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Clara Ponsatí zurück in Barcelona.
Verhaftet und wieder freigelassen

Die ehemalige katalanische Bildungministerin Clara Ponsatí (Junts) ist heute nach fünf Jahren im Exil erstmals wieder in den südlichen, zum spanischen Staat gehörenden Teil Kataloniens gereist. In der Hauptstadt Barcelona gab die EU-Parlamentarierin, die die Staatsgrenze ohne Probleme überquert hatte, am Sitz der Journalistenvereinigung eine Pressekonferenz. Anschließend wurde sie im Auftrag des spanischen Tribunal Supremo auf offener Straße von den Mossos d’Esquadra verhaftet, obwohl sie als Abgeordnete parlamentarische Immunität genießt — übrigens ausdrücklich vom EuGH wiederhergestellt. Ponsatí soll in Kürze einer Haftrichterin vorgeführt werden.

Sie wird von den spanischen Behörden wegen des Unabhängigkeitsreferendums vom 1. Oktober 2017 seit Jahren politisch verfolgt. Solange sich Ponsatí im europäischen Ausland aufhielt, waren jedoch alle Auslieferungsanträge gescheitert.

Gegen die Verhaftung haben bereits mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen zu Protestkundgebungen vor dem Justizpalast in Barcelona aufgerufen.

Nachtrag vom 29. März 2023: Ponsatí wurde aufgrund eines von ihrem Anwalt Gonzalo Boye geforderten Habeas Corpus noch gestern auf freien Fuß gesetzt. Ihr wurde eine Vorladung des Tribunal Supremo für den 24. April übergeben. Medienberichten zufolge soll sie aber bereits wieder auf dem Weg nach Brüssel sein, um an den Sitzungen des EU-Parlaments teilzunehmen.

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Humza Yousaf wird schottischer First Minister.

Nachdem die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon (SNP) am 15. Februar überraschend ihren Rücktritt angekündigt hatte, wurde heute ihr bisheriger Gesundheitsminister, Humza Yousaf, zum Nachfolger als Parteivorsitzender — und gleichzeitig zum designierten First Minister — gewählt. Mit seiner Wahl ist auch der Verbleib der Schottischen Grünen in der Regierungskoalition gesichert. Sie hatten sich je nach Wahlsiegerin ausdrücklich auch einem Wechsel in die Opposition vorbehalten. Yousaf, der von 2018 bis 2021 auch als schottischer Justizminister gedient hatte, setzte sich in der Stichwahl nur knapp gegen Finanzministerin Kate Forbes durch — mit 52% der Stimmen.

Für morgen ist bereits die offizielle Wahl zum Regierungschef geplant, übermorgen soll der erst 37-Jährige dann bereits angelobt werden. In seiner ersten Rede als Parteichef bezeichnete er es als großartige Botschaft, dass Hautfarbe und Glaube kein Hindernis seien, um Schottland als First Minister vorzustehen. Er erinnerte daran, dass seine Großeltern, die damals nur geringe Englischkenntnisse vorzuweisen hatten, erst vor rund 60 Jahren aus Punjab nach Schottland gezogen waren.

Bezüglich des Hauptziels seiner Partei bekräftigte er, dass Schottland die Eigentaatlichkeit dringender benötige als je zuvor. Und er, der der bisher jüngste Amtsinhaber sein wird, gehöre der Generation an, die die Unabhängigkeit liefern werde.

Yousafs Vorgängerin Sturgeon war so lange First Minister wie niemand zuvor. Sie hatte das Amt von Alex Salmond (SNP, inzwischen Alba) übernommen hatte, nachdem die Schottinnen 2014 gegen die Gründung eines unabhängigen Staates gestimmt hatten. Unter ihrem Vorsitz hatte die Partei mehrere große Wahlerfolge gefeiert. Spätestens seit dem Brexit versuchte Sturgeon — bis zuletzt ohne konkreten Erfolg — , die Durchführung eines weiteren Unabhängigkeitsreferendums zu ermöglichen.

Siehe auch ‹1

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Nationalistisches Selbstverständnis.
Quotation

„Auch wenn sie sich noch so bemühen, sich minderheitenfreundlich zu geben, zeigen die Brüder Italiens immer wieder ihr wahres Gesicht“, meint [Senatorin Julia Unterberger (SVP)]. Mit deren nationalistischen Selbstverständnis sei es nämlich nicht vereinbar, dass die Südtiroler Österreich als ihre Schutzmacht sähen. Ihr Bestreben sei es, „aus uns überzeugte italienische BürgerInnen zu machen, die ihr Schicksal vertrauensvoll in die Hände des italienischen Staates legen“. Gerade wegen politischer Kräfte wie FdI sei die Schutzmachtfunktion alles andere als unzeitgemäß. Dass viele deutschsprachige Südtiroler im Ausland blieben, wie es [LAbg. Marco Galateo (FdI)] anmerke, hänge auch damit zusammen, dass Italien bei der Anerkennung von Studientiteln [sic] und Berufsbefähigungsnachweisen „auf dem Nährboden eines überholten Nationalismus absurde Hürden vorsieht“.

– Quelle: Tageszeitung

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4

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Autorinnen und Gastbeiträge

Das ist Hetze, keine Kritik.

Salto-Chefredakteur Fabio Gobbato hat mit einem »Kommentar« der Diskussion um eine mehrsprachige Schule ordentlich geschadet.

Fabio Gobbato hat ordentlich zugelangt in seinem A udienza solo chi sail tedesco. In seinem publizistischen Visier: die Direktorin einer Grundschule in Bozen, die SVP, Obmann Philipp Achammer und Landeshauptmann Arno Kompatscher. Allesamt populistische, ethnische Scharfmacher:innen, die auf Kosten von Kindern aus italienischen oder migrantischen Familien ihre intolerante Politik betreiben. Das klingt fast so, als würden die deutsche Schule und der zuständige Landesrat »Krieg« gegen die erwähnten Kinder und ihre Familien führen. Wäre das der Fall, hätte Gobbato treffend analysiert und kommentiert.

Applaus erhält Gobbato von der Lega und von den Fratelli d’Italia. SVP-Partner Lega schwafelt von einer Politik auf Kosten der Familien, die Fratelli — möglicherweise Partner der SVP nach den Landtagswahlen im Herbst — machten eine »ethnische Offensive« auf.

Es findet aber kein ethnischer Krieg statt, keine ethnische Offensive, die auf dem Rücken der Familien ausgetragen wird. Nicht von ungefähr findet Salto-Herausgeber Max Benedikter, dass »aus einer Mücke ein Elefant gemacht« wird. Diese »Mücke« steht in der Einladung zum Elternsprechtag:

Darin weist die Direktorin der deutschsprachigen Grundschule darauf hin, dass die Gespräche mit den Lehrpersonen »in deutscher Sprache erfolgen«. Deutsche Schule, deutsche Unterrichts- und Verkehrssprache. In welcher Sprache werden an den italienischsprachigen Schulen die Elternsprechtage abgehalten?

Die von Gobbato attackierte Grundschuldirektorin bietet nicht Deutsch sprechenden Eltern Sprachmediator:innen an. Was macht Gobbato daraus? Er legt nahe, die Direktorin wolle Eltern in Verlegenheit bringen, die die Unterrichtssprache der Schule nicht verstehen, die ihre Kinder besuchen. Ein doch starkes Stück Miesmacherei. Doch Gobbato geht noch weiter: Er vermutet, die Direktorin wolle mit ihrem angeblichen Sprachdiktat erreichen, dass nicht Deutsch sprechende Eltern dem Elternsprechtag fernbleiben. Warum sollte sie das wollen? Das ist doch eine absurde Annahme, eine weitere Unterstellung.

Ich war einige Jahre lang Klassenratmitglied und Schulratvorsitzender an einer deutschen Schule. Deutsch war die Verkehrssprache, bei Bedarf wurde selbstverständlich auch Italienisch gesprochen, dann und wann auch Englisch. Man kann davon ausgehen, dass dies die Lehrpersonen der angegriffenen Bozner Grundschule genauso halten werden.

Wenn ich richtig informiert bin, lehnte die von Gobbato kritisierte Direktorin auch nicht die Einschreibung eines migrantischen Kindes ab, sondern empfahl den Eltern eine andere Schule.

Eine ethnische Offensive?

Aus diesen beiden Fällen, der Einladung zum Elterntag und zur Empfehlung der Schulwahl, konstruierte Gobbato eine ethnische Offensive. Damit versuche die SVP Wählerstimmen zu gewinnen.

Über diese verquere Analyse freut sich die italienische Rechte.  

Der Kammerabgeordnete von Fratelli d’Italia Alessandro Urzì sieht in der Schulempfehlung eine Verletzung des verfassungsmäßigen Rechts auf Bildung. Er hält es nicht für zulässig, einen Schüler aufgrund eines Sprachtests abzulehnen. Deshalb fordert er den italienischen Bildungsminister auf, Maßnahmen zu ergreifen. Vielleicht sollte diese Grundschule in Gries dem Ministerium direkt unterstellt werden?

Sollte sich Urzì nicht darüber Gedanken machen, warum auch immer mehr italienische Eltern in Südtirol ihre Kinder an deutschen Kindergärten und Schulen einschreiben? Funktioniert das »deutsche Bildungswesen« besser als das italienische? Ist die ach so ethnisch engstirnige deutsche Schule gar weltoffener?

Drängen deshalb auch Migrantenfamilien ihre Kinder in die deutschen Kindergärten und Schulen? Mehr als elf Prozent der Kinder in den deutschsprachigen Schulen stammen aus dem Ausland. Tendenz steigend. In manchen Kindergärten und Grundschulen lag der Anteil an »Ausländer:innen« höher als jener der »Einheimischen«: Grundschulen Franzensfeste und Blumau sowie die Kindergärten Waidbruck, Meran/Fröhlich und Bozen/Weggensteinstraße. An der Grundschule Waidbruck lag der Anteil an »Ausländer:innen« bei der Hälfte. Allesamt Nicht-EU-Bürger:innen. In 30 Kindergärten und Grundschulen betrug der »Ausländeranteil« mehr als ein Drittel.

Besonders in Bozen ist das Interesse migrantischer Familien an der deutschen Grundschule groß. Mehr als die Hälfte der für das nächste Schuljahr eingeschriebenen Grundschulkinder sind migrantisch oder nicht deutschsprachig. Zweifelsohne wollen diese Familien, dass ihre Kinder die deutsche Landessprache lernen. Fakt ist inzwischen aber auch, wie die Direktor:innen der deutschen Bildungseinrichtungen beklagen, dass in Bozen kaum mehr Deutsch gesprochen wird. An den deutschen Schulen die deutsche Unterrichts- und Verkehrssprache zu erhalten ist ein schwieriges pädagogisches Unterfangen.

Wachsender »Ausländer:innen«-Anteil

Laut dem Landesinstitut für Statistik sind 10.000 Kinder zwischen drei und 18 Jahren nicht in Besitz eines italienischen Passes bzw. im Ausland geboren. In Südtirol geboren sind 5.000 »passlose« Kinder. Nur eines von fünf Kindern und Jugendlichen stammt aus einem Mitgliedsstaat der EU.

An den italienischen Kindergärten haben bereits ein Viertel aller Kinder einen Migrationshintergrund. Fast 13 Prozent der Schüler:innen der italienischen Mittelschule sind keine italienischen Staatsbürger:innen.

Je höher die Schulstufe, desto geringer ist der »ausländische« Anteil, an den italienischen Oberschulen ist er mit fast 17 Prozent deutlich höher als an den deutschen Oberschulen mit 5 Prozent.

Kinder mit ausländischem Pass scheinen eine Berufslehre zu bevorzugen. Mehr als die Hälfte aller ansässigen Ausländer:innen besuchen eine Berufsschule. Der Ausländeranteil an den deutschen Berufsschulen beträgt 11 Prozent, an den italienischen Berufsschulen liegt die Quote schon seit zwölf Jahren über 30 Prozent (2010/11 gar 38 Prozent). Die Hauptlast der Zuwanderung tragen zweifelsohne die italienischen Bildungseinrichtungen.

Die von der Bozner Stadträtin Johanna Ramoser (SVP) angeregten Sprachtests für Kinder mit Migrationshintergrund sind Ausdruck einer politischen Hilflosigkeit. Zurecht erinnerte Simon daran, dass Sprachtests die Ohnmacht offenlegen. Er wirbt hingegen für

vorgeschaltete und begleitende Sprachkurse, Integrations- und Mediationskräfte, Verkleinerung der Klassen und Kindergartengruppen, Deutschpflicht im Pausenhof — über solche Maßnahmen kann und soll man sprechen.

Die deutsche Landessprache hat offensichtlich

ausreichend Strahlkraft, um eine bedeutende Anzahl Migrantinnen dazu zu bewegen, sich und ihre Kinder »durch sie« zu integrieren; und um viele Italienerinnen von der Notwendigkeit ihres bestmöglichen Erwerbs zu überzeugen.

Diese Bereitschaft sollte die deutsche Schule offensiv nutzen, statt sich ängstlich einzuigeln und abzuschotten.  

Miesmachende Mücken

Hat Fabio Gobbato aus einer Mücke einen Elefanten gemacht, weil er den Text der Einladung zum Elternsprechtag nicht verstanden hat? Das wäre peinlich. Sein Kommentar wurde staatsweit aufgegriffen, seine Verunglimpfungen unhinterfragt verbreitet. Weder Gobbato noch die großen italienischen Zeitungen scheinen zu wissen, dass die von ihnen inkriminierten Sprachtests — wie Simon frotzelt — an den italienischen Schulen angewandt werden, um Schüler:innen herauszufiltern, die die mehrsprachigen Klassenzüge besuchen dürfen. Warum wird mit unterschiedlichem Maß gemessen? Die einen dürfen, die anderen werden dafür untergriffig beschimpft und mies gemacht. »Linke« Hetze ist auch shit.

  • Nachtrag vom 27. März 2023: Chefredakteur Fabio Gobbato hat auf Salto eine Replik zu diesem Beitrag veröffentlicht. ()
  • Nachtrag vom 29. März 2023: Max Benedikter, Präsident von Demos 2.0, hat auf Salto ebenfalls auf diesen Beitrag geantwortet. ()
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Polizei soll foltern dürfen.

Als eines der letzten westlichen Länder überhaupt hatte Italien, nach mehrmaliger Rüge durch internationale Menschenrechtsorganisationen, im Jahr 2017 einen — nach Ansicht vieler nach wie vor sehr laschen — neuen Straftatbestand in seine Gesetzgebung aufgenommen, der Folter unter Strafe stellte. Von Anfang an war das radikalen Rechten ein Dorn im Auge, weil das ihrer Meinung nach die Arbeit der Polizei behindern würde. Es drängt sich die Frage auf, was sie darunter verstehen.

Eine wesentliche Errungenschaft des Rechtsstats, insbesondere jenes europäischer Prägung, war und ist die Übertragung des Gewaltmonopols an den Staat, der es gesetzmäßig und verantwortungsvoll ausüben und nicht als Racheinstrument missbrauchen sollte.

Mehrere Vertreterinnen der Regierungspartei FdI, die jetzt im italienischen Abgeordnetenhaus einen Gesetzesvorschlag eingereicht haben, um die entsprechenden Artikel des Strafgesetzbuchs (613.2 und 613.3) wieder abzuschaffen, setzen die Prioritäten offenbar anders. Menschenrechte, auf deren Grundlage Italien zur Sanktionierung der Folter verpflichtet ist, halten sie für weniger wichtig als die Freiheit der Polizei, Gewalt anwenden zu dürfen, ohne ernsthafte Konsequenzen befürchten zu müssen.

Das sagt sehr viel — Beunruhigendes — darüber aus, wie die italienische Regierung die Rolle des Staates und der Exekutive versteht.

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FdI gegen Schutzfunktion Österreichs.

Wie viel Kreide sie im Hinblick auf die baldige Landtagswahl auch fressen, um sich als mögliche Koalitionspartner der SVP zu positionieren, so richtig aus ihrer Haut können die neofaschistischen Fratelli d’Italia (FdI) anscheinend nicht. Wie die TAZ berichtet, hat sich der Nachfolger von Alessandro Urzì im Landtag, Marco Galateo (beide FdI), ausgerechnet während einer Wienreise von Landtagspräsidium und Fraktionsvorsitzenden zur unerhörten Forderung hinreißen lassen, die Schutzfunktion Österreichs für Südtirol abzuschaffen. Weil es nichts zu schützen gebe.

Dabei musste Wien auch während der letzten Jahre intervenieren, unter anderem um die Wiederherstellung der schwer ramponierten Autonomie zu fordern. Erst kürzlich hatte der ehemalige Präsident des EU-Parlaments, Antonio Tajani (FI), nach seiner Ernennung zum Außenminister für schnelle Euphorie unter Autonomistinnen gesorgt, als er der Schutzmacht in dieser Angelegenheit Zusammenarbeit versprach.

Seitdem wurde Rechtsaußen Urzì, der einen U-Ausschuss mit den Südtiroler Bombenjahren befassen möchte, zum Mitglied der Sechserkommission ernannt, auf Vorschlag von Regionenminister Roberto Calderoli (Lega) der Haushaltsvorschlag angefochten und nun auch noch die Beendigung der Schutzmachtfunktion gefordert. Grandios.

Siehe auch 1›

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Kann Südtirol Staat?
Neuerscheinung

Der Verein Noiland Südtirol – Sudtirolo hat gestern im Rahmen einer Pressekonferenz bei der Eurac in Bozen sein Weißbuch zur Südtiroler Eigenstaatlichkeit vorgestellt.

Kann Südtirol Staat? — so der Titel der umfangreichen Publikation — entstand in Zusammenarbeit mit zahlreichen Expertinnen und unter der Aufsicht eines wissenschaftlichen Beirats. Die Autorinnen der insgesamt 40 Kapitel gingen der Frage nach, ob Südtirol als eigenständiger Staat bestehen kann und gelangten zum Schluss, dass das Land die politisch-demokratischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen hat, als unabhängiger Staat erfolgreich zu sein, so wie Luxemburg, Malta, Island oder die drei baltischen Staaten.

Beitrag zur Versachlichung

Der europäische Einigungsprozess spielt dabei eine wichtige Rolle, da sich im Zuge dieser Entwicklung für die europäischen Regionen neue Spielräume eröffnen. Im Buch wird nachvollziehbar aufgezeigt, welche Schritte erforderlich wären, um einen unabhängigen Staat zu gründen. Dargelegt werden Chancen, aber auch Risiken, Bedingungen und mögliche Strategien.

Noiland bekennt sich ausdrücklich zur Rechtsstaatlichkeit und gibt an, dass ein Prozess zur Erlangung der Unabhängigkeit bevorzugt in Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem italienischen Staat erfolgen sollte. Dadurch wäre ein rechtlich und politisch unstrittiges Ergebnis gewährleistet.

Die Autorinnen — mit unterschiedlicher Haltung zur Eigenstaatlichkeit — beschäftigten sich eingehend mit der Frage, wie weit die politische Mitbestimmung gehen kann und was Demokratie darf. Soll es in einem geeinten Europa möglich sein, einen neuen Staat zu gründen, wenn die Mehrheit der betroffenen Bevölkerung es wünscht?

Das Autorenteam unterstreicht, dass ein Südtiroler Staat nur als gemeinsame Anstrengung aller hier lebenden Sprachgruppen gelingen kann. Ein unabhängiges Südtirol soll und muss allen offenstehen und zur Heimat werden.

Kann Südtirol Staat? ist ein Blick in eine vielleicht gar nicht so entfernte Zukunft. Die Idee zu dieser Publikation entstand vor fast zehn Jahren, als die Regionalregierungen in Schottland und Katalonien in Weißbüchern wichtige Fragen zur Unabhängigkeit einfach und verständlich erklärten.

Kann Südtirol Staat?
Noiland (Hrsg.)
Bozen, 2023
ISBN 979-12-210-0918-7
www.noiland.org
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HGV gegen Transparenz und Autonomie.

Laut einem Bericht der TAZ sollen sowohl Rom als auch Brüssel einer in Südtirol geplanten verpflichtenden Herkunftsangabe von Lebensmitteln in der Gastronomie zugestimmt haben. Bislang bestehende Unsicherheiten wären somit ausgeräumt.

Doch das reicht dem HGV offenbar nicht. Im unerschütterlichen Bestreben, ein entsprechendes Landesgesetz abzuwenden, spannt er jetzt auch noch den staatsweiten Verband der Lokalbetreiberinnen (FIPE) ein, der angeblich — wie der HGV selbst — zum Schluss kommt, dass eine derartige Vorschrift nur von EU-Mitgliedsstaaten und nicht von »Regionen oder Provinzen« erlassen werden dürfe. Der Hoteliers- und Gastwirteverband und seine italienischen Freunde arbeiten also nicht mit inhaltlichen Argumenten, sondern stellen der Südtirolautonomie — in Vorwegnahme von Urteilen, die womöglich gar nie gefällt werden — die Zuständigkeit in Abrede, ein eigenes Gesetz zu erlassen, sogar wenn dies mit Zustimmung der EU und des Staates geschieht.

Dem EuGHGV ist offenkundig jedes argumentative Mittel recht, nur um eine unliebsame Regelung zu verhindern — selbst wenn sie von einer Mehrheit im Landtag gewollt wäre. Das ist undemokratisch und autonomiefeindlich.

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