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Erster Versuch.

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Die Süd-Tiroler Freiheit hat heute in der Tageszeitung A. Adige eine ganzseitige Anzeige geschaltet, um — wie es heißt — den Italienern die Position der Partei zu erklären. Als Anlass wurde der Tag der Menschenrechte gewählt, der am 10. Dezember begangen wird. Die Idee ist an und für sich ausgezeichnet, und auch der Versuch, endlich auf die Italiener im Lande zuzugehen, ist zu begrüßen.

Dem in einer Pressemitteilung der Partei erwähnten Anspruch

allen unseren italienischen Mitbürgern [zu] erklären, dass unser Einsatz nicht gegen unsere Nachbarn im Kondominium, im Nachbarhaus oder auf der Straße gerichtet ist

wird die Anzeige selbst jedoch leider nicht gerecht. Es wird ausschließlich auf das Selbstbestimmungsrecht verwiesen, dessen Anwendung im Falle Südtirols zweifelhaft erscheint. Falls die Selbstbestimmung in Berufung auf dieses Prinzip des Völkerrechts ausgeübt würde, wären die Italienerinnen davon voraussichtlich sogar ausgeschlossen — eine völlig inakzeptable gesellschaftliche Katastrophe mit unvorhersehbaren Folgen.

Auf die tiefsitzenden Ängste und berechtigten Zweifel der italienischen Mitbürgerinnen wurde in der Anzeige nicht eingegangen. Hierfür hätte der Text viel »didaktischer« ausfallen und zumindest folgende Punkte umfassen müssen:

  1. Warum wäre die Loslösung von Italien vor allem ein gesellschaftlicher und nicht nur wirtschaftlicher Vorteil für alle Südtirolerinnen?
  2. Welche Garantien sind für alle Sprachgruppen gleichermaßen vorgesehen, falls sich Südtirol von Italien löst? Wie werden sie schon vorher verbindlich festgeschrieben?
  3. Warum und inwiefern ist das Ansinnen nicht gegen jemanden gerichtet, sondern einer besseren Zukunft aller hier lebenden Menschen zuträglich?
  4. Welche Rolle sollen die Italienerinnen in diesem Prozess spielen? Wie soll verhindert werden, dass sie bei einem etwaigen Selbstbestimmungsreferendum einfach überstimmt werden?
  5. Ein klares politisches Angebot für die Schaffung einer gemeinsamen Willensnation.
  6. Eine Vision, wie sich dieses freie Südtirol im internationalen Kontext positionieren könnte.

Dies setzt natürlich voraus, dass die Süd-Tiroler Freiheit sich ein Projekt gibt, welches diesen Anforderungen gerecht wird. Es reicht also nicht, dass der Einsatz nicht gegen den Nachbarn gerichtet ist — er muss den Nachbarn bewusst und dezidiert miteinbeziehen und dort abholen, wo er ist.



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Comentârs

7 responses to “Erster Versuch.”

  1. Teldra avatar

    Wir Ahrntaler können uns ein Modell ähnlich der Schweiz sehr gut vorstellen. Dieses Modell mit den verschiedenen Sprachgruppen und Kantonen soll unseren ital. Mitbürgern vermittelt werden.
    Fragen sie doch einen Tessiner, ob er lieber von Italien aus regiert werden möchte!

  2. anonym avatar
    anonym

    100% Zustimmung.
    Die Anzeige ist mehr als enttäuschend, so kann man nicht richtig überzeugen.

  3. fabivS avatar
    fabivS

    Nei contenuti della critica sono d’accordo con te. Ma nella portata non del tutto.
    Si tratta di un primissimo tentativo, per quanto di esito forse non felice, di rivolgersi anche alla popolazione di lingua italiana. Quest’ ultima storica mancanza, assieme alla mancanza di un progetto è stata sempre una delle aporie strutturali di STF. La volontà , per quanto tardiva di porvi rimedio, credo faccia passare questa volta più in secondo piano i problemi contenutistici.
    Ripeto un paragone che ho usato più volte a riguardo: questa inserzione è come le prime parole di un bambino, il linguaggio è quello che è ed il contenuto lascia a desiderare, ma è un passo importante. Dalle prossime volte niente sconti.

  4. niwo avatar
    niwo

    Sehr guter Beitrag von pérvasion. Sollte es gelingen den Fokus der Diskussion auf die oben aufgelisteten Punkte zu richten, werden wir eine gesellschaftliche Diskussion in Gang setzen, die dann mit der Unabhängigkeit Südtirols gekrönt werden kann, wenn das dabei herausgearbeitete Modell für alle hier im Lande lebenden Volksgruppen eine win win Situation darstellt.
    Positiv, dass diese Überlegungen auch bei der SF langsam salonfähig werden.

  5. jonny avatar
    jonny

    Solche “Taten” der StF sollte man eigentlich gar nicht kommentieren, weil doch die mesiten wissen müssten, dass die Bande um Eva Klotz nicht nur Italien loswerden möchte, sondern wenn irgendwie möglich, auch gleich die Italiener. Also, Kommentar überflüssig, obwohl von Pé gut geschrieben.

  6. Stefan avatar
    Stefan

    @jonny: bei Klotz’ Partei dürfen Italiener kandidieren, bei der SVP nicht.
    Nun macht die Südtiroler Freiheit einen löblichen Schritt und spricht auch noch direkt die Italiener an.
    Ich würde also nicht so pauschal behaupten, dass sie die Italiener loswerden will.

  7. jonny avatar
    jonny

    @stefan
    Natürlich nicht alle, genauso wie bei den Ausländern. Wer die Tiroler Hymne im Dialekt singen kann, eine Tracht im Schrank hat, bei einem Schützen – Trachten – oder Volkstanzverein Mitglied ist, der darf bleiben. Da fällt mir ein, Oh Scheisse, dann muss ich ja auch weg!

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