Neuen Informationen zufolge können die Geburtsstationen in Sterzing und Schlanders, obschon sie die Mindestfallzahl von 500 Geburten pro Jahr nicht erreichen, gerettet werden. Was mit der Station in Innichen passiert, die beinahe über Nacht geschlossen wurde, scheint noch unklar. Die (auch für Souramont wichtige) Einrichtung ist möglicherweise einer Kurzzeitbestimmung zum Opfer gefallen.
Während diese Geburtsstationen also bis gestern als Gefahr für die Unversehrtheit von Mutter und Kind galten, soll es nun plötzlich anders sein. Mit besonnener und glaubwürdiger Politik hat das nicht viel gemein. Wie froh wir nun auch über die Entscheidung sein mögen: Sie führt uns gleichzeitig vor Augen, wie willkürlich (angeblich alternativlose) Weichenstellungen vorgenommen werden und wie wenig die sogenannte Vorzeigeautonomie gegen Rom ausrichten kann und will. Ohne ein neuerliches Dekret aus dem Gesundheitsministerium, das das Kriterium der Mindestfallzahlen aufweicht, hätte wohl zumindest Sterzing dasselbe Schicksal ereilt, wie Innichen.
Denen, die den Mut hatten, sich nicht nachvollziehbaren und zu keinem Zeitpunkt glaubwürdig vermittelten Entscheidungen zu widersetzen — durch Kundgebungen, durch ihr Wahlverhalten, durch konstruktive Kritik — anstatt, wie zahlreiche Entscheidungsträger, einfach die Nerven wegzuwerfen, muss man an dieser Stelle großen Dank aussprechen. Wahrscheinlich käme sonst der Beschluss aus Rom für alle drei Bezirkskrankenhäuser zu spät.
Das Trentino hat, dank der beharrlichen Weigerung seines Landtags, die gesundheitliche Nahversorgung aufs Spiel zu setzen, sicher auch zu dieser Entwicklung beigetragen.
6 replies on “Rettung für Geburtsstationen?”
Die TAZ berichtet, dass gestern Thomas Schael zur SVP-Leitungssitzung beordert wurde, um zu diesem Thema zu referieren. Meine Frage: Was hat ein hoher Landesbeamter bei einer Parteiveranstaltung zu suchen? Verwechselt die VP ihre Parteileitung mit der Landesregierung?
Diese Konzeptlosigkeit, ständige wechselnde Strategien, verunsicherte Mitarbeiter, vorauseilenden Gehorsam, es ist unerträglich.
Sigmar Stocker meinte letztens, dass grüne Politik nicht den Chaoten von links und den grünen überlassen werden sollte. Man sollte sich an der Forschung orientieren. Bzgl. Geburtenstationen ist in dieser Hinsicht vor allem der Personalschlüssel Hebamme pro Geburten und leider auch Ergebnisse kleine Krankenhäuser vs. grosse Krankenhäuser von Bedeutung.
Vor allem kleine Kliniken sind auf Notfälle bei der Geburt schlecht
vorbereitet, so eine Studie:
O-Ton Prof. Rainer Rossi, Deutsche Gesellschaft für
Perinatale Medizin:
In einem solchen Zusammenhang ist vor Jahren in Hessen
gezeigt worden, dass die Todesrate für reife Neugeborene
ohne vorgeburtlich bekanntes Risiko in kleinen
Geburtskliniken höher ist als in großen Geburtskliniken. Das
liegt wahrscheinlich an der mangelnden Übung bei seltenen
Komplikationen.
Für Notfallübungen bleibt im Klinikalltag meist keine Zeit, berichtet
eine Hebamme. Aus Angst um ihren Arbeitsplatz will sie
unerkannt bleiben.
http://www.zdf.de/ZDF/zdfportal/blob/40229230/1/data.pdf
Die Doku kann man unter
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2496632/Immer-mehr-Geburtsschaeden#/beitrag/video/2496632/Immer-mehr-Geburtsschaeden
ansehen.
Wie von Simon Constantini (siehe) allerdings völlig richtig festgestellt würde eine überregionale Zusammenarbeit speziell im Fall von Innichen neue Perspektiven eröffnen.
Neben Cortina, kommt auch das benachbarte Osttirol, sowie Sappada, vielleicht auch Auronzo als Einzugsgebiet für die Klinik in frage.
Heute schlägt die Ärztekammer Österreich Alarm: Aufgrund der neuen europäischen Arbeitszeitvorgaben fehlten an den Krankenhäusern der Republik 300 ÄrztInnen. Gleichzeitig lese ich in der heutigen Dolo, dass allein in den Gesundheitsbezirken Bozen und Meran 45 ÄrztInnen gebraucht werden.
Schnelle Rechnung: In Österreich fehlen pro 1 Million EinwohnerInnen 35 ÄrztInnen, in Südtirol 90 — und dabei sind die Bezirke Brixen und Bruneck noch gar nicht berücksichtigt. Steht das Gesundheitssystem (das schon jetzt auf allerlei Personal ohne Fixanstellung zurückgreifen muss) vor dem Kollaps? Wurde da vielleicht während der letzten Jahre etwas versäumt?
Nun kennen wir die vollständigen Zahlen: Der Südtiroler Gesundheitsbetrieb sucht sage und schreibe 100 neue Ärzte. Das sind auf die Einwohnerzahl umgelegt… rund 200 Ärzte pro 1 Million EinwohnerInnen. In ganz Österreich fehlen »nur« 300 Ärzte (35 pro 1 Million EinwohnerInnen).