→→ Autorinnen →→ Gastbeiträge →→

Einsprachigkeit im Krankenhaus Bozen.

Autor:a

ai

Kürzlich war ich im Bozner Landeskrankenhaus, wo ich auch ein wenig die »strukturelle« Einsprachigkeit dokumentiert habe, die mit Personalmangel nichts zu tun hat und ein weiterer Hinweis darauf ist, dass die Zweisprachigkeitspflicht vom Sabes grundsätzlich nicht wirklich ernst genommen wird.

Anders als im Krankenhaus Bruneck, das auch für Badia zuständig ist, ist im Krankenhaus Bozen, in dessen Einzugsgebiet auch Gherdëina fällt, von der ladinischen Sprache so gut wie keine Spur.

Einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebe ich selbstverständlich nicht, weil ich nur einen kleinen Teil des Gebäudes gesehen habe und der Zweck meines Besuchs ja nicht der war, eine Fotoreportage zu erstellen. Weshalb ich noch nicht einmal alle Missstände festgehalten habe, die mir aufgefallen sind. Das ging eher so nebenbei.

Mit der Marginalisierung der deutschen Sprache fängt es schon in der Tiefgarage an, sowohl bei der Beschilderung als auch bei den nur auf Italienisch beschrifteten Kassenautomaten:

Bilder zum Vergrößern anklicken

Im Krankenhaus selbst sind sogar sicherheitsrelevante Hinweise, wie die auf das Verhalten im Brandfall oder auf den Zugang zum Löschschlauch, nur auf Italienisch und Englisch, nicht aber auf Deutsch verfügbar:

Bilder zum Vergrößern anklicken

In den Aufzügen zeigen die Displays einsprachig die »prossima fermata« an, weil es offenbar zu aufwändig war, sie mehrsprachig zu programmieren. Unter dem einsprachigen Titel »Teleallarme attivo 24 ore su 24« gibt es immerhin auch einen Notfallhinweis in deutscher Sprache, doch selbst der ist nicht nur zweitgereiht, sondern auch noch zusätzlich grafisch untergeordnet. Und der Aufkleber mit der Information über die maximale Nutzlast und die Anzahl der Personen — sowie mit dem Hinweis, dass nicht begleitete Minderjährige unter 12 Jahren nicht mitfahren dürfen — ist einsprachig italienisch. Ebenso einsprachig sind auch zahlreiche Informationen auf medizinischem Gerät und Anlagen (Bild ganz rechts).

Bilder zum Vergrößern anklicken

Abgerundet wird die »einsprachige« Erfahrung von den Konzessionären: Die Bar, in der es unmöglich war, sich auf Deutsch bedienen zu lassen, wird von der Firma Sirio geführt. Offenbar war Zweisprachigkeit und somit das Wohlbefinden der Patientinnen deutscher Muttersprache kein Vergabekriterium — oder es wird nicht überwacht. Kurioserweise sensibilisiert Sirio mit einem roten Stuhl dafür, dass Männergewalt tötet und die Rechte und Freiheiten der Frauen untergräbt — tut dies aber nur auf Italienisch und untergräbt damit selbst wieder die Rechte der deutschsprachigen Südtirolerinnen (vgl. 01 02).

Dass sich schließlich auch ein Südtiroler Familienbetrieb wie Markas direkt im neuen Eingangsbereich nur auf Italienisch nach der Meinung der Nutzerinnen erkundigt, hat mich dann doch überrascht.

Zweierlei Maẞ

Für besonders aufschlussreich halte ich, dass Gesundheitslandesrat Thomas Widmann (damals SVP) im Jahr 2019 auf Fingerzeig von Alessandro Urzì (damals AAnC/FdI) einsprachig deutsche Zusatzinformationen im Krankenhaus Meran sofort entfernen ließ, obwohl sie durch Piktogramme veranschaulicht wurden und ohnehin keinerlei Relevanz für die Patientinnen hatten.

Im Jahr 2022 bemängelte Urzì dann sogar noch, dass der Internetzugang im Bozner Krankenhaus von einer Firma aus Welsberg (ohne Tolomei-Übersetzung des Ortsnamens) bereitgestellt wird. Um jede Gefahr für die Nutzenden zu bannen, ließ Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) sofort intervenieren.

Gleichzeitig findet man in Südtirols Krankenhäusern aber an jeder Ecke einsprachig italienische Schilder und Hinweise.1Dies ist nicht auf Bozen beschränkt. In anderen Krankenhäusern habe ich es aber bislang nicht dokumentiert. Diese unterschiedliche Behandlung ist ein klareres Zeichen für die Ungleichwertigkeit der Amtssprachen Deutsch und Italienisch bzw. für die Minorisierung der deutschen Sprache. Und dies, während Deutsch auch im Umgang mit dem ärztlichen und nichtärztlichen Personal immer öfter zur Ausnahme wird.


Nachtrag vom 2. April 2025: Einige weitere Fotos aus dem Bozner Krankenhaus, die ebenfalls zeigen, wie sicherheitsrelevante Hinweise häufig nur auf Italienisch verfügbar sind. Außerdem ist auch in einer weiteren Cafeteria, die nicht von Sirio, sondern von Hermes geführt wird, vieles einsprachig italienisch, einschließlich der Zutaten angebotener Produkte, die für Patientinnen sogar besonders relevant sein könnten.

Bilder zum Vergrößern anklicken

Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 | 07

  • 1
    Dies ist nicht auf Bozen beschränkt. In anderen Krankenhäusern habe ich es aber bislang nicht dokumentiert.


Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.

Comentârs

7 responses to “Einsprachigkeit im Krankenhaus Bozen.”

  1. Hartmuth Staffler avatar
    Hartmuth Staffler

    Die Missachtung unserer Sprache ist im Krankenhaus besonders schwerwiegend, da Krankenhauspatienten ja auf Hilfe angewiesen sind und daher oft nicht den Mut haben, auf ihren Rechten zu bestehen, was schamlos ausgenutzt wird. Bedauerlicherweise beherrscht auch das deutschsprachige Pflegepersonal oft nur die italienische Fachterminologie. Ich habe da schon kuriose Szenen erlebt, weil meine deutschen Fachausdrücke nicht verstanden wurden, so dass ich sie für unsere Südtiroler Krankenpfleger und -innen in die italienische Sprache übersetzen musste. Das war zur Zeit der Claudia de’ Medici wohl noch besser.

  2. Matthias Wallnöfer avatar
    Matthias Wallnöfer

    Eigentlich schon unverständlich, dass in allen anderen Krankenhäusern Südtirols die Bistrós von einheimischen Betreibern geführt werden, bis auf Bozen, das seit jeher auf große staatsweit agierende Ketten wie Sirio setzt. Kann das an der Größe der Einrichtung liegen, welche besondere Kriterien bei der Ausschreibung voraussetzt? Letztendlich darf das Ganze dann auch nicht besonders viel kosten, so dass einheimisches Personal diese Arbeitgeber aus Gründen des Lohndumpings (verständlicherweise) nicht in Betracht zieht.

    Wenn man des Öfteren mit solchen Lokalen konfrontiert ist, erkennt man es auf den ersten Blick: Es kommt alles so unpersönlich rüber. Denken wir auch an die Autobahnraststätten oder die Bar im Bahnhof Bozen, welche ich und viele andere zugunsten der Landhausbar meiden.

  3. Cicero avatar
    Cicero

    Dieses Problem besteht nun schon seit Jahren und seit Jahren wird darauf hingewiesen (wobei sich außer BBD da niemand besonders hervortut) und passieren tut gar nichts.
    Wobei sich an der zweisprachigen Beschilderung sofort etwas ändern ließe.
    Was ist also die konklusio dieser unendlichen Geschichte?
    Wenn die Partei der Deutsch- und Ladinischsprachigen sich da nicht durchsetzen kann oder will, dann müssen wir andere wählen.
    Die einzige Partei die mir da spontan einfällt die unermüdlich auf Lösungen pocht ist die Südtiroler Freiheit.
    Denn bloß Missstände aufzeigen und jammern wird auch in Zukunft nichts ändern.

    1. Simon avatar

      Dieses Problem besteht nun schon seit Jahren und seit Jahren wird darauf hingewiesen (wobei sich außer BBD da niemand besonders hervortut) und passieren tut gar nichts.

      Es stimmt nicht, dass gar nichts passiert. Aber wie auch die einschlägigen Erhebungen beweisen, ist es viel zu wenig — vermutlich sogar zu wenig, um die Situation nicht immer noch ein wenig schlechter werden zu lassen. Schlimm finde ich insbesondere, dass deutsche Einsprachigkeit keine Sekunde geduldet wird, während italienische Einsprachigkeit zu oft mit einem Achselzucken hingenommen wird.

      Die einzige Partei die mir da spontan einfällt die unermüdlich auf Lösungen pocht ist die Südtiroler Freiheit.

      Eine inzwischen recht eindeutig rechtsextreme Partei, die Zugewanderte ausgrenzen will, ist meiner Ansicht nach keine Lösung. [1] [2] [3]

      1. Hartmuth Staffler avatar
        Hartmuth Staffler

        Die STF hat wohl durchaus berechtigte Angst, von der SVP rechts überholt zu werden.

      2. Cicero avatar
        Cicero

        Der Zweisprachigkeitsverordnung Rechnung zu tragen und Schilder auszutauschen kann jetzt keine große Sache sein und müsste doch unverzüglich zu machen sein. Dass die bestehende Landesregierung da nicht aktiv wird, ist unverzeihlich.
        Was die STF betrifft so sind die Zuschreibungen (rechtsEXTREM ?!) unfair, weil bei Rechtsextremismus erstens für das Erreichen von Zielen die Gewaltanwendung als legitim angesehen wird , was für die STF sicherlich nicht zutrifft und zweitens auch der von dir angeführte Beleg? der Ausgrenzung von Zugewanderten ebenso falsch ist.
        Die STF spricht sich gegen illegale Migration, gegen den Asylmissbrauch und für die Ausweisung von straffällig Gewordenen die meist ohnehin ausreisepflichtig sind, aus. Also für die Anwendung geltenden Rechts.
        Gegen legal Zugewanderte, die sich wie die Staatsbürger auch an die Regeln halten, hat die STF nichts. Dass es anders wäre, dafür gibt es meines Wissens keine Belege.
        Aber Zuschreibungen nach Gutdünken (rechtsextrem, Faschist, Nazi) sind eh mittlerweile gang und gäbe und salonfähig. Darüber sollte mal nachgedacht werden.

  4. Simon avatar

    Ich habe noch einige Bilder hinzugefügt.

Scrì na resposta

Your email address will not be published. Required fields are marked *

You are now leaving BBD

BBD provides links to web sites of other organizations in order to provide visitors with certain information. A link does not constitute an endorsement of content, viewpoint, policies, products or services of that web site. Once you link to another web site not maintained by BBD, you are subject to the terms and conditions of that web site, including but not limited to its privacy policy.

You will be redirected to

Click the link above to continue or CANCEL