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76.4%

Autor:a

ai

Haushoch wurde in Südtirol die Verfassungsverhunzung der Regierung Berlusconi abgelehnt. Der Etikettenschwindel mit dem Föderalismus, hinter dem sich u.a. mehr Zentralstaat, autoritäre Züge und unsolidarische Hintergedanken verbergen, wurde enttarnt und zurückgewiesen.

Schade nur um die mäßige Wahlbeteiligung. Offensichtlich haben einige nicht erkannt, wie wichtig das Grundgesetz auch für ein autonomes Land ist — und welch einmaliges Instrument der Mitbestimmung ein Referendum ist. Trotzdem: Im Vergleich zur durchschnittlichen Beteiligung beim »Demokratieweltmeister« Schweiz sind 38.4% noch ganz schön viel.

Ergebnis.

Quelle: Südtiroler Bürgernetz.

Auch staatsweit wurde der Vorlage von Mitterechts mit immerhin 61.3% eine klare Absage erteilt und damit die Grundlage für eine erneute und seriöse Befassung mit dem Thema Föderalismus — und Selbstbestimmung — geschaffen.



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Comentârs

6 responses to “76.4%”

  1. M.Taibon avatar

    Ja, die einer Demokratie nicht würdige Reform ist vom Tisch, wobei viele Rechte auch mit Nein gestimmt haben müssen – anders ist das Ergebnis nicht zu deuten.
    Doch ist die Linke oft sehr zentralistisch, und Bertinotti und DS sind ebenfalls sehr zentralistisch-staatsorientiert, für Regionen und v.a. Sprachgemeinschaften haben sie wenig übrig. Ich bezweifle, dass die Linksregierung eine föderalistische Reform duchzieht, ist sie doch dem Mythos der italienischen Einheit hörig.

    lg
    Mateo

  2. Alexander avatar

    Hallo Mateo, ich halte deine Bemerkung für etwas oberflächlich. Wer sich die Entwicklung von Italien nach 1950 anschaut kann eine klar regionalistische Tendenz beim PCI und später bei den DS erkennen. Die DS sind heute, zum zweiten Mal seit Bestehen der Republik, an der Staatsregierung – eine regionale Regierungspartei sind sie hingegen seit jeher (früher als PCI). Es gibt interessante Studien darüber, wie sich gerade die links regierten Regionen seit den 70er Jahren für starke Regionen einsetzen (und damit auch die nationale Ebene politisch konditionieren). Gerade die aussenpolitischen Bestrebungen z.B. der Region Umbrien in den 70er und 80er Jahren haben etwa Projekt einer Euregio Trentino-Tirol-Südtirol erst möglich gemacht (grenzübergreifende Kooperation ohne Einbindung der nationalen Ebenen). Über die “Schützenhilfe” des PCI bei der Geburt der Südtirol-Autonomie brauche ich wohl nichts zu sagen. Die Verfassungsreform von 2001 (sie schuf unter anderem das “nationale Interesse” ab) mag zwar nur ein kleiner Schritt sein, doch er passt genau in jene Strategie, welche vom PCI und jetzt von den DS seit den 70er Jahren gefahren wird. Es stimmt zwar, dass beim Referendum von 2006 v.a. in Süditalien »zentralistische« Slogans fielen, doch diese lehnten sich an die Solidarität zwischen den Regionen bzw. an die Gleichheit der Menschen bei den sozialen Leistungen, z.B. im Gesundheitswesen, an – und waren kaum als typisch nationalistische Argumente zu sehen.

    Überall in Europa kann man klar erkennen, dass die sozialistischen Parteien regionalistischen Bestrebungen am ehesten offen stehen und zu einem Dialog mit Minderheiten oder Regionalbewegungen bereit sind. Das trifft sicher auf Spanien zu, aber (in einer anderen Qualität) auch auf Frankreich, und auch auf Österreich (siehe Burgenland) – von Großbritannien ganz zu schweigen.

    Das erklärt auch, warum die italienischen Regionen mit starken Spachminderheiten meistens von Koalitionen mit den DS regiert werden, bzw. warum die Rechte der Minderheiten praktisch immer dann Fortschritte bei ihrem Schutz machen, wenn die DS mit an der Regionalregierung sind. Möglicherweise ist dieser Schutz in vielen Fällen bei weitem nicht ausreichend, aber die Gegner dieser positiven Maßnahmen sind wohl kaum bei den DS, und wohl eher bei FI, AN und UDC zu finden.

  3. M.Taibon avatar

    “ich halte deine Bemerkung für etwas oberflächlich. Wer sich die Entwicklung von Italien nach 1950 anschaut kann eine klar regionalistische Tendenz beim PCI und später bei den DS erkennen.”

    Regionale Tendenz ja, weil sie dort die Aussicht auf politische Macht hatten; aber Verständnis für die Sprachgemeinschaften? Damit sieht es dürftig aus: Weniger Nationalismus als AN und FI ist noch kein Verdienst.

    Die Autoren und Politikwissenschaftler, die für das mehrsprachige Italien Verständnis aufbrachten oder gar Begeisterung, waren häufig links, aber in der linken Szene waren sie auch immer eine Ausnahme. Der Großteil der DS/PCI ler sah und siehet Eigenarten mit Skepsis und Ablehnung und kommen mit einem recht abstrakten Vielfaltsgewäsch. Doch wenn es um konkrete Rechte geht, was schaut dann raus?

    “Über die ”Schützenhilfe” des PCI bei der Geburt der Südtirol-Autonomie brauche ich wohl nichts zu sagen.”

    Südtirol ist die Ausnahme. Doch wie sieht es im Friaul aus mit den Furlans und den Slowenen, wie mit den Okzitanten? Oder den Sarden? Da waren es doch immer die Linken, die jede “Regung” einer Minderheit schnell als reaktionär und nationalistisch abgetan haben.

    “Überall in Europa kann man klar erkennen, dass die sozialistischen Parteien regionalistischen Bestrebungen am ehesten offen stehen und zu einem Dialog mit Minderheiten oder Regionalbewegungen bereit sind.”

    Meinst du etwa den Schröder, der die sorbischen Dörfer wegbaggern ließ. Oder die Sozis in Österreich, die sich an der Demontage der Rechte der Minderheiten Jahrzehnte lang beteiligt haben. Oder meinst du die Sozis in Frankreich mit ihrem faschistoiden Sprachgesetz in den Medien?

    “Das erklärt auch, warum die italienischen Regionen mit starken Spachminderheiten meistens von Koalitionen mit den DS regiert werden, bzw. warum die Rechte der Minderheiten praktisch immer dann Fortschritte bei ihrem Schutz machen, wenn die DS mit an der Regionalregierung sind.”

    Welche Fortschritte meinst du denn? Abgesehen von Südtirol: Furlans, Slowenen, Okzitanen, Sarden… Erzähl mir bitte was Konkretes!!
    Das Minderheitenschutzgestzt aus dem Jahr 1999 ist doch eine höchst dünne Suppe.

    “Möglicherweise ist dieser Schutz in vielen Fällen bei weitem nicht ausreichend”

    Ganz sicher ist es nicht ausreichend, nicht im geringsten. Schau Dir doch die Lage an. Abseits von parteilichen Befangenheiten.

    “Aber die Gegner dieser positiven Maßnahmen sind wohl kaum bei den DS, und wohl eher bei FI, AN und UDC zu finden.”

    Nochmals, nicht so verbissen minderheitenfeindlch zu sein wie die genannten Parteien ist noch kein Verdienst.

    Es war i.ü. die Linksregierung, die vor Jahren das Wahlgesetz – trotz eindeutiger juridischer Einwände – gutgheißen hat, das dann vom Verfassungsgericht annulliert wurde, weil verfassungswidrig: Die DS haben nur dann etwas für Minderheiten übrig, wenn ihren Koalitionspartnern oder politischen Unterstützern passt, im anderen Fall sind sie bereit, Minderheitenrechte mit Füßen zu treten.

  4. Markus M. avatar
    Markus M.

    Sehr geehrter Herr Taibon!
    Jedoch muss ich Alexander recht geben wenn er meint: “Überall in Europa kann man klar erkennen, dass die sozialistischen Parteien regionalistischen Bestrebungen am ehesten offen stehen und zu einem Dialog mit Minderheiten oder Regionalbewegungen bereit sind.” Denn ich habe mich in Europa umgesehen und habe festgestellt dass Sprachminderheiten eben mehr in sozialdemokratischen oder linksliberalen Parteien (Ungarndeutsche im SZDSZ) zu finden sind. Als Beispiel will ich Norbert Darabos (Burgenländerkroate/SPÖ) oder auch Josep Borrell (Präsident des EU – Parlamentes, ex-PSOE Minister) sowie Karl Lambertz (Mitglied der belgischen (franz.) Sozialisten (PS) als Präsident der DG in Belgien nennen. Wenn also die Sozialdemokraten, oder haben die DS laut Ihrer Darstellung damit gebrochen, so “auf die Minderheiten pfeifen” (entnehme es so von Ihnen), warum suchen sich dann die Angehörigen der Sprachminderheiten die Sozialdemokraten als Partei aus? Und warum haben gerade in Gebieten der Sprachminderheiten die Sozialdemokraten / Sozialisten so gute Wahlergebnisse / Wahlerfolge (siehe Wales – Waliser / z.T. Gälisch, siehe Burgenland, siehe Schleswig – Holstein, siehe Katalonien, siehe z.T. auch Schottland)?

  5. M. Taibon avatar
    M. Taibon

    zitiere:

    >> so ”auf die Minderheiten pfeifen” (entnehme es so von Ihnen),

  6. M. Taibon avatar
    M. Taibon

    ergänze, hatte Verbindungsprobleme:

    ”auf die Minderheiten pfeifen” (entnehme es so von Ihnen)

    sehr willkürlich “entnommen”, das sagen Sie und nur Sie. Das habe ich nirgends geschrieben. Ihre Gegenrede ist also gegenstandlos.

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