Vor wenigen Tagen berichtete im Artikel »Kronbichlers Freiheit« über die Vorstellungen des grünen Parlamentskandidaten zur Autonomie. Florian Kronbichler spricht sich in einem Interview in der Tageszeitung A. Adige gegen die Ansässigkeitsklausel, den Proporz und jegliche Einschränkung der mehrsprachigen Schule aus.
Kronbichler dürfte mit diesen Vorstellungen den grünen Mainstream vertreten. Auch im sogenannten Manifest 2019 wird bezüglich Entwicklung der Autonomie außer Abschaffung des Proporzes und Einführung der mehrsprachigen Schule keine Aussage getroffen.
Wie bekannt, ist auch für eine Gesellschaft, die ohne Proporz auskommt und wo alle Kinder dieselbe, mehrsprachige Schule durchlaufen. Allerdings müssen hierfür die entsprechenden Rahmenbedingungen (tatsächliche Vollautonomie bzw. staatliche Unabhängigkeit) geschaffen werden. Solange Südtirol Teil eines Nationalstaates ist, wird die damit zusammenhängende Logik, ohne entsprechende Leitplanken, über kurz oder lang eine weitgehende Angleichung der sprachlichen und kulturellen Bedingungen Südtirols an eine x-beliebige Provinz des restlichen Staatsgebietes herbeiführen. Schon heute ließen sich unzählige Beispiele anführen, die diese Tendenz bestätigen.
Die Freiheiten Kronbichlers und vieler Exponenten der Grünen erinnern deshalb an die Freiheiten neoliberaler Wirtschaftsgurus:
- Umweltstandards: Nicht nötig. Dies regelt der Markt doch am besten. Die KonsumentInnen wollen ja selbst gesunde und gute Produkte.
- Einspeisegesetz zugunsten Ökostroms. Warum denn? Wenn Solarstrom oder Windstrom entsprechend effizient produziert wird (was dank Einspeisegesetz mittlerweile teils schon der Fall ist) regelt dies doch der Markt und konventionelle Energiequellen, wie Öl, Kohle und Gas werden von alleine verdrängt.
- Einschränkung des Finanzmarktes. Wozu denn? Unsere Wirtschaft braucht doch die Finanzierung über die Finanzmärkte. Jede Einschränkung würde die Realwirtschaft empfindlich treffen.
- Frauenquote: Warum dies? Gut ausgebildete Frauen werden überall einen Arbeitsplatz finden. Dies regelt der Markt am besten.
Die Liste ließe sich ins Unendliche verlängern. Man ersetze »Markt« mit »nationalstaatlicher Logik« um zu verstehen wessen Geistes Kind die Grünen, durchaus auch ungewollt und unbewusst, autonomiepolitisch sind.
5 replies on “Autonomiepolitischer Neoliberalismus.”
großartig!!!
… könnte das Erinnern an SAN MARINO jene Südtiroler zum Nachdenken bringen die glauben keinen-Schritt-ohne-Mama-Roma tun zu können?
http://www.euractiv.de/finanzen-und-wachstum/artikel/italien-nimmt-die-kleinen-in-die-zange-007168
Die Leichtsinnigkeit (oder ist es Gleichgültigkeit?), mit der die Grünen den Minderheitenschutz in Gefahr bringen, hat für mich etwas rätselhaftes. Während die Grünen sonst als Verteidiger von Minderheitenrechten auftreten, hat man vor allem hier in Südtirol das Gefühl, dass es vielen Grünen gar nicht schnell genug gehen kann ein als lästig empfundenes Problem in der eigenen Heimat loszuwerden.
Da stimme ich dir voll zu. Manchmal frage ich mich sogar, ob die Südtiroler Grünen irgendeinen Hass auf bestimmte Volksgruppen haben? Jedenfalls verhalten sie sich anderen Minderheiten gegenüber anders und auch die Grünen im Ausland sind mit den unsrigen nicht vergleichbar.
Quelle TZ Online
Wie sich seine Stellungnahmen “gegen die Ansässigkeitsklausel, den Proporz und jegliche Einschränkung der mehrsprachigen Schule” mit der Rolle als “Hüter der Autonomie” vereinbaren lassen, ist mir auch noch ein Rätsel. Entweder Reform des Autonomiestatuts oder eben nicht, oder übersehe ich da was?