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DFB zur Wettbewerbssprache.
Proporzumgehung

Am 4. Mai hat die rechtsrechte Regierung von Giorgia Meloni (FdI) ihre ersten beiden Durchführungsbestimmungen (DFB) zum regionalen Autonomiestatut genehmigt, wovon eine speziell Südtirol und den Minderheitenschutz betrifft. Die »Brüder Italiens« bringen sich damit weiterhin als künftige Partner der SVP nach der nächsten Landtagswahl in Position.

Aufgrund der jetzt erfolgten Abänderung müssen Kandidatinnen fortan zumindest eine der allfälligen schriftlichen und in jedem Fall die mündliche Prüfung zur Aufnahme in den öffentlichen Dienst in jener Sprache (Deutsch oder Italienisch) ablegen, der sie sich zugehörig erklärt bzw. zugeordnet haben.

Damit soll insbesondere die Praxis erschwert werden, dass Bewerberinnen aus reinem Opportunismus jene Sprachgruppe wählen, die ihnen bei Wettbewerben bessere Erfolgsaussichten verspricht (vgl. ‹1), ohne die jeweilige Sprache auch tatsächlich zumindest so gut zu beherrschen, dass sie damit eine Prüfung bestehen könnten.

Bislang konnte auf diesem Weg der Minderheitenschutz ad absurdum geführt werden, indem Stellen besetzt wurden, die eigentlich der anderen Sprachgruppe zustehen würden.

Es ist zu sagen, dass diese DFB schon 2021 von der Sechserkommission verabschiedet worden war. Sie führt nicht zu einem Ausbau der Autonomie, sondern lediglich zu einer (durchaus wichtigen) Präzisierung von Minderheitenschutzmaßnahmen. Außerdem liegt die Norm durchaus im Interesse der italienischen Rechten, da sie nebenbei auch sicherstellt, dass das Verhältnis zwischen den Sprachgruppen nicht durch »Scheinerklärungen« zu Lasten der italienischen Sprachgruppe verfälscht wird.

Ein Beitrag zur Wiederherstellung der Autonomie, wie sie Rechtsrechts in Aussicht gestellt hatte, ist diese DFB also jedenfalls nicht.

Siehe auch ‹1

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Autorinnen und Gastbeiträge

SVP-FdI: Operation Weichspülen.
Teil 2

Es wächst zusammen, was nicht zusammengehört. SVP und Fratelli d’Italia. Wirklich nicht?

Das Unternehmen Athesia hat der SVP mit der Meloni-Wahlpropaganda den Hinweis gegeben, mit einem großen Zaunpfahl, wohin es nach den Landtagswahlen im Herbst gehen soll.

Wolkig äußerte sich dazu — ganz in diesem Sinn — Landeshauptmann Arno Kompatscher im Corriere della Sera.

Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber zu sprechen  […] Mit wem wir reden können, hängt dann auch vom Wahlverhalten der Bürger ab.

— LH Arno Kompatscher (SVP)

Vor fünf Jahren wurde die Lega zur stärksten italienischen Partei, laut SWZ-Umfrage werden aber die Fratelli die Lega ablösen. Die Italiener in Südtirol wählen meist nach dem gesamtstaatlichen Trend. Der liegt laut Umfragen für Fratelli d’Italia derzeit bei 30 Prozent der Stimmen.

Die Operation Weichspülen ist deshalb schon voll im Gange. Die SVP-Parlamentarier enthielten sich bei der Abstimmung über die Bildung der Regierung Meloni der Stimme. Meloni versprach, die angeknabberte Autonomie wieder herzustellen. Ein ernsthaftes Unterfangen? Als wohlwollend galt auch die Stimmenthaltung der SVP-Vertreter in der Sechserkommission, die damit die Wahl von Alessandro Urzì, gewählt im Kammerwahlkreis Vicenza, zum Präsidenten ermöglichten. Diese Kommission ist für den Ausbau der Autonomie zuständig.

Ohne sich mit dem zuständigen Landesrat abzusprechen, sicherte Landeshauptmann Arno Kompatscher dem Landtagsabgeordneten Marco Galateo von den Fratelli zu, den Ordnungs- und Streitkräften sowie den Bediensteten des Zivilschutzes Wohnungen billiger zur Verfügung zu stellen. Außerdem sollen sie den öffentlichen Personennahverkehr kostenlos nutzen können. Warum dieses Privileg? Das hätte sich das Pflegepersonal wohl auch verdient.

Landesrat Massimo Bessone von der Lega fühlt sich zurecht übergangen, ist er doch für den Bau von vergünstigten Wohnungen zuständig. Vom Deal Kompatscher-Galateo erfuhr Bessone aus den Medien. Respektvoll ist das keineswegs. Der Mohr hat offensichtlich seine Schuldigkeit getan, um den großen englischen Literaten Shakespeare zu zitieren.

Galateo kann gleichzeitig beim Besuch des Südtirol-Ausschusses in Wien gegen die österreichische Schutzmacht poltern und deren Aufhebung fordern. Weil — ja weil Südtirol eine inneritalienische Angelegenheit sei. Der Widerspruch der Volkspartei blieb aus.

Wahrscheinlich wird die SVP den Wunsch von Galateo unterstützen, das faschistische Siegesdenkmal bombastisch zu beleuchten. Möglicherweise wird diesem Anliegen auch die geschrumpfte italienische Linke zustimmen. Galateo möchte auch, dass in den 115 Gemeinden des Landes — dem Beispiel Bozens folgend — Gedenkstätten an die jugoslawischen Karsthöhlenmassaker an den italienischen Istriern nach 1945 errichtet werden.

In seiner Eigenschaft als Vertreter der italianità versuchte Galateo auch, die Vorstellung des Buches »Kann Südtirol Staat?« des Vereins Noiland Südtirol-Sudtirolo im Landtag zu verhindern.  Galateo bezeichnete die Studie über eine mögliche Eigenstaatlichkeit Südtirols als »Schlag für die Autonomie und das friedliche Zusammenleben«. Als besonders verstörend empfand er die Tatsache, dass der Verein für sein Buch eine Landesförderung erhielt.

Galateo, ein ethnischer Einpeitscher? Urzì, inzwischen ein Südtirol-Versteher? In mehreren Interviews mit der Tageszeitung skizzierte Urzì seine Grundzüge für ein Koalitionsprogramm mit der SVP. Er gibt sich autonomiefreundlich — die Autonomie ist ja immerhin in der italienischen Verfassung verankert. Kein Wort aber zum Pariser Vertrag, zur internationalen Dimension der Autonomie. Urzì lässt die SVP wissen, dass die Autonomie nicht ihr gehört, sondern allen. Wer kann da auch schon was dagegen haben?

Urzì und seine Thesen

Urzì wirbt auch mit angeblich alle verbindenden Werten wie Familie, unternehmerische Freiheiten, Wettbewerb und weniger Steuern. »Wir treten für eine stolze Idee ein: den Wiederaufbau Italiens«, sagte Urzì in einem Interview mit der Tageszeitung.

Die unverblümten Worte von Urzì vor den Parlamentswahlen scheinen in der Brennerstraße angekommen sein. Er ließ die SVP in der Tageszeitung wissen, wenn sie ihr Verhalten nicht ändere, seien die Bedingungen für eine Zusammenarbeit schlecht, falls FdI in Rom regieren sollte. Eine Zusammenarbeit, um das von der SVP unterstützten Mitte-Links-Regierungen heruntergewirtschaftete Land wieder aufzubauen, schob er hinterher. Diese Töne freuen hier im Land besonders die Wirtschaft, wie schon Professor Pallaver auf Salto angedeutet hatte.

Urzì sucht zwar die Nähe zur SVP, wirft ihr aber gleichzeitig Opportunismus vor. Hätte seine Partei bei den Landtagswahlen vor fünf Jahren mehr Mandate erhalten als die Lega, gäbe es bereits eine Koalition aus SVP und FdI.

Grundlage für eine solche Koalition müsste eine Vereinbarung sein, ergänzte Urzì in der Tageszeitung, »die nicht nur in der Brennerstraße geschrieben werden darf«. Als eine weitere Grundlage beschreibt der rechte Rechtspolitiker eine mehrsprachige Schule, gegen die sich die SVP noch versperrt.

Und Urzì rammte im Tageszeitungs-Gespräch eine weitere Leitplanke ein: Einen Ausbau der Autonomie wird es nicht geben, sondern eine Verbesserung der Autonomie, eine unmissverständliche Botschaft an den möglichen Koalitionspartner SVP.

Die Autonomie muss allen Bürgern Möglichkeiten bieten, unabhängig von der Sprachgruppe. Derzeit wird die italienische Sprachgruppe aufgrund von ideologischen Vorurteilen benachteiligt. Wir brauchen kein System von Herren und Sklaven, sondern gegenseitigen Respekt. Damit dies gelinget, muss die SVP, was ihr demokratisches Bewusstsein betrifft, reifen.

— Alessandro Urzì (FdI) in der Tageszeitung

Urzì stellt der SVP ein undemokratisches Zeugnis aus, sie diskriminiere mit ihrem Sklavensystem die italienische Sprachgruppe. Warum will Urzì mit einer solchen Partei unbedingt in eine Koalition? Magnago wird angesichts dieser Entwicklung die Reste seines Sarges vollkotzen.

Serie I II

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Sechserkommission: Grüne über Wahl von Urzì entrüstet.

Die Südtiroler Grünen sind — wie ich auch — über die gestern erfolgte Wahl von Alessandro Urzì (FdI) zum Vorsitzenden der Sechserkommission und die »wohlwollende« Enthaltung der SVP bei der entsprechenden Abstimmung empört.

Das überrascht mich zugegebenermaßen ein wenig, da die Grünen erst kürzlich im Landtag nicht nur die angeblichen Rechte des Neofaschisten verteidigt, sondern auch aktiv für Urzì gestimmt hatten, als es darum ging, den Vorsitzenden des U-Ausschusses WirNëusNoi zu wählen.

Man könnte nun natürlich sagen, dass der U-Ausschuss nicht so sensibel für die Autonomie ist wie die Sechserkommission. Das ist richtig. Andererseits ist die Sechserkommission aber auch ein paritätisches Gremium zwischen römischer Zentral- und Südtiroler Landesregierung. Erstere steht nunmal — wofür man Südtirol kaum verantwortlich machen kann — unter rechtsrechter Führung und hat die Personalie Urzì nicht nur ernannt, sondern nach anfänglicher Uneinigkeit letztendlich auch für den Vorsitz vorgeschlagen.

Damit will ich keineswegs sagen, dass die SVP keine Möglichkeiten gehabt hätte, sich stärker von dem Rechtsaußen abzugrenzen, gegen ihn zu stimmen oder gar die (für mich unverständliche) Gepflogenheit in Frage zu stellen, wonach der Vorsitz einem von Rom ernannten Mitglied der italienischen Sprachgruppe zusteht — was die Auswahl auf nur zwei der sechs Vertreterinnen einengt.

Ganz im Gegenteil: Ich hätte mir ein solches widerständiges Vorgehen von der Sammelpartei nicht nur erhofft, sondern aufgrund ihrer Geschichte eigentlich auch erwartet. Die Kuschelei mit den Faschistinnen ist meiner Meinung nach gänzlich inakzeptabel und insbesondere für ein Land wie Südtirol besorgniserregend.

Allerdings verstehe ich eben auch nicht, wie sich all jene, die Urzì schon im Landtag nicht Einhalt gebieten und isolieren wollten, nun (künstlich) über seine Wahl zum Vorsitzenden der Sechserkommission echauffieren können. Für mich wirkt es leider etwas unglaubwürdig, aufgesetzt und vorgeschoben.

Aber vielleicht irre ich mich und nicht nur die Grünen haben ihre Einstellung zu diesem Thema tatsächlich und grundsätzlich geändert. Dann hoffe und wünsche ich mir, dass sie zumindest im Umgang mit dem Nachfolger von Urzì im Landtag anders verfahren als sie es mit ihm selbst (auch kürzlich) vorgemacht hatten.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 | 1›

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Urzì sitzt Sechserkommission vor.

Heute wurde Alessandro Urzì von den neofaschistischen Fratelli d’Italia, dessen Nachfolger im Landtag, Marco Galateo, die Streichung der Schutzmachtfunktion Österreichs für Südtirol fordert, mit drei Stimmen bei ebensovielen Enthaltungen zum Vorsitzenden der Sechserkommission gewählt.

Übereinstimmenden Medienberichten zufolge erhielt er ausschließlich die Stimmen der drei Mitglieder (seine eigene inbegriffen), die für die italienische Sprachgruppe in der Kommission sitzen. Allerdings enthielten sich die drei deutschsprachigen Mitglieder — wie es heißt »wohlwollend« — der Stimme. Das sind die beiden SVP-Vertreter Manfred Schullian und Meinhard Durnwalder sowie der vom Staat ernannte Bozner Anwalt Anton von Walther.

Die paritätische Kommission (drei deutsch- und drei italienischsprachige; drei vom Land und drei vom Staat ernannte Mitglieder) befasst sich mit Durchführungsbestimmungen zum Autonomiestatut, die nur Südtirol betreffen. Das sind insbesondere Vorschriften, die den Minderheitenschutz berühren. Über Durchführungsbestimmungen, die auch das Trentino betreffen, berät die Zwölferkommission.

Quasi en passant wurde im Zusammenhang mit der jetzigen Wahl erwähnt, dass der Vorsitz — von wegen paritätisch — qua Gewohnheit einem der von der römischen Zentralregierung ernannten Mitglieder zusteht.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 | 1›

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FdI gegen Schutzfunktion Österreichs.

Wie viel Kreide sie im Hinblick auf die baldige Landtagswahl auch fressen, um sich als mögliche Koalitionspartner der SVP zu positionieren, so richtig aus ihrer Haut können die neofaschistischen Fratelli d’Italia (FdI) anscheinend nicht. Wie die TAZ berichtet, hat sich der Nachfolger von Alessandro Urzì im Landtag, Marco Galateo (beide FdI), ausgerechnet während einer Wienreise von Landtagspräsidium und Fraktionsvorsitzenden zur unerhörten Forderung hinreißen lassen, die Schutzfunktion Österreichs für Südtirol abzuschaffen. Weil es nichts zu schützen gebe.

Dabei musste Wien auch während der letzten Jahre intervenieren, unter anderem um die Wiederherstellung der schwer ramponierten Autonomie zu fordern. Erst kürzlich hatte der ehemalige Präsident des EU-Parlaments, Antonio Tajani (FI), nach seiner Ernennung zum Außenminister für schnelle Euphorie unter Autonomistinnen gesorgt, als er der Schutzmacht in dieser Angelegenheit Zusammenarbeit versprach.

Seitdem wurde Rechtsaußen Urzì, der einen U-Ausschuss mit den Südtiroler Bombenjahren befassen möchte, zum Mitglied der Sechserkommission ernannt, auf Vorschlag von Regionenminister Roberto Calderoli (Lega) der Haushaltsvorschlag angefochten und nun auch noch die Beendigung der Schutzmachtfunktion gefordert. Grandios.

Siehe auch 1› 2› 3›

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Mit Urzì die Autonomie wiederherstellen.

Der italienische Regionenminister, Rassist Roberto Calderoli (Lega), hat Alessandro Urzì (FdI) zum Mitglied der Sechserkommission ernannt, deren Aufgabe die Ausarbeitung von Durchführungsbestimmungen zum Autonomiestatut ist. So sieht also der erste konkrete Schritt zur in Aussicht gestellten Wiederherstellung der verlorenen Zuständigkeiten aus: es wird ein Zentralist und Ultranationalist ins dafür zuständige Gremium entsandt. Einer, der die Annexion unseres Landes durch Italien als Befreiung von der Tyrannei betrachtet, stets jede Überwindung faschistischen Unrechts bekämpft hat und nie müde wurde zu betonen, dass sein »einziges Interesse« den Italienerinnen gilt, die er sogar als die eigentliche Minderheit im Lande betrachtet.

Wenn das ein Omen ist, ist es mit Sicherheit kein erfreuliches. Gut möglich natürlich, dass der ehemalige Landtagsabgeordnete versucht, als Mitglied der Sechserkommission ein wenig über seinen Schatten zu springen, um sich als Nachfolger der Lega als Koalitionspartner der SVP in Position zu bringen. Das würde sich dann allerdings spätestens nach der kommenden Landtagswahl rächen.

Siehe auch ‹1 ‹2 ‹3 ‹4 | 1› 2›

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Autorinnen und Gastbeiträge

ManderInnen, es isch Zeit.

Die SVP-Spitze hat sich zu einem sibyllinischen Urteil durchgerungen. Vier hochrangige Exponenten müssten zurücktreten. Das Buch über die Freunde im Edelweiß sorgt für ein ordentliches Beben.

Erst die Veröffentlichung des Buches des Autoren-Duos Christoph Franceschini und Artur Oberhofer über den SAD-Skandal und den angekoppelten Machtspielen zwingt die SVP zu Konsequenzen. Das Buch spiegelt wider, wie politisch verdorben manche SVP-Politiker sind. Dokumentiert wird diese Verdorbenheit mit Audio-Dateien der Ermittler. Eigenartig ist und bleibt, warum die SVP nicht früher die Reißleine zog, immerhin weiß die Parteiführung schon seit geraumer Zeit von den Putschplänen gegen Arno Kompatscher.

Zurücktreten müssten Landesrat Thomas Widmann, einer der Hauptakteure der Putschisten-Pläne, Bezirksobmann und Ex-SAD-Präsident Christoph Perathoner, SVP-Vize Karl Zeller – er wird für die Weitergabe der Audio-Dateien verantwortlich gemacht – und Gert Lanz als Vorsitzender der SVP-Fraktion, weil er sich konsequent vor den madig gemachten Landeshauptmann stellte. Das Buch des Autoren-Duos Christoph Franceschini und Artur Oberhofer über die Freunde im Edelweiß sorgt in der Regierungspartei also für ein ordentliches Beben.

Eine Partei demontiert sich selbst. Die Partei der Autonomie, die mit ihrem Paket die Selbstverwaltung auf den Weg brachte, steht vor einem Abgrund. Die Folge exzessiver Interessenspolitik unter dem Deckmantel der SVP.
Wie wird es wohl den Ehrenamtlichen in der SVP gehen? Vor Jahren waren es noch sehr viele, die die Volkspartei trugen. Wie viele Ehrenamtliche werden in das Buch des Autoren-Duos Franceschini und Oberhofer Freunde im Edelweiß hineingelesen, die Audio-Dateien angehört haben? Ein Buch über einige Oligarchen, die nicht dem Land dienen. Oligarchen, deren Politik meilenweit vom Volk entfernt ist. Tragen die Ehrenamtlichen diese Politik noch mit?

In den Hoch-Zeiten der Südtiroler Volkspartei warben viele Frauen und Männer unter ihren Nachbarn für die Parteimitgliedschaft. Diese Frauen und Männer waren das Rückgrat einer Partei, die selbstbewusst das »Volk« im Parteinamen führt. Damals zählte die SVP mehr als 80.000 Mitglieder. Heutzutage sollen es nur mehr 20.000 sein. Man kann wohl vermuten, Tendenz fallend.

Verwunderlich ist es nicht. In den letzten Jahren der Amtszeit von Landeshauptmann Durnwalder platzte der Sel-Skandal, der manipulierte Wettbewerb um die Stromkonzessionen. Zum Platzen brachte diesen Skandal Christoph Franceschini, damals noch Redakteur der Neuen Südtiroler Tageszeitung.

Der inzwischen abgewickelte Sel-Skandal mündete in den SAD-Skandal, der die Strom-Wettbewerbsmanipulationen von damals in den Schatten stellt. Politikwissenschaftler Günther Pallaver vergleicht den Kampf um die SAD, um die Konzessionen im öffentlichen Nahverkehr, und das damit verbundene Machtspiel mit dem Tangentopoli-Sumpf anfangs der 1990er Jahre. An der staatsweiten Korruption riesigen Ausmaßes zerbrach die mächtige Democrazia Cristiana. Ist das auch das Schicksal der SVP?

Das Buch und die Audiodateien belegen das Agieren mächtiger Interessensgruppen, die daran arbeiteten, den mit den meisten Vorzugsstimmen aus den Landtagswahlen 2018 hervorgegangenen SVP-Listenführer Arno Kompatscher als Landeshauptmann auszubremsen, zu verhindern. Der Versuch eines Putsches, gesteuert in der SVP-Fraktion von Thomas Widmann in Zusammenspiel mit dem ehemaligen Pfalzner SVP-Obmann und Unternehmer Ingomar Gatterer. Und der Alt-Landeshauptmann Durnwalder als Regisseur?

Beeindruckend, wie miesmachend Thomas Widmann über Arno Kompatscher im Telefongespräch mit Gatterer lästert. Auch die Mitschnitte weiterer Gespräche, Durnwalder über Widmann und Achammer beispielsweise, runden das Bild ab, ein erschreckendes Bild.

Der Oligarch Gatterer, seine Bewertungen einiger SVP-Politiker und seine Allmachtsallüren stehen offensichtlich für das moderne Südtirol. Ein Land zum Ausnehmen. Man bedient sich der Partei, um unter dem Edelweiß die eigenen Interessen knallhart durchzudrücken. Die Autonomie-Oligarchen missbrauchen das Land wie eine Goldgrube, es wird ausgepresst wie eine Zitrone.

»Man« fühlt sich der rechtsradikalen Lega näher als der eigenen Partei, nachzuhören in den Audiodateien. Nach seinem Wahlsieg 2018 wurde Kompatscher regelrecht in eine Koalition mit der Lega gezwungen. Der Partner der Lega sind die neofaschistischen Fratelli d’Italia.

Für die Koalition aus SVP und Lega gab es dann auch eine Belohnung, Athesia-Direktor Michl Ebner – zweifelsohne der mächtigste Oligarch – wurde während der Regierungszeit der Koalitionäre Cinque Stelle-Lega von der Lega als Staatsvertreter in die Autonomiekommission berufen.

Während Kompatscher als Landeshauptmann die Eneuerung wagte, verpasste diese seine Partei, findet ff-Vize-Chefredakteur Georg Mair. Oder sie wurde gar nicht angestrebt oder aber verhindert, könnte man hinzufügen. Landeshauptmann und Partei haben sich auseinandergelebt. Auch die Basis, die Ehrenamtlichen?

Arnold Tribus, Herausgeber der Neuen Südtiroler Tageszeitung, wünscht sich eine Revolte der Anständigen. Er findet es ungerecht, die ganze SVP als Saustall darzustellen. Tribus verweist auf Bürgermeisterinnen, Gemeinderätinnen, Referentinnen, Mitglieder von Körperschaften, »die sauber sind, anständig, redlich, unbescholten, ehrlich und ehrenhaft, sittlich und verantwortungsbewusst.« Kurzum Leute, »die ihre Pflicht tun und niemals in ihre eigene Tasche wirtschaften, sondern das Wohl des Gemeinwesens im Auge haben.« Tribus findet es unerhört, »wenn nun Generationen von kleinen Politikern verdächtigt werden können, unlautere Geschäfte und Machtspiele zu machen.«

Die Entscheidung der Partei, vier Exponenten der involvierten Lager im SAD-Skandal zum freiwilligen Abgang zu bewegen, ist halbherzig. Diese Entscheidung wird der Partei von Silvius Magnago nicht gerecht. Im Foyer des SVP-Sitzes werden BesucherInnen von einem »hölzernen« Magnago und seinem

Du sollst deiner Parteien dienen und nicht dich ihrer bedienen.

empfangen.

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Steuern: Gesetzgebung natürlich staatlich.

Die Gesetzgebungsbefugnis im Bereich des Steuerwesens liegt natürlich beim Staat, wir möchten Verwaltungsbefugnisse in diesem Bereich übernehmen.

LH Arno Kompatscher (SVP)

So zitiert das Landespresseamt (LPA) den Landeshauptmann bei der Ankündigung eines DFB-Entwurfs im Bereich der Steueragenturen (Agentur der Einnahmen und Steuerkommissionen), den die Landesregierung der Zwölferkommission übermittelt hat. Schon 2014 war der Übergang dieser Teilkompetenz ans Land angekündigt worden — sieben Jahre später ist er noch immer nicht umgesetzt.

Doch: Warum bitte liegt die Gesetzgebungsbefugnis natürlich beim Staat? Wie geht diese unterwürfige Haltung mit den Forderungen nach einer sogenannten Vollautonomie bzw. nach einem deutlichen Autonomieausbau zusammen? Und widerspricht sie nicht auch den Ergebnissen des Südtirolkonvents?

Siehe auch ‹1

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