die Rechten (nach dem Schmied-Schmiedl-Prinzip) oder an die SVP abzugeben.

NUTZNIEẞER KOLONIALISTISCHEN UNRECHTS

Ganz besonders erbärmlich aber ist meines Erachtens, dass es in einem Kommentar unter dem Eintrag von Repetto ausgerechnet der Chef des italienischen Alpinclubs CAI in Südtirol, Carlo Alberto Zanella, sehr lustig findet, wie vor hundert Jahren die Abschaffung des historisch gewachsenen Ortsnamens Aldein zu fordern:

Querbalken von mir

Der italienische Alpenverein — der regelmäßig Forderungen nach Beibehaltung und »Umsetzung« der Ortsnamenserfindungen von Ettore Tolomei bis zum hinterletzten Berggipfel erhebt — ist noch heute im Besitz mehrerer im Faschismus enteigneter Schutzhütten, die niemals zurückgegeben wurden. Auch weil sich der CAI selbst mit allen Mitteln dagegen wehrt.

Gerade als Nutznießer kolonialistischen Unrechts wäre etwas weniger Heiterkeit vielleicht nicht fehl am Platz.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6 | 1›

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