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Nach rechts verschobene Politlandschaft.
Quotation

Schlein spricht mit viel mehr Glaubwürdigkeit über Ökologie und Feminismus als es Matteo Renzi tat, der so weit gegangen ist zu sagen, dass die Umweltschützer übertreiben und den Fortschritt aufhalten — und sich selbst als Anführer der ersten feministischen Partei Italiens bezeichnet hatte. Schlein verteidigt auch ohne Vorbehalte die Rechte der LGBTI-Gemeinschaft (der sie angehört). Das scheint eine Mindestvoraussetzung [für eine Linke] zu sein, ist es aber in Italien nicht, wo es selbst bei Mittelinks keinen Konsens zur Ehe für alle gibt. In der Tat hat es Jahrzehnte gedauert, um zu einer gemeinsamen Linie zu finden, damit gleichgeschlechtliche Paare [wenigstens] nichteheliche Lebensgemeinschaften eingehen — das heißt: rechtlich existieren — konnten. Diese Herausforderung wurde 2016 gemeistert und ist durch die Regierung von Giorgia Meloni [FdI] wieder in Gefahr. Bei Mittelinks gibt es auch keinen Konsens zum Adoptionsrecht homosexueller Paare — das derzeit in Italien nicht existiert.

Schlein, die von Prekariat und Arbeitsrechten spricht und — eine weitere Neuheit — einen Mindestlohn vorschlägt, ist eine moderate Progressistin, die die PD an die übrigen europäischen sozialdemokratischen Parteien wie die PSOE annähern will. Die italienische Politlandschaft ist aber so weit nach rechts verschoben, dass sowohl die Medien als auch ihre eigenen Parteigenossen sie als eine Radikale darstellen. In Wirklichkeit definieren sie ihre politischen Vorbilder ideologisch ziemlich gut: Barack Obama und Romano Prodi.

Auszug aus Digues alguna cosa que soni d’esquerres von Alba Sidera, erschienen in der katalanischen Tageszeitung El Punt Avui (23. Mai 2023). Sidera, Journalistin und Expertin für Rechtsextremismus, lebt seit 2007 als Korrespondentin in Rom. Übersetzung von mir.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5

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Vierte Gewalt unter Kuratel.

Für die Demokratie ist ein funktionierender und unabhängiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk von kaum zu überschätzender Bedeutung. Den italienischen — die Rai — leitet fortan mit Giampaolo Rossi ein direkter Vertrauensmann von Regierungschefin Giorgia Meloni (FdI), deren rechtsrechte Mehrheit seit Monaten an der Gleichschaltung der Medien gearbeitet hatte. Wichtige Persönlichkeiten haben die öffentliche Sendergruppe inzwischen unter zunehmendem Druck von Rechts verlassen und somit Platz gemacht für die unverhohlenen Ambitionen der neofaschistischen Regierung.

Wer ist der Mann?

Als FdI-Mitglied war der neue Generaldirektor der Rai, Giampaolo Rossi, federführend an der Organisation des Parteifests Atreju beteiligt. Zudem war er noch 2021 als Verfasser eines »konservativen Manifests« für den rechten römischen Bürgermeisterkandidaten Enrico Micchetti in Erscheinung getreten. Und bis 2018 schrieb er einen Blog für die Berlusconi-Zeitung il Giornale.

Regelmäßig schoss er sich, auch mit antisemitischem Vokabular, in Vergangenheit auf George Soros und seine Open Society Foundations ein. Vor dem ungarischen Philanthropen, aber auch vor der Neuen Weltordnung und der Umvolkung, so Rossi, könne Europa nur der autoritäre russische Präsident Wladimir Putin retten. Neben Feministinnen gehörten ferner auch Seenotretterinnen zu den Lieblingszielen seiner Verbalattacken, »Nigerianer und Gutmenschen« stempelte er zu »Abschaum«.

Als Verschwörungstheoretiker tat sich Rossi auch während der Corona-Pandemie hervor. Er outete sich als Impfgegner und beschimpfte den italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella als »Dracula«, weil der sich für die Impfkampagne stark gemacht hatte.

Seit einer Reform von Matteo Renzi (PD) wurde ab 2016 der Einfluss des Parlaments auf die Rai zurückgedrängt — und der der Regierung gestärkt. Dies machen sich Meloni und ihre Spezln nun rücksichtslos zunutze, um neben Legislative und Exekutive auch die vierte Staatsgewalt unter ihre Kontrolle zu bringen. Wer die Berichterstattung kontrolliert, hat natürlich auch massiven Einfluss auf Interpretation und Rezeption der Regierungsarbeit.

Mit drin hängt freilich auch diesmal wieder Südtirol, das den eigenen öffentlichen Rundfunk nicht von der Rai entkoppeln wollte. Mehrere Landtagsabgeordnete — einschließlich Alessandro Urzì (FdI) — begründeten ihre damalige Gegenstimme übrigens damit, dass sie den politischen Einfluss auf den Sender gering halten wollten.

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DFB zur Wettbewerbssprache.
Proporzumgehung

Am 4. Mai hat die rechtsrechte Regierung von Giorgia Meloni (FdI) ihre ersten beiden Durchführungsbestimmungen (DFB) zum regionalen Autonomiestatut genehmigt, wovon eine speziell Südtirol und den Minderheitenschutz betrifft. Die »Brüder Italiens« bringen sich damit weiterhin als künftige Partner der SVP nach der nächsten Landtagswahl in Position.

Aufgrund der jetzt erfolgten Abänderung müssen Kandidatinnen fortan zumindest eine der allfälligen schriftlichen und in jedem Fall die mündliche Prüfung zur Aufnahme in den öffentlichen Dienst in jener Sprache (Deutsch oder Italienisch) ablegen, der sie sich zugehörig erklärt bzw. zugeordnet haben.

Damit soll insbesondere die Praxis erschwert werden, dass Bewerberinnen aus reinem Opportunismus jene Sprachgruppe wählen, die ihnen bei Wettbewerben bessere Erfolgsaussichten verspricht (vgl. ‹1), ohne die jeweilige Sprache auch tatsächlich zumindest so gut zu beherrschen, dass sie damit eine Prüfung bestehen könnten.

Bislang konnte auf diesem Weg der Minderheitenschutz ad absurdum geführt werden, indem Stellen besetzt wurden, die eigentlich der anderen Sprachgruppe zustehen würden.

Es ist zu sagen, dass diese DFB schon 2021 von der Sechserkommission verabschiedet worden war. Sie führt nicht zu einem Ausbau der Autonomie, sondern lediglich zu einer (durchaus wichtigen) Präzisierung von Minderheitenschutzmaßnahmen. Außerdem liegt die Norm durchaus im Interesse der italienischen Rechten, da sie nebenbei auch sicherstellt, dass das Verhältnis zwischen den Sprachgruppen nicht durch »Scheinerklärungen« zu Lasten der italienischen Sprachgruppe verfälscht wird.

Ein Beitrag zur Wiederherstellung der Autonomie, wie sie Rechtsrechts in Aussicht gestellt hatte, ist diese DFB also jedenfalls nicht.

Siehe auch ‹1

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Open to Strafalcioni.

Il Sudtirolo è stato oggetto di un «lungo processo di germanizzazione» subito dopo il crollo dell’Impero romano d’Occidente. Il suo territorio «è stato incluso nella Contea del Tirolo per oltre 5 secoli per poi passare in gran parte sotto il Regno di Baviera tra il 1806 e il 1918», e quindi durante la prima guerra mondiale, alla fine della quale «torna» in mano all’Italia, il Sudtirolo faceva parte… della Baviera.

Sono solo alcune delle novità — e falsità — del tutto «meravigliose» che apprendiamo navigando su Italia.it, ancora una volta al centro di uno scandalo per via della campagna Open to meraviglia, presentata pochi giorni fa dal governo «della Nazione» che tra l’altro vorrebbe vietare gli inglesismi (di cui anche il video di presentazione, ufficialmente ritirato, è zeppo); e più concretamente dalla ministra del turismo Daniela Santanchè (FdI), orgogliosamente fascista, il cui dicastero è anche riuscito a farsi sfuggire il relativo dominio internet.

La sezione in lingua tedesca del sito intanto è stata completamente eliminata, in fretta e furia, per via delle imbarazzanti traduzioni dei nomi delle città: Garderobe per Camerino, Stillstand per Fermo o Kokosnussschneider per Tagliacozzo. E quindi uno dei mercati esteri più importanti è rimasto orfano di una versione nella sua lingua (tuttavia manca anche una versione in francese).

Ma non è da meno tutto il resto.

Per quanto riguarda il Sudtirolo, ad esempio, apprendiamo che nella «meravigliosa Val Gardena si susseguono gli splendidi borghi» di Kastelruth, Seis, Völs e Tiers (che lì cercheremo invano), mentre per sciare il «punto di riferimento deve essere il Dolomiti Superski con oltre 1.200 chilometri di piste suddivise in 12 diverse zone sciistiche» (ma sono 15), inclusa «l’area di Plan de Corones con 8 impianti da provare» (ma sono 32).

Per chi è in cerca «di luoghi insoliti» e «lontani dalle rotte più turistiche» il sito consiglia addirittura «l’area escursionistica di Obereggen» con «oltre 48 chilometri di piste», mentre «per una pausa dallo sci» ci si può recare ai Giardini di Castel Trauttmansdorff — che da metà novembre a fine marzo sono chiusi.

Sorprendente anche la famosa «regione dolomitica Tre Zinnen».

La gastronomia

Impossibile resistere davanti ai prodotti tipici del Sudtirolo: «Dai deliziosi brezel ai gustosi bratwurst, la cucina del territorio presenta ancora oggi le influenze» del «dominio germanico».

Invece «se amate il formaggio dovete assaggiare il Fontal», questa tipica specialità sudtirolese.

Città e borghi

Scopriamo poi che Bolzano è il capoluogo della regione Trentino-Sudtirolo (ruolo che però ufficialmente spetta a Trento), e che lo scontro tra i vescovi di Trento e i conti di Tirolo nel medioevo vide «la sua fine con l’arrivo degli Asburgo» — e dove arrivarono? — «in Italia». Infine, «merita una visita» anche l’immancabile «Monumento alla Vittoria, una controversa opera marmorea» voluta «da Mussolini dopo l’occupazione italiana» e «in ricordo della vittoria contro l’impero austro ungarico».

A Meran torniamo ai Giardini di Castel Trauttmansdorff, con «ben 80 varietà di piante», pochine. Mentre nella Torre della Memoria di Castel Tirolo troviamo «una mostra permanente sulla storia dell’Alto Adige e del Sud Tirolo». Zone contigue.

Nel capoluogo pusterese, Bruneck, troviamo «il lanificio Muessmer». E per quanto invece riguarda Sterzing, «non tutti sanno» che la cittadina «ha origini romane», e infatti è una balla inventata da Ettore Tolomei. In cambio in questo luogo della Valle Isarco (Wipptal) si trova: «l’ottimo speck trentino».

Sapore amaro

Insomma, anche senza navigare tutte le pagine dedicate al Sudtirolo, ci si accorge presto che sono un’accozzaglia di strafalcioni più o meno grossolani. Nel caso specifico poi hanno anche il «pregio» di aumentare la confusione e propagare la disinformazione sulla storia di questa terra e quindi sulle rivendicazioni autonomistiche — sulle quali in Italia già l’ignoranza regna sovrana.

Se da un lato non sono tra quelli che pensano che il Sudtirolo debba continuamente spiegarsi e giustificarsi, dall’altro trovo vergognoso (e al contempo illuminante) che nel 21° secolo un ente pubblico come l’Enit continui a diffondere falsità storiche «colonialistiche» di questa entità.

Sarà forse più facile che anche i sudtirolesi prima o poi accettino la mistificazione secondo cui siamo tutti italiani, inconsapevolmente — o brutalmente — germanizzati, che devono solo tornare alle loro origini culturali.

Open to Masochismo

Il sito opentomeraviglia.it, il cui dominio il ministero s’è fatto sfuggire

Più in generale, personalmente trovo che la campagna con la Venere influencer (attenti all’inglesismo) sarebbe di un’oscenità e «bruttezza» imbarazzante anche senza gli incredibili errori nei contenuti, che ne sono solo il logico completamento.

Che poi gli autori — l’agenzia Armando Testa — abbiano anche il coraggio di sfoderare il sempiterno «purché se ne parli» è veramente il massimo. Qui non solo si sperperano soldi pubblici, ma lo si fa abusando della fiducia di chi si affida alle informazioni che trova su un sito pubblico; e se anche si contribuisce a diffondere «il marchio» (ma l’Italia non dovrebbe essere un «marchio» bisognoso di diffusione) al contempo si conferma, anche e soprattutto all’estero, il giudizio sugli italiani casinisti, caotici e incapaci.

Per chi da cittadino, accademico, professionista o azienda all’estero — volente o nolente — viene identificato con questo paese è l’ennesimo schiaffo alla reputazione.

Vedi anche ‹1 ‹2

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Autorinnen und Gastbeiträge

SVP-FdI: Operation Weichspülen.
Teil 2

Es wächst zusammen, was nicht zusammengehört. SVP und Fratelli d’Italia. Wirklich nicht?

Das Unternehmen Athesia hat der SVP mit der Meloni-Wahlpropaganda den Hinweis gegeben, mit einem großen Zaunpfahl, wohin es nach den Landtagswahlen im Herbst gehen soll.

Wolkig äußerte sich dazu — ganz in diesem Sinn — Landeshauptmann Arno Kompatscher im Corriere della Sera.

Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber zu sprechen  […] Mit wem wir reden können, hängt dann auch vom Wahlverhalten der Bürger ab.

— LH Arno Kompatscher (SVP)

Vor fünf Jahren wurde die Lega zur stärksten italienischen Partei, laut SWZ-Umfrage werden aber die Fratelli die Lega ablösen. Die Italiener in Südtirol wählen meist nach dem gesamtstaatlichen Trend. Der liegt laut Umfragen für Fratelli d’Italia derzeit bei 30 Prozent der Stimmen.

Die Operation Weichspülen ist deshalb schon voll im Gange. Die SVP-Parlamentarier enthielten sich bei der Abstimmung über die Bildung der Regierung Meloni der Stimme. Meloni versprach, die angeknabberte Autonomie wieder herzustellen. Ein ernsthaftes Unterfangen? Als wohlwollend galt auch die Stimmenthaltung der SVP-Vertreter in der Sechserkommission, die damit die Wahl von Alessandro Urzì, gewählt im Kammerwahlkreis Vicenza, zum Präsidenten ermöglichten. Diese Kommission ist für den Ausbau der Autonomie zuständig.

Ohne sich mit dem zuständigen Landesrat abzusprechen, sicherte Landeshauptmann Arno Kompatscher dem Landtagsabgeordneten Marco Galateo von den Fratelli zu, den Ordnungs- und Streitkräften sowie den Bediensteten des Zivilschutzes Wohnungen billiger zur Verfügung zu stellen. Außerdem sollen sie den öffentlichen Personennahverkehr kostenlos nutzen können. Warum dieses Privileg? Das hätte sich das Pflegepersonal wohl auch verdient.

Landesrat Massimo Bessone von der Lega fühlt sich zurecht übergangen, ist er doch für den Bau von vergünstigten Wohnungen zuständig. Vom Deal Kompatscher-Galateo erfuhr Bessone aus den Medien. Respektvoll ist das keineswegs. Der Mohr hat offensichtlich seine Schuldigkeit getan, um den großen englischen Literaten Shakespeare zu zitieren.

Galateo kann gleichzeitig beim Besuch des Südtirol-Ausschusses in Wien gegen die österreichische Schutzmacht poltern und deren Aufhebung fordern. Weil — ja weil Südtirol eine inneritalienische Angelegenheit sei. Der Widerspruch der Volkspartei blieb aus.

Wahrscheinlich wird die SVP den Wunsch von Galateo unterstützen, das faschistische Siegesdenkmal bombastisch zu beleuchten. Möglicherweise wird diesem Anliegen auch die geschrumpfte italienische Linke zustimmen. Galateo möchte auch, dass in den 115 Gemeinden des Landes — dem Beispiel Bozens folgend — Gedenkstätten an die jugoslawischen Karsthöhlenmassaker an den italienischen Istriern nach 1945 errichtet werden.

In seiner Eigenschaft als Vertreter der italianità versuchte Galateo auch, die Vorstellung des Buches »Kann Südtirol Staat?« des Vereins Noiland Südtirol-Sudtirolo im Landtag zu verhindern.  Galateo bezeichnete die Studie über eine mögliche Eigenstaatlichkeit Südtirols als »Schlag für die Autonomie und das friedliche Zusammenleben«. Als besonders verstörend empfand er die Tatsache, dass der Verein für sein Buch eine Landesförderung erhielt.

Galateo, ein ethnischer Einpeitscher? Urzì, inzwischen ein Südtirol-Versteher? In mehreren Interviews mit der Tageszeitung skizzierte Urzì seine Grundzüge für ein Koalitionsprogramm mit der SVP. Er gibt sich autonomiefreundlich — die Autonomie ist ja immerhin in der italienischen Verfassung verankert. Kein Wort aber zum Pariser Vertrag, zur internationalen Dimension der Autonomie. Urzì lässt die SVP wissen, dass die Autonomie nicht ihr gehört, sondern allen. Wer kann da auch schon was dagegen haben?

Urzì und seine Thesen

Urzì wirbt auch mit angeblich alle verbindenden Werten wie Familie, unternehmerische Freiheiten, Wettbewerb und weniger Steuern. »Wir treten für eine stolze Idee ein: den Wiederaufbau Italiens«, sagte Urzì in einem Interview mit der Tageszeitung.

Die unverblümten Worte von Urzì vor den Parlamentswahlen scheinen in der Brennerstraße angekommen sein. Er ließ die SVP in der Tageszeitung wissen, wenn sie ihr Verhalten nicht ändere, seien die Bedingungen für eine Zusammenarbeit schlecht, falls FdI in Rom regieren sollte. Eine Zusammenarbeit, um das von der SVP unterstützten Mitte-Links-Regierungen heruntergewirtschaftete Land wieder aufzubauen, schob er hinterher. Diese Töne freuen hier im Land besonders die Wirtschaft, wie schon Professor Pallaver auf Salto angedeutet hatte.

Urzì sucht zwar die Nähe zur SVP, wirft ihr aber gleichzeitig Opportunismus vor. Hätte seine Partei bei den Landtagswahlen vor fünf Jahren mehr Mandate erhalten als die Lega, gäbe es bereits eine Koalition aus SVP und FdI.

Grundlage für eine solche Koalition müsste eine Vereinbarung sein, ergänzte Urzì in der Tageszeitung, »die nicht nur in der Brennerstraße geschrieben werden darf«. Als eine weitere Grundlage beschreibt der rechte Rechtspolitiker eine mehrsprachige Schule, gegen die sich die SVP noch versperrt.

Und Urzì rammte im Tageszeitungs-Gespräch eine weitere Leitplanke ein: Einen Ausbau der Autonomie wird es nicht geben, sondern eine Verbesserung der Autonomie, eine unmissverständliche Botschaft an den möglichen Koalitionspartner SVP.

Die Autonomie muss allen Bürgern Möglichkeiten bieten, unabhängig von der Sprachgruppe. Derzeit wird die italienische Sprachgruppe aufgrund von ideologischen Vorurteilen benachteiligt. Wir brauchen kein System von Herren und Sklaven, sondern gegenseitigen Respekt. Damit dies gelinget, muss die SVP, was ihr demokratisches Bewusstsein betrifft, reifen.

— Alessandro Urzì (FdI) in der Tageszeitung

Urzì stellt der SVP ein undemokratisches Zeugnis aus, sie diskriminiere mit ihrem Sklavensystem die italienische Sprachgruppe. Warum will Urzì mit einer solchen Partei unbedingt in eine Koalition? Magnago wird angesichts dieser Entwicklung die Reste seines Sarges vollkotzen.

Serie I II

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Mindestsicherung in Gefahr?

Die Trentiner Ableger der sogenannten konföderierten italienischen Gewerkschaften CGIL, CISL und UIL warnen, dass die Zentralregierung von Giorgia Meloni (FdI) die Zuständigkeiten von Südtirol und Trentino in den Bereichen Arbeit und Soziales massiv beschneiden könnte.

Im Arbeitsdekret der Regierung, mit dem auch das Bürgergeld abgeschafft werden soll, fehle jeder Hinweis auf die Kompetenzen der beiden autonomen Länder. Damit seien soziale Maßnahmen auf Landesebene wie die Mindestsicherung gefährdet.

Eine parlamentarische Delegation der Rechten hätten die Gewerkschaften schon vor einiger Zeit auf die Notwendigkeit hingewiesen, in der Notverordnung der Regierung eine Schutzklausel zu verankern, doch nach wie vor fehle sie in den Entwürfen. Wenn sie nicht vor Veröffentlichung der Maßnahme eingefügt werde, könnte das weitreichende Folgen haben.

Siehe auch ‹1 ‹2

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Autorinnen und Gastbeiträge

SVP-FdI: Operation Weichspülen.
Teil 1

Es wächst zusammen, was nicht zusammengehört. SVP und Fratelli d’Italia. Wirklich nicht?

Landwirtschaftsminister Lollobrigida, fratello von »Ministerpräsident« Meloni, geißelte die Migration als »Umvolkung«. Auf die Grenzen, Migranten rein. Europaweit schwafeln Rechtsradikale, bekanntermaßen gesponsert vom russischen Kriegspräsidenten Putin, von einem »Bevölkerungsaustausch«. So als ob eine geheime Macht diese Migration — um Italien zu schaden — steuern würde.

Ministerpräsidentin Meloni lässt Anti-Terror-Einheiten gegen »Klimakleber« ausrücken. Der Applaus der Autofans und Klimaleugner ist ihr gewiss. Auch in Südtirol. Wo bleiben die Anti-Terror-Einheiten im Kampf gegen die Mafia?

Eine der ersten Maßnahmen dieser rechts-rechten Regierung war das Rave-Verbot. Raven, ein Anschlag auf die Einheit des Staates? Raven, eine Gefahr für Land und Leute?

Aus den Reihen dieser Regierung tönt es immer wieder lesben- und schwulenfeindlich, gegen Queere, kurzum gegen »Andere«. Kinder und Jugendliche müssen gegen diese »sexuellen Abartigkeiten« geschützt werden, so die Begründung für die Hetze. Das katholische Lager und viele Südtiroler klatschten begeistert.

Rechtskonservativ, reaktionär ist dieses Arsenal, extrem nationalistisch wird es, wenn die Fratelli die italienische Sprache zur ausdrücklichen Pflicht erheben wollen. Simon Constantini bezeichnete dieses Ansinnen von Fabio Mollicone (FdI) als besorgniserregend. Bisher galt das Prinzip, dass jede Staatsbürgerin das Recht genießt, die italienische Sprache zu gebrauchen. Mollicone will daraus eine Pflicht basteln.

»Insbesondere … in Südtirol, wo die deutsche der italienischen Sprache laut Autonomiestatut gleichgestellt sein sollte, hätte die Pflicht zur Kenntnis der Staatssprache unabsehbare Folgen«, warnte Constantini in seinem Artikel »Zwang zur Beherrschung der italienischen Sprache«.

Halb so schlimm? Die Äußerungen von Vertreterinnen der Fratelli d’Italia über Faschismus und Antifaschismus sind erschreckend. Schon der ehemalige Ministerpräsident Berlusconi, der sich immer wieder abfällig über den Antifaschismus geäußert hatte, ebnete damit den Faschisten des 21. Jahrhunderts den Weg. Er holte Alleanza Nazionale, vormals der noefaschistische MSI, aus dem politischen Eisschrank der italienischen Nachkriegsdemokratie. Die Erben des Faschismus haben sich in dieser Republik eingenistet, eine Republik, die auch von Antifaschistinnen erkämpft worden ist.

Aber wen kümmert das?

Ansonsten hält sich diese doch sehr rechte Regierung mit krassen radikalen Tönen strategisch zurück. Kreidefressen scheint angesagt zu sein. »Warum agiert die Regierung so unauffällig?« fragte sich Rainald Manthe vom Zentrum Liberale Moderne: »Die Regierung muss nun liefern — nicht nur für gute Wahlergebnisse sorgen. Als Regierungskoalition muss man sich an Verträge und Zusagen halten, die Verwaltung muss rechtskonforme Gesetzesvorschläge machen, die Wirtschaft laufen — und die Öffentlichkeit schaut zu. All dies schränkt die Handlungsmöglichkeiten Melonis ein.“

Manthe hat noch eine andere Erklärung zur Hand: »Meloni und ihre Partei haben es von Anfang an darauf angelegt, durch Mitregierung zu gestalten, nicht durch Populismus aus der Opposition. Melonis Regierung wäre dann ein Ausdruck des „Techno-Populismus“, einer Verbindung von Populismus und Technokratie. War der Populismus also nur Wahlkampftaktik, gepaart mit dem nicht aufgearbeiteten Erbe des Faschismus von Fratelli d’Italia und Italien?«

Südtirol ist Italien

Diese Strategie geht auf, italienweit, aber auch und besonders in Südtirol. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist mit der Arbeit der Regierung Meloni zufrieden. Die bereits bekannte Apollis-Umfrage der SWZ, aufgearbeitet von der Neuen Südtiroler Tageszeitung, belegt, dass die Zustimmung unter der deutsch- und ladinischsprachigen Bürgerinnenschaft höher ist als unter der italienischsprachigen. Die Mehrheit der SVP, Team-K-, F- und STF-Wählerinnen äußert sich positiv über Meloni. Südtirol ist Italien.

Diese Sympathien müssen verwundern. Constantini schaute sich die parlamentarische Aktivität von Francesco Lollobrigidia, ausgewiesener Freund des Bauernbundes, in seiner Oppositionszeit genauer an. Der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Fratelli in der Abgeordnetenkammer und Schwager von Giorgia Meloni fiel durch eine besondere Südtirolbesessenheit auf. Die Vorstöße waren untergriffig, eine besessene Südtirolfeindlichkeit quillt aus seinen Anfragen. Tatkräftig unterstützte der ehemalige Landtagsabgeordnete Alessandro Urzì das Treiben seines Kameraden.

Die Erklärungen für die Zustimmung zu Meloni sind vielfältig. Als »klar, kohärent, konkret, seriös und verantwortungsvoll« lobt der Meloni-Mann Alessandro Urzì seine Chefin. »Meloni wird als staatstragend wahrgenommen, dieses Image hat sie konsequent aufgebaut«, ergänzt die Grüne Brigitte Foppa. »Die SüdtirolerInnen waren einerseits auf das Schlimmste gefasst und sind jetzt erleichtert, dass es nicht so gekommen ist. Andererseits ist Meloni eine kompetente junge Frau, die bis jetzt noch nicht viel falsch gemacht hat. Das honorieren die SüdtirolerInnen«, analysiert die ansonsten Meloni-kritische SVP-Senatorin Julia Unterberger.

Zu einem gänzlich anderen Schluss kommt der emeritierte Universitätsprofessor und Politikwissenschaftler Günther Pallaver auf Salto. Die Südtiroler leiden in Sachen Faschismus anscheinend an Vergesslichkeit, frotzelte der Professor. Er erinnerte an den Sager »Se fossi italiano, probabilmente sarei fascista« des Südtiroler Abgeordneten Friedrich Graf Toggenburg 1921. Gilt das heute auch noch?

»Der Faschismus war in den 1920er Jahren einem Teil des Südtiroler Bürgertums durchaus willkommen, wie heute die rechtsrechten Fratelli d’Italia. Die Wirtschaft Südtirols denkt gleich wie vor 100 Jahren an den Profit. Hauptsache, die Kassa stimmt. Law and Order sind wichtiger als Demokratie und Menschenwürde. Wer gegen die angebliche „Invasion der Ausländer“ poltert, ist in Südtirol willkommen. Wer eine reaktionäre Familienpolitik propagiert, erhält in Südtirol Applaus«, konstatiert bedauernd der Wissenschaftler Günther Pallaver. Der Toggenburg-Spruch von 1921 klingt heute, leicht abgewandelt: »Se fossi italiano, probabilmente voterei Fratelli d’Italia.«

»Se fossi italiano, probabilmente voterei Fratelli d’Italia.«

Tatsächlich sagte dies Angelika Kaufmann von der Initiative Zomholtn in der Corona-Ära. Als Südtirolerin wähle sie zwar die Lega, heute Partner in der Meloni-Regierung, als Mailänderin würde sie Meloni wählen. Viel Applaus erntete Lega-Chef Matteo Salvini, im Oktober 2018 Innenminister, bei einem Auftritt der Kastelruther Spatzen. »Salvini wurde herzlich empfangen«, fand die Neue Südtiroler Tageszeitung. Weil er radikal feindlich gegen Migranten und Flüchtlinge auftrat, deutsche Seenotretter populistisch als Kriminelle verunglimpfte oder weil die Lega einst föderalistisch und minderheitenfreundlich war?

Der Klagenfurter Universitätsprofessor Hans-Karl Peterlini zitiert in der Neuen Südtiroler Tageszeitung den ehemaligen Grünen-Politiker Alexander Langer mit der Frage, »warum Südtirol, das doch von rechts nie gutes erfuhr, genau auf dem rechten Auge blind ist […]«

Südtirols Autonomie gibt es auch deshalb, weil die kommunistische Partei PCI im Parlament 1971 dem Zweiten Autonomiestatut zugestimmt hatte. Ein Gemeinschaftswerk von DC und SVP, gesponsert von Österreich. Fast verzweifelt weist der langjährige SVP-Parlamentarier Karl Zeller darauf hin, dass die nach 1992 erlassenen 88 Durchführungsbestimmungen zum Ausbau der Autonomie Mitte-Links-Regierung erlassen haben. Im Land macht sich ein autonomistischer menefreghismo breit — stattdessen begrüßen Südtirolerinnen das Meloni-Projekt eines starken Staates, scheinen ihren Sager verdrängt zu haben, Südtiroler sollen nach Österreich auswandern, wenn sie sich nicht mit Italien identifizieren.

Wenn sich nun die Mehrheit der SVP-Wählerinnen positiv zu Meloni äußert, wird sich die SVP wohl auf den Weg in die Arme von Meloni machen. Der Maschinenraum der SVP, so die Wochenzeitung ff über den Bauernbund (SBB), brummt bereits für Meloni und ihre Partei. Der SBB fühlt sich bei Landwirtschaftsminister Lollobrigida gut aufgehoben, weil er laut Sonntagsreden Bären und Wölfe »entnehmen« möchte. Der Chef im Maschinenraum, der Landtagsabgeordnete Franz Locher, schwafelte von einer starken Region, nicht von einer starken »Provinz«. Wie sein offensichtliches Vorbild Meloni?

In der Tageszeitung Dolomiten durfte sich vor den Parlamentswahlen im Herbst 2022 Spitzenkandidatin Giorgia Meloni auf einer ganzen Seite ausbreiten. Ja, starke Autonomie, aber ein noch stärkerer Staat, textete sie unwidersprochen im Tagblatt der Südtiroler. Die Tageszeitung Dolomiten nimmt noch immer massiven Einfluss auf die politische Stimmung, sagt Peterlini in der Tageszeitung zur Meloni-Zustimmung im Land.

Serie I II

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Ramelli: Befriedung mit Faschogruß.
Giuseppe Sala und Ignazio La Russa

Zum wiederholten Mal hat gestern der grüne Bürgermeister von Mailand, Giuseppe Sala, an der Gedenkfeier für den 1975 von Linksextremisten umgebrachten Neofaschisten Sergio Ramelli teilgenommen, der inzwischen zu einer Märtyrerikone des italienischen Rechtsextremismus avanciert ist. Jahr für Jahr treffen sich in der lombardischen Hauptstadt hunderte Faschistinnen, um am Schauplatz des Mordes eine schauderhafte Zeremonie mit römischen Grüßen abzuhalten. Heuer sollen sich rund tausend Teilnehmerinnen eingefunden haben.

Immer wieder waren in den vergangenen Jahren auch wichtige Vertreterinnen von FdI wie der EU-Abgeordnete Carlo Fidanza bei diesem grässlichen »inoffiziellen« Teil der Gedenkfeier zugegen.

Tweet von Repubblica

Die Beteiligung des Mailänder Bürgermeisters am offiziellen Teil geht indes auf Giuliano Pisapia (PD) zurück — seine Vorgängerin Letizia Moratti (FI) war nie dabei gewesen.

Besondere Brisanz hatte die diesjährige Veranstaltung allerdings, weil Giuseppe Sala daran Seite an Seite mit dem Senatspräsidenten Ignazio Benito La Russa (FdI) teilnahm. Der war wenige Tage zuvor, am Tag der Befreiung vom Faschismus, nach Tschechien geflüchtet, wo er demonstrativ an den Ehrungen für den antisowjetischen Studenten Jan Palach teilnahm.

Im Vorfeld des 25. Aprils hatte er keck behauptet, in der italienischen Verfassung sei gar nicht von Antifaschismus die Rede.

Fragen der Journalistinnen, die gestern wissen wollten, was er vom inoffiziellen Teil der Gedenkfeiern halte — den zu erwartenden römischen Grüßen — wich La Russa auf arrogante und aggressive Weise aus (vgl. ‹1 ‹2). Stattdessen sprach er von »nationaler Befriedung«, einem rechten Code für die Gleichstellung von Faschismus und Antifaschismus, die er allerdings mit seiner Abwesenheit am 25. April selbst verraten hat.

Dieser »Befriedung« unter revisionistischen Vorzeichen leistete der grüne Bürgermeister mit seiner Anwesenheit — bei gleichzeitiger Duldung der extremistischen Zeremonien — jedoch erneut Vorschub. Bei der letztjährigen Feier stand übrigens Giorgia Meloni (FdI) direkt neben ihm, damals noch als Oppositionspolitikerin.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 ‹5 ‹6 ‹7 ‹8 ‹9

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