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Gerichtspräsidentin will Deutsch vor Gericht schwächen.

Anfang Mai war eine Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut erlassen worden, derzufolge Bewerberinnen fortan bei öffentlichen Stellenwettbewerben zumindest einen Teil der Prüfungen in der Sprache absolvieren müssen, deren Gruppe sie sich zugehörig erklärt haben — und für deren Quote sie die Stelle besetzen möchten.

Die Bozner Gerichtspräsidentin Francesca Bortolotti zeigte sich wenige Tage später gegenüber dem Corriere (Südtirolbeilage vom 9. Mai) wenig begeistert — um es mit einem Euphemismus zu sagen. Aus der Feststellung, dass die Justiz wie das Gesundheitswesen zu den essentiellen Diensten zähle, zog sie vielmehr die Schlussfolgerung, dass die Zweisprachigkeit aufgeweicht werden müsse.

Dabei ist Deutsch vor Gericht schon heute eine absolute Seltenheit: Angaben von Stefan Tappeiner, dem Präsidenten der Strafsektion am Bozner Landesgericht zufolge, werden dreißig Jahre nach Wiedereinführung der Zweisprachigkeit nur 10% bis 20% der Strafprozesse auf Deutsch geführt.

Es wären Maßnahmen nötig, um diesen Anteil anzuheben.

Im Interview mit dem Corriere gab Präsidentin Bortolotti jedoch zu bedenken, dass auch viele Deutschsprachige im Studium nie mit der Rechtsterminologie in deutscher Sprache in Kontakt kommen, selbst wenn sie in Innsbruck studieren, wo Italienisches Recht in Zusammenarbeit mit der Universität Padua angeboten wird. Als wäre das normal. Mit einer Wettbewerbsprüfung in ihrer Muttersprache wären sie demnach überfordert. Doch anstatt daraus den Schluss zu ziehen, dass dringend nachzubessern wäre1durch Änderungen im Studium und/oder durch Wettbewerbsvorbereitungskurse, um das Recht der Bürgerinnen auf Gebrauch der eigenen Sprache vor Gericht sicherzustellen, schoss sie sich unter anderem auf die neue Durchführungsbestimmung ein.

Hoffentlich ist die Justizbehörde nicht schon mit der Abhaltung zweisprachiger Stellenwettbewerbe überfordert.

Darüberhinaus bemängelte Bortolotti jedoch auch, dass Richterinnen aufgrund der sogenannten Cartabia-Reform in der Phase vor dem Urteilsspruch nicht mehr mit den Anwältinnen sprechen dürfen — um unter anderem den Verzicht einer Seite auf Übersetzungen vereinbaren zu können. Man kann sich vorstellen, zugunsten welcher Sprache solche Abmachungen ausfallen.

Arme Justiz, die doch den Bürgerinnen ihre verbrieften Rechte so gerne verweigern würde und sich nun darin behindert sieht. Doch ich bin mir sicher, es werden neue Wege gefunden, um bei der unangefochtenen Vorherrschaft der lingua nazionale zu bleiben. Die passende Mentalität scheint in den Gerichtsämtern vorhanden zu sein.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6 ‹7 / ‹8

  • 1
    durch Änderungen im Studium und/oder durch Wettbewerbsvorbereitungskurse
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Südtirolerin forscht zu Sprache im Gesundheitswesen.

Sie absolviert ein Doktorat an der University of Ulster (Ollscoil Uladh) in Belfast und stellte ihr Projekt Sociolinguistic Justice and Language Barriers: Exploring Linguistic Unease in Healthcare Context am 23. Mai an der Universitat de Barcelona (UB) vor: die in Südtirol geborene und aufgewachsene Forscherin Nicole Marinaro. Darin befasst sie sich mit einem Thema, das auch hierzulande stets aktuell ist — den Sprachbarrieren im Gesundheitswesen. Konkret vergleicht und analysiert Marinaro die Lage in Südtirol, Katalonien und Nordirland.

Für die katalanische »Sprachzeitung« Diari de la llengüa wurde die Forscherin von Raül G. Aranzueque interviewt.

Sowohl in Katalonien als auch in Südtirol, so Marinaro, müssten Ärztinnen und Krankenpflegerinnen Sprachkenntnisse nachweisen, wenn sie im öffentlichen Dienst arbeiten wollen. Die irische Sprache hingegen verfüge derzeit in Nordirland über kein solches Schutzniveau, obwohl kürzlich ein neues Sprachgesetz erlassen wurde.

In ihrer Arbeit gehe es aber neben den autochtonen Minderheitensprachen auch um die Sprachen der Immigration.

Einer Person in ihrer eigenen Sprache begegnen zu können, sei im Gesundheitsbereich von großer Wichtigkeit. Spreche eine Ärztin die Sprache der Patientin, fühlte diese sich bereits besser versorgt. Zudem könnten Patientinnen ihre Anliegen besser vorbringen und die Anweisungen der Ärztinnen besser verstehen — was ja, etwa wegen der Fachterminologie, selbst in der eigenen Sprache manchmal nicht leicht sei.

Zahlreiche Studien, so Marinaro in dem Interview, wiesen auf die positiven Auswirkungen einer guten Verständigung mit der Ärztin hin. Dies könne auf kommunikativer wie auf symbolischer Ebene stattfinden — in Bezug auf den Wert, den man der Sprache beimisst und auf die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit (Anzahl der Hospitalisierungen, Anzahl vermeidbarer Untersuchungen usw.).

In Befragungen, die sie mit Menschen im katalanischen Sprachraum geführt hat, gaben viele an, viel mehr Nähe zur Ärztin zu spüren, wenn sie sich auf Katalanisch an sie wende. Patientinnen befänden sich in einer vulnerablen Lage, und die Sprache versetze sie in eine bessere Situation.

Manche Menschen gäben zwar an, dass es Personalmangel gebe und nichts passiere, wenn Ärztinnen auf Kastilisch (Spanisch) sprächen, doch laut Marinaro dürfe die Bedeutung der eigenen Sprache nicht unterschätzt werden.

Es gibt Gesetze, die angewandt werden müssen, und man muss zudem sicherstellen, dass sich das gesamte Gesundheitspersonal der Wichtigkeit bewusst ist, Patientinnen in ihrer Sprache zu betreuen.

— Nicole Marinaro

Übersetzung von mir

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5

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Rai-Information gleichgeschaltet.

Nach der Übernahme des öffentlich-rechtlichen italienischen Rundfunks durch die rechtsrechte Regierung schreitet die Besetzung von Schlüsselpositionen in großen Schritten voran. So wurde nun Gian Marco Chiocci, seit Ende 2018 Verantwortlicher Direktor der Nachrichtenagentur Adnkronos, die Führung der wichtigsten TV-Nachrichtensendung Tg1 übergeben. Seine Berufung soll Medienberichten zufolge direkt von Premierministerin Giorgia Meloni (FdI) durchgesetzt worden sein. Daneben wurde Antonio Preziosi zum Direktor von Tg2 ernannt — auf Wunsch von Silvio Berlusconis Forza Italia.

Entscheidend für das Gelingen dieses weiteren Gleichschaltungsschritts soll im Verwaltungsrat die Enthaltung von Alessandro Di Majo gewesen sein, der der 5SB nahesteht.

In seiner Rolle als Chefredakteur der rechten Zeitung Il Tempo hatte Chiocci den faschistischen Diktator Benito Mussolini Ende 2017 zum Mann des Jahres gekürt. Die Faschistinnen würden in Italien verfolgt, während die Gräuel des Kommunismus vergessen worden seien, hieß es damals in einem surrealen und wehleidigen Leitartikel von Marcello Veneziani. Das ist so sehr der Fall, dass Chiocci fünf Jahre später das Informationsflaggschiff der Rai übernimmt.

Zuvor hatte er unter der Führung von Vittorio Feltri (heute FdI-Regionalabgeordneter in der Lombardei) auch für Berlusconis Giornale gearbeitet.

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Die Autonomie — des Verfassungsgerichts.
Primarstellen

Das Arbeitsgericht in Trient gab dieser Tage einem Primariatsanwärter recht, der eine Stelle in Bozen nicht bekommen hatte, und verurteilte das Land Südtirol unter anderem dazu, ihm 37.950 Euro Schadenersatz plus 3.450 Euro monatlich bis zur Wiederholung des Stellenwettbewerbs zu zahlen. In erster Instanz war der Arzt mit seinem Rekurs noch abgeblitzt.

Der Fall zeigt, welch unberechenbare Zeitbombe das italienische Verfassungsgericht, bei dem Südtirol keinerlei Repräsentanz hat (vgl. ‹1), sowie das Damoklesschwert der »grundlegenden Bestimmungen der wirtschaftlich-sozialen Reformen der Republik« darstellen.

In einem Präzedenzfall1Verfassungsgerichtsurteil Nr. 139/2022 war das traditionell zentralistisch urteilende Verfassungsgericht nämlich 2022 zum Schluss gelangt, dass das in Südtirol übergangsweise geltende Verfahren zur Vergabe von Primariaten2seit 2021 gilt ein neues Verfahren (gem. DLH 29/2021) nicht rechtens sei — und auf dieser Grundlage urteilte nun auch das Trienter Arbeitsgericht.

Doch warum hatte das Verfassungsgericht entschieden, dass das damalige Verfahren nicht in Ordnung war? Nicht etwa, weil die Südtiroler Norm an sich klar verfassungswidrig gewesen wäre. Dies bestätigten die Richter um Giuliano Amato in ihrem Urteil sogar ausdrücklich. Stattdessen beschloss das Gericht kurzerhand, dass das staatsweit geltende Auswahlverfahren ein »grundlegendes Prinzip« darstelle — und ein solches »sticht« per Definition jede autonome Kompetenz aus (auch primäre).

Eine Krux dabei ist, dass diese »grundlegenden Bestimmungen« keine bestimmte Form aufweisen müssen — dass da also nirgends draufsteht: »dieses Gesetz stellt eine grundlegende Bestimmung dar« — und somit der Landesgesetzgeber auch wenig Anhaltspunkte hat, sich diesbezüglich von vorn herein unterordnen (!) zu können, wie es von ihm verlangt wird.

Vielmehr kann sich das zentralistisch ausgerichtete Verfassungsgericht bei der Beurteilung von Landesgesetzen aus den Fingern saugen, ob das jeweilige Staatsgesetz (bzw. Teile davon), von dem sie abweichen, ein »grundlegendes Prinzip« darstellt. Auch das stellten die Richter in oben genannten Urteil3mit Verweis auf weitere Urteile, z.B. Nr. 170/2001 ausdrücklich fest. Genauso übrigens, wie sich das Verfassungsgericht die sogenannten staatlichen »Querschnittkompetenzen« aus den Fingern gesaugt hat, mit denen es die Zuständigkeiten von Regionen und Ländern (zum Beispiel im Umweltbereich) im Laufe der Jahre auf eigene Faust massiv ausgehöhlt hat. Für die Rechtssicherheit ist diese unvorhersehbare Praxis fatal, und Einspruchmöglichkeit gegen eine einseitige Einstufung als »grundlegendes Prinzip« bzw. als »grundlegende Bestimmung« gibt es keine.

Wenn das eine Autonomie ist, dann vor allem eine des Verfassungsgerichts gegenüber allem und jedem.

  • 1
    Verfassungsgerichtsurteil Nr. 139/2022
  • 2
    seit 2021 gilt ein neues Verfahren (gem. DLH 29/2021)
  • 3
    mit Verweis auf weitere Urteile, z.B. Nr. 170/2001
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Rom legt Abfallgebühren auch für Südtirol fest.

So eine Autonomie, die man bei der UNO in New York als Musterbeispiel für Minderheitenschutz und Selbstverwaltung vorstellen darf, ist wirklich was Feines. Damit einher geht — selbstverständlich — eine weitgehende Steuerhoheit. Gut: Eigentlich ist sie nicht so weitgehend, und es ist auch keine Steuerhoheit. Doch bei lokalen Steuern und Gebühren: da kann man gestalten und Akzente setzen.

Bei den Abfallgebühren zum Beispiel, so berichtet der Corriere in seiner heutigen Südtirolbeilage, sind dem Bürgermeister der Landeshauptstadt die Hände gebunden. Komponenten und Berechnungsmethode werden nun nämlich direkt von der zentralstaatlichen, nicht gewählten Regulierungsbehörde Arera festgelegt und die Kommunen — auch im autonomen Südtirol — haben sie im Großen und Ganzen einfach anzuwenden. Dabei kommt in Bozen eine Steigerung von fünf Prozent heraus, die aber, wegen der Nähe zum Verbrennungsofen, laut Bürgermeister Renzo Caramaschi (und Arera) noch immer eine deutlich geringere Gebühr ergibt  als etwa in Trient.

Die Tarife sind nicht mehr Zuständigkeit der Gemeinden. […] Wir mussten uns an das neue, auf Staatsebene geltende System anpassen, jetzt entscheidet Arera über die Komponenten. Auf diese Normen können wir nicht einwirken, ob sie uns gefallen oder nicht.

– BM Renzo Caramaschi

Bisher hatte die Gemeinde die vollständige Zuständigkeit zur Festlegung der Tarife, womit der erforderliche Ermessensspielraum vor Ort gegeben war. Jetzt werden die Lokalkörperschaften entmachtet.

– Giulio Angelucci, Direktor des Amtes für Abfallwirtschaft beim Land

Übersetzungen von mir – Quelle: Corriere

Subsidiaritätsprinzip — was ist das?

Das mit den autonomen Steuern und Gebühren war also nix, aber wer möchte schon das unfassbare Glück missen, dass sich die von römischen Bürokratinnen erdachten Regeln zufällig »zu unseren Gunsten« auswirken?

Ich sag mal so: Hauptsache in New York (und beim Kompetenzzentrum für weltbeste Autonomien in Bozen) kriegen sie keinen Wind von dieser kleinen Peinlichkeit. So wie sie auch das mit der Bushaltestelle nicht unbedingt wissen sollten. Sonst ist womöglich Schluss mit dem Tokenismus — und das wäre freilich äußerst schade.

Siehe auch ‹1 ‹2

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L’Istria aperta e il Sudtirolo chiuso.

Il giornalista Massimiliano Boschi è stato in Istria, nella parte sotto giurisdizione slovena, e in seguito ha scritto un pezzo sulla minoranza italiana ivi residente per il settimanale sudtirolese ff.

Nell’Istria slovena sembrano, innanzitutto, rendersi conto che difficilmente sarà il mondo ad adattarsi a comunità piccole e di confine e che rinunciare a utilizzare il passato come una clava e scegliere di dialogare invece che recriminare, migliora la qualità della vita ancor prima che della convivenza.

– Massimiliano Boschi (ff n. 19/23)

Ritengo che quella appena citata sia la frase dell’articolo che meglio riassume il Boschi-pensiero:

  • Primo, la minoranza italiana in Istria è «realista» e «buona», perché arrendevole; essa ha capito che non bisogna aspettarsi troppo, che il mondo se ne frega delle minoranze e —ritornello — non si adatterà certo alle realtà plurilingui.
  • Secondo, i sudtirolesi di lingua tedesca (e ladina, forse) invece sono ottusi, non vogliono dialogare e utilizzano il passato come una clava, mentre sarebbe ora di finirla, di rinunciare e far finta di nulla.

Altrimenti detto: un membro della maggioranza nazionale italiana, tutelata al 100%, su un settimanale in lingua tedesca scrive — liberamente dialogando, e in italiano — che la minoranza nazionale tedesca non è disposta a dialogare, e che invece sarebbe meglio se la smettesse di rompere le scatole.

Come d’altronde pare facciano gli italiani in Istria, ammesso e non concesso che sia vero.

[P]er due mandati consecutivi, tra il 2010 [e] il 2018, è stato eletto sindaco di Pirano Peter Bossmann, nato in Ghana con il nome Kweku. È stato il primo sindaco nero dell’intera Slovenia. Quando potrà capitare anche in Alto Adige?

– Massimiliano Boschi (ff n. 19/23)

Domanda retorica, alla quale c’è un’unica risposta: mai, perché i sudtirolesi sono arretrati, chiusi e razzisti.

Il suo giudizio positivo sulla convivenza tra lingue diverse in Istria, Boschi lo motiva citando una conversazione tra due signore in un locale di Izola/Isola, che passano senza problemi dallo sloveno al veneto e viceversa. Come se questo in Sudtirolo, col tedesco e l’italiano, non fosse all’ordine del giorno.

E come già nei suoi articoli sull’Ostbelgien, poi, anche in questo caso fa notare con una certa insistenza che la toponomastica in Istria è bilingue. Fingendo di non capire (o non capendo davvero) che praticamente nessuno in Sudtirolo si oppone alla toponomastica bilingue nei casi in cui, come in Istria, entrambe le versioni sono storicamente fondate, ma solo dove quella «italianeggiante» è stata inventata da Ettore Tolomei e imposta dai fascisti.

Infine, presumibilmente per sottolineare il pragmatismo istriano, cita il caso dei poliziotti del territorio monolingue sloveno che, in quanto «possono sorgere problemi di comunicazione», si sono «attrezzati per fare in modo che chi parla italiano possa spiegarsi nella sua lingua potendo sempre comunicare via radio con un operatore in centrale in grado di tradurre».

Forse sbagliando deduco che:

  • i poliziotti del territorio bilingue in Istria sono veramente bilingui, cosa che in Sudtirolo non è per nulla garantito;
  • in Slovenia perfino i poliziotti del territorio monolingue si attrezzano per garantire il bilinguismo, pura fantascienza in Italia fuori dal Sudtirolo (se non eventualmente per i turisti);
  • in Istria, diversamente dal Sudtirolo, si è capito che nonostante il bilinguismo diffuso degli istriani di lingua italiana, descritto da Boschi, l’eventuale monolinguismo della polizia può creare difficoltà.

Ma io che ne so, probabilmente starò usando l’Istria come una clava. E me ne scuso.

Ad ogni modo, mentre en passant riferisce che (nonostante l’apertura mentale) anche in Istria le scuole sono separate per lingua e che gli sloveni di lingua italiana, per eleggere rappresentanti italiani, devono iscriversi in apposite liste (qui da noi si griderebbe alla schedatura etnica), Massimiliano Boschi «dimentica» che gli italiani di Slovenia hanno diritto alla doppia cittadinanza (qui da noi si griderebbe alle opzioni), dispongono di passaporti sloveni in lingua italiana e godono di servizi statali plurilingui che i sudtirolesi si sognano.

Sono comunque già curioso di sapere quale minoranza molto più aperta e avanzata della nostra (praticamente tutte) Boschi sceglierà la prossima volta per dimostrare quanto arretrati siamo.

Vedi anche ‹1 ‹2

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Zweisprachige Carabinieri. Und Mossos d’Esquadra.

Bei einem staatsweiten Wettbewerb zur Rekrutierung 3.763 neuer Carabinieri sind 32 Plätze auch für zweisprachige Anwärterinnen vorgesehen, die ihren Dienst in Südtirol oder bei Stellen mit regionaler Zuständigkeit verrichten sollen. Dies gab das Landespresseamt jüngst bekannt. Verlangt wird das B1-Sprachniveau (nach GERS).

Die zur Erlangung dieses Niveaus (»Mittelstufe«) erforderlichen Fähigkeiten werden so beschrieben:

Kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht. Kann die meisten Situationen bewältigen, denen man auf Reisen im Sprachgebiet begegnet. Kann sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete äußern. Kann über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Träume, Hoffnungen und Ziele beschreiben und zu Plänen und Ansichten kurze Begründungen oder Erklärungen geben.

– Quelle: Goethe-Institut

Zum Vergleich: Katalonien hat seine eigene vollwertige Polizei (Mossos d’Esquadra), die — wie in deutschen Bundesländern — einem autonomen Landesinnenministerium unterstellt ist.

Derzeit läuft ein Auswahlverfahren für 850 neue einfache Mossas, wovon mindestens 340 Plätze Frauen vorbehalten sind. Zu den Aufnahmekriterien gehören Katalanischkenntnisse auf C1-Niveau:

Auszug aus der Wettbewerbsbeschreibung

C1 ist das zweithöchste Niveau der GERS-Skala und liegt zwei Stufen über dem, was die »Südtiroler« Carabinieri nachweisen müssen. Es wird folgendermaßen beschrieben:

Kann ein breites Spektrum anspruchsvoller, längerer Texte verstehen und auch implizite Bedeutungen erfassen. Kann sich spontan und fließend ausdrücken, ohne öfter deutlich erkennbar nach Worten suchen zu müssen. Kann die Sprache im gesellschaftlichen und beruflichen Leben oder in Ausbildung und Studium wirksam und flexibel gebrauchen. Kann sich klar, strukturiert und ausführlich zu komplexen Sachverhalten äußern und dabei verschiedene Mittel zur Textverknüpfung angemessen verwenden.

– Quelle: Goethe-Institut

Wir halten fest: in Katalonien brauchen alle Mossas Kenntnisse der Landessprache auf dem höheren C1-Niveau. In Südtirol (Vorzeigeautonomie!) gibt es für staatliche Polizeikräfte hingegen gar kein vorgeschriebenes Niveau, lediglich der Dienst muss (bzw. müsste) theoretisch so organisiert sein, dass er zweisprachig abläuft. Dafür werden einige Beamte mit Sprachkenntnissen auf dem — im Vergleich mit Katalonien zwei Stufen niedrigeren — B1-Sprachniveau aufgenommen.

Überdies zählen zu den   Voraussetzungen für die Aufnahme in den Dienst als Mossa Kenntnisse in folgenden Themenfeldern, die beim Wettbewerb geprüft werden: Geschichte Kataloniens (Teil 1 und Teil 2); Geschichte der katalanischen Polizei; soziolinguistisches Umfeld; Geographie Kataloniens; gesellschaftliches Umfeld in Katalonien; Informationstechnologien des 21. Jahrhunderts; das Autonomiestatut; politische Institutionen Kataloniens; das staatliche Rechtsgefüge; Menschen- und Grundrechte; politische Institutionen des Staates; Justiz; territoriale Organisation des Staates; Europäische Union; Sicherheitszuständigkeiten der Generalitat; das katalanische Innenministerium; Polizeikoordination; Gesetzeslage im Sicherheitsbereich; Polizeideontologie; politisches, wirtschaftliches und gesellschaftliches Umfeld.

Damit wird sichergestellt, dass die Polizeikräfte mit der besonderen Lage in Katalonien vertraut sind — was man von den Carabinieri, mit oder ohne Zweisprachigkeitsnachweis, so wohl nicht voraussetzen kann.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4

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Kaum Deutsch vor Gericht.

In einem Land, in dem knapp 70% der Bevölkerung der deutschen Sprachgruppe angehören, werden 80% bis 90% der Strafverfahren in der Staatssprache Italienisch geführt. Dies berichtet Rai Südtirol unter dem Titel Deutsch ist vor Gericht eine Seltenheit — in Berufung auf Stefan Tappeiner, Präsident der Strafsektion am Bozner Landesgericht.

Genauere Daten, wie sie für eine seriöse Sprachpolitik erforderlich wären, gibt es wohl auch in diesem Bereich nicht.

Jahrzehntelang war die Mehrheitssprache der Südtirolerinnen auch aus diesem sensiblen Feld ausgeschlossen.

Anlass für die Berichterstattung von Rai Südtirol ist, dass hierzulande (erst) seit dreißig Jahren — also fast ein halbes Jahrhundert nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs — wieder Prozesse in deutscher Sprache möglich sind.

Zudem gestalte[n] sich die Übersetzungen vieler Begriffe laut Richter Tappeiner oft als schwierig. “Bestimmte Nuancen werden vielleicht nicht ganz korrekt übersetzt. Gerade deswegen versuchen wir immer Prozesse so abzuwickeln, dass jeder in seiner Muttersprache aussagen kann und dass dann auf eine Übersetzung verzichtet werden kann.”

– Rai Südtirol

In konstitutiv mehrsprachigen Staaten mit mehrsprachig abgefassten Gesetzen und speziell geschultem Personal1z.B. Schweiz, Kanada, Belgien, Finnland…, wie auch Südtirol einer sein könnte, stellen derartige Herausforderungen keine besonderen Probleme dar. Auch die internationale Gerichtsbarkeit (EGMR, EuGH etc.) funktioniert völlig normal in mehreren Sprachen.

Dass die überwältigende Mehrheit der Strafprozesse hierzulande noch drei Jahrzehnte nach Wiedereinführung der deutschen Sprache auf Italienisch abgehalten wird, ist jedoch ein klares Symptom der fortdauernden Minorisierung der deutschen Sprache (vgl. ‹1 ‹2).

Laut Astat-Sprachbarometer2in der aktuellsten Fassung von 2014 gaben 9,2% der Deutschsprachigen an, dass ihnen in den zwölf Monaten vor der Befragung das Recht auf Gebrauch der Muttersprache vor Gericht verwehrt worden sei. Wenn man berücksichtigt, dass gar nicht so viele Menschen überhaupt je mit Gerichten in Berührung kommen, mutet dieser Anteil enorm an.

Vor einigen Jahren hatte es der frühere Gerichtspräsident Heinrich Zanon folgendermaßen auf den Punkt gebracht: Trotz Zweisprachigkeitsnachweis seien viele Richterinnen gar nicht imstande, ein Urteil auf Deutsch zu verfassen.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 | 1›

  • 1
    z.B. Schweiz, Kanada, Belgien, Finnland…
  • 2
    in der aktuellsten Fassung von 2014
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