In Südtirol sind erneut Betrügerinnen aufgeflogen, die gefälschte Zertifikate vorgelegt hatten, um die Kenntnis der deutschen Sprache vorzutäuschen und sich einen öffentlichen Arbeitsplatz zu erschleichen. Dies nahmen die italienischen Rechten — Koalitionspartner der SVP! — nicht etwa zum Anlass, hauptsächlich die Schwindlerinnen zu verurteilen oder die Grundlagen von Autonomie und Minderheitenschutz zu verteidigen, sondern haben prompt einen konzertierten Frontalangriff auf Zweisprachigkeitspflicht und Stellenproporz in die Wege geleitet.
Sie zeigen damit, dass ihnen die wesentlichen Säulen unseres gleichberechtigten Zusammenlebens, einschließlich des Rechts auf Gebrauch der deutschen Sprache insbesondere im Gesundheits- und Sozialbereich nichts wert sind.
Die beiden Landesräte Marco Galateo von den neofaschistischen Fratelli d’Italia (FdI) sowie Christian Bianchi von Forza Italia (FI) forderten eine grundlegende Reform der Zweisprachigkeitspflicht, die ihrer völligen Abschaffung sehr nahe käme. Der Parlamentarier und Vorsitzende der Sechserkommission Alessandro Urzì (FdI) nutzte die Gelegenheit, um erneut die Ausweitung von Ausnahmen, die kürzlich für den Staatsdienst genehmigt wurden, auch auf andere Bereiche ins Spiel zu bringen. Jeder kleine Dammbruch wird sofort missbraucht, um Schritt für Schritt und systematisch Demontage der Minderheitenrechte voranzutreiben.
Fast wie der MSI
Sowohl über die Sechserkommission als auch über die »großartige« Autonomiereform, die gerade ihren Weg durch das römische Parlament geht, hat es Urzì bereits geschafft, Minderheitenschutzmaßnahmen wie die Ansässigkeitsklausel oder den Proporz bei der Zusammensetzung von Landesregierung und Gemeindeausschüssen einseitig zugunsten der Titularnation — also der italienischen Sprachgruppe — zu schwächen.
Der Rechtsaußen, mit dem sich die SVP bereitwillig unter eine Decke begeben hat, hat während der letzten Wochen und Monate bereits:
- laut TAZ die Forderung auf den Tisch gelegt, Bürgerinnen solle im mündlichen Umgang mit Beamten das Recht auf Gebrauch ihrer (deutschen oder ladinischen) Muttersprache genommen werden;
- wiederholt gegen die Meraner Bürgermeisterin Katharina Zeller (SVP) gehetzt, die sich dem sexistischen und nationalistischen Übergriff ihres Vorgängers verweigert hatte;
- gegen die Forderung nach Richtigstellung von Briefmarken gewettert, auf denen deutsche Ortsnamen fehlten;
- öffentlich die Schutzmachtfunktion Österreichs in Frage gestellt, sodass sogar die SVP dagegen protestierte;
- die in der Autonomiereform enthaltene Einvernehmensklausel durch die Aussage relativiert, das »nationale Parlament« genieße »absolute Souveränität«.
Diese wenigen Beispiele ohne jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit zeigen einmal mehr, wes Geistes Kind Urzì ist. Und während die Rechte der nationalen Mehrheit ausgeweitet werden, befinden sich die Sprachminderheiten nur noch in der Defensive. Woche für Woche gehen die italienischen Rechtsparteien mit neuen Vorstößen an die Öffentlichkeit, die den Minderheitenschutz als überholt darstellen.
Wer solche Freunde hat, braucht wahrlich keine Feinde mehr.
Cëla enghe: 01
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