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Was die Medien wollen.

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Unterschriftenkampagnen mögen zwar konkret nicht unmittelbar etwas erreichen, doch sie schaffen eine kritische Öffentlichkeit und es tut gut, auf diese Weise seinen Protest loszuwerden.

Besser als Christine Helfer auf Salto hätte man es kaum zum Ausdruck bringen können — dabei hatten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ihres Artikels gerade einmal 3.500 Bürgerinnen die Petition gegen überhöhte Politikergehälter und Pensionsansprüche unterschrieben. Von »Unterschriften« kann bei Avaaz-Petitionen freilich nur bedingt die Rede sein, nicht nur, weil sie rechtlich bedeutungslos sind, sondern auch, weil das Portal über so gut wie gar keine sicherheitstechnischen Vorkehrungen verfügt, die einen Missbrauch verhindern könnten.

Auch die großen Südtiroler Print- und Onlinemedien berichteten begeistert von der Petition, die inzwischen (über zwei Wochen nach ihrer Veröffentlichung am 19. Februar) rund 17.100 Unterstützer zählt. Wenn den Medien ein Thema also in den Kram passt — um nicht zu sagen: wenn es von ihnen gesteuert wird — dann sind nicht nur Sicherheitsbedenken plötzlich kein Thema mehr. Auch vergleichsweise geringe Teilnehmerzahlen werden völlig anders beurteilt, als in ähnlich gelagerten Fällen.

Wir erinnern uns: 56.395 Südtirolerinnen hatten erst kürzlich in einer selbstverwalteten Befragung zum Ausdruck gebracht, dass sie eine amtliche Abstimmung über die staatliche Zugehörigkeit wünschen. Unisono argumentierten die etablierten Medien, dass sich 85% der Wahlberechtigten gar nicht an der Materie interessiert hätten — wenn sie nicht gar pauschal als Selbstbestimmungsgegner gewertet wurden. Nirgends war jedoch zu lesen, dass sich (bislang) nur 4,2% der Südtirolerinnen an der Avaaz-Petition beteiligt haben — obschon:

  • der Aufwand und vor allem die Hemmschwelle geringer sind, als bei der SB-Befragung;
  • die Teilnahme weder auf Südtirolerinnen, noch auf die Wahlberechtigten (ab 18 Jahren) beschränkt ist;
  • die SB-Befragung von Medien und Parteien torpediert und kritisiert worden war, während die jetzige Avaaz-Petition von der Politik ignoriert (und erduldet), von den Medien aber deutlich gepusht wurde und wird.

Wenige Wochen nach Beendigung der selbstverwalteten Befragung zum politischen Status unseres Landes präsentieren uns also die Medien selbst den Beweis für ihre durch und durch ideologische Berichterstattung. Anders als durch Ideologie lässt sich die diametral entgegengesetzte Rezeption und Bewertung des Bürger-Engagements rational nicht erklären:  Und dieser Machtmissbrauch, diese Willkür in der Beurteilung von Fakten wirft einen sehr sehr dunklen Schatten auf die gesamte etablierte Medienlandschaft unseres Landes.

Einfache und völlig logische Erkenntnisse wie die eingangs zitierte Feststellung Christine Helfers waren zum Thema Selbstbestimmung leider weit und breit nicht zu lesen. Während sich 17.100 Bürgerinnen (wie es richtig ist) der geballten Aufmerksamkeit sicher sind, werden 56.395 andere nach wie vor totgeschwiegen.



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Comentârs

9 responses to “Was die Medien wollen.”

  1. niwo avatar
    niwo

    Die aus dem Ruder gelaufene Stammtisch-Kampagne der Südtiroler Mainstream Medien zum Thema Politikgehälter und Pensionen zeigt, dass wir in Südtirol ein akutes Medienproblem haben. Die Medien waren bisher nicht in der Lage die richtigen Fragen zu stellen. Verantwortungsbewusste Medien müssen die Diskussion darauf fokussieren welche Art von Politik und Demokratie wir wollen. Welche Dienstleistung an der Gesellschaft erwarten wir uns vom Politbetrieb und von den demokratischen Institutionen?
    Zudem müssen sich Südtirols Mainstream Medien, einschließlich selbsternannter “alternativer” Medien, wie etwa Salto der Frage stellen, warum für unser Land wichtige Zukunftsthemen von der Berichterstattung weitgehend ausgeklammert werden oder diese auf subtile Art und Weise marginalisiert werden.
    Viele der zentralen Zukunftsfragen für unser Land (Autonomie, Selbstbestimmung, Unabhängigkeit, Verhältnis zum Zentralstaat, ökonomisch\ökologisch\sozial\kulturelle Leitlinien usw) hängen maßgeblich von den Erwartungen ab, die wir an den Politbetrieb und Institutionen stellen.
    In unserer Aufmerksamkeitsökonomie spielt die sog. 4. Gewalt im Lande auch bei diesen Fragen eine zentrale Rolle.
    Wird diese Aufgabe verantwortungsvoll wahrgenommen? Werden diese Themen ergebnisoffen behandelt? Findet ein halbwegs gleichberechtigter Dialog der Meinungen statt? Inwieweit spielen ideologische Dogmen eine Rolle? Welche unheilvollen Verstrickungen zwischen Politik und Medien gibt es?

  2. fabivS avatar
    fabivS

    Purtroppo in realtà  per quanto riguarda la selbstbestimmung non esistono media alternativi. Si va dalla manieristica opposizione dell’Alto-Adige, che ha fatto scuola nei decenni passati (Selbstbestimmung= odiare gli italiani), all’opposizione mainstream da SVP (Utopia, ed il vecchio “inz geaht es sou guat”), all’ opposizione da “alternativo” Selbstbestimmung (Selbstebstimmung= Nationalsozialusmus).
    Quindi di fatto esiste solo un mainstream, su questo tema… è apparentemente tabu…

  3. hunter avatar
    hunter

    wer sieht die parallelen:



    http://www.youtube.com/watch?v=YzkchqB7cz4

    sehr interessant das ganze

    1. m.gruber avatar
      m.gruber

      propaganda in beiden Fällen. Nur hab ich bei uns das Gefühl die Medien sind einfach zu dumm, denn sie hätten ja alle Freiheiten den Stoff ordentlich aufzuarbeiten anders als beispielsweise in der Ukraine, oder Russland, beides Länder die ja nicht gerade wegen ihrer Pressefreiheit bekannt sind.

      Bei uns verpassen sich die Medien den ideologischen Maulkorb freiwillig. So zumindest nehm ich es wahr.

      1. Libertè avatar
        Libertè

        Die verpassen sich nicht den ideologischen Maulkorb freiwillig, vielmehr drücken die Medienherren ihre Eigene Meinung bzw. die die ihnen Nützt in den Mittelpunkt. Dazu passt wohl das Sprichwort. Jede Partei hat ihre Zeitung, in Südtirol hat eine Zeitung eine Partei.

    2. m.gruber avatar
      m.gruber

      Noch was interessantes: in der Ukraine gibt es wahrscheinlich eine Volksabstimmung darüber, ob di Krim zu Russland soll und das schon am 16. März: http://www.bbc.com/news/world-europe-26465962 Die EU ist natürlich dagegen.

      1. Libertè avatar
        Libertè

        Ja, man hätte den Konflikt schon viel früher, mit basisdemokratischen Mitteln, lösen können.
        Die Ukraine ist eben gespalten!
        Aber es wird immer so getan als wäre das das Schlimmste…

  4. Steffl avatar
    Steffl

    Wenn die USA überall auf der Welt über die CIA Terroristen infiltriert (in den Massenmedien dann als “arabischer Frühling” oder eben in der Ukraine, Iran oder Syrien als die “gute Opposition” bekannt) um eigene Ziele zu verfolgen kümmert es keinen. Auch scheint es das Normalste zu sein, dass man die Nazis oder Osama bin Laden zuerst finanziert (googelt mal nach Prescott Bush, den Großvater von G.W. Bush, oder nach Henry Ford), um sie dann, wenn es darum geht als der “Gute” dazustehen wieder abzuschießen.
    So einfach ist das ganze eben nicht, wie es uns die Systemmedien verkaufen wollen, denn im Krieg gibt es meiner bescheidenen Meinung zufolge kein “Gut” oder “Böse”. Es gibt natürlich sehr wohl wahnsinnige Kriegsverbrecher wie Hitler, die Frage ist immer aber auch WER diese wahnsinnigen Psychopathen zuerst überhaupt finanziert hat, damit sie so groß werden konnten. Krieg an sich ist die Verkörperung des Bösen, der Rest drumherum ist meist viel komplexer als es die Vereinfachung unserer Medien rüberbringen. Denn Russland jetzt als den “Bösen” darzustellen, das ja im Grunde die eigene Minderheit in der Ukraine beschützt, und Amerika als den “Guten”, obwohl es auf der ganzen Welt in Länder einfällt, wo es keinen Grund außer Machterweiterung gibt, finde ich mehr als heuchlerisch von den westl. Medien.

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