Warum wird eigentlich angesichts des schrumpfenden Landeshaushalts weiterhin subventioniert, was bereits floriert? Und in welchem Zusammenhang steht die Subventionspolitik mit der vom Land proklamierten Klimaschutzstrategie? Die mit 1. September wieder aufgenommenen Kapitalbeiträge des Landes ans Gastgewerbe sind ein treffendes Beispiel dafür, dass die traditionelle Klientelbedienung und eine nachhaltige Wirtschaftspolitik nicht zusammengehen. Fast gleichzeitig mit der Wiederaufnahme der Tourismusföderung hat LR Berger angekündigt, dass die Genehmigungsverfahren für Hotelerweiterungen vereinfacht und die Überarbeitung des Raumordnungsrechts verschoben werden sollen. Für die Landschaft verspricht das nichts Gutes, denn die Expansion tourismusbezogener Kubatur ist stark mitverantwortlich für die Verbauung des landwirtschaftlichen Grüns. Noch weniger wird der Klimaschutz beachtet, denn in den Förderkriterien gibt es keinen Hauch von Auflagen zum Energiesparen und zur Emissionsreduzierung.
Da könnte man Michl Laimer als Landesrat nachtrauern. Hat er doch nicht nur die Vision “Klimaland Südtirol” betrieben, sondern im Juni 2011 das Strategiedokument “Energie Südtirol 2050” in der Landesregierung zur Verabschiedung gebracht. Darin ist das Ziel fixiert, den CO2-Ausstoß pro Kopf von heute gut 6 Tonnen auf 4 Tonnen bis 2020 zu senken, sowie den Energieverbrauch schon 2020 zu 75% aus erneuerbaren Quellen zu decken (2009: 38,4%). Dafür wären nicht nur entschiedene Schritte in der Energiepolitik, sondern vor allem in der Verkehrs-, Raumordnungs- und Wirtschaftspolitik gefragt, bis hin zur Ausrichtung der Subventionierung der gewerblichen Wirtschaft nach Nachhaltigkeitskriterien. Die Strategie “Energie Südtirol 2050” setzt auf die Reduzierung und Substitution des fossilen Treibstoffverbrauchs und forcierter Thermo-Sanierung des Altgebäudebestandes, will die Energiewende in politische Maßnahmen umsetzen. Konventionelle Hotelsubventionierung per Gießkanne führt dagegen zu mehr Kubatur auf der Wiese und mehr Verkehr auf der Straße, und damit kann nicht die intelligente Energienutzung gemeint sein, die Laimers “Energie 2050” postuliert.
Aber selbst der ökonomische Sinn der jetzt wiederaufgenommenen Gastgewerbeförderung ist nicht nachzuweisen, wie von der Landesregierung selbst vorgeführt. Sie hat nämlich 2009 die Tourismusförderung ausgesetzt, und drei Jahre lang lief die Branche auf Expansionskurs weiter wie gehabt. Nächtigungszahlen und Umsatz stiegen, das Investitionsvolumen konnte sich im Großen und Ganzen halten, die Zahl der Arbeitsplätze im Gastgewerbe nahm 1998-2009 um 9.000 zu und ist seitdem weiter gestiegen. Ein Motor, der schon brummt, braucht nicht aufgeheizt zu werden. Diese Entwicklung kommt dem gleich, was Ökonomen den “Mitnahmeeffekt” nennen: öffentliche Beiträge werden mitgenommen, obwohl Unternehmer ohnehin investieren. Dass dem so ist, bestätigt Berger selbst, wenn er feststellt: “Wenn man nur investiert aufgrund der Förderung, ist die Investition von vornherein in der Wirtschaftlichkeitsberechnung falsch.” (Rai Sender Bozen, 28.8.2012)
Mit dieser Subventionspraxis setzt die Landesregierung das falsche Zeichen, denn sie geht zu Lasten der für die aktive Energiewende nötigen Finanzen. Mit diesen und anderen per Gießkanne verteilten Mitteln könnten nämlich mehr Investitionen in wirklich nachhaltige Verkehrspolitik fließen, wie z.B. die Elektrifizierung der Vinschgerbahn, der Bau der Riggertalschleife, Tram- und Seilzugsysteme im Nahverkehr, die Einheimischen und Touristen zugutekommen. Es könnte die Altbausanierung bei Kondominien erleichtert werden, denn “Südtirol 2050” will die jährliche Sanierungsrate von heute mageren 1% auf 2,5% des Gebäudebestands bis 2020 heben. Das geht nicht, wenn knappe Millionen an ohnehin expandierende Hotels fließen, statt an einkommensschwache Kondominiumsbewohner, die aus Kapitalmangel Thermosanierungen unterlassen. Dabei wäre Letzteres, weil arbeitsintensiver, für die hiesige Bauwirtschaft noch wichtiger. Eine spending review für die Subventionen unter Nachhaltigkeitskriterien ist in Südtirol überfällig. Laimers Strategiedokument “Energie 2050” ließ die Hoffnung aufkeimen, dass Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Planungskultur systematisch berücksichtigt werden: “Es wird uns letztlich gut tun, wenn wir die notwendige Energiewende jetzt und heute einleiten”, schrieb er zum Geleit von “Energie 2050”. Die Gießkannenförderung ohne strengere Auflagen für nachhaltiges Wirtschaften geht im Tourismus wie in anderen Sektoren nicht in diese Richtung.
Scrì na resposta