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2x Nein und 1x Ja.

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ai

Wie fast alle Südtiroler Parteien empfiehlt auch zum Referendum zu gehen — und zweimal mit Nein (Mehrheitsbonus Kammer und Mehrheitsbonus Senat) und einmal mit Ja (Mehrfachkandidaturen) zu stimmen.

Der Mehrheitsbonus würde der meistgewählten Partei, auch wenn sie z.B. nur 30% der Stimmen erhält, 55% der Sitze in Kammer und Senat sichern und somit den Wählerwillen stark verzerren. Die größte Partei könnte das Land stets ohne Koalition, also auch ohne Kompromisse, regieren. Dies birgt eine autoritäre Gefahr. Außerdem trägt es zur Nivellierung der politischen Landschaft und mittelfristig zur Etablierung von nicht mehr als zwei bis drei Parteien auf Staatsebene bei — nämlich jene, die reale Chancen auf den Mehrheitsbonus haben. Nicht nur, aber besonders aus Sicht einer Minderheit ist die Festlegung auf ein System, in dem die politischen Minderheiten aussortiert werden und den Mehrheiten freie Hand gelassen wird, eine gefährliche Perspektive. 2x Nein zur Einführung des auf Berlusconi zugeschnittenen Mehrheitsbonus (violetter und gelber Zettel).

Die Mehrfachkandidaturen sind hingegen eine italienische Besonderheit, die es politischen Zugpferden erlaubt, gleich in mehreren Wahlkreisen anzutreten und so mit Sicherheit gewählt zu werden. Dabei handelt es sich um Stimmenfang und Wählertäuschung, da der Kandidat sein Mandat in nur einem Wahlkreis annehmen kann — und im Umkehrschluss in allen weiteren ablehnen muss. Diese Praxis ist nicht nur Ausdruck der Wählerverachtung, sondern auch eines zentralistischen Politikbildes, in dem nicht die Kandidaten des jeweiligen Wahlkreises, sondern die staatsweiten Anführer im Vordergrund stehen. 1x Ja zur Abschaffung dieser demokratieverachtenden Praxis (grüner Zettel).

Obwohl die Chancen nicht sehr groß sind, dass das Quorum erreicht wird und die Referenda Gültigkeit erlangen, gibt es genügend Gründe, um der Wahl nicht fernzubleiben:

  • Die Stimmen werden in jedem Fall ausgezählt und gelten als politisches Signal;
  • Das Referendum ist ein wichtiges Instrument der Demokratie, dessen Wirkung entfällt, wenn es nicht in Anspruch genommen wird;
  • In vielen Städten Italiens finden heute Stichwahlen zur Bürgermeisterwahl statt. Wer dort wählen geht, wird gleichzeitig an den Referenda teilnehmen;
  • Sollte das Quorum doch erreicht werden, macht sich jeder Nichtwähler mitverantwortlich für die eventuelle Einführung des Mehrheitsbonus.

Abgestimmt werden kann am Sonntag von 8.00 bis 22.00 Uhr sowie am Montag von 7.00 bis 15.00 Uhr.



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Comentârs

16 responses to “2x Nein und 1x Ja.”

  1. gadilu avatar
    gadilu

    Ho appena votato così. ;)

  2. Gorgias avatar
    Gorgias

    Sollte das Quorum doch erreicht werden, macht sich jeder Nichtwähler mitverantwortlich für die eventuelle Einführung des Mehrheitsbonus.

    Sollte das Quorum dank der NEIN-Stimmen erreicht werden, macht sich jeder NEIN-Wähler mitverantwortlich für die eventuelle Einführung des Mehrheitsbonus.

    Es ist leider nicht so einfach, was dem Rest des Artikels betrifft, stimme ich dir zu.

    Mein Wahlempfehlung: 2x Nicht und 1x Ja*

    (grüner Zettel)

  3. phoenixblob avatar
    phoenixblob

    In vielen Städten Italiens finden heute Stichwahlen zur Bürgermeisterwahl statt. Wer dort wählen geht, wird gleichzeitig an den Referenda teilnehmen

    Laut den mir vorliegenden Informationen kann man den Stimmzettel zur Bürgermeisterzahl annehmen und gleichzeitig die Stimmzettel zum Referendum ablehnen.
    Ebenso kann man auch nur einzelne Stimmzettel des Referendums annehmen.

  4. Gorgias avatar
    Gorgias

    @phoenixblob

    Aber wenn jemand schon wählen geht, ist die Wahrscheinlichkeit größer daß er auch für das Referendum abstimmt. Generell kann man bei Referenden von einer höheren Wahlbeteiligung ausgehen, als wenn es keine andere Wahlen gibt.

    Warum glaubst du finden die Volksabstimmungen in Südtirol erst im Herbst statt und nicht gleichzeitig mit den EU-Wahlen?

  5. pérvasion avatar

    Gorgias hat mit seinem Einwand zum vierten Punkt Recht.

  6. phoenixblob avatar
    phoenixblob

    Da habt ihr vollkommen Recht.

    Ich wollte nur auf die Möglichkeit hinweisen.

  7. korsakoff avatar

    “Das Referendum ist ein wichtiges Instrument der Demokratie, dessen Wirkung entfällt, wenn es nicht in Anspruch genommen wird; ”

    Das stimmt, aber Volksabstimmungen wie diese machen sich selbst lächerlich. Beispiel Zettel 3: Praktisch JEDE Partei (die sich nicht der Empfehlung enthalten hat) war dafür, mit JA abzustimmen. Wenn eine derartige Einigkeit herrscht, warum bitteschön machen es sich die Herren in Rom nicht selbst untereinander aus? Da muss man nicht zig Millionen Euro rausschmeißen für eine Abstimmung, die von Anfang an keine Chance hatte, mit 50% Beteiligung durchzukommen.

    Über derart technische Sachen wie ein Wahlgesetz sollte nicht das Volk abstimmen. Das überwältigende Desinteresse der Bevölkerung an dem Referendum bestätigt mich. In meiner Sektion haben sagnhafte 10,9% ihre Stimme abgegeben.

  8. gadilu avatar
    gadilu

    Avevo pronosticato una partecipazione del 25%. E infatti la quota è quella.

  9. dyane avatar
    dyane

    Lieber korsakoff, es gibt keine Themen, die man der Wahlbevölkerung nicht zumuten sollte. Es sind vor allem die Rahmenbedingungen dieser Referenden und die Verunsicherung durch die Politik die für die totale Schlappe gesorgt haben. Das hoch angesetzte Quorum veranlasst noch dazu Parteien den undemokratischen Weg der Enthaltung einzuschlagen. Wenn dagegen ein niedriges Quorum (oder gar keines) nahelegt, dass auf jeden Fall eine Entscheidung gefällt wird, regt das viel mehr Bürger an sich zur Wahl zu begeben.

    Die basisdemokratische Schweiz ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie Bürgerbeteiligung funktionieren kann und zwar zu jedem Thema. Wichtig ist bei technischen Inhalten eine gute Aufklärung der Bevölkerung, was wiederum die Demokratie belebt und mit Sinn füllt.

    Aber die SED, pardon, SVP möchte die Südtiroler wohl am liebsten nur über Feuerwehrhäusln abstimmen lassen.

  10. korsakoff avatar

    50% als Quorum zu hoch? Dai, bitte.

    Das Referendum wird ad absurdum geführt, wenn man über Dinge wie Punkt 3 abstimmen soll. Eine Sache, die die logischste überhaupt sein sollte: Ein Politiker kann nur in einem Wahlkreis antreten. Alle waren dafür. Wozu ein Referendum?

    Mag schon sein, dass man über alles abstimmen die Bevölkerung abstimmen lassen sollte, aber wenn das Vertrauen in die Politik einmal so niedrig ist wie in Italien, was völlig verständlich ist, und dann auch noch solch unnötige Referenden eingebracht werden, dann brauchst du dich auch nicht zu wundern, wenn keiner abstimmen geht. Ich kann aus den eben genannten Gründen die Aufforderung zur Enthaltung einiger Parteien bei diesem Referendum nachvollziehen.

  11. korsakoff avatar

    Achja, die Volksabstimmung an und für sich halte ich schon für ein gutes Mittel. Nur darf sie nicht für Publicity-Zwecke missbraucht werden. Der, der den Vorschlag eingebracht hat, muss davon ausgegangen sein, dass er niemals die 50% erreichen kann.

  12. Gorgias avatar
    Gorgias

    Liebe dyane,
    das was du über das Quorum sagst ist nichts anders als die Doktrin der direkten Demokratie-Fundis. Diese meinen, daß mit der Einführung der direkten Demokratie sich alles fast von selbst richtet.

    Wenn man das Quorum weit genug runtersetzt fangen die Leute endlich an zu denken? Man gibt gerne die Schweiz als positives Beispiel für d. Dem. an. Doch es wird nicht die Geschichte der Schweiz mit einbezogen, die entwickelte Miliz-Kultur und die lange Entwicklungszeit in den Kantonen als Laboratorien für die schweizer direkten Demokratie.

    Aber es gibt auch ein Katastrophales Beispiel für d. Dem. wie Kalifornien, wo der Governeuor das Handtuch fast werfen will, weil er es nicht schafft den Haushalt zu sanieren weil, ihm mit einen Haufen Referenden dazwischengepfuscht wurde und er nun ganz wenig Möglichkeiten zur Einsparung bleiben. Jetzt ist er gezwungen Sträflinge zu entlassen und traditionelle Schulbücher abzuschaffen und in elektronischen Form einzuführen, obwohl die Darstellungen auf einem Notebook-Bildschirm von der Schärfe nicht gleichwertig sind wie in Buchform.

    Direkte Demokratie kann Populismus und Lobbyismus neue Möglichkeiten öffnen und eine mobilisierte Minderheit kann ihre Partikularinteressen zu ungunsten einer desinformierten Mehrheit durchsetzen.

    Und schauen wir uns die Geschichte der direkten Demokratie in Südtirol an: Sie ist ein einziger Sieg, – nämlich für den Siegesplatz!

    Californien hatte in den 90zigern eine Energie-Krise, weil der Energiemarkt dank Volksabstimmung dereguliert wurde.

  13. jonny avatar
    jonny

    Aber wäre nicht die Einstellung zu einem Referedum schon mal ganz anders, wenn der Bürger weiss, jede Stimme zählt, auch wenn nur 10 Menschlein zur Abstimmung gehen? Ich bin nicht wählen gegangen, weil ich wusste, dass das Quorum nicht erreicht wird, wenn es aber kein Quorum gegeben hätte, wäre ich sicher gegangen, um mitzuhelfen, einen Diktator Berlusconi zu verhindern.
    Und genau das ist der Punkt, wenn jede Stimme zählt, wird auch jede Stimme wichtiger, und es wird auch der Wähler wichtiger, und mit der Zeit auch mündiger und verantwortungsbewusster!
    Es wird immer Referenden geben, die anders ausgehen, als ich, oder Gorgias oder Gadilu oder Pervasion, oder EDZ oder Superciuk oder Valentino, es sich wünschen, aber so ist das eben mit der direkten Demokratie, da kann man dann nicht mehr “nur” den Politikern die Schuld geben, sondern muss das “dumme” Volk miteinbeziehen, und das wäre gut.

    Jonny

  14. Gorgias avatar
    Gorgias

    Ich bin nicht wählen gegangen, weil ich wusste, dass das Quorum nicht erreicht wird, wenn es aber kein Quorum gegeben hätte, wäre ich sicher gegangen,

    Als verantwortungsvoller Bürger geht man, (außer man will aus taktischen Gründen, dass das Quorum nicht erreicht wird) zu einem Referendum, auch wenn die Wahrscheinlichkeit dass das Quorum erreicht wird unwahrscheinlich ist. Es ist immer noch Ausdruck der eigenen Meinung.

    Es wird immer Referenden geben, die anders ausgehen, als ich, oder Gorgias oder Gadilu oder Pervasion, oder EDZ oder Superciuk oder Valentino, es sich wünschen, aber so ist das eben mit der direkten Demokratie,

    Es geht nicht darum ob Entscheidungen gefällt werden die ich nicht Teile, das gibt es bei einem parlamentarischen System auch.

    Meines erachten stellt sich grundsätzlich die Frage ob die Einführung der direkten Demokratie ein Vorteil ist für die Allgemeinheit ist oder nicht. Ob die direkte Demokratie eine gute Ergänzung für das politische System ist, oder ob der Entscheidungsprozess empfindlich gestört und die Demokratie als Ganzes Zuspruch verliert.

    da kann man dann nicht mehr ”nur” den Politikern die Schuld geben, sondern muss das ”dumme” Volk miteinbeziehen, und das wäre gut.

    Das “Volk” ist dumm, weil es anderen die Schuld für die eigene Entscheidung gibt. Politiker können sich dementsprechend das Leisten, was die Öffentlichkeit tolleriert oder nicht wahrnimmt, weil es zu kompliziert und zu langatmig ist sich mit Politik zu beschäftigen, weil es zu mühselig ist sich mit Themen differenziert auseinanderzusetzen und sich am leichtesten über Politiker schimpfen lässt:”Das sind ja eh alle die Gleichen”. Aber wer sich ein bischen für Politik interessiert hat, kann schon Unterschiede bei unseren Volksvertretern erkennen.

    Ich bin froh, daß wir Repräsentanten wählen können, die, nachdem sie ihre Entscheidungen getroffen haben, sich in der Öffentlichkeit dafür Rechtfertigen müssen und Entscheidungen und Fehler korrigieren können, wenn der öffentliche Druck groß genug ist. Was ist wenn etwas abgestimmt wird für das sich keiner mehr verantwortlich zeigt?

    Auch haben viele Anhänger der direkten Demokratie die Illusion, dass die Dinge einfacher werden, aber wer sich die Lösung ansieht, die sich die Mehrheit des Landtages für die Regelung für konkurierende Referenden ansieht, stäuben sich mir die Haare, wenn ich bedenke dass sich die Öffentlichkeit kaum dafür gescheert hat.

    Diese Lösung ist eine Verarschung und Bevormundung des Wählers und kaum jemand regt sich auf!

    Auch ist es eine Illusion zu glauben dass durch die direkte Demokratie der Wille des Volkes zum Ausdruck kommt, so als ob es einen Kollektivwillen geben würde. Auch geht nicht das “Volk” wählen sondern es bildet sich eine Gegenelite, denn sogar in der Schweiz beteiligen sich tendenziell Höhergebildete an Referenden. Die Mehrheit läßt sich hauptsächlich bei populistischen Themen mobilisieren, so wie das Bozner Gemeindereferndum uns wieder den Siegesplatz zurückgebracht hat und so wird (wenn das Quorum herabgesetz wird) uns eine Landesreferendum für eine Landeshymne geben.

  15. Andreas Hofer avatar

    Graf hat sich durchgesetzt. Rom gibt nach und lässt die Volksabstimmung zu. Tiroler die schon länger als 90 Jahre sesshaft sind, dürfen eVoting teilnehmen.

  16. pérvasion avatar

    Das nenn ich mal eine Gerontokratie. ;-)

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