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Solidarität mit Salto.
Für Meinungs- und Pressefreiheit in Südtirol

Wir geben diesen wichtigen Appell als Zeichen der Unterstützung mit freundlicher Genehmigung des Autors in vollem Umfang wieder.

von Hans Heiss

Presse- und Medienfreiheit sind ein hohes Gut. Als Grundsäulen von Verfassung und Demokratie bilden sie eine Basis für eine offene Gesellschaft. In Südtirol hatten es Freiheit und Vielfalt von Presse und Medien lange nicht leicht. Sie wurden für die Sprachminderheiten mühsam errungen, der Medienpluralismus gewann nur langsam an Boden. Seit gut 40 Jahren hat sich langsam ein wenig Vielfalt eingestellt, wenn auch immer wieder mit Rückschlägen. Trotz der Dominanz eines Medienhauses, von Athesia, das rund 80 % der Medien kontrolliert, bleibt Pluralismus noch gewahrt, wenn auch unter großen Mühen. Dank Rundfunk, Presse, Online-Medien und eines bürgerschaftlichen citizen-journalism.

Umso schwerwiegender daher, wenn Athesia, der stärkste Akteur der Südtiroler Medienwelt, gegen einen kleinen Konkurrenten wie Salto mit Rechtsmitteln massiv und bedrohlich vor Gericht zieht. Der Präsident von Athesia-Druck, Michl Ebner, will Salto und Redakteur Christoph Franceschini wegen Beleidigung vor dem Landesgericht Bozen klagen und hohen Schadensersatz fordern. Die Liste der als beleidigend angeführten Artikel und Sachverhalte ist lang, bei näherer Durchsicht aber hat die Anklage wenig Substanz und Gehalt: Inhalt und Ton sind scharf, mitunter schmerzhaft, wahren aber den Ton bissiger Polemik.

Vor allem bieten die Artikel Informationen und Hintergründe, deren Kenntnis für die Öffentlichkeit Südtirols notwendig ist. Genau dies ist die Aufgabe eines kleinen Mediums wie Salto: Verschwiegenes und Vertuschtes aufzudecken, um so die Informationsrechte und Wissensgrundlage einer demokratischen Öffentlichkeit zu sichern. Werden dabei die Inhaber des Südtiroler Medienmonopols angegriffen und ihre Praktiken enthüllt, so ist dies legitim. Wenn aber der Angegriffene nicht die eigenen Medien nutzt und nicht mit journalistischen Mitteln antwortet, sondern stattdessen zur Klage greift, so lässt dies tief blicken. Warum nutzt die Athesia-Spitze nicht die mediale Feuerkraft des eigenen Konzerns, um den Salto-Artikeln zu begegnen, sondern beschreitet den Weg der Klage?
Journalismus wird von Athesia-Verantwortlichen offenbar nicht nur als Informationspflicht begriffen, sondern als Machtinstrument. Dasselbe Medium, das gegen politisch und persönlich Missliebige oft jede Objektivität vermissen lässt, nimmt gegen Angriffe eines kleinen Mediums den Gerichtsweg, um Salto einzuschüchtern oder gar zum Schweigen zu bringen.

Gegen solche Übergriffe muss sich eine demokratische Öffentlichkeit zur Wehr setzen. Wir bekunden unsere volle Solidarität mit Salto und Christoph Franceschini, den weiteren Autorinnen Lisa Maria Gasser, Paolo Ghezzi, Fabio Gobbato, Wolfgang Mayr und ermutigen sie, ihren Weg eines aufklärenden, investigativen und meinungsfreudigen Journalismus weiter zu beschreiten. Athesia hingegen ist gut beraten, die Klage zurückzuziehen: im Interesse der Presse- und Meinungsfreiheit, aber auch, um sich selbst ein hohes Maß an Peinlichkeit zu ersparen. Eine pluralistische und offene Presse- und Medienlandschaft in Südtirol ist kein Luxus, sondern dringend notwendig, heute vielleicht mehr denn je.

  • Die laufend aktualisierte Liste der Unterzeichnenden ist auf Salto abrufbar.
  • Weitere Unterstützungserklärungen für diesen Appell werden unter info[at]salto.bz entgegengenommen.

Siehe auch ‹1 ‹2

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Claudiana wieder in der Kritik.
Unterricht hauptsächlich auf Italienisch

Auf Salto wurde kürzlich wieder über die Landesfachhochschule Claudiana berichtet, die im Grunde nicht viel mehr als ein Container für Außenstellen der Universitäten Rom Sacro Cuore, Verona und Ferrara ist.

In Berufung auf die Landtagsabgeordnete Maria Elisabeth Rieder (Team K) ist in dem Beitrag unter anderem von viel zu hohen Studiengebühren die Rede. Insgesamt 7.000 Euro müssten die Studentinnen hierzulande hinblättern, während sie in Österreich im Gegenteil eine monatliche Unterstützung von 600 Euro erhielten. Noch krasser fällt der Vergleich aus, wenn man berücksichtigt, dass Studierende in Nordtirol unfall- und pensionsversichert sind. Bei uns würde nämlich der sogenannte »Nachkauf« bei dreijähriger Studienzeit noch einmal mit 16.000 Euro zu Buche schlagen.

Sobald sie ihr Studium beendet hätten, müssten die neuen Krankenpflegerinnen hierzulande ferner mehrere Monate auf einen Wettbewerb warten, um in eine provisorische Rangliste aufgenommen zu werden. Bis dahin seien viele von ihnen aber schon lange weg — denn in Österreich bekämen sie sofort eine (wohl auch noch besser entlohnte) Stelle.

Webseite der Universität Verona (Ausschnitt), Hervorhebung von mir

Aufschlussreiches weiß die Landtagsabgeordnete auch über die sprachliche Situation an der Claudiana zu berichten:

So ist beispielsweise vorgesehen, dass der Unterricht paritätisch in beiden Landessprachen stattfinden muss. „Davon sind wir allerdings meilenweit entfernt“, betont die Abgeordnete des Team K. Der Unterricht finde Berichten von Studenten wie auch Referenten zufolge nämlich hauptsächlich auf Italienisch statt.

Salto

Ich müsste lügen, würde ich behaupten, dass mich das wundert. Und dennoch ist es ein Skandal.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4

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Man wird doch wohl noch homophob sein dürfen.

Am kommenden Freitag (10. Februar) wird ab 19.00 Uhr im Anne-Frank-Saal des Bozner Stadtviertels Gries Quirein eine Veranstaltung mit dem Titel Si potrà ancora dire mamma e papà?1Wird man noch Mutter und Vater sagen dürfen? stattfinden, die von Pro Vita & Famiglia organisiert wird. Dabei handelt es sich um eine italienische Vereinigung militanter, trans-homophober Abtreibungsgegnerinnen, die auch gegen die angebliche Genderideologie kämpft.

Wie sowohl Elisa Brunelli auf Salto als auch il Dolomiti berichten, sind als Diskussionsteilnehmer ausschließlich Männer angekündigt, und zwar:

  • Antonio Brandi, staatsweiter Vorsitzender von Pro Vita & Famiglia
  • Matteo Gazzini (Lega), EU-Abgeordneter aus Bozen
  • Giuliano Vettorato (Lega), Landesrat und LH-Stellvertreter
  • Roberto Selle (Lega), Fraktionschef im Bozner Gemeinderat
  • Stephan Konder (SVP), Bozner Gemeinderatspräsident
  • Marco Galateo (FdI), Landtagsabgeordneter
  • Andreas Leiter-Reber (F), Landtagsabgeordneter

Die Moderation übernimmt Dr. Francesco Avanzini von Pro Vita & Famiglia Bozen, HNO-Arzt am öffentlichen Krankenhaus der Landeshauptstadt.

Hochbrisant ist jedoch insbesondere die Anwesenheit von Giuliano Vettorato und Stephan Konder, deren Teilnahme von dem Verein sogar ausdrücklich unter Angabe ihrer institutionellen Rolle (Landeshauptmannstellvertreter und Gemeinderatspräsident) angekündigt wurde.

Auf Druck des Team K soll aber zumindest Konder inzwischen seine Zusage wieder zurückgezogen haben.

Der Landesbeirat für Chancengleichheit will die Angelegenheit — laut Vizepräsidentin Donatella Califano, die von il Dolomiti interviewt wurde — »vertiefen«, sei aber über die Teilnahme eines Vertreters der Landesregierung »perplex«. Es seien ausschließlich Männer, die politisch rechts und mitterechts2die Mitte kommt allerdings mit der kolportierten Absage von Konder abhanden einzuordnen sind, ausgesucht worden, um unter einem provokanten und aufwieglerischen Titel über das Thema der Elternschaft zu diskutieren. Wobei es vermutlich wenig zu diskutieren gibt, wenn zu diesem Thema wohl alle ähnlich denken.

Der Titel der Veranstaltung impliziert bereits die Ablehnung gleichgeschlechtlicher Eltern, deren Berücksichtigung im amtlichen Gebrauch bisweilen durch die Begriffe Elternteil 1 und Elternteil 2 erzielt wird — wovon insbesondere die Rechten den wohl bewussten Trugschluss ableiten, dass man in Zukunft nicht mehr Mutter und Vater sagen dürfe.

Nachtrag: Schlussendlich hat auch Landesrat Vettorato seine Teilnahme an der Veranstaltung abgesagt.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6

  • 1
    Wird man noch Mutter und Vater sagen dürfen?
  • 2
    die Mitte kommt allerdings mit der kolportierten Absage von Konder abhanden
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Die eine Standardsprache ist ein Mythos.
Quotation

Aus dem bei Salto veröffentlichten Academia-Interview mit den Sprachwissenschafterinnen Andrea Abel (Eurac/Uni Bozen) und Birgit Alber (Uni Bozen):

Alber: Lieber als vom einem Standarddeutsch würde ich von Standardvarietäten sprechen. Denn es gibt nicht nur das eine richtige Deutsch. Auch wenn sich der Mythos der einen deutschen Standardsprache, die in Hannover gesprochen wird, noch immer hält. Es gibt viele Standardvarietäten, auch eine [s]üdtirolerische. Zu der sollten wir stehen, ohne immer gleich Noten vergeben zu wollen.

Abel: Das sehe ich genauso. Als Linguistin weiß ich aber auch, dass wenige um die Standardvarietäten wissen. Selbst Deutschlehrkräfte sind oft verunsichert. Nicht nur bei uns in Südtirol, auch etwa in Österreich. Menschen tendieren oft zur dominanten Standardvarietät, in Bezug auf das Deutsche ist es der in Deutschland verwendete Standard. Eine solche monozentrische Sprachauffassung, dass es nur das eine richtige Deutsch gibt, gilt in der Sprachwissenschaft als überholt.

Was die Deutschkompetenzen in Südtirol betrifft, haben wir Daten zur Schreibkompetenz an den deutschen Oberschulen. In einer Vergleichsstudie mit Österreich und Deutschland bewegen wir uns im Mittelfeld. Sehr gut schneiden wir im Bereich Rechtschreibung ab, etwas schlechter hingegen auf der Textebene, etwa beim überzeugenden Argumentieren.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6 ‹7

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PD will Zweisprachigkeit und Proporz lockern.

Erst kürzlich war der PD-Landtagsabgeordnete Sandro Repetto mit seinem Beschlussantrag Nr. 610/22 gescheitert, mit dem er für Menschen von außerhalb Südtirols die Anhebung der Frist zur Erlangung des Zweisprachigkeitsnachweises (pauschal in sämtlichen Bereichen mit Personalmangel) auf zehn Jahre15 Jahre zur Erlangung des Sprachzertifikats der Stufe unter jener, die für die Stelle vorgesehen ist, 5 weitere Jahre für die vorgesehene Stufe forderte. Zudem sollte in strategischen Bereichen (genannt sind der Pflege- und Gesundheitsbereich sowie der Nahverkehr) auch noch der Proporz weiter gelockert werden.

Häufig wurde ja gefordert, den Proporz zu lockern oder aufzuheben und dafür die Zwei- bzw. Dreisprachigkeitspflichten zu verschärfen, doch Repetto (dem die Zweisprachigkeit wurscht ist) schlug die gleichzeitige Aufweichung beider Schutzmechanismen vor — interessanterweise nur für Menschen von außerhalb, also größtenteils Italienerinnen, während die mehrheitlich deutschsprachigen Südtirolerinnen ihre Sprachkenntnisse weiterhin in einer kürzeren Frist nachweisen sollten. Ein Schelm…

Selbst italienischen Rechten (Carlo Vettori, FI) ging der Vorstoß zu weit und wurde schlussendlich mit 24 zu 5 Stimmen bei 4 Enthaltungen (TK) klar abgelehnt.

Doch damit ist die Sache nicht gegessen: Während das Team K unter anderem eine grundsätzliche Absenkung des Sprachniveaus vorschlägt, weil ein Arzt an der Zweisprachigkeitsprüfung gescheitert ist und ins Trentino zurückkehrt, fordert der PD-Gesundheitsreferent für Südtirol, Elio Dellantonio, laut Salto schon wieder eine Anhebung der Frist zur Erlangung des Zweisprachigkeitsnachweises — diesmal auf sieben Jahre. Wenn auch dieser Vorstoß scheitert, kann es die Partei immer noch mit sechs, acht oder neun Jahren versuchen, jeweils mit oder ohne Aufhebung des Proporzes.

Zur Erinnerung: Bis 2019 lag die Frist noch bei drei Jahren, eine Anhebung auf fünf Jahre schien kaum umsetzbar. Drei Jahre später reden wir schon von einer weiteren Aufweichung.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4

  • 1
    5 Jahre zur Erlangung des Sprachzertifikats der Stufe unter jener, die für die Stelle vorgesehen ist, 5 weitere Jahre für die vorgesehene Stufe
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Der Proporz wie die Judenverfolgung.

Auf Salto ist vor wenigen Tagen ein Gastbeitrag erschienen, in dem die sagenhafte Behauptung aufgestellt wird, Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung und Proporz seien nichts weniger als im Geiste nationalsozialistische Maßnahmen. Eine Auslegung, die der Autor im Kommentarbereich noch vertieft und bestätigt.

Landeshauptmann Silvius Magnago (SVP), ein Nazi1der seinen Studienabschluss 1940 in Bologna mit einer Thesis über Rassenverbrechen in der nationalsozialistischen Gesetzgebung erworben hat, deren Inhalt unbekannt ist, habe die beanstandeten Maßnahmen eingeführt und Alexander Langer, dessen jüdischer Vater vor den Nazis in die Schweiz geflüchtet war, habe sie — nicht zufällig — bekämpft.

Für eine derartige Sternstunde der Geschichtsklitterung kann man schon einmal ein paar unbedeutende Details ausblenden.

So zum Beispiel, dass die beiden zusammenhängenden Minderheitenschutzmaßnahmen im Sinne des Gruber-De-Gasperi-Abkommens erlassen wurden — nachdem Italien von Österreich auf Betreiben eines sozialdemokratischen Außenministers2Bruno Kreisky (SPÖ) vor die UNO gezerrt worden war, weil es nach dem Zweiten Weltkrieg die Italianisierungspolitik fortgeführt hatte.

Oder die Tatsache, dass das sogenannte Südtirolpaket, in dem diese Maßnahmen enthalten waren, von der Neunzehnerkommission ausgearbeitet wurde. Von einer Kommission also, die aus elf Mitgliedern des italienischen Staates, sieben deutschsprachigen Südtirolern und einem Ladiner bestand.

Unwichtig ist auch, dass das Paket nicht etwa von den Hardlinern in der Sammelpartei verteidigt wurde, sondern von den Nachgiebigen und Kompromissbereiten.

Eine Maßnahme zur Wiedergutmachung von zwanzig Jahren faschistischer Assimilierungspolitik, die die deutsche Sprache ausmerzen wollte und so gut wie die gesamte Führungsschicht und Beamtenschaft entlassen, des Landes verwiesen oder anderweitig ersetzt und zerstört hatte, kann man als nationalsozialistisch im Geiste bezeichnen. Dass man damit außerhalb des — leider viel zu breiten — ultranationalistischen Lagers ernstgenommen wird, ist dann halt eher unwahrscheinlich.

Umso mehr, wenn die beanstandeten Maßnahmen nicht revanchistisch, ja noch nicht einmal »positiv diskriminierend« im Sinne der affirmative action, sondern höchstens gerecht (weil proportional zum Gewicht der Sprachgruppen) waren und sind.

Dass Zugehörigkeitserklärung und Proporz, im Unterschied zum Rassenwahn im sogenannten Dritten Reich, nicht auf unveränderlichen Merkmalen, sondern auf einer freien — wenn auch nicht immer freiwilligen — Zugehörigkeitserklärung3bzw. einer Zuordnung fußen, sollte man nicht einmal erwähnen müssen. Dabei wird bislang der Wahrheitsgehalt der Zugehörigkeitserklärung noch nicht einmal so weit überprüft, dass auch nur Grundkenntnisse der Sprache notwendig wären, deren Gruppe man sich zugehörig erklärt.

Und nicht zuletzt wird, selbstverständlich, aufgrund des Proporzes niemand verfolgt, sondern nur auf eine proportionale Aufteilung geachtet — die man gut oder schlecht finden kann, die aber nichts Menschenrechtswidriges an sich hat.

Im Gegenteil: Der für Förderung, Pflege und Wahrung der Menschenrechte zuständige Europarat hat den Proporz erst kürzlich als Good Practice im Minderheitenschutz erwähnt.

Interessant auch und schade, dass mit Liliana Turri eine ehemalige Kandidatin der Südtiroler Grünen unter dem Salto-Beitrag zustimmend kommentiert:

Zusammengefasst. Wer von ausserhalb der Provinzgrenzen kommt (aber auch einige, die innerhalb dieser Grenzen wohnen), sehen in der ethnisch-sprachlichen Trennung ein Zeichen fuer den Einfluss der NS-Ideologie.

— Liliana Turri

Und diejenigen, die es nicht sehen, ist es, weil sie es nicht sehen wollen.

— Liliana Turri

Dass solche ungeheuerlichen Vorwürfe ausgerechnet jetzt daherkommen, also kurz nachdem in Italien eine faschistoide Regierung gewählt wurde, ist einerseits ironisch — andererseits aber vielleicht gar nicht ganz so verwunderlich.

Siehe auch ‹1 ‹2

  • 1
    der seinen Studienabschluss 1940 in Bologna mit einer Thesis über Rassenverbrechen in der nationalsozialistischen Gesetzgebung erworben hat, deren Inhalt unbekannt ist
  • 2
    Bruno Kreisky (SPÖ)
  • 3
    bzw. einer Zuordnung
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Belohnung für Urzì im Landtag.

Das mit der Ausgrenzung faschistischer Exponentinnen will im Südtiroler Landtag nicht klappen. Im Gegenteil: eher erstickt Alessandro Urzì (FdI) noch an einer Umarmung, als dass ihm (im übertragenen Sinn) ein Haar gekrümmt wird. Es soll sein letzter Antrag (Nr. 134/19) vor dem Umzug ins römische Parlament gewesen sein, der gestern im Landesparlament einstimmig (30 mal Ja) genehmigt wurde. Um dies zu ermöglichen, wurde für den Rechtsextremen sogar eine Ausnahme von der Regel gemacht, dass die Übersetzung des Dokuments in endgültiger Fassung vorliegen muss. Ein schönes Signal: er, der 24 Jahre auf jeden Beistrich geschaut hat, wenn es um die Vorherrschaft des Italienischen ging, wurde mit einem freiwilligen Verzicht auf die deutsche Sprache belohnt, um ihm zum Abschied einen runden Erfolg zu ermöglichen. Kann man noch tiefer fallen?

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3

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Fazzi gegen Schützen und Vernunft.

Der Soziologe Luca Fazzi (Uni Trient, FU Bozen), Kandidat des Team K bei der letzten Gemeinderatswahl in Bozen, Theoretiker des italienischen Unbehagens in Südtirol, hat auf Salto einen Beitrag veröffentlicht, mit dem er die Schützen für ihren Aufmarsch gegen Faschismus kritisiert, den Neofaschismus von FdI verharmlost und der Ukraine die Kapitulation empfiehlt.

Auch ich sehe den Schützenaufmarsch zum Hundertjährigen des Marschs auf Bozen kritisch, auch bei mir löst er wegen seiner völlig unpassenden Bildsprache Unbehagen aus. Doch ich sehe es wie Ehrengast und Menschenrechtsanwalt Nicola Canestrini: Die Schützen haben es immerhin geschafft, uns alle (einschließlich Fazzi) dazu zu zwingen, uns mit dem Thema zu befassen. Niemand hätte die organisierte Linke (Gewerkschaften, Parteien, Vereine…) daran gehindert, mit den Schützen, gegen sie oder parallel zu ihnen auf die Straße zu gehen, um an den Marsch zu erinnern, doch das ist leider nicht geschehen.

In seinem Beitrag spielt Fazzi den Wahlsieg von Giorgia Meloni und ihrer neofaschistischen Partei herunter, indem er darauf hinweist, dass die Italienerinnen sie eben gewählt hätten, weil sie ihnen wie Berlusconi, Renzi und 5SB zuvor eine Systemänderung versprochen hat. Sie war sozusagen an der Reihe. Genau die unkritische und relativierende Haltung, wie sie auch Fazzi hier wieder an den Tag legt, hat aber schon die Wahlsiege von Berlusconi ermöglicht, der letztendlich politisch und gesellschaftlich den Faschistinnen den Weg geebnet hat. Die Systemänderung, die uns mit den Erben Mussolinis schlimmstenfalls droht, kann nicht in einer Reihe mit den Veränderungen genannt werden, die demokratische Parteien in Aussicht stellen. Dass auf diesen Umstand viel zu wenig hingewiesen wurde, dass es keine Ausgrenzung von FdI gab und gibt, ist wohl wesentlich mitverantwortlich dafür, dass Meloni demnächst die italienische Regierung anführen wird.

Dass Fazzi auf die angeblich vorbildlich historisierten faschistischen Relikte in Südtirol verweist, ist seltsam. Wenn dies bei zweien, dem Mussolinirelief am Gerichtsplatz und teilweise beim Siegesdenkmal geschehen ist, ist das nämlich auch auf die Schützen und ihre unaufhörlichen Forderungen nach einer Schleifung dieser Denkmäler zurückzuführen — leider oder zum Glück. Das wird niemand ernsthaft leugnen können.

Ebenso sonderbar ist, dass Fazzi das Autonomiestatut als fortschrittlichstes Mittel zur Bekämpfung ethnischer Konflikte nennt. Denn vor nicht allzu langer Zeit wollte er es nicht einmal mehr reformieren, sondern nur noch überwinden.

Endgültig absurd wird Fazzis Beitrag aber dort, wo er zwischen Gegner- und Befürworterinnen des Schützenmarsches kokettierend einen an den Haaren herbeigezogenen dritten Argumentationsweg einschlagen will: Statt an den Faschismus vor hundert Jahren zu erinnern, hätte der Traditionsverein lieber gegen den Krieg in der Ukraine und den drohenden Einsatz von Atomwaffen auf die Straße gehen sollen — davon hänge nämlich ab, ob es die Tiroler in einem Monat noch gibt. Ein schlechter Friede sei besser, so der Soziologe, als ein gerechter Krieg. Eine gar nicht so verklausulierte Forderung an die Ukraine, Gebiete dem Aggressor zu überlassen und zu kapitulieren.

Nicht nur lässt sich mit solchen Totschlagargumenten alles, aber wirklich alles relativieren. Fazzi hat aber wohl auch nicht bedacht, dass — wenn sich seine Forderung allgemein durchsetzt — morgen sogar Österreich Italien den Krieg erklären könnte, um Südtirol zurückzubekommen. Und Italien uns abtreten müsste. Doch dagegen würde dem Soziologen sicher wieder ein kreativ-»schlüssiges« Argument einfallen.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4

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