Selbst im Umgang mit der völlig legalen Abstimmung in Schottland zeichnete sich Brüssel bestenfalls durch widersprüchliche, ignorante und desinteressierte Aussagen aus — wenn nicht durch mehr oder weniger unterschwellige Drohungen. Für das demokratische Friedensprojekt EU ein äußerst fragwürdiges und widersinniges Verhalten.
Nun zeigt diese Strategie auch gegenüber Katalonien Wirkung — allerdings wohl nicht so, wie man es in Brüssel und Madrid gewünscht hätte. Statt sich nämlich einschüchtern zu lassen, gaben nun in einer Repräsentativumfrage von Tecnicas Demoscopicas im Auftrag des Fernsehsenders 8TV 58,2% der Befragten an, dass sie ein Ausscheiden ihres Landes aus der EU akzeptieren würden. Das sind ausdrücklich und deutlich mehr, als überhaupt die Unabhängigkeit von Spanien wünschen — ein Zeichen dafür, dass selbst Unabhängigkeitsgegner bereit wären, die Folgen einer demokratischen Niederlage fair zu akzeptieren und die gängige Angstkampagne ablehnen. Nur 30,5% wären nicht bereit, ein Ausscheiden Kataloniens aus der EU in Kauf zu nehmen, während 11,3% unschlüssig sind.
Das Ergebnis ist umso erstaunlicher, als nur eine Partei in Katalonien überhaupt einen — wenigstens zeitweisen — EU-Ausstieg des Landes fordert: die linke CUP, die aufgrund von TTIP und Austeritätspolitik vor einem eventuellen Wiedereintritt Bedingungen an Brüssel stellen möchte.
Dass nun eine Mehrheit der Katalaninnen und Katalanen überhaupt vor die (zumindest theoretische) Wahl gestellt werden, sich zwischen Unabhängigkeit und EU-Mitgliedschaft zu entscheiden, ist ein Armutszeugnis für diese EU. Allerdings ist es ermutigend, dass sie diese Drohung nicht mehr akzeptieren — sie läuft offenbar ins Leere.
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