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4N: Vergessener Dank.

In der aktuellen SWZ (Nr. 42/18) ist unter dem Titel Unpopulärer Dank an Italien ein Beitrag des früheren Chefredakteurs Robert Weißensteiner erschienen, in dem er dafür plädiert,

ungeachtet des langen Ringens um die Autonomie und aller Leiden in deren Vorfeld

Italien zu danken:

Am Sonntag werden es 100 Jahre, dass Südtirol zu Italien gehört. Die ersten 50 Jahre waren eine Zeit des Unrechts, für das eine Entschuldigung fehlt, die zweiten geprägt von einer Autonomie, für die nie Danke gesagt wurde.

Dabei dürfte Herrn Weißensteiner entfallen sein, dass Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP) den damaligen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano (gemeinsam mit Bundespräsident Heinz Fischer) 40 Jahre nach Inkrafttreten des Autonomiestatuts — am 5. September 2012 — stellvertretend mit dem Großen Verdienstorden des Landes Südtirol ausgezeichnet hat.

Fehlt also nur noch die Entschuldigung.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 | 1› 2›

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Im Wettbewerb mit dem übrigen Sprachraum.

In der SWZ vom 22. Juni stellt Robert Weißensteiner einen Vergleich zwischen Südtirol und dem Trentino an, den unser Land zwar in den meisten Disziplinen für sich entscheiden kann — der aber auch einige kritische Punkte aufzeigt.

Unter anderem geht es da um den sogenannten Brain Drain, die Abwanderung kluger Köpfe. Laut italienischer Zentralbank habe das Trentino im Zeitraum 2007-2016 netto 2.600 Akademikerinnen aus dem restlichen Staatsgebiet anziehen können, Südtirol 540. Je 100 Einwohnerinnen mit vergleichbarem Studienabschluss seien nur 1,4 Akademikerinnen aus dem Trentino, aber 5,2 aus Südtirol ins Ausland ausgewandert. Fast viermal so viele.

Die Erklärung liegt wohl auf der Hand: Anders als das Trentino gehört Südtirol zum deutschen Sprachraum, wo viele ihr Studium absolvieren und auch aufgrund attraktiver Lebens- und Arbeitsbedingungen bleiben. In einem gewissen Ausmaß ist dies absolut normal und sogar wünschenswert. Es spricht dafür, dass Südtirol nach wie vor aktive Beziehungen zu diesem Sprachraum pflegt.

Beim Trentino koinzidieren staatliche Zugehörigkeit und Sprachraum weitestgehend, weshalb Wanderungen innerhalb desselben fast nie als Abwanderung ins Ausland verbucht werden. Ausnahmen sind das Tessin, San Marino und der Vatikan, was aber kaum ins Gewicht fällt.

Zudem ist das Trentino innerhalb des italienischen Sprachraums eines der wohlhabendsten Gebiete, weshalb es in dieser Hinsicht kaum Konkurrenz zu befürchten hat. Südtirol konkurriert im deutschen Sprachraum hingegen mit wirtschaftlich großteils boomenden Regionen, die hinsichtlich relevanter Indikatoren häufig besser abschneiden als Südtirol und/oder wo deutlich höhere Gehälter bezahlt werden.

Die Abwanderung junger Südtirolerinnen in den restlichen deutschen Sprachraum würde ich nicht als sonderlich besorgniserregend einstufen. Problematisch ist aber, dass hierzulande vielen nicht so klar zu sein scheint, dass wir im — durchaus befruchtenden — direkten Wettbewerb mit der Schweiz, Österreich oder Bayern stehen und dass wir dementsprechend attraktive (berufliche, sprachlich-kulturelle, infrastrukturelle…) Bedingungen schaffen müssen, um auch Menschen von dort in relevantem Ausmaß hierher anzuziehen. Dies bedeutet etwa auch, dass wir höhere, den höheren Lebenshaltungskosten entsprechende Gehälter zahlen müssen, als in Italien üblich. Dass das aber mit den knapp bemessenen Zuständigkeiten, mit staatlicher Harmonisierungswut (Standardkosten, Gehaltsobergrenzen…) und einem unflexiblen Rechnungshof fast unmöglich ist, könnte uns noch sehr große Schwierigkeiten bereiten.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 | 1› 2›

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Ortsnamen: SWZ für Appeasement.
Chefredakteur Pfeifer weiß, was »das echte Südtirol« will

Seite eins der heute erschienenen Südtiroler Wirtschaftszeitung (SWZ Nr. 11/2017) füllen zwei Leitartikel, in denen Chefredakteur Christian Pfeifer (auf Italienisch) und sein Vorgänger Robert Weißensteiner (auf Deutsch) für eine Appeasementpolitik in der Ortsnamenfrage plädieren.

Cristian Kollmann (STF), den Moderator Massimo Giletti kürzlich in seine dümmliche Arena eingeladen hatte, um unter anderem mit Michaela Biancofiore (FI) und Alessandro Urzì (AAnC) über Toponomastik und faschistische Relikte zu diskutieren, stelle nicht die Südtiroler Mehrheitsmeinung dar. Er habe bei der letzten Landtagswahl ja auch nur 897 Vorzugsstimmen erhalten.

Und überhaupt: In der Ortsnamenfrage sei die Politik »Lichtjahre« von der Meinung der Bürgerinnen entfernt. Statt Provokateure wie Kollmann solle man lieber ihn — Christian Pfeifer — in eine Sendung einladen, biedert sich der Chefredakteur an, denn er könnte den Italienerinnen das »echte Südtirol« erklären.

Nun weiß ich nicht, was für Herrn Pfeifer das echte Südtirol ist. Aber das, was er in seinem Artikel (Titel: «Brutta figura») beschreibt, ist es ganz sicher nicht. Denn eins steht fest: Zur Haltung in der Ortsnamenfrage gibt es repräsentative Daten des Astat — und die sprechen nicht dafür, dass die Südtirolerinnen mehrheitlich an Tolomei festhalten möchten. Im Gegenteil: Nur 41,9% (und gar nur 28,6% der Deutschsprachigen) waren demnach im Erhebungsjahr 2014 dafür, dass Orts- und Flurnamen in Südtirol eine Übersetzung brauchen.

Klar ist: Im Namen der Südtirolerinnen sprechen kann niemand, außer sie selbst. Weder Provokateur Cristian Kollmann, noch Chefredakteur Christian Pfeifer.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 4› 5›

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Verwaltungspersonal am Verwaltungsgericht.

Gestern hat der Ministerrat in Rom eine neue Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut verabschiedet, »mit der dem Land die Zuständigkeit für das Verwaltungspersonal sowie für organisatorische und verwalterische Belange der Bozner Sektion des Verwaltungsgerichts übertragen werden« (Landespresseamt). Zuständig ist das Land Südtirol desweiteren für die Bezahlung der Betriebskosten und der Gehälter.

Die Kernzuständigkeit für das Verwaltungsgericht als solches bleibt hingegen beim Zentralstaat, weshalb die Möglichkeiten des Landes, die Dienstleistung anders oder besser zu organisieren, äußerst eingeschränkt sind. Herausgelöst und ans Land übertragen wurde das, was vor allem Kosten verursacht und kaum Gestaltungsspielraum bietet.

Wie Robert Weißensteiner Ende Jänner in der SWZ geschrieben hatte:

Was der Staat zuletzt gegeben hat, sind fast ausschließlich Kompetenzen, die ihn finanziell entlasten.

Auf die großen, bereits zugesagten Zuständigkeiten, bzw. auf die Wiederherstellung dessen, was Staat und Verfassungsgericht der Autonomie während der letzten Jahre genommen hatten, warten wir weiterhin. Bislang vergeblich.

Siehe auch ‹1 ‹2

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Wiederherstellung.
Quotation

Bisher hat Rom noch nicht einmal jene ehemaligen Zuständigkeiten wiederhergestellt, die das Verfassungsgericht Südtirol genommen hat und deren Neuauflage im Wahlpakt der SVP mit dem PD enthalten ist. Was der Staat zuletzt gegeben hat, sind fast ausschließlich Kompetenzen, die ihn finanziell entlasten.

Robert Weißensteiner, ehem. Chefredakteur, im SWZ-Leitartikel vom 29. Jänner 2016

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3

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Der Erpresser.
Quotation

[Staatssekretär Gianclaudio Bressa (PD)] hat der SVP mit Blick auf die Bildung insbesondere der Bozner Stadtregierung die Rute ins Fenster gestellt und sinngemäß gesagt, dass er absolute Bündnistreue verlange, sonst könne er mit Blick auf die Verfassungsreform auch für Südtirol nichts garantieren. Die feine Art ist dies nicht, schon eher eine unverblümte Erpressung durch einen Freund. Der PD verlangt, dass Leifers eine Ausnahme bleibt – und es in Bozen zu einer Neuauflage der gescheiterten Koalition kommen muss, weil sonst für nichts garantiert werden kann.

Wenn es in den nächsten Wochen den angekündigten Durchbruch nicht gibt (der Südtirol unter anderem Spielräume bei der Verabschiedung eines eigenen Vergabegesetzes einräumt), muss wohl überlegt werden, ob die gewählte Strategie richtig ist. Wenn jetzt, wo Renzi die Stimmen der Volkspartei im Senat dringend braucht, der entscheidende Durchbruch nicht erzielt wird, wann dann?

Robert Weißensteiner in der heute erschienenen Ausgabe 23/15 der Südtiroler Wirtschaftszeitung.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Herr PD-Staatssekretär und Südtirol-Freund solche Erpressungen ausspricht.

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Hässliches Verbot.
Quotation

[D]as Sezessionsverbot in der italienischen Verfassung [ist] eine hässliche Bestimmung. Da werden Menschen mit dem Grundgesetz in einen Staat gezwungen (die DDR hat einst Mauern und Stacheldraht verwendet). Ist Italien zu schwach, um dieses Armutszeugnis aus seiner Verfassung zu streichen, wie es das Verbot der Ehescheidung abgeschafft hat?

— Robert Weißensteiner, »Hässliches Verbot«, Südtiroler Wirtschaftszeitung vom 26.09.14

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5

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Beim Geld hört die Freundschaft auf.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors, Robert Weißensteiner, geben wir folgenden Beitrag wieder, der am 18. Juli 2014 in der Südtiroler Wirtschaftszeitung (Ausgabe 28/14) erschienen ist:

Im Palazzo Chigi residieren längst Freunde Südtirols und seiner Autonomie. Aber beim Geld hört die Freundschaft auf. Jüngstes Beispiel ist das sogenannte 80-Euro-Dekret, das wieder einmal die Finanzautonomie übergeht.

Viele Jahre lang haben Südtiroler Politiker und Parteien darüber geklagt, dass die Mitte-rechts-Regierung unter Silvio Berlusconi dem Land nicht gut gesinnt sei und jede Gelegenheit nutze, die Autonomie zu beschneiden, anstatt sie auszubauen. Einziger Lichtblick in der Tragödie: das Mailänder Abkommen vom 30. November 2009 zwischen Landeshauptmann Luis Durnwalder und den Ministern Giulio Tremonti und Roberto Calderoli. Dessen Inhalt wurde in das Rahmengesetz zum Staatshaushalt 2010 aufgenommen und als neue Finanzregelung Bestandteil des Autonomiestatuts. Vereinbart wurde die Finanzierung ausschließlich über feste Steueranteile im Ausmaß von 90 Prozent. Darüber hinaus verpflichtete sich das Land, 100 Millionen im Jahr für die Übernahme staatlicher Kompetenzen vorzusehen und die Grenzgemeinden zu Südtirol mit 40 Millionen im Jahr zu unterstützen, um deren Gelüste nach Angliederung an Südtirol zu dämpfen. Aber das Mailänder Abkommen wurde nie umfassend angewandt, weil notwendige Durchführungsbestimmungen noch immer ausstehen und der Staat angesichts der sich zuspitzenden Schuldenkrise begann, dem Land zustehende Gelder einzufrieren. “Spending review”, “riserva all’erario” und “patto di stabilità ” hießen und heißen die gesetzlichen Instrumente, mit denen Südtirol, aber auch dem Trentino umfangreiche Mittel vorenthalten wurden, die sich inzwischen zu einer Milliarden-Summe angehäuft haben. Und das alles geschah einseitig und unter Verletzung der Norm, dass jede Änderung der Finanzregelung im Einvernehmen zwischen Rom und Bozen getroffen werden muss – bloß mit dem Hinweis auf die notwendige, auch von der Europäischen Zentralbank aufgezwungene Sanierung des Haushaltes und der Staatsfinanzen.

Als Berlusconi gehen musste und Mario Monti kam, ging nur kurz ein Aufatmen durch das Land. Bald zeigte sich nämlich, dass Monti keinen Pardon kannte, wenn es ums Geld ging, und in seiner Rolle als Sanierer und Retter Italiens vor einem drohenden Staatsbankrott alles beiseiteschob, was Ausgabenkürzungen im Wege stand. Alle Proteste nützten nichts, und die verbalen sowie gerichtlichen Klagen gingen weiter. Der Regierungschef sei ein Technokrat, der keine Rücksicht auf Südtirol nimmt und Autonomienormen einfach in den Wind schlägt, hieß es. Das große Projekt mit dem Namen “dynamische Autonomie” schien angesichts der nicht (mehr) vorhandenen Sensibilität zum Scheitern verurteilt. Die SVP trauerte den Zeiten nach, als in Rom noch Romano Prodi Regierungschef war.

Die SVP hat deshalb im Vorfeld der Parlamentswahlen im Frühjahr 2013 einen Pakt mit dem PD geschlossen. Dessen damaliger Chef und Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten, Pierluigi Bersani, verpflichtete sich zur Umsetzung eines acht Punkte umfassenden Maßnahmenkatalogs, der unter anderem die Wiederherstellung der primären Zuständigkeiten in den Bereichen Umwelt, Urbanistik, Wasserkonzessionen und öffentliche Verträge vorsieht, und auch eine Durchführungsbestimmung, mit der das Toponomastikgesetz des Landes aus dem Jahre 2012 vor einem wahrscheinlichen Nein des Verfassungsgerichtes gerettet wird. In Bezug auf eine neue Finanzregelung bleibt das Abkommen etwas vage und gibt Rom viele Handhaben. Dort geht die Rede von einem Beitrag Südtirols “zur Zahlung der Zinsen auf die Staatsschulden, zu vereinbaren und zu entrichten bis zum Erreichen des Verhältnisses Schulden-Bruttosozialprodukt, das durch die Abkommen auf EU-Ebene festgelegt ist.” Das heißt: Die 90-Prozent-Steuerregelung bleibt, aber der Staat darf jedes Jahr eine zu vereinbarende Summe abziehen. Wie hoch diese sein soll, ist offen, aber sie kann theoretisch auch eine Milliarde im Jahr ausmachen, wenn man den Anteil Südtirols am italienischen BIP als Grundlage verwendet. Im sogenannten Stabilitätsgesetz zum Staatshaushalt 2014 wie auch im IRPEF-Dekret vom April ist festgeschrieben, dass bis Ende Juni 2014 eine neue Finanzregelung erlassen werden muss. Bisher haben die Verhandlungen jedoch zu keinem Ergebnis geführt, denn die Regierung hat sich in Geldangelegenheiten als harter Knochen erwiesen, wie auch Landeshauptmann Arno Kompatscher zugibt. Als neuer Termin wurde Ende Juli genannt. Südtirol riskiert, viel Geld zu verlieren – und die Südtiroler Politiker ihr Gesicht. Der Pakt mit dem PD, der diesem zu einer absoluten Mehrheit in der Abgeordnetenkammer verholfen hat, sollte sich autonomiepolitisch bezahlt machen. Aber dann wurde nicht Bersani Regierungschef, sondern dessen Parteifreund Enrico Letta, und Südtirol beeilte sich, diesen zu einer Aussage zu bewegen, wonach er zum Pakt PD-SVP steht. Im Sommer vergangenen Jahres kam Letta nach Bozen, unterschrieb hier aber keinen neuen Vertrag, sondern bloß eine einvernehmliche Erklärung (“Memorandum condiviso”) mit Absichtsbekundungen, die von einem autonomistischen Geist geprägt sind. Der damalige Landeshauptmann Luis Durnwalder äußerte damals die Hoffnung, dass die neuen Finanzbestimmungen zum Autonomiestatut noch in seiner Amtszeit verabschiedet würden. Aber dann hat sich gezeigt, dass auch mit Letta und seinem Finanzmister nicht gut Kirschen essen ist, wenn es ums Geld geht.

Seit Februar 2014 ist Matteo Renzi Ministerpräsident; auch er zeigt “viel Sensibilität” gegenüber Südtirol, wie aus der SVP-Zentrale verlautet – aber nicht in zentralen Punkten wie den Finanzen. Unter Letta bzw. Renzi wurden einige “autonomistische” Schritte gesetzt, etwa bezüglich der Zuständigkeit für die lokale RAI, der Übernahme des Personals der Gerichtsämter, des Übergangs der Steuerämter und der primären Zuständigkeit für lokale und regionale Steuern. Immer dann, wenn es um Lösungen geht, die den Staatshaushalt entlasten, ist Rom nämlich recht großzügig. Geht es jedoch ums Geld und um Grundsatzfragen, kommt Sand ins autonomiepolitische Getriebe. Die Frage des Einzelhandels in Gewerbegebieten ist durch eine Letta-Norm in keiner Weise beantwortet worden, die Regelung bzw. Sanierung der von Südtirol nicht eingehaltenen Grenzabstände bei Bauvorhaben harrt noch einer Lösung per Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut, die Wiederherstellung der im PD-SVP-Pakt genannten primären Zuständigkeiten ist noch nicht erfolgt, und in der Orts- und Flurnamenregelung steht eine Klärung aus, die das Verfahren vor dem Verfassungsgericht hinfällig machen könnte.

Auch in Sachen Finanzregelung behängen zahlreiche Südtiroler (und Trentiner) Rekurse vor dem Verfassungsgericht, und wird nicht bald eine Einigung erzielt, ist für Herbst mit den ersten Urteilen zu rechnen, wobei die Gefahr besteht, dass dem Land zwar in der Sache recht gegeben wird, die prekäre Finanzlage des Staates aber als Begründung für das Vorgehen der Regierung anerkannt wird. Jetzt kommt – alles wie schon unter Belusconi und Monti gehabt – eine neue Causa dazu: Das Land ficht das im Juni vom Parlament verabschiedete Gesetz Nr. 89/2014 an, mit dem das Gesetzesdekret Nr. 66 vom 24. April über “Dringende Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der sozialen Gerechtigkeit” umgewandelt worden ist. Diese auch “IRPEF-Dekret” genannte Norm beinhaltet nämlich nicht bloß eine Verringerung der Steuerlast um 80 Euro monatlich für Arbeitnehmer mit niedrigen Löhnen, sondern auch eine Reihe von Maßnahmen zu Gegenfinanzierung, darunter eine Erhöhung der Kapitalertragssteuern auf 26 Prozent und einen weiteren Beitrag der Regionen mit Sonderstatut. Die Südtiroler Parlamentarier haben erreicht, dass das Land nicht zweimal zur Kasse gebeten wird, nämlich einmal durch den von der Steuersenkung verursachten Ausfall von Steuereinnahmen (in ganz Italien sind es sieben Milliarden, davon etwa 70 Millionen in Südtirol) und anderseits durch einen Beitrag zur Gegenfinanzierung. 700 Millionen an Ausgabenkürzungen in Form von Rückstellungen (“accontonamenti”) sollen die Regionen mit Sonderstatut im laufenden Jahr einsparen. Laut Senator Karl Zeller würde Südtirol zusätzlich mit einem Betrag von 30 bis 40 Millionen zur Kasse gebeten werden. Das genannte Gesetz nimmt öfters Bezug auf die neue auszuhandelnde Finanzregelung für das Land, von deren Inhalt es abhängen wird, ob in den nächsten Jahren Schmalhans Küchenmeister im Landeshaushalt herrscht, oder ob der Südtiroler Beitrag zur Sanierung des Staatshaushaltes etwas bescheidener ausfällt, als Staatsgesetze wie das zitierte vorwegnehmen.
Mit einem großen Entgegenkommen der “römischen Freunde” in Geldangelegenheiten ist jedoch kaum zu rechnen.

Hervorhebungen:

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4

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