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Südtirol fördert… Bauchschmerzen.

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Mittels großformatiger Anzeigen in lokalen Zeitungen und an zahlreichen Bushaltestellen bittet die Landesregierung um Verständnis für die Kandidatur zur Europäischen Kulturhauptstadt Venezia-Nordest (sic).

Durch die Anzeigen wird klar, dass Südtirol neben Kultur vor allem eines fördert: Schlechtes Deutsch.

So ist von einem ominösen »Musikkonservatorium« die Rede, eine wörtliche Übersetzung des italienischen »conservatorio musicale«. Die deutsche Sprache allerdings begnügt sich mit »Konservatorium«. Dass dort Musik unterrichtet wird, ist klar — »Musikkonservatorium« ist redundant und falsch.


Bei dieser Anzeige bleibt offen, welche Museen, Sammlungen und Ausstellungsorte 1,5 Millionen BesucherInnen besucht haben. Ein Vorschlag:

1,5 Millionen BesucherInnen haben die 115 Südtiroler Museen, Sammlungen und Ausstellungsorte 2010 besucht.


Die beabsichtigte Aussage dieser Anzeige sollte vermutlich eine andere sein. Nicht, dass die Schule mit Klimahauszertifikat in Südtirol ein Modell für nachhaltige Architektur ist (was ja nahelegt, dass sie andernorts kein Modell wäre, hierzulande folglich niedrigere Standards gelten), sondern, dass die Schule ein Modell für die (angeblich) allgemein nachhaltige Architektur in unserem Lande ist. In diesem Fall hätte man den Satz zum Beispiel so formulieren müssen:

Die Grundschule in St. Magdalena im Villnösser Tal mit KlimaHaus-Zertifikat B ist ein Beispiel für nachhaltige Architektur in Südtirol.

Man hätte sich »in Südtirol« aber auch ganz sparen können.


Wer schließlich diesen Satz gebildet hat, braucht dringend Urlaub — am besten Sprachurlaub:

Das Ziel Europas einer offenen Gesellschaft ist in Südtirol bereits ein Stück Wirklichkeit.

Aha!?

Siehe auch: 01 02 03 04 05



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Comentârs

6 responses to “Südtirol fördert… Bauchschmerzen.”

  1. pérvasion avatar

    Falls jemand die Anzeigen hat und in höherer Qualität einscannen kann — ich wäre sehr dankbar.

  2. Beppi avatar
    Beppi

    Der Stil erinnert allerdings ziemlich an den italienischen Sprachduktus. Allzu wörtlich von einer italienischen Vorlage übersetzt?

    Weiß jemand zufällig, ob es auch Plakate in ladinischer Sprache gibt?

  3. adescalt avatar
    adescalt

    Dieser italienische Sprachduktus findet sich auch in Beschlüssen des Südtiroler Landtags, was das folgende Zitat belegt. Ich hätte angenommen, dass es dort bessere Übersetzer gäbe!

    festgestellt, dass der Haushaltsvoranschlag des Südtiroler
    Landtages gemäß den Bestimmungen der
    “Verwaltungs- und Buchungsordnung des Südtiroler
    Landtages” und des Artikels 43 des Landesgesetzes
    vom 14. August 2001, Nr. 9 ausschließlich als Kompetenzhaushalt
    geführt wird;
    constatato che ai sensi del regolamento interno di
    amministrazione e di contabilità  del Consiglio della
    Provincia autonoma di Bolzano e dell’art. 43 della
    legge provinciale 14 agosto 2001, n. 9 il bilancio del
    Consiglio è redatto in termini di sola competenza;
    dies vorausgeschickt, ciò premesso,
    beschließt
    der Südtiroler Landtag

    Quelle: BESCHLUSS DES LANDTAGES Nr. 13/11

  4. pérvasion avatar

    @Beppi: Soviel ich weiß, sind die Plakate (bis auf Willkommen/Benvenuti/Begnodüs/Welcome und Provinzia Autonoma de Bulsan – Südtirol) zweisprachig Deutsch-Italienisch.

  5. niwo avatar
    niwo

    Durch die Anzeigen wird klar, dass Südtirol neben Kultur vor allem eines fördert: Schlechtes Deutsch.

    Für das Niveau einer Folklore-Sprache sind wird ja gerade noch ausreichend qualifiziert. Für mehr reicht es in Südtirol anscheinend nicht mehr. Die für unser Land völlig kontraproduktive Bewerbung mit dem Projekt “Kulturhauptstadt Italia Nord-Est” nimmt diesbezüglich schon mal einen gefährlichen Trend vorweg.

  6. m.gruber avatar
    m.gruber

    In Südtirol tu’ ich mich schwer zwischen “geförderter Kultur” und subventioniertem Kulturtourismus zu unterscheiden.

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