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Direkte Demokratie: Mehr davon.

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Am Wochenende wurde in Italien und in Südtirol über vier wichtige Zukunftsthemen abgestimmt. Nach langen Jahren der Apathie ist den italienischen Bürgerinnen zu gratulieren, die Politik wieder selbst in die Hand genommen zu haben, indem sie das — viel zu hohe — Quorum von 50% deutlich geknackt und sich unmissverständlich gegen

  • den Bau neuer Atomkraftwerke
  • die Privatisierung und Vermarktung des öffentlichen Wassers und anderer Dienste sowie
  • die Privilegien des Ministerpräsidenten

ausgesprochen haben. Dem üblichen Chaos und den widrigen Umständen, etwa

  • dem absichtlich gewählten, ungünstige Abstimmungsdatum
  • den geringen und teils sogar falschen (!) Informationen durch die Medien
  • den skandalösen Versuchen der Regierung, die Referenda durch Trickserei ganz oder teilweise zu umgehen
  • den schlechten Aussichten auf Erreichung der Mindestbeteiligung
  • den erst im letzten Moment erfolgten Richterinnensprüche
  • der Änderung einer Fragestellung und der damit zusammenhängenden Unsicherheit bezüglich des Quorums, vor allem aufgrund des Wahlrechts der Auslandsitalienerinnen

wurde erfolgreich getrotzt.

Nachdem auch die Südtirolerinnen mit einer rekordverdächtigen Beteiligung von zwei Dritteln der Wahlberechtigten erfolgreich vom — schlecht ausgebildeten — Instrument des »abschaffenden Referendums« Gebrauch gemacht haben, gilt es nun, die direkten Beteiligungsmöglichkeiten auf Landesebene zu stärken: Noch bis einschließlich diesen Freitag (17. Juni) ist es möglich, sich ins Gemeindeamt des Wohnorts zu begeben und das Volksbegehren zur direkten Demokratie zu unterschreiben. In manchen Ortschaften kann auch an öffentlichen Sammeltischen unterschrieben werden [Liste], in Bozen zudem in den Stadtviertelzentren.



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Comentârs

3 responses to “Direkte Demokratie: Mehr davon.”

  1. anonym avatar
    anonym

    Ich sehe dieses Referendum positiv und negativ. Die positiven Aspekte kennen wir ja.
    Die Gegner der direkten Demokratie können nun allerdings argumentieren, dass ein Quorum oder andere Hürden sehr wohl Sinn machen und – wenn die Themen wichtig sind – die Bevölkerung ja doch in großer Zahl daran teilnimmt. Und sie können sich nun sogar wie die grossen Befürworter der direkten Demokratie präsentieren, obwohl sie das genaue Gegenteil darstellen, wie man hier schön sieht:
    http://www.stol.it/Artikel/Politik-im-Ueberblick/Lokal/Durnwalder-erfreut-ueber-klare-Stimme-der-Buerger

    Uns ist natürlich bewusst, dass die hohe Beteiligung nur den Themen (Kernenergie, Wasser) und dem Fukushima Vorfall zu verdanken ist. Beim nächsten Thema kann das Quorum, genauso wie in den letzten 15 Jahren, wieder weit verfehlt werden. Um so wichtiger dass diese extremen Hürden fallen.

  2. m.gruber avatar
    m.gruber

    Ich beziehe mich in meinem Kommentar nicht unbedingt auf diesen Blogeintrag, sondern vor allem auf die Berichterstattung in den Printmedien.

    Ich halte die Euphorie rund um den Ausgang des Referendums für nicht gerechtfertigt. Wir haben es geschafft, das ist gut und vielen ist damit wohl der Sprichwörtliche Stein vom Herzen gefallen … ABER:

    Es ging beim Referendum um Themen deren Bedeutung wohl kaum existenzieller sein könnte. Das vorausgeschickt wirkt eine Wahlbeteiligung von 57% auch in Anbetracht der widrigen Umstände schon eher mickrig.
    Peinlich wirkt da, zB wenn der Bürgermeister von Corvara die niedrige Wahlbeteiligung damit rechtfertigt, dass viele im Urlaub waren ;)

    Ich finde es auch falsch den Ausgang des Referendums als “schallende Ohrfeige” oder “Denkzettel” zu bezeichnen. Dieser abgegriffene Oppositionsjargon ist allenfalls kontaproduktiv, weil diese Begrifflichkeiten das Wahlergebnis mit einer Gewalthandlung und mit Schadenfreude verknüpfen.
    Das Volk hat entschieden und diese Meinung ist zu respektieren und der Staat muss danach handeln. Es hat aber nicht zugeschlagen (Ohrfeige) und auch keinen Denkzettel verpasst.

    Das ist meine Sicht der Dinge, aber vielleicht bin ich da auch zu empfindlich…

  3. pérvasion avatar

    Ich bin zwar auch der Meinung, dass die politische Dimension der Abstimmungen überbewertet wird, doch es handelt sich eindeutig um eine Niederlage der aktuellen Regierungskoalition (die Abgewiesenen Gesetze wurden allesamt während der laufenden Legislaturperiode von den Mehrheitsparteien verabschiedet) und um eine relativ hohe Abstimmungsbeteiligung. Obwohl (a) die Enthaltung aufgrund des (zu) hohen Quorums bei einem Referendum grundsätzlich eine legitime Option ist, (b) die Parteien, welche die Parlamentsmehrheit stellen, direkt oder indirekt zum Boykott aufgerufen haben, und (c) trotz aller oben erwähnten widrigen Umstände (insbesondere die schlechte Information) haben mit 57% »nur« um 23,5 Prozentpunkte weniger Stimmberechtigte an diesen Referenda teilgenommen, als an den letzten Parlamentswahlen (80,5%).

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