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Militärstraßen-Proporz.

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Wie bereits berichtet und kritisiert, ist in Brixen die Benennung einer öffentlichen Straße zu Ehren der Brigata Alpina Tridentina geplant. Die Einheit geht auf die gleichnamige Alpini-Division zurück, die seit dem Faschismus in Brixen stationiert und im Zweiten Weltkrieg an der Seite der Nazis in der Sowjetunion eingesetzt worden war. Die Bezeichnung »Tridentina« führte die Division seit 1934; sie nahm Bezug auf die ebenfalls faschistische Erfindung der Venezia Tridentina, welche die Zugehörigkeit Südtirols zu Venedig vorgaukeln sollte und mit dem Verbot des Namens »Tirol« einherging. Mit dem Ende der Diktatur wurde die Einheit nicht abgeschafft, sondern 1951 sogar als Brigade wiedergegründet.

Nun gibt gerade die freiheitliche Gemeinderatsfraktion dem Ansinnen, der Brigade eine Straße zu widmen, neuen Auftrieb. In einer gemeinsamen Erklärung mit »Insieme«, der Partei von Ex- und Langzeitvizebürgermeister Dario Stablum, wird die Forderung damit verknüpft, auch den Kaiserjägern gleiche Ehre zuteil werden zu lassen. Beide Parteien bezeichnen den Schritt als starkes Zeichen für das Zusammenleben und kündigen einen Beschlussantrag an, der baldestmöglich in den Gemeinderat gebracht werden soll.

Zumal sich die Volkspartei schon einmal für eine Tridentina-Straße ausgesprochen hatte, steht zu befürchten, dass der Antrag der beiden Oppositionsparteien mit breiter Mehrheit angenommen wird. Es gilt jedoch, den Vorstoß als irreführenden Militarismus-Proporz zu entlarven: Welchen Beitrag für ein friedliches Zusammenleben sollen Bezeichnungen fördern, die mit Totalitarismus, Krieg und Gewalt in Verbindung gebracht werden müssen? Und was ist ein Miteinander wert, das keine Einigung auf gemeinsame Namen zustandebringt, sondern getrennte Bezeichnungen für jede Sprachgruppe benötigt?

Nicht paritätische Straßenwidmungen fürs Militär, sondern ein gemeinsamer Verzicht wäre ein positives Zeichen für eine friedliche Zukunft. Darüberhinaus sollte Südtirol aufgrund seiner Geschichte endlich gänzlich entmilitarisiert werden. Als Ersatz wäre eine spezielle Zivilschutztruppe denkbar, welche dafür ausgebildet wird, in Krisengebieten ausschließlich humanitäre, mediative und Deeskalationsmaßnahmen anzubieten — eine Truppe, der dann auch eine gemeinsame Straße gewidmet werden könnte.



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Comentârs

2 responses to “Militärstraßen-Proporz.”

  1. Hartmuth Staffler avatar
    Hartmuth Staffler

    Die SVP-GBL-PD-Mehrheit im Brixner Gemeinderat hat im Oktober vergangenen Jahres einen von mir eingebrachten Beschlussantrag abgelehnt, mit dem die jüdische Mitbürgerin Lea Pincherle geehrt werden sollte, die von Faschisten und Nazis verfolgt wurde. Im Antrag hatte ich erwähnt, dass Lea Pincherle zugunsten des italienischen Militärs enteignet wurde. Das stimme zwar, dürfe aber mit Rücksicht auf das Militär nicht erwähnt werden, sagte Roman Zanon von der Grünen Bürgerliste. Dario Stablum, der auch gegen den Antrag stimmte, stellte sogar die dokumentierte historische Wahrheit in Frage. Bei so viel Unterwürfigkeit gegenüber dem Militär wird es nicht zu verwundern sein, wenn jetzt auch noch Straßen nach Militäreinheiten benannt werden.
    Immerhin gibt es einen Unterschied zwischen den Kaiserjägern und den Alpini der “Tridentina”. Die Kaiserjäger (4. Bataillon des Zweiten Tiroler Kaiserjägerregimentes) sind 1878 auf Drängen des Bürgerausschusses (Gemeinderat) in Brixen stationiert worden und haben sich in den 40 Jahren ihrer Anwesenheit durch vielfältige Hilfeleistungen für die Stadt sehr beliebt gemacht. Die Alpini sind 1918 als “Eroberer” in Brixen eingezogen und haben sich hier dementsprechend aufgeführt. Die Führung der “Tridentina” hat die Gemeindeverwaltung immer von oben herab als Befehlsempfänger behandelt, was sogar noch nach ihrem Abzug nachwirkt. Im Sinne des friedlichen Zusammenlebens sollte man daher wirklich auf solche unzeitgemäße Straßenbenennungen verzichten.
    Hartmuth Staffler, Gemeinderat der Süd-Tiroler Freiheit

  2. niwo avatar
    niwo

    @Hartmuth Staffler

    Dario Stablum, der auch gegen den Antrag stimmte, stellte sogar die dokumentierte historische Wahrheit in Frage.

    So kann man natürlich auch mit Geschichte umgehen – scheint in Italien ja eine recht beliebte Methode zu sein.
    Typisch auch, dass so eine Haltung (immerhin eines Langzeit-Vizebürgermeisters) zu keinen offiziellen Protest-Stellungnahmen führt.

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