Ich poste hier Folgendes, was ich bereits im Vorjahr im FF-Forum geschrieben hatte:
Es ist die gängige Meinung, dass das Zusammenleben der verschiedenen Sprachgruppen informell hervorragend funktioniert, wenn da nur nicht die Politik wäre. Ich stimme dem mit Einschränkung zu. Was mich dieses Jahr überrascht hat, sind die Erfahrungen, die ich in den SVP-Hochburgen direkt bzw. indirekt gemacht habe.
Das erste Beispiel betrifft die Schule. Eine Fachlehrerin meiner Tochter (deutsche Oberschule in Bozen) ist eine Italienerin aus Mittelitalien, die unter anderem auch in Österreich studiert hat. Ihr Deutsch ist gut, aber doch noch etwas unbeholfen. Ich glaube, es ging von meiner Tochter aus, Tatsache ist: In diesen Schulstunden kommunizieren Lehrerin und Schülerin meistens auf Italienisch.
Das zweite Beispiel betrifft eine Wohnbaugenossenschaft. Da die “deutsche” Genossenschaft aus verwaltungstechnischen Gründen die geplante Anzahl an Wohnungen nur an die von der Gemeinde zugelassenen Mitglieder vergeben konnte, blieben etwa 30 Wohnungen (ein Drittel = ein Block) übrig. Diese Wohnungen konnten daher nicht an die Mitglieder auf der Warteliste der “deutschen” Genossenschaft vergeben werden, sondern mussten einer anderen Genossenschaft überlassen werden. Dies war natürlich eine “italienische”. Nun, die Zusammenarbeit funktioniert bestens, die Versammlungen problemlos. Bei der Grundsteinlegung gab es ein Fest: Die Ansprachen waren entweder auf Deutsch oder auf Italienisch, es gab keine Übersetzungen, es gab kein Aufmucken.
Letzten Monat gab es einen Informationsabend, zu welchem die Mitglieder beider bauenden Genossenschaften geladen waren. Die Punkte auf der Tagesordnung waren entweder auf Deutsch oder auf Italienisch angekündigt, in der jeweiligen Sprache wurden sie auch behandelt. In ihren einleitenden Worten machte die Obfrau der “italienischen” Genossenschaft klar, dass es keine Übersetzung geben werde; sollte es dennoch Verständnisprobleme geben, so könnte man diese hinterher beseitigen. Alles klappte einwandfrei, einziger Wermutstropfen: Einer der Projektleiter sprach einen sehr starken Dialekt, der auch mir größte Aufmerksamkeit und Interpretationsbereitschaft abverlangte.
Dies alles lässt natürlich hoffen, dass das Leben in der künftigen Wohnanlage auf der Einsicht beruht, dass uns mehr verbindet als trennt.
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